Titel: | Faserstoffe.Ueber continuirliche Spinnmaschinen, bei welchen das Vorgarn in rotirende Kapseln eingelegt ist. |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 212 |
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Faserstoffe.Ueber continuirliche Spinnmaschinen, bei welchen das Vorgarn in
rotirende Kapseln eingelegt ist.
Mit Abbildungen.
Ueber continuirliche Spinnmaschinen, bei welchen das Vorgarn in
rotirende Kapseln eingelegt ist.
Zum Spinnen, namentlich stärkerer Garne aus Baumwolle, Baumwollabfall, Wolle,
Kunstwolle u.s.w., sind neuerdings continuirliche, die Production des Selfactors
übertreffende Spinnmaschinen in Aufnahme gekommen, bei welchen das Vorgarn in
Gestalt von Wickeln in rotirende Kapseln eingelegt ist.
Textabbildung Bd. 308, S. 212
Fig. 1.Spinnmaschine von Michalot-Sirot.
Bei der Spinnmaschine von Michalot-Sirot in
Pont-Trambouze, Rhône (Englisches Patent Nr. 10011/1890), werden die auf der Krempel
erhaltenen Bänder in rotirende Kapseln a (Fig. 1) gebracht, aus denen das Band durch die obere
Oeffnung der Kapsel abgezogen wird und durch die Drehung der letzteren den Draht
empfängt. Das Garn wird darauf direct auf einer rotirenden Spindel b zu einem Schlauchcop (Kötzer) aufgewunden. Diese
Spindel erhält ihre Drehung in geeigneter Weise und überträgt sie auf die
Kapselspindel durch die Scheiben cd und Leitscheibe f. Der Grad der dem Garne zu ertheilenden Drehung lässt
sich dadurch ändern, dass der Kapselspindel verschiedene Drehungsgeschwindigkeit
gegeben werden kann, auch kann die Richtung des Drahtes durch Aenderung der
Drehungsrichtung der Kapselspindel geändert werden. Die Fig. 1 zeigt noch eine Einrichtung, durch welche bei vollendetem
Schlauchcop die Spindel b und damit auch die
Kapselspindel selbsthätig ausgerückt wird, indem nach vollendetem Cop die Spindel
b so weit gehoben ist, dass sie gegen einen die
Ausrückung vermittelnden Hebel g antrifft und demselben
den für die Ausrückung erforderlichen Ausschlag ertheilt.
J. Kluge in Lössnitzthal lässt (nach D. R. P. Nr. 84852)
das Vorgarn von der Innenseite einer hohlen, die Kapselspindel conaxial
umschliessenden Kreuzspule ablaufen und das Garn nach erhaltenem Draht unmittelbar
zu einer Weife gelangen, auf welcher es in Strähnform aufgewickelt wird.
Derselbe Erfinder verstreckt auch das Vorgarn auf derartigen Maschinen und erzeugt
(nach D. R. P. Nr. 87470) Schlauchcops aus Vorgarn in Form von Kreuzspulen dadurch,
dass das Vorgarn aus einer kreisenden Kapsel 1
abgezogen wird (Fig. 2), wodurch das Vorgarn Draht
empfängt, hierauf zwecks Verdünnung des Fadens durch ein Streckwerk 11 12 13 14 geleitet und schliesslich auf einer
Feinspindel unter gleichsinniger Drillirung zu einem Schlauchcop aufgewickelt
wird, so dass der Faden sowohl beim Ablaufen, als auch beim Aufwinden die zur
Festigung erforderliche Drehung erhält.
Textabbildung Bd. 308, S. 212
Fig. 2.Spinnmaschine von Kluge.
