Titel: | Verkehrswesen.Eisenbahn-Zugschranken mit E. Tröster's regulirbarem, selbsthätigem Vorläutewerk. |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 109 |
Download: | XML |
Verkehrswesen.Eisenbahn-Zugschranken mit E.
Tröster's regulirbarem, selbsthätigem Vorläutewerk.
Mit Abbildungen.
Eisenbahn-Zugschranken mit E. Tröster's regulirbarem selbsthätigem
Vorläutewerk.
Neuere Eisenbahn-Zugschranken mit Eduard Tröster's
regulirbarem, selbsthätigem Vorläutewerk begegnen zwei Uebelständen, welche mehr
oder minder den meisten bisher im Gebrauche gestandenen Einrichtungen dieser Art
anhaften. Vermöge der gewählten Anordnung ist es nämlich bei diesen Zugschranken dem
Schrankenwärter völlig unmöglich gemacht, durch Eingriffe in den Mechanismus die
Dauer des Vorläutens eigenmächtig zu kürzen, und zugleich ermöglicht, das Schliessen
der Schranken ganz rasch und mühelos durchzuführen, so dass sich die Bedienung
zweier oder mehrerer derartiger Vorrichtungen ohne jegliche Schwierigkeiten und
Bedenken in einer einzigen Hand vereinigen lässt. Um die Schranken zu schliessen,
braucht der Bahnwärter eben nichts weiter zu thun, als am Stellbocke einen
Sperrstift zu beseitigen oder die Hemmung des Drahtzuges durch das Umdrehen eines
Schlüssels zu lösen, was bei zwei bis drei Schranken höchstens 4 bis 5 Secunden Zeit
erfordert, und dabei in aller Ruhe, ohne jegliche Uebereilung abgethan werden kann.
Es wurde zu dem Ende die Zugvorrichtung (Fig. 1)
einfach mit einem Gewichtsmotor versehen, der sich bei geöffneten Schranken im
aufgezogenen Zustande befindet und lediglich durch den vorerwähnten Sperrstift oder
durch ein besonderes Schloss festgelegt wird. Wie gleich hier bemerkt werden muss,
ist in Fig. 1 der an den hölzernen oder eisernen
Gerüstständern g3 und g4 angebrachte Gewichtsmotor gegenüber den übrigen
Theilen der Zeichnung um 90° gedreht, damit der Zusammenhang der ganzen Anordnung in
einer einzigen Abbildung übersichtlich dargestelltwerden konnte.
Textabbildung Bd. 309, S. 110
Fig. 1.Zugschranken und Vorläutewerk mit automatischer Bethätigung und
einstellbarer Vorläutedauer.
Zunächst sind der Schranken d und
das Vorläutewerk l mit einander durch das über die
Rollen x1, x2, x3, x4 und x5 geführte Drahtseil
ab verbunden, derart, dass das Ende b an den Schrankenhebel eingehängtist, während am anderen
Ende a das Treibgewicht g1 des Läutewerkes hängt. Die
Leitungsanordnung ab wird durch Vermittelung der
beweglichen Rolle x3
von der eigentlichen Drahtzugsleitung ss1 gezogen, die in der Nähe des Stellbockes q3
q4 gleichfalls als
Drahtseil oder als Kette abschliessend etwa zwei- bis dreimal um die Motortrommel
t gewunden, dann über die Rollen y1
y2 gelenkt ist, um
schliesslich am freien Ende das Haupttreibgewicht g zu
tragen. Die auf ihrem Holz- oder Eisengestelle q3
q4 befestigte
Stellvorrichtung des Drahtzuges gleicht im Wesentlichen einer gewöhnlichen
Trommelwinde mit Zahnradvorgelege, das mit der Handkurbel k angetrieben wird. Auf der Kurbelachse n
befindet sich aber ausser dem Triebrädchen z1 noch ein aufgekeiltes Sperrrädchen z2, das sich innerhalb
eines lose sitzenden Schneckenrades dreht, welches es mittels eines einseitig
wirkenden Sperrkegels mitnimmt, wenn die Kurbel von links nach rechts, wie der
Zeiger einer Uhr, gedreht wird, während es bei entgegengesetzter Achsendrehung leer
lauft.
Textabbildung Bd. 309, S. 111
Fig. 2. Auslöser sammt Seilrolle im Normalzustande bei offenem
Schranken.Fig. 3. Auslöser sammt Seilrolle in gezogenem Zustande bei
geschlossenem Schranken.
Auf diese Weise wird beim Schliessen der Schranken in das
Laufwerk des Gewichtes g die aus einer Schneckenspindel
und den Windflügeln w bestehende Bremse eingeschaltet,
welche die Wirkung des niedergehenden Treibgewichtes gleichmässig macht und die
Geschwindigkeit der Rückstellung entsprechend abschwächt. Zwischen der Rolle x3 und dem
Vorläutewerke l ist in die Drahtseilleitung ab eine Hemmvorrichtung h eingefügt, welche zu bewirken hat, dass, gleichgültig ob der Schranken
geschlossen oder geöffnet werden soll, stets der zum Läutewerk führende
Leitungstheil a früher angezogen bezw.
nachgelassen wird, als der am Schrankenhebel befestigte Leitungstheil b, und dass dieser Zughinüber wie herüber auf
eine ganz bestimmte Dauer bezw. Leitungslänge bemessen bleibt. Diese Hemmvorrichtung
h befindet sich in einem von der Säule q getragenen, gusseisernen Schutzgehäuse, das nur für
die Aufsichtsbeamten zugängig ist; sie besteht aus zwei, ähnlich wie eine Zange
wirkenden Doppelhebeln f1
p1 und f2
p2 (Fig. 1 bis 3), die sich um
wagerechte Drehzapfen bewegen und sich an den oberen Enden f1 und f2 gabelartig spalten, an den unteren Enden jedoch
die Form von Klauen haben. Das Gehäuse besitzt vier Oeffnungen, um dem Drahtseile
ab, welches den Apparat in der Ebene der
beiden Zangenhebel durchlaufen muss, Eintritt zu gewähren. Auf dem oberen
Leitungstheile sind an zwei Stellen die Messingkloben m1 und m2 festgeklemmt. Diese beiden Knotenstellen können
vermöge ihrer Stärke wohl durch die Gehäuseöffnungen, nicht aber durch die Gabeln
f1 und f2 passiren, weshalb
sie bei bewegter Zugsleitung, sobald sie bei dem in ihrer Bewegungsrichtung zunächst
liegenden Zangenhebel anlangen, den letzteren mitnehmen und gegen die Mitte des
Apparates schieben, bis die Rolle r jeder
Weiterbewegung ein Ziel setzt. Würde der Schranken beispielsweise geöffnet worden
sein, dann wäre, wie es Fig.
2 zeigt, der Hebel f1 durch m1 nach rechts gedrückt und daher die Klaue p1 so hoch gehoben,
dass die an dem unteren Drahtseilstücke b angeklemmten
Knoten n anstandslos daran vorüber können, während
ihnen p2 den Weg von
rechts nach links verwehrt. Fig. 3 stellt hingegen die zweite noch mögliche Ruhelage dar, nämlich
jene, bei welcher der Knoten m2 die Gabel f2 gegen r drückt, und
die Klaue p2 die Knoten
n vorüberlässt, p1 aber nicht. Beide Knoten m1 und m2, deren Abstand von einander den Weg der
Zugsleitung a und sonach auch die Anzahl der
Glockenschläge am Vorläutewerk bestimmt, bewegen sich innerhalb zweier am
Apparatgehäuse befestigten Schutzröhren l1 und l2, wodurch es dem Bahnwärter ganz unmöglich gemacht
ist, etwas an der Anordnung zu ändern bezw. die Dauer des Vorläutens zu kürzen. Was
das Läutewerk l anbelangt, so kann dasselbe von irgend
einer der gebräuchlichen Constructionen sein, bei welchen die Glockenschläge durch
eine Stiftenrolle oder mittels eines Daumenrädchens erzeugt werden. Bei offenen
Schranken ist das Motorgewicht g hochgehoben, dagegen
das Läutewerktreibgewicht g1 herabgelassen, und die Hemmvorrichtung bei q besitzt die in Fig. 2 gezeichnete Lage.
Soll der Schranken geschlossen werden, so öffnet der Wärter die Kurbelsperrung bei
i (Fig. 1); das
nunmehr unter dem regulirenden Einfluss der Windflügelbremse ablaufende Gewicht g zieht die Rolle x3 gegen die Stellvorrichtung. Bei der hierdurch
eingeleiteten Bewegung von x3 kann zunächst im Drahtseil ab nur das
Stück a mitgezogen werden, weil der untere
Drahtseiltheil durch die Klaue p2 festgehalten ist. Das Läutewerksgewicht g1 wird dadurch
gehoben, und die hierbei in Drehung kommende Stiftenrolle x1 bewirkt Glockenschläge; dieses
Verhältniss währt so lange, bis der Knoten m2 die Gabel f2 erreicht und gegen r
presst; sodann bleibt aber a festgehalten, während b, nachdem ja die Klaue p2 kein Hinderniss mehr bildet, in der
Richtung gegen den Motor gezogen wird, bis der Schranken die geschlossene Lage
erreicht hat. In diesem Zeitpunkte nehmen die Theile der Hemmvorrichtung die in Fig. 3 dargestellte Lage
ein. Beim Oeffnen des Schrankens hat der Wärter durch Drehung der Kurbel k das Leitungsende s auf
die Trommel t wieder auf- und s1 von t
abzuwickeln, also das Gewicht g zu heben. Dabei bewegt
sich zuvörderst die Rolle x3 in Folge des Einflusses von g1 gegen das Läutewerk, so dass g1 in seine Ruhelage
niedergeht, während die Leitung b an einen der Knoten
n durch p1 festgehalten bleibt. Ist aber g1 auf seinen
niedrigsten Punkt gelangt, so hat vorher der Knoten m1 die Arretirungslage (Fig. 2) erreicht und
durch die Verschiebung der Gabel f1 den Seiltheil b von
p1 frei gemacht.
Dann kann sich auch das Uebergewicht im Schrankenhebel geltend machen und den
Schranken öffnen. Selbstverständlich liegt darin der wesentlichste Vorzug der
Anordnung, dass auch beim Nachlassen, wie früher beim Anziehen, das Seilstück a zuerst der Rolle r3 nachgeht, mithin das Läutewerksgewicht q1 noch vor dem Oeffnen
des Schrankens seine tiefste Lage zurückgewinnt, weil eben nur dieser Umstand das
ordentliche Vorläuten für die nächste Schliessung des Schrankens verbürgt.
Derartige Zugschranken mit selbsthätigen Vorläutewerken, welche die Vereinigte Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. B.
Egger in Wien und Budapest erzeugt, sind bereits in grösserer Anzahl auf
verschiedenen österreichischen und ungarischen Eisenbahnen in Verwendung, wo sie
sich durchwegs bestens bewähren.