Titel: | Chemische Untersuchungen.Die Schmierfähigkeit der Schmieröle. |
Autor: | E. Weiss |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 77 |
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Chemische Untersuchungen.Die
Schmierfähigkeit der Schmieröle.
Von Dr. E. Weiss.
Mit Abbildungen.
Die Schmierfähigkeit der Schmieröle.
Zur Beurtheilung der Schmieröle in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit als
reibungsvermindernde Medien zieht man bekanntlich die Viscosität derselben heran und
bestimmt die letztere gewöhnlich mittels des Viscosimeters von Engler.
Für dasselbe gilt das Poiseuille'sche Gesetz nicht mehr
in aller Strenge, weil die Ausflussröhre zu kurz im Verhältnisse zu ihrem
Durchmesser ist; zur Vergleichung der Oele bietet es aber gute Anhaltspunkte.
Indessen vermag man auf Grund von Viscositätsmessungen allein, selbst wenn man dazu die längsten Capillarröhren verwendete und
somit den Coëfficienten der inneren Reibung mit Genauigkeit feststellte, die
Brauchbarkeit eines Schmieröles nicht zu beurtheilen, weil hierbei noch andere
Verhältnisse in Betracht kommen. Denn wenn man etwa annehmen wollte, ein Schmieröl
sei um so geeigneter, je geringer seine eigene innere
Reibung sei, so würde man dahin gelangen, z.B. dem Erdöle einen mehr als 20fachen
Werth als Schmieröl zuzuerkennen als dem Rüböle, was offenbar der Erfahrung
widerspricht.
Mit dem von mir construirten Consistenzmesser vermag man die Beweglichkeit der Flüssigkeiten zu bestimmen; dieselbe steht unzweifelhaft
in Beziehung zu der durch Capillaren gemessenen Viscosität, insofern, als im Allgemeinen ein Oel um so beweglicher sein muss, je
geringer seine Viscosität ist. Eine Proportionalität besteht nun zwar nicht zwischen
beiden, wohl aber hat man in dem Verhältnisse beider
ein Mittel zur Beurtheilung der Oele, da man ohne weiteres voraussetzen kann, dass
von zwei Oelen gleicher Viscosität dasjenige den Vorzug als Schmieröl verdienen
wird, welches leichter beweglich ist.
Diese Voraussetzung wird, wie ich nachstehend zeigen werde, durch die Erfahrung
bestätigt.
Die Einrichtung des Consistenzmessers kann ich wohl als bekannt voraussetzen. Eine
Scheibe von 10 cm Durchmesser wird mittels eines, durch ein Gewicht getriebenen
Uhrwerkes innerhalb der zu untersuchenden Flüssigkeit in Rotation versetzt. Je zäher
die Flüssigkeit ist, um so weniger Umdrehungen macht die Scheibe. Das Gewicht ist so
bemessen, dass die Scheibe in Wasser von 15° 150 Umdrehungen in der Beobachtungszeit
(30 Secunden) macht, wozu etwa 1147 g Treibgewicht nothwendig sind. Da die Scheibe
sich mit nahezu gleichförmiger Geschwindigkeit bewegt, so halten Treibgewicht und
Widerstand der Flüssigkeit sich das Gleichgewicht. Das Treibgewicht ist an einer
schwebenden Rolle angebracht; die nachstehenden Angaben der Treibgewichte verstehen
sich durchwegs exclusive des Gewichtes dieser Rolle (25,3 g).
Beschickt man den Apparat mit einer dicken Flüssigkeit und variirt die
Treibgewichte, so ergibt sich ein sehr einfaches Gesetz: Der Widerstand der
Flüssigkeit ist der Umdrehungsgeschwindigkeit der rotirenden Scheibe proportional.
Es ist
P = mu . . . . . .
1)
worin P die Triebkraft, u aber die Zahl der Umdrehungen in 30 Secunden
bezeichnet, m ist eine, dem zu untersuchenden Oele
zukommende Constante.
So ergab sich z.B. für ein Rüböl von 10° C.:
Umdrehungszahlen:
15,5
17,5
18,8
20,1
25
31,2
38,8
46,6
54,6
Treibgewicht angewendet in g:
1000
1100
1200
1300
1600
2000
2500
3000
3500
Treibgewicht berechnet in g:
996,2
1124,7
1208,3
1291,8
1606,7
2005,2
2493,6
2995
3509
Man übersieht hier sofort, dass Umdrehungszahlen und Treibgewicht in proportionalem
Verhältnisse stehen. m der Formel 1) hat hier den Werth
64,27. Mittels dieses Werthes wurden die Zahlen der dritten Reihe berechnet.
Ein anderes Gesetz gilt für leichter bewegliche Flüssigkeiten.
So ergab sich für Wasser von 14,2° C:
Umdrehungszahlen:
82,4
94,2
115,3
135
179,4
149,3
200,3
217,6
250
Treibgewicht in g angewendet:
500
600
800
1000
1500
1147
1765
2000
2500
Treibgewicht in g berechnet:
498,7
600
797,2
998
1505,7
1153,6
1768,5
1996,8
2448,9
Bis auf die letzten Zahlen (2500 g Treibgewicht) schliesst sich folgende Formel den
Beobachtungen gut an:
P = a + bu3/2 . . . . .
2)
worin P und u dieselbe Bedeutung wie in Formel 1) haben, a ist = 43,5 und b =
0,60853, mit welchen Werthen die Zahlen der Reihe 3 berechnet sind.
Für Flüssigkeiten, deren Consistenz zwischen der des Wassers und des Rüböles liegen,
z.B. für fette Oele bei höheren Temperaturen, ergibt sich keine so einfache
Gesetzmässigkeit.
So wurde für dickes Baumöl gefunden:
Treibgewicht in g
500
1000
1500
2000
Umdrehungszahlen beiden
Temperaturen
39°41°50°56°
20,622,528,732,9
41,544,048,553,5
57,060,966,371,8
7173,881,086
Hier passt weder Formel 1) noch 2).
Nachstehend (Fig. 1) sind die entsprechenden Curven
gezeichnet. Für geringe Treibkräfte (etwa bis 1000 g) sind die Zunahmen von
Umdrehungszahlen und Widerständen einander ziemlich proportional; der weitere
Verlauf der Curven zeigt aber, dass dann die Widerstände schneller wachsen als die
Umdrehungszahlen.
Die der Scheibe unmittelbar anliegenden Flüssigkeitsschichten machen die Umdrehungen
der ersteren ganz mit, während die anderen eine Verzögerung erleiden, welche um so
grösser ist, je weiter sie von der Scheibe entfernt sind. Am Deckel und Boden des
Aufnahmegefässes befinden sich Kreuze, um die Bewegung zu hemmen; ganz vernichtet
wird letztere hierdurch aber nicht.
Es ist nun nicht möglich, die Vorgänge bei der Bewegung der Flüssigkeit im
Aufnahmegefässe rechnerischgenau zu verfolgen, weil man nicht weiss, nach welchem Gesetze die
Geschwindigkeit abnimmt. Macht man die Voraussetzung, dass sämmtliche
Flüssigkeitstheilchen um die Drehungsachse Kreise beschreiben, und dass alle
diejenigen Flüssigkeitstheilchen, welche sich in einer und derselben, zur Scheibe
parallelen Ebene befinden, die gleiche Umdrehungsgeschwindigkeit besitzen, so kann
man sich die Flüssigkeit oberhalb und unterhalb der Metallscheibe in unendlich dünne
Scheiben zerlegt denken.
Man kann dann folgende Betrachtung anstellen:
Ein ringförmiges Stück einer dieser Parallelscheiben, welche die
Umdrehungsgeschwindigkeit v besitze, sei von der
Drehungsachse um r entfernt. Ist seine Breite dann dr, so ist sein Flächeninhalt 2π
r . dr; während
jeder Punkt des Ringes sich mit der Geschwindigkeit 2πrν bewegt.
Ein entsprechendes ringförmiges Stück der unmittelbar darüber liegenden
Parallelscheibe hat den gleichen Flächeninhalt, die Geschwindigkeit jedes Punktes
desselben hat aber den Werth 2π
r . (ν – dν), demnach ist, wenn μ den Reibungscoefficienten für die Flüssigkeit vorstellt, die Reibung der
beiden Ringe μ4π
2
r2dr . dν und das Drehungsmoment derselben μ . 4
π
2
r3dr . dν.
Da auf den beiden Scheiben, der Voraussetzung nach, die Geschwindigkeiten constant
sind, so ist das Drehungsmoment der Gesammtreibung der beiden Scheiben μπ
2
R4dν, wenn R den Radius der Metallscheibe bezeichnet.
Die Summe der Reibungsmomente sämmtlicher Parallelscheiben oberhalb der
Metallscheibe ist demnach μπ
2
R
4(ν0 – νn
), wobei v0 die
Umdrehungsgeschwindigkeit an der Metallscheibe, νn
aber die an der Oberfläche bezeichnet.
Das Reibungsmoment sämmtlicher Parallelscheiben unterhalb der Metallscheibe ist genau
ebenso gross, weil diese sich in der Mitte zwischen Deckel und Boden befindet und es
ist der Werth der Gesammtreibung daher 2μ
π2R4(ν0 – νn
).
Soll nun die Umdrehungsgeschwindigkeit aller Scheiben auf constanter Höhe erhalten
werden, so muss das Treibgewicht P einen, dem vorigen
Ausdrucke proportionalen Werth besitzen, d.h. es muss sein:
P = Aμ (ν0 – νn
),
wobei A eine Constante
bezeichnet, welche nur von den Dimensionen des Apparates abhängt.
Textabbildung Bd. 309, S. 77
Fig. 1.Dickes Baumöl bei verschiedenen Treibgewichten und
Temperaturen.
Für die Randreibung kann man keine Rechnung aufstellen, weil dazu die Kenntniss
des Gesetzes, nach welchem die Umdrehungsgeschwindigkeit nach Höhe und Entfernung
von der Drehungsachse sich ändert, gehören würde. Die Randreibung ist aber, da die
Höhe des Aufnahmegefässes im Verhältniss zu seinem Durchmesser nur klein ist, nur
ein Bruchtheil der Gesammtreibung. Man kann die vorstehende Formel daher immerhin
als Annäherung betrachten.
Macht man ferner die Voraussetzung
νn
= αν0
so gelangt man zu der Gleichung
P = Aμν0(1 – α) . . . . .
3)
d.h. Treibgewicht und Umdrehungsgeschwindigkeit stehen zu
einander in constantem Verhältnisse, was nach den früheren Auseinandersetzungen für
schwer bewegliche Flüssigkeiten thatsächlich der Fall ist. Für diese scheinen
demnach die gemachten Voraussetzungen zuzutreffen.
Für den Engler'schen Viscosimeter gilt (soweit derselbe
dem Poiseuille'schen Gesetze folgt)
T = Bμ . . . . . 4)
wobei T die Auslaufszeit
bezeichnet, B aber einen, dem verwendeten Apparate
entsprechenden Werth besitzt.
Durch Combination von 3) und 4) gelangt man zu
T_{v_0}=\frac{P\,.\,B}{A}\,.\,\frac{1}{1-\alpha} . . . . . .
5)
Verwendet man also zur Untersuchung der Oele stets dieselben Viscosimeter und
Consistenzmesser, sowie für letzteren das gleiche Treibgewicht, so hat
\frac{P\,.\,B}{A} stets denselben Werth und es muss das
Product aus der Umdrehungszahl des Consistenzmessers und der Auslaufszeit des
Viscosimeters proportional einer Constanten \frac{1}{1-\alpha}
sein, welche um so grösser ist, je grösseren Werth α
besitzt. Da α angibt, welchen Bruchtheil die
Umdrehungsgeschwindigkeit an der Oberfläche der Flüssigkeit von der
Umdrehungsgeschwindigkeit der Metallscheibe ausmacht, so bildet α und somit auch Tν0 ein Maass
für die Beweglichkeit der Flüssigkeit, denn je beweglicher eine Flüssigkeit ist, um
so geringere Unterschiede werden die Umdrehungsgeschwindigkeiten an verschiedenen
Stellen des Gefässes aufweisen. Das Product Tν0 werde ich
daher im Folgenden als Beweglichkeit bezeichnen.
Wenn die Beweglichkeit einer Flüssigkeit von dem Reibungscoëfficienten derselben
allein abhinge, so müssten alle Flüssigkeiten, welche die gleiche Ausflusszeit aus
dem Viscosimeter zeigen, auch die gleiche Umlaufs zeit im Consistenzmesser ergeben.
Dies ist aber, wie ich im Nachstehenden zeigen werde, nicht der Fall, vielmehr zeigt
sich, entsprechend den obigen Betrachtungen, dass Tν0 um so
kleiner ist, je geringer die Beweglichkeit bezw. die die Reibung vermindernde Kraft
der betreffenden Flüssigkeit ist.
Sehen wir nun zunächst zu, wie bei einigen Flüssigkeiten Viscosität und Consistenz
für verschiedene Temperaturen sich ändern.
Es ist nun sehr schwer, Viscosität und Consistenz stets bei den gleichen Temperaturen
zu messen; eine Vergleichung wird aber ermöglicht, wenn man für jede Art von
Messungen Reihenbeobachtungen anstellt, für diese die Curven zeichnet und dann die
Werthe gleicherTemperaturen zusammenstellt. Mittels der also gefundenen correspondirenden
Werthe kann man dann die Beziehungscurve von Viscosität und Consistenz
construiren.
So erhielt ich für Rüböl:
Tempe-raturen
Ausflusszeit beimViscosimeter
Tempe-raturen
Umdrehun-gen imConsistenz-messer
Tempe-raturen
Umdrehun-gen imConsistenz-messer
6,7°
22 Min. 6 Sec.
7,0°
16,66
28,3°
39,0
9,0°
19 „ 45 „
8,1°
17,1
32,0°
44,0
13,8°
15 „ 51 „
13,0°
21,2
34,5°
46,8
19,1°
12 „ 4 „
14,8°
23,0
37,2°
50,0
21,2°
11 „ 1 „
15,6°
23,6
43,0°
55,0
26,4°
8 „ 42 „
17,6°
25,5
45,7°
56,6
29,7°
7 „ 40 „
20,3°
28,8
49,0°
58,8
34,8°
6 „ 21 „
23,3°
32,9
40,0°
5 „ 17 „
25,2°
35,4
45,0°
4 „ 29 „
In Fig. 2 sind die, den vorstehenden Zahlen
entsprechenden Curven gezeichnet. Die Abscissen entsprechen den Temperaturen, die
Ordinaten dagegen für die Consistenzmessungen den Umdrehungszahlen, für die
Viscositätsmessungen aber den Auslaufszeiten in halben Minuten.
Die Curve für die Umdrehungen hat eine S-förmige Gestalt;
sie besitzt zwei Wendepunkte, ist also wahrscheinlich dritten Grades, während die
Viscositätscurve eine Hyperbel zu sein scheint.
Textabbildung Bd. 309, S. 78
Fig. 2.Rüböl bei verschiedenen Temperaturen.
Durch Vergleichung entsprechender Werthe gleicher Temperaturen
gelangt man zu folgenden Zahlen:
Textabbildung Bd. 309, S. 78
Zahl der Umdrehungen im
Consistenzmesser; Minuten der Ausflusszeit; Viscosimeter; Minuten der
Ausflusszeit berechnet
Man ersieht hieraus, dass die Beweglichkeit stetig abnimmt, langsam bis etwa 30
Umdrehungen, sodann in immer rascherem Tempo, entsprechend der Thatsache, dass von
etwa 30 Umdrehungen an Rüböl seinen öligen Charakter mehr und mehr einbüsst.
Die Beziehungen zwischen den Umdrehungszahlen (U) und
den Auslaufszeiten (V) im Viscosimeter werden ziemlich
genau wiedergegeben durch die Formel
(V + 1,92) (U – 0,08) = 387,54.
Nach dieser Formel sind die Zahlen der vierten Reihe
berechnet.
In derselben Weise kann man auch bei anderen Flüssigkeiten verfahren. So wurde für
ein Glycerin, welches bei 20° ein specifisches Gewicht von 1,233 hatte, die
Beziehungscurve gezeichnet und in Fig. 3 neben die
Rübölcurve gesetzt. Beide Curven laufen einander ziemlich parallel, doch liegt die
erstere merklich unter der letzteren, so dass in allen Fällen derselben Consistenz bei Glycerin eine merkfar kleinere
Ausflusszeit zukommt als bei Rüböl.
Textabbildung Bd. 309, S. 78
Fig. 3.Beziehungscurven zwischen Consistenz und Viscosität für Rüböl und
Glycerin.
Anstatt durch Wärme kann man auch durch Verdünnung sowohl Viscosität wie Consistenz
variiren und wird auch hier zu ganz ähnlichen Beziehungen zwischen beiden gelangen.
Die so erhaltene Verdünnungscurve läuft der Erwärmungscurve ganz parallel;
Verdünnung und Erwärmung bewirken daher bei Viscosität und Consistenz genau
dieselben Aenderungen.
Nachstehend sind für eine ganze Reihe von Flüssigkeiten die Reihenbeobachtungen
zusammengestellt. – Bei Schmierölen, Glycerin und Perubalsam sind die Temperaturen,
dagegen bei Zuckerlösungen die Concentrationen variirt.
Textabbildung Bd. 309, S. 79
Umdrehungen im Cons.-Messer;
Viscosimet. in Minut.; Spec. Gewicht bei 20°; Beweglichkeit; Temperatur;
Zuckerlösungen verschied. Concentrationen bei 20°; Glycerin spec. Gew. 1,233,
bei 20°; Perubalsam; Rüböl; Rüböl und Colophonium 10 : 1; Provenceröl; Flüssiges
Paraffin; Mineralöl; Heller Leberthran; Ricinusöl
Einzelbeobachtungen:
Umdrehungenim Con-sistenzmesser
Viscosimeterin Minuten
Beweglichkeit
Geschmolzenes Schweinefett:
bei 41,2°
52
4,8
249,6
„ 43,8°
54
4,35
234,9
„ 47,2°
56
3,9
218,4
Schmierseife in Was- ser und Spiritus gelöst,
bei ver- schiedenen Ver- dünnungen:
a
22,1
12,8
282,9
b
24,1
10,15
244,6
c
61,4
2,5
153,5
Lösungen von Gum- miarabicum
in Wasser:
a
13,65
19,9
291,6
b
31,8
8,6
273,5
c
39,6
6,4
253,4
Wasserglas
35,5
5,6
198,8
Aus dieser Zusammenstellung ersieht man, dass für alle Flüssigkeiten die
Beweglichkeit (Tν0) mit der Verflüssigung abnimmt, in geringerem
Grade bis zu einer Consistenz von etwa 30 bis 36 Umdrehungen, erheblich mehr darüber
hinaus. Bei dieser Grenze hören im Allgemeinen wohl alle Flüssigkeiten auf, dem
durch Formel 1) ausgedrückten Gesetze zu folgen, dieselben verlieren dann ihren
zähflüssigen Charakter.
Vergleicht man in der Tabelle die, gleicher Consistenz entsprechende Beweglichkeit
der verschiedenen Flüssigkeiten, so sieht man, dass sich die letzteren in folgender
aufsteigender Reihe ordnen. Wasserglas, Perubalsam, Zuckerlösungen, Glycerin,
Schmierseifelösungen, Gummilösung, fette Oele.
Die letzteren unterscheiden sich von ersteren ganz wesentlich, und zwar um so mehr,
bei je grösserer Dünnflüssigkeit man sie vergleicht. Da nun Wasserglas, Zuckerlösung
und Glycerin unzweifelhaft schlechte Schmiermittel sind, für dieselben aber das
Product Tr0
relativ sehr gering ist, so hat man in diesem Producte einen Maasstab für die
Eignung einer Flüssigkeit als Schmiermittel.
Vergleicht man ferner die Schmieröle unter sich, so steht als bestes Rüböl obenan,
was ja auch mit der Erfahrung übereinstimmt; sodann folgt eine Lösung von
Colophonium in Rüböl, dann Provenceröl, Mineralöl II, flüssiges Paraffin, sowie
Ricinusöl (welch letzteres die Eigenthümlichkeit zeigt, dass seine Beweglichkeit mit
der Verflüssigung zunimmt), sodann Leberthran und endlich Mineralöl I. – Für
geschmolzenes Schweinefett wurden einige Beobachtungen gemacht; dasselbe rangirt vor
dem Provenceröl.
Das Product Tν0 habe ich als Beweglichkeit bezeichnet, dasselbe
hängt, wie früher gesagt, von einer Constanten α ab,
welche angibt, welchen Bruchtheil die Umdrehungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit an
der Oberfläche des Aufnahmegefässes von der an der Metallscheibe ausmacht.
Vergleicht man bei verschiedenen Oelen die Ausflusszeiten, welche gleicher
Umdrehungszahl entsprechen, soerhält man ein Maass für die Schmierfähigkeit der
Oele und man kann sagen, ein Oel sei um so schmierfähiger, je zähflüssiger dasselbe
bei gleicher Consistenz ist.
Was nun die zur Untersuchung nothwendigen Instrumente betrifft, so muss jeder
Consistenzmesser die gleichen Werthe ergeben, da man denselben durch Gewichte
jederzeit so einstellen kann, dass die Scheibe bei Umdrehung in Wasser von 15° 150
Umdrehungen macht. – Nicht so beim Engler'schen
Viscosimeter, da aus der dem Apparate beigegebenen Druckschrift hervorgeht, dass die
Ausflusszeit für 200 ec Wasser von 20° zwischen 51 und 53 Secunden schwankt.
Will man nun vergleichbare Zahlen haben, so muss man ein Viscosimeter als
Normalinstrument betrachten und darauf alle anderen beziehen. Gesetzt, man nehme das
von mir benutzte als Normalviscosimeter, so wird man bei einem anderen Instrumente
dieser Gattung die Beziehung zwischen Consistenzzahl und Ausflusszeit entweder für
Zuckerlösungen verschiedener Concentrationen oder für Glycerin von 1,233 spec. Gew.
(bei 20°) bei mehreren Temperaturen bestimmen.
Mein Normalviscosimeter ergibt für Zuckerlösung von 22 Umdrehungen 10 Minuten 30
Secunden Auslaufszeit, also als Product 231; für ein anderes Viscosimeter habe man
bei gleicher Consistenz nur 10 Minuten Auslaufszeit beobachtet, also das Product 220
erhalten, so sind sämmtliche mit letzterem gefundenen Auslaufszeiten mit
\frac{231}{220}=1,05 zu multipliciren, um zu den von mir
gefundenen Zahlen zu gelangen.
Mit demselben Viscosimeter würde man für Glycerin der angegebenen Concentration bei
26° zu dem Producte 246,9 gelangen. Da mein Normalinstrument 259,2 ergibt, so
gelangt man auch hierbei zu dem Quotienten
\frac{259,2}{246,9}=1,05.
Man könnte auch eine Flüssigkeit, z.B. Zuckerlösung als Normalflüssigkeit betrachten
und darauf alle anderen beziehen. Rüböl von 19,6° ergibt das Product Tν0= 336, Zuckerlösung derselben Consistenz aber 232,4, die relative
Beweglichkeit des Rüböls bei 19,6° wäre dann
\frac{336}{246,9}=1,05. Bei dieser Art von Rechnung gelangt
man zu Zahlen, die unabhängig von dem Aichungsergebniss des Viscosimeters sind. Mein
Viscosimeter zeigt übrigens, wie ich hier beifüge, die Auslaufszeit von 52,7
Secunden für Wasser von 20° C.
Bemerken muss ich noch, dass die Thermometer des Viscosimeters und des
Consistenzmessers mit einem Normalthermometer verglichen werden müssen; jedenfalls
sind sie unter einander zu vergleichen, um die Beobachtungen stets auf gleiche
Temperatur bei beiden Instrumenten zu reduciren. Da sich bei den Angaben zweier
Thermometer Unterschiede bis zu 1° ergeben, so würde man erhebliche Fehler begehen,
wenn man die Thermometer ohne weiteres als richtig respective übereinstimmend
betrachtete.
Bei meinem Engler'schen Viscosimeter ergibt sich ferner
der Uebelstand, dass das Innenthermometer nicht ganz in die Flüssigkeit eintaucht.
Ich habe es deshalb vorgezogen, ein anderes dünnes Thermometer durch die
Deckelöffnung bis auf den Boden des Gefässes in die Flüssigkeit einzusenken.
Resumirt man zum Schlusse, so ergibt sich Folgendes:
1) Die Flüssigkeiten zeigen bei gleicher Consistenz grosse Verschiedenheiten in ihrer
Zähigkeit; fette Oele sind erheblich zäher als wässerige Flüssigkeiten.
Schmierfähigkeit und Zähigkeit sind einander proportional.
2) Als Maass der Schmierfähigkeit kann man die Ausflusszeit aus dem Engler'schen Viscosimeter bei gleicher Consistenz, als
Maass der Beweglichkeit aber das Product aus Viscosität und Consistenz
betrachten.
3) Die Schmierfähigkeit bezieh. Beweglichkeit der fetten Oele nimmt mit steigender
Temperatur ab; bei einer, etwa 30 Umdrehungen übersteigenden Consistenz verlieren
die Schmieröle ihren öligen Charakter.
Zur Beurtheilung der Leistungsfähigkeit eines Schmieröles muss man daher sowohl
Viscosität wie Consistenz in Betracht ziehen.