Titel: | Seewesen.Schiffstreiber. |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 221 |
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Seewesen.Schiffstreiber.
(Fortsetzung des Berichtes S. 201 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Schiffstreiber.
Um auch solche Fahrzeuge, denen der Schraubentrieb nicht gegeben ist, zeitweise oder
ohne grosse bauliche Abänderung später mittels Schrauben fortbewegen zu können, hat
bekanntlich H. Barcroft in Glen-Newry, Irland, eine
Vorrichtung eingeführt, welche sich auf dem Heck leicht befestigen lässt.D. R. P. Nr. 54495.
Textabbildung Bd. 309, S. 221
Einrichtung von Bancroft, die Propeller verstellbar zu machen.
Es ist dies eine Gruppe von entgegengesetzt zu einander sich
drehenden Propellern, welche an einer über das Hintertheil des Schiffes
reichenden Plattform befestigt sind. Diese Einrichtung ist von Barcroft dadurch verbessert worden, dass die Propeller
selbst senkrecht verstellbar gemacht sind, so dass sie je nach der Bordhöhe
eingestellt werden können (Fig. 98 und 99). aa1 sind die beiden Gruppen von Propellerschaufeln, deren Arme bb1 in Naben cc1 sitzen; diese
drehen sich lose auf den vorspringenden Enden einer Achse d, die auf der unteren Traverse e1 des Rahmens e
befestigt ist. Letzterer wird von den überhängenden Trägern k gehalten. An den Naben cc1 sind Kegelräder ff1 befestigt, welche mit einem Kegelrad
g in Eingriff stehen, das auf einer senkrechten,
von dem Rahmen e getragenen Welle g1 sitzt. Diese Welle
g1 ist von
polygonalem oder mit Nuth versehenem runden Querschnitt und geht durch ein konisches
Zahnrad h hindurch, welches von einer Stütze i getragen wird. Die Welle g1 kann frei durch das Zahnrad hindurch
sich bewegen, wird aber von dem letzteren in Umdrehung versetzt, wenn ein an einer
Welle l sitzendes Kegelrad j sich dreht. Die Welle l wird von der
Plattform m getragen, auf welcher ein Motor n angebracht ist, der die Welle l in Umdrehung versetzt. Die Welle d wird in
Gestalt einer gewöhnlichen Wagenachse construirt und die Naben cc1 der
Propellerschaufeln als gewöhnliche Radnaben ausgeführt, welche in bekannter Weise
mit Schmiervorrichtungen versehen sind. Durch letztere wird vermieden, dass das
Schmiermaterial von dem Wasser fortgewaschen wird. Die Plattform ist um einen Zapfen
o drehbar und wird entweder mittels eines
Handgriffes p oder durch ein geeignetes
Steuerungsgetriebe so gedreht, dass der Rahmen e und
die Propellerschaufeln jede beliebige Stellung zur Mittellinie des Schiffes annehmen
können, und auf diese Weise ein Steuern des Schiffes bewirkt wird. Das hintere Ende
der Plattform m ruht auf einer Schiene z, die auf dem Deck befestigt ist. Das Ende der
Plattform ist mit einer Nuth versehen, welche um den Schienenkopf greift. Der Rahmen
e besteht in der dargestellten Construction aus
zwei starken hölzernen Balken, welche oben und unten durch gusseiserne Querstücke
e1
e2 mit einander
verbunden sind. Das untere Querstück trägt die Propellerwelle und mittels des
Trägers e3 das untere
Ende der senkrechten Welle g1, deren oberes Ende in einem in dem Querstück e2 angeordneten Lager sich dreht. Der
Rahmen e wird zwischen den Trägern k gegen eine starke, metallene Querplatte q geklemmt, und zwar so, dass derselbe durch Lockern
der Bolzen q1 zwischen
den Trägern senkrecht auf- und niedergleiten kann, um die Propellerschaufeln in
Bezug auf das Wasserniveau richtig einzustellen. Es ist hier gedacht, dass das
Aufwindendurch
ein an Bord befindliches Hebewerk erfolgt, welches an der Oese e4 angreift; jedoch
lässt sich ein Zahnstangentrieb anordnen, welcher von Bord aus gehandhabt wird. Eine
gewöhnlich in gehobener Lage befindliche Plattform r
kann übergelegt werden, so dass sie für die Mannschaft zu betreten ist.
Eine weitere Abänderung führt zu der durch Fig. 100 und 101 verbildlichten
Vereinfachung der Barcroft'schen Vorrichtung. Es kommt
hier nur eine Gruppe von Propellern und ein Steuer zur Anwendung, wobei der
Propeller nur an einer Seite oder zu beiden Seiten des Steuers b angebracht sein kann.
Textabbildung Bd. 309, S. 222
Abänderung der Barcroft'schen Vorrichtung.
aa sind auf einer Seite des Steuerruders b angebrachte Tragbalken, welche über den Hintertheil
des Schiffes hinausragen und einen Querbalken c tragen.
