Titel: | Seewesen.Schiffstreiber. |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 201 |
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Seewesen.Schiffstreiber.
(Fortsetzung des Berichtes S. 181 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Schiffstreiber.
Dr. G. Böcker in Göttingen bildet die Flügel als Kanäle
aus, welche das Wasser bei der Rotation auffangen, anstatt es tangential nach aussen
zu schleudern, und axial nach hinten herausdrücken, derart eine Prallwirkung
hervorrufend. Die Flügel sind gemäss Fig. 88 mit
einer löffelförmigen Aushöhlung e versehen, von welcher
in der Längenrichtung des Flügels, aber tangential zur Drehungsachse der Schraube
ein Kanal g abzweigt. Dieser Kanal besitzt seine
Mündung in der Stirnseite der Schraubennabe und verläuft derart, dass ein durch
denselben geführter Wasserstrom spiralförmig, aber parallel zur Drehungsachse der
Schiffsschraube sich bewegt. Auf diese Weise werden die sämmtlichen Wasserströme zu
einem Wasserstrick gewunden. Die angegebenen Pfeile f
zeigen die Bewegung und den Austritt des Wassers. Die Wirkungsweise der
Schiffsschraube ergibt sich demnach aus Nachstehendem: Wird eine derartige
Schiffsschraube in eine schnelle Rotation versetzt, dann gelangt zunächst die
gewöhnliche Schraubenwirkung zur Geltung, d.h. die Schraube bewegt sich in dem
Medium vorwärts. Das von den Flügeln verdrängte Wasser wird aber nicht mehr
tangential weggeschleudert, sondern wird durch die löffelförmige Aushöhlung der
Flügel aufgefangen und gezwungen, in den Kanal mit einer proportionalen
Geschwindigkeit zu fliessen und an der Stirnseite der Schraube auszutreten. Durch
den spiralförmigen Verlauf der Kanäle werden die einzelnen Wassermassen
gewissermaassen zu einem Strick gewunden, welcher gegen die ruhigen oder nahezu
ruhigen Wassermassen hinter der Schraube einen kräftigen Stoss ausführt und damit
eine für die Fortbewegung des Schiffes günstige Reaction hervorruft.
Textabbildung Bd. 309, S. 201
Fig. 88.Flügel von Böcker.
Bei dieser Bauweise will Böcker gefunden haben, dass
sich auf der dem Schiffe zugekehrten Seite der Schraube noch eine bedeutende
Fläche befindet, welche die Leistung des Treibers durch Wasserwiderstand
beeinträchtigt; er trifft deshalb die folgende Abänderung, welche in Fig. 89 als Ansicht vom
Schiffe aus, in Fig. 90
zum Theil im Schnitt gezeigt ist. Die hohl ausgebildeten Schraubenflügel a sind mit Oeffnungen b
und c versehen, welche mit einander durch Kanäle e und f verbunden sind.
Die Kanäle e und f
vereinigen sich und endigen in eine gemeinsame Oeffnung d. Durch Rechtsdrehung der Schraube (Vorwärtsbewegung) wird das Wasser
durch die Oeffnungen b aufgefangen und muss es durch
den Kanal e gleiten. Gleichfalls tritt das empor
wirbelnde Kielwasser, welches die Schraubenwelle und die Nabe derselben umspült, in
die Oeffnung c ein und vereinigt sich, den Kanal
durchfliessend, mit dem durch Kanal e kommenden
Wasserstrom, um mit demselben durch die Oeffnung f
beinahe parallel der Drehungsachse auf die hinter der Schraube befindliche
Wassermenge zu drücken. Durch das in die vier Oeffnungen b der Schraubenflügel a, und in die vier um
die Nabe befindlichen Oeffnungen c eintretende Wasser,
durch die Vereinigung der Kanäle e und f und in Folge der eigenartigen Windungen der Kanäle
entsteht aus acht Wasserströmen ein Wasserstrick, welcher, in sich geschlossen, eine
intensive Druckwirkung auf das der Schraube nachströmende Wasser ausübt, und so die
Vorwärtsbewegung des Schiffes wesentlich unterstützt.
Textabbildung Bd. 309, S. 201
Abänderung des Flügels von Böcker.
Bei Linksdrehung der Schraube (Rückwärtsgang) tritt das Wasser
in die vier Oeffnungen d ein und vertheilt sich auf die
Kanäle e und f. Aus diesen
drückt dasselbe, aus den Oeffnungen b und c austretend, in acht Wasserströme getheilt auf das vor
der Schraube befindliche Wasser. Die zusammengehörigen Kanäle und die Richtung der
Wasserströme sind durch die Pfeile 1 und 2 verbildlicht. Es kann wohl zugegeben werden, dass die
zweifache Wirkung bei der Böcker'schen Schraube
eintritt. Indessen ist eine Mehrleistung schwerlich zuerwarten. Was hier durch
den Prallstrom vielleicht gewonnen wird, geht reichlich in der Arbeit zur Ablenkung
des Wassers verloren. Abgesehen davon ist aber auch die Herstellung der complicirten
Schraube schwierig, und dürften einigermaassen leistungsfähige Propeller ein
erhebliches Gewicht ausmachen. –
Die Beschaffenheit der Flügelflächen ist von Wesen für die Haltbarkeit derselben,
aber auch für ihre Reibung im Wasser. Eine verheerende Wirkung auf die Flügel üben
vielleicht elektrische Ströme, sicher jedoch mechanische Einflüsse aus. Bei
Grusseisen und Stahl macht sich eine vom oberen Theile ausgehende allmähliche
Zerstörung der Rückseite bemerkbar. Verzinnung der Flächen oder Aufnietung bezw.
Aufschraubung von Metallplatten hat sich als wirksam nicht erwiesen. Deshalb ist Th. Zeise in Altona-Ottensen auf den Gedanken geführt
worden, den zu schützenden Theil der Flügeloberfläche gleich während der Herstellung
der Schraube mit solchen Vertiefungen zu versehen, durch deren Seitenflächen die
Flügeloberfläche nach verschiedenen Richtungen hin unterschnitten wird. Auf die
derartig vorbereitete Oberfläche wird eine ziemlich starke Haut a (Fig. 91 und 92) von einem Metalle
aufgegossen, welches den für das Flügelmaterial selbst schädlichen Einflüssen
widersteht, und diese als Schutzdecke dienende Haut wird durch ihre Zapfen b, welche nach dem Erstarren des Gusses die
Vertiefungen der Flügeloberfläche ausfüllen, völlig sicher auf letzterer
festgehalten. Auch an den Berührungsstellen der Schutzdecke mit der Flügeloberfläche
könnte durch den Guss ein so inniges Aneinanderlegen der beiden Metalle erreicht
worden sein, dass ein Eindringen von Wasser zwischen die Berührungsflächen
ausgeschlossen ist.
Textabbildung Bd. 309, S. 202
Flügel von Zeise.
Die an sich nicht mehr neue Luftschleuse zur Freilegung der Schraube, um Reparaturen
ohne Docken vornehmen zu können oder Flügel auszuwechseln, hat A. L. Olsen in Helsingör in folgende besondere Form
gebracht (Fig. 93). In der Schiffswand befindet sich
senkrecht über der Schraube s eine runde Oeffnung a, welche für gewöhnlich mit einem Gehäuse geschlossen
ist. Soll ein beschädigter Schraubenflügel s ersetzt
werden, so wird das Gehäuse aus der Oeffnung a
ausgehoben, der Brunnen c, ein an beiden Enden offener
eiserner Cylinder, über den senkrecht gestellten Schraubenflügel s durch die Oeffnung a
hinabgesenkt, bis der obere Winkeleisenring c auf dem
Flansch d der Oeffnung a
aufliegt, und der Winkeleisenring mit dem Flansch d
abgedichtet und fest verschraubt. Durch zwei seitlich der Oeffnung a befindliche Schotte g
und h und eine über der Oeffnung a im Oberdeck befindliche Luke e, welche durch einen Deckel dicht verschlossen wird, ist über der
Oeffnung a die luftdichte Kammer f gebildet. In dieser Kammer f wird nun mittels einer Luftpumpe, deren Leitungsrohr bei i ausmündet, Luft gepumpt. Hierdurch wird das Wasser in
der Schleuse c, welches mit dem Wasser aussenbords in
gleicher Höhe stand, nach und nach bis zur Unterkante des letzteren zurückgedrängt
und der Schraubenflügel s trocken gelegt. Jetzt
kann man zu den Schrauben k, mit welchen der Flügel s an der Nabe befestigt ist, gelangen und diese mit
einem Stangen-Schraubenschlüssel, welcher von der Kammer f aus gedreht wird, lösen, darauf den Schraubenflügel s emporziehen und erforderlichenfalls durch einen neuen
ersetzen. Ist die Arbeit vollendet, so wird der Brunnen c emporgehoben und die Oeffnung a mit dem
Abschlussdeckel ausgefüllt. Falls ein zu ersetzender Schraubenflügel so verbogen
ist, dass der Brunnen nicht über denselben hinweggeht, so wird ein solcher Flügel
zur Seite gedreht und der Brunnen über den nächsten Flügel gestülpt. Die Schrauben
des verbogenen Flügels können dann vom Brunnen aus gelöst werden, worauf man den
Flügel wegstösst. Auch die Nabe der Schraube kann von der Schleuse aus abgenommen
werden. Soll die Welle in das Schiff hineingezogen werden, so kann man eine Platte
vor das Wellenloch schrauben. Bei einem mit der vorliegenden Einrichtung versehenen
Fahrzeug wird man die Flügel, da man sie leichter ersetzen kann, schwächer nehmen
können, und zwar zur Sicherung, dass bei einem Stosse die Flügel und nicht Welle und
Maschine zerbrechen. –
Textabbildung Bd. 309, S. 202
Fig. 93.Luftschleuse von Olsen.
Es sei an dieser Stelle gestattet, die Verhältnisse der Propellerwelle zu streifen,
deren Gang man ja thunlichst zu erleichtern sucht. Zwischen Welle und Lagerfutter
bildet meist Seewasser ein nachtheiliges Schmiermittel. Will man Oelschmierung
vornehmen, so muss eine geeignete Abdichtung der Lauffläche nach dem Wasser zu
stattfinden. Chr. Hansen in Christiania schlägt hierfür
einen Dichtungsring vor zur Anbringung zwischen der Schraubennabe und dem
Lagerfutter, dessen Eigenthümlichkeit darin besteht, dass eine kreisförmig um den
Ring gebogene Spiralfeder, die gegen eine Kegelfläche des Ringes um die Seitenfläche
der Propellernabe anliegt, den auf der Welle verschiebbaren Ring gegen das
Hülsenfutter drückt. Auch können zwei Ringe mit gegen einander gekehrten
Kegelflächen benutzt werden, wobei die ringförmige Spiralfeder das
Auseinanderschieben der Ringe bewirkt, so dass der eine Ring gegen die
Propellernabeund der andere gegen das Hülsenfutter dichtet. Der Dichtungsring a (Fig. 94) ist, um leicht
an die Welle gesteckt werden zu können, in zwei Hälften ausgeführt, die mittels
Stifte b und kleiner Schrauben c zusammengehalten werden. Der Ring kann auf der Welle gleiten, ist aber
durch Keil und Nuth am Drehen verhindert; die hintere Seite des Ringes ist konisch
abgedreht, und in der dadurch gebildeten Versenkung ist eine ringförmig
zusammengebogene Spiralfeder d mit Anlegefläche gegen
die Schraubennabe gelegt, wodurch der Ring stets gegen das Hülsenfutter gepresst
wird. Man kann auch, wie Fig.
95 zeigt, zwei über einander greifende Ringe verwenden, deren konische
Flächen gegen einander gekehrt sind, so dass die Spiralfeder den einen Ring nach der
Nabe zu, den anderen nach dem Hülsenfutter zu treibt, wodurch selbst nach längerem
Gebrauche und Abnutzung vollständige Dichtung erreicht wird. Um die Dichtungsringe
und die Feder zu schützen, ist ein auch in zwei Hälften hergestellter, mittels
Stifte, Keile und Schrauben zu einem Ganzen verbundener Ring e um das Ganze gelegt. Ein kleiner Stift i
bewirkt, dass der äussere Ring an der Umdrehung des inneren theilnehmen muss. Durch
das mittels eines Schraubenpfropfens verschliessbare Loch k kann der Hohlraum zwischen den Ringen mit Schmiermaterial gefüllt
werden.
Textabbildung Bd. 309, S. 203
Dichtungsring von Hansen.
Die Welle arbeitet wegen ihrer Schwere die untere Seite des Lagers aus, so dass
Leckagen entstehen. Theils um das Eindringen von Wasser in das Schiff aus dem
genannten Grunde zu verhindern, theils um das Herausziehen der Welle zwecks
Reparatur o. dgl. zu gestatten, ordnet J. S. Starnes in
Ratcliff-London am schiffsseitigen Ende des Stevenrohres einen Absperrschieber an
(Fig. 96 und 97). a und b sind die beiden
Hälften des Ventilgehäuses mit Flanschen a1 und b1, mittels deren die Theile ab um das Stevenrohr verschraubt werden. Die
untere Hälfte kann zweckmässig mit einem Hahn zum Ablassen des Wassers aus dem
Gehäuse versehen werden. Im Gehäuse ab befindet
sich der Schieber d, welcher einem gewöhnlichen
Wasserschieber gleicht und einen halbkreisförmigen Ansatz (Schulter) d1 besitzt, der
auf dem Schaft c wie ein Sattel aufruht. Wenn nun
der Schaft niederarbeitet, wodurch der untere Theil b
stärker verschleisst als der obere Theil a, und in
Folge dessen Leckage an der oberen Hälfte stattfindet, so wird durch Niederschrauben
des Ventils d vollkommene Abdichtung erzielt. Es ist
dafür natürlich erforderlich, dass der Absperrschieber dicht schliessend an der
Stopfbüchsenseite des Gehäuses ab anliegt. Das
Ventil d wird mittels einer Schraubenspindel e gehoben oder gesenkt, welche nach oben durch eine
Stopfbüchse geht und mittels des Handrades h gedreht
werden kann. Letzteres ist am Umfange mit Einkerbungen oder Zähnen versehen, in
welche ein Sperrzahn o einfasst, welcher drehbar
gelagert ist und dazu dient, das Ventil genau in seiner Stellung zu erhalten, indem
ein Stift durch den Arm des Gehäuses und den Sperrzahn hindurchgesteckt wird. Der
Stift kann noch mit einem Vorlegeschloss versehen werden, um unbefugte Handhabung zu
verhindern. Das Ventilgehäuse ab hat einen
konisch ausgedrehten Rand i, welcher, wenn das Ventil
angesetzt wird, in die Stopfbüchse k des Stevenrohres
k1 eintritt.
Ausserdem kann das andere Ende l des Ventilgehäuses wie
eine Stopfbüchse geformt sein und der frühere Deckel der Büchse k für erstere verwendet werden. Zwecks Einfügung des
Ventils wird der Deckel der Stopfbüchse k gelöst und
der Rand i in dieselbe eingeführt, nachdem die Theile
a und b um den Schaft
gelegt und mittels ihrer Flanschen unter einander verbunden sind.
Textabbildung Bd. 309, S. 203
Absperrschieber von Starnes.
Wir versagen es uns, einige sonderbare Ausführungen in den Kreis unserer Betrachtung
zu ziehen, die nur zeigen, nach welchen Richtungen bereits Abnormitäten zu
verzeichnen sind, die jedoch Schutz durch Patent gefunden haben.
(Fortsetzung folgt.)