Die Kapsel 1 besteht aus einem Hohlcylinder, welcher
durch einen central durchbohrten Deckel 2 geschlossen
ist, auf welchem gerade über der centralen Oeffnung eine Drahtöse 4 und seitlich dieser eine Drahtöse 5 befestigt ist. Der zu verspinnende Vorgarnfaden wird
durch diese beiden Drahtösen geführt und gelangt zu dem Streckwerke. Dieses besteht
aus den von der Maschine in Drehung versetzten oberen Cylindern 11 12, gegen welche die unteren Walzen 13 14 von unten angedrückt und durch Reibung
mitgenommen werden. Der aus dem Streckwerke kommende Faden ist sodann durch eine
Drahtöse 17 geführt, welche am Arm des Fühlhebels 44 mit dem Ausrückmechanismus verbunden ist, der die
Abstellung der Spinnmaschine bei Fertigstellung eines Schlauchcop und bei Fadenbruch
vermittelt. Endlich läuft der zu verspinnende Faden über die Spannrolle 18 zur Spinnspindel. Diese ist aus mehreren Theilen
zusammengesetzt. Die eigentliche Spindel besteht aus dem Hohlcylinder 21, in welchem der in seinem Obertheile prismatische
Spindelstab 22 mittels eines in den Hohlcylinder
eingesetzten Hohlprismas 23 geführt ist. Der
Hohlcylinder 21 wird von der Würtelscheibe 25, welche mit einem mit dem Hohlcylinder 21 gekuppelten Frictionskonus 26 in Eingriff steht, angetrieben. Der Spindelstab 22 ist in seinem unteren Theile cylindrisch gestaltet, so dass die Drehung
desselben aufgehoben wird, wenn dieser cylindrische Untertheil in das Hohlprisma 23 gelangt. Die Spindel ist von einem selbständig
angetriebenen Spindelmantel 27 umgeben, welcher den Hohlcylinder
21 vollständig und den Spindelstab 22 bis zum Kopfe 28
desselben umschliesst. Der Spindelmantel 27 besitzt in
seinem Obertheile einen zur Führung des aufzuwickelnden Fadens dienenden Schlitz 29. Der Spindelmantel 27
wird von der Würtelscheibe 30 mittels des
Frictionskonus 31 gedreht. Mit demselben dreht sich der
den Faden führende Flügel 32, welcher an einem mit dem
Spindelmantel 27 gekuppelten Ring 33 befestigt ist. Zur Herbeiführung der auf und ab
gehenden Bewegung des Flügels 32, welcher mit seiner
Oese gerade vor dem Schlitze 29 steht, dient der mit
einer geeigneten Kreisnuth 34 versehene Hohlcylinder
35, welcher mit der Würtelscheibe 36 fest verbunden ist und so seinen besonderen Antrieb
empfängt. In der auf und ab steigenden geschlossenen Führungsnuth 34 gleitet die Rolle 37,
die an dem nach rückwärts ragenden Arm 38 des
Fadenführerringes 33 befestigt ist.
Textabbildung Bd. 308, S. 213
Fig. 3.Kapseldeckel der Spinnmaschine von Kluge.
Die oben erläuterte Einrichtung zur Führung des zu spinnenden Vorgarnfadens aus der
Kapsel lässt ein Schlagen des Vorgarnfadens in der Kapsel zu. Nach D. R. P. Nr.
91638 wird nun eine Beseitigung dieses Uebelstandes dadurch angestrebt, dass der
Faden aus dem Kapseldeckel, beispielsweise nach Fig.
3, excentrisch mit einem scharfen Bruche herausgeführt wird, um durch den
senkrecht über dem Mittelpunkte der Kapsel liegenden Fadenführer fortgeleitet zu
werden. Durch diesen scharfen Bruch soll verhindert werden, dass der Draht sich bis
in die Kapsel fortsetzt und daselbst ein Schlagen des Fadens verursacht.
Ein Spinnen und Zwirnen in einem Arbeitsgange bewirkt
J. Kluge weiter nach D. R. P. Nr. 96956 dadurch,
dass dem in rotirende Kapseln eingelegten Vorgarn, jedem Faden für sich, der
gewünschte Draht ertheilt wird, worauf die gedrehten Fäden zusammengeführt und
gezwirnt werden.
Um eine feste Mitnahme des Fadens für die Drahtgebung und einen von der Kapseldrehung
abhängigen, sicheren Fadenabzug aus der Kapsel zu schaffen, damit die
Gleichmässigkeit der Fadendrehung und die Gleichmässigkeit des Fadens oder
Gespinnstes erhöht, sowie eine Verstreckung des Fadens während der Drahtgebung
ermöglicht wird, rüsten O. Schimmel und Co. in Chemnitz
(D. R. P. Nr. 91635) die Vorgarnkapseln mit einem in Umdrehung versetzten
Cylinderpaar aus. Die Vorgarnkapsel k0, welche zum Einlegen des Vorgarnwickels einen
aufklappbaren Deckel d besitzt (Fig. 4 und 5), steckt fest auf der
rotirenden Spindel s0.
Auf dem Deckel der Kapsel sind über dem Vorgarnabzugsloche zwei kurze, geriffelte
Cylinder c und c1 angebracht, von denen der eine c in festen Lagern ruht und durch das auf seinem Zapfen
steckende Kegelrad r angetrieben wird. Der andere
Cylinder c1 wird gegen
c durch Federn elastisch angedrückt und von diesem
mitgenommen. Der zwischen diese beiden Cylinder eingeführte Vorgarn faden wird also
durch Drehung der Cylinder gleichmässig aus der Kapsel gezogen und bei der Drehung
der Kapsel sicher mitgenommen und um sich selbst gedreht, wenn der ausgezogene Faden
nach der Aufwindungsstelle hingeleitet wird. Der Faden kann dabei frei über
eine Leitstange l zu dem Spulentrichter t1 laufen, und wenn nun
die Spindel, auf welcher in dem Trichter die Spule sitzt, eine schnellere
Fadengeschwindigkeit zur Aufwindung des Fadens hervorbringt, als die Cylinder
hergeben, so wird der Faden gestreckt und es erfolgt die Verstreckung zugleich mit
der Drahtgebung, wie es der Streichgarnspinnprocess bedingt. An Stelle der geraden
Leitstange l kann man ein Paar Abzugscylinder
anbringen, wie dies punktirt angedeutet ist. Diese Cylinder laufen dann mit einer
grösseren Umfangsgeschwindigkeit als die Cylinder cc1, und durch die Differenz der Geschwindigkeiten
wird das Maass der Verstreckung bestimmt. Der Antrieb der Cylinder cc1 auf den Kapseln,
welcher mit solcher Geschwindigkeit zu erfolgen hat, dass das Garn die gewünschte
Anzahl Drehungen auf die Längeneinheit erhält, geschieht mit Hilfe eines
Umlaufschneckenrades. Das festgehaltene Lager der Spindel s0 unterhalb der Kapsel h ist zu einer Scheibe s
ausgebildet, in welche am Umfange eine Gewindespur eingedreht ist. In diese greifen
die Zähne des Schneckenrades t, welches auf einem
Bolzen an der Kapsel drehbar gehalten ist. Bei jedem Umlaufe des Rades t um die feste Schraube s
rückt das Rad t um einen Zahn fort (bei einer
doppelgängigen Schraube um zwei Zähne), und diese Drehung des Rades t wird durch das untere Kegelräderpaar k und die oberen Kegelräder rr1 auf den Cylinder c übertragen. Durch Auswechselung der Räder rr1 kann für die
Fortdrehung der Cylinder cc1 bei einer Kapselumdrehung eine ganz verschiedene Grösse erzielt werden.
Jede Spindel arbeitet unabhängig für sich, bei jeder Spindel erfolgt die Regelung
der Verstreckung also auch für sich.
Textabbildung Bd. 308, S. 213
Vorgarnkapseln mit einem in Umdrehung versetzten Cylinderpaar von Schimmel und
Co.
Bei dieser Vorgarnkapsel stellt sich aber ein Umstand störend heraus, welcher darin
besteht, dass die durch die Drehung der Kapsel dem aus derselben gezogenen
Vorgarnfaden ertheilte Drehung nicht leicht verschieden gemacht werden kann. Durch
das um die feste Schraube s laufende Antriebsrad t werden die auf der Kapsel befindlichen Cylinder bei
jeder Kapseldrehung um ein dem Uebersetzungsverhältnisse der Betriebsanordnung
entsprechendes Maass gedreht. Dieses Maass, auf dessen Länge der Faden eine Drehung erhält, muss nun geändert werden, wenn der
Faden loser oder schärfer gedreht sein soll, und hierzu muss das genannte
Uebersetzungsverhältniss geändert werden, was nur durch Aufstecken anderer Räder
oder einer anderen, mehr- oder wenigergängigen Schrauben Scheibe s möglich ist. Diese Wechselung muss nun auch für jede
Kapsel einer Maschine besonders vorgenommen werden.
Textabbildung Bd. 308, S. 214
Fig. 6.Vorgarnkapsel von Schimmel und Co.
Um nun diesen umständlichen Weg zu beseitigen, wird nach D. R. P. Nr. 96710 die
Schraubenscheibe s in Drehung versetzt und je nach
deren Geschwindigkeit, je nach dem Grade des Vor- und Nachlaufes gegen die Kapsel,
wird nun leicht eine ganz verschiedene Zahl Drehungen auf die Längeneinheit des
Fadens erzielt. Die Schraubenscheibe s ist lose auf die
Lagerbüchse b der Kapselspindel s0 aufgesteckt und ist mit einem
Schneckenrade r0
verbunden (Fig. 6). In dieses Rad greift die Schnecke
e, welche mittels des Rades d durch das mit der am Stelleisen a sitzenden
Riemenscheibe c verbundene Wechselrad w in Drehung versetzt wird. Das Rad r0 kann durch diesen
für eine ganze Reihe Kapseln gemeinschaftlichen Antrieb in verschiedene Drehung
gegen die Kapsel gesetzt werden, so dass die durch Umlauf des Rades t an der Schraube s
demselben ertheilte Drehung vermehrt oder vermindert wird, entsprechend der
Zähnezahl des Wechselrades w. Wird die Fadendrehung
gewechselt, d.h. soll das Garn Links- statt Rechtsdraht erhalten, was durch
Schränkung des Antriebsriemens der Spindel s0 erfolgt, so wird die Antriebsschnur des
Wechselrades w ebenfalls geschränkt.
Um das Abziehen des Fadens nach oben hin aus der Kapsel zu erleichtern, hat die letzt
erwähnte Firma nach dem D. R. G. M. Nr. 26289 die Spindel innerhalb der Kapsel mit
einem Kegel umkleidet (Fig.
4), so dass der sich umschlingende Faden durch die Kegelform von selbst in
die Höhe geschoben wird und sich nicht festwickeln oder festschlingen kann.