Letzterer ist mit Führungen d versehen, in welchen die
senkrechten Träger ee des Rahmens efg gleiten. Dieser kann in den Führungen in der
Höhe verstellt und in der jeweiligen Stellung durch Schrauben h festgehalten werden. Die Querbalken des Rahmens sind
in der Mitte mit Augen versehen, durch welche die senkrechte Welle i geht. Auf dieser sitzt oben ein konisches Zahnrad j, welches mit einem auf der Triebwelle l eines auf dem Boote aufgestellten Motors sitzenden
Antriebsrad k in Eingriff steht. Auf dem unteren Ende
der Welle i sitzt ebenfalls ein konisches Zahnrad n, welches mit einem auf der Nabe p der Propellerschaufeln q
befestigten konischen Zahnrad o in Eingriff kommt. Das
Zahnrad o und die Nabe p
sind am besten so angeordnet, dass sie lose auf der Achse r laufen, welche mittels seitlicher Ansätze r1 an der am unteren Querbalken g des Rahmens befestigten Console s fest gelagert ist. Die Welle i sitzt auf dem unteren Querbalken g mit
einem Bund i1 auf.
Statt dessen kann jedoch auch unterhalb des Zahnrades n
auf der Console s ein Spurlager aus Pockholz oder einem
anderen Material, das nur Wasser als Schmiermittel bedarf, angeordnet werden. Um den
Rahmen efg und mit diesem den Propeller in
die gewünschte Stellung zur Wasserlinie, d.h. mit der Achse r nahezu in das Wasser tauchend, zu bringen, wird auf den Balken a vorübergehend eine Winde aufgestellt, an welcher der
Rahmen mit der Oese u aufgehängt wird. Um dem
Steuerruder b die erforderliche Beweglichkeit zu
sichern, reicht der Hintersteven b1 so weit hinaus wie der Propeller. Die Stiele der
Propellerschaufeln q sind in Hülsen p1 auf der Nabe p aufgeschraubt. An die Stelle des Rahmenwerkes aus
Holzbalken kann auch ein solches aus Faconeisen, Rohren o. dgl. treten.
Hinsichtlich seines Zweckes verwandt mit der Barcroft'schen Vorrichtung ist der Kessel, Maschine und Propeller tragende
abnehmbare Aufsatz für Schiffe. Dieser Aufsatz wird dem zu befördernden Schiffe
aufgesetzt und nach Arbeitsverrichtung wieder abgenommen, um einem anderen Fahrzeuge
zu dienen. Der Constructeur dieses Apparates, Henry de
Morgan Snell in London, gibt die folgende Erläuterung (Fig. 102 und 103): Mit a ist das Schiff bezeichnet, b sind die Kästen, von denen jeder mit einer Schraubenwelle d und Schraube c versehen
ist. e ist die Plattform, welche die Kessel g und Maschine h trägt und
ausserdem Kohlenverschläge und Kabinen für die Mannschaft enthält. Die
Räumlichkeiten für Officiere und Mannschaft können zweckmässig im Theil k untergebracht werden. l
ist ein zur Verstärkung angebrachter Träger. Dieser Träger kann entweder als
Gitterträger oder als gewöhnlicher Blechträger ausgeführt sein. Die Kästen und die
Plattform sind aus Eisen oder Stahl gebaut, so dass das Ganze die erforderliche
Steifigkeit besitzt, gleichviel ob es sich auf dem Schiff oder dem Ponton befindet,
durch welches es von einem Schiff auf das andere befördert wird. Der Aufsatz und das
Schiff werden durch schwere Bolzen m oder durch Keile
oder durch beides mit einander verbunden. Um einen Aufsatz von einem Schiff auch auf
ein anderes zu bringen, bedient man sich eines Pontons, dessen Construction
derjenigen eines Schwimmdocks ähnlich ist. Das mit dem Erfindungsgegenstand
ausgerüstete Schiff wird in das gesenkte Dock gefahren, das Dock darauf gehoben, bis
die seitlichen Kästen des Aufsatzes aufsitzen, worauf die Verbindung des letzteren
mit dem Schiff gelöst und dieses auf beliebige Weise herausgeführt wird. Ein anderes
Fahrzeug wird nunmehr unter den Aufsatz gefahren, mit diesem verbunden und ist nach
Senken des Pontons zur Fahrt bereit. An Stellen, wo Ebbe und Fluth vorhanden sind,
kann das Schiff mit dem darauf befindlichen Aufsatze zur Fluthzeit zwischen zwei
feste Plattformen geführt werden, so dass beim Zurücktreten der Fluth der Aufsatz
auf die Plattformen zu stehen kommt, während das Schiff nach erfolgtem Weitersinken
herausgezogen und ein anderes an seine Stelle gebracht werden kann. Wenn die Kästen
wasserdichte Abtheilungen besitzen undmit Pumpen ausgerüstet sind, so dass sie durch Ein-
und Auspumpen von Wasser im Wasser gesenkt und gehoben werden können, so kann man
sie von einem Schiff abheben und auf ein anderes bringen, ohne dass weitere Hebe-
oder Stützvorrichtungen nöthig wären.
Textabbildung Bd. 309, S. 223
Apparat von de Morgan Snell.
Mit Bezug auf den Antrieb der Schrauben ist der Vorschlag von J, J. Heilmann in Paris erwähnenswerth, nach welchem eine Reihe kleinerer
Maschinen im Schiff untergebracht sind, die elektrische Energie erzeugen. Zum
Betriebe der Schrauben werden auf deren Wellen Elektromotoren rr1 ...
angeordnet, welche von einander unabhängig arbeiten, so dass erreicht wird, dass
eine Störung an einem der Motoren nicht auch die Bewegung der Schraube hemmt. Die
Vergrösserung der Umdrehungszahl gestattet die Verkleinerung des
Schraubendurchmessers. Die Schraubenwelle kann auch in einem besonderen, vom
Schiffskörper getrennten Raume e angeordnet werden, der
nur gerade so gross zu sein braucht, dass er die auf der Welle sitzenden Motoren
aufnehmen kann. Dieser Raum wird unter dem Kiel angeordnet (Fig. 104) und bei Zwillingsschrauben in zwei Theile getheilt. Bei
Anordnung der Schraubenwellen in von dem Schiffskörper getrennten Räumen ist eine
schlanke Gestaltung des Schiffsrumpfes nicht erforderlich, welche sonst nöthig ist,
damit das Wasser leicht an die Schrauben gelangen kann. Da es ferner sehr
leicht ist, die einzelnen Motoren sofort in beliebiger Zahl und Reihenfolge in und
ausser Betrieb zu setzen, so lässt sich bei der Anordnung mehrerer Motoren auf den
Schraubenwellen auf eine einfache und ökonomische Art ein rascher Wechsel in
Geschwindigkeit und Richtung des Schiffes erreichen.
Textabbildung Bd. 309, S. 223
Fig. 104.Antrieb der Schraube von Heilmann.
Die Elektricität gestattet die Ausbildung jener Triebwerke, welche nur zeitweilig am
Fahrzeuge befestigt werden sollen und zugleich als Steuer dienen. So besteht die
Vorrichtung von O. Büsser in Oderberg im Wesentlichen
aus einem kleinen Boot b (Fig.
105) (von Eisen, Holz u.s.w.), dessen Tragkraft nur so hoch bemessen ist,
dass es die gesammte Ausrüstung tragen kann. Der Kiel des Bootes ist zu einem
Steuerblatt a ausgebildet. Zur Ausrüstung gehören der
Motor, die Propellerschraube und die Ruderpinne mit den erforderlichen Neben- und
Zwischeneinrichtungen. Die Triebwelle des Motors m ist
entweder wagerecht oder senkrecht gelagert; bei wagerechter Lagerung ist die
Benutzung einer Riemen- oder Schnurtransmission angezeigt und hierzu die Triebwelle
durch die Seitenwand eines Brunnens c geleitet, welcher
wasserdicht über einer Oeffnung im Boden des Bootes montirt ist und mit einem Deckel
verschlossen werden kann, so dass das durch die in Thätigkeit befindliche
Transmission mitgerissene Wasser von dem Uebertritt in das Boot abgehalten wird. Das
in das Innere des Brunnens ragende Ende der Triebwelle trägt eine Riemenrolle p, von welcher der Riemen zu einer zweiten auf der
Schraubenwelle sitzenden Riemenrolle r führt. Bei
senkrechter Stellung der Triebwelle wird diese durch eine Stopfbüchse am Boden des
Bootes nach unten und aussen geführt, und es erfolgt die Transmission alsdann durch
ein Paar konische Räder.
Textabbildung Bd. 309, S. 223
Fig. 105.Vorrichtung von Büsser.
Der Brunnen c kommt hierbei in
Fortfall. Die Schraube s ist auf einer in der
senkrechten Mittelebene des Bootes und auf ungefähr halber Höhe des Steuerblattes
a liegenden wagerechten. Welle montirt, und diese
durch zwei Lager unterstützt, welche am Steuerblatt befestigt sind; letzteres ist
miteinem
passenden Ausschnitt versehen, welcher die Umdrehung der Schraube (bezw. der
konischen Transmissionsräder) gestattet. Die Ruderpinne q hat die bei den Flussschiffen übliche Form, ist aber nicht dauernd mit
dem Steuerblatt verbunden und endigt deshalb mit dem Kniefortsatz der Pinne. Die
Befestigung der Ruderpinne auf dem Boot erfolgt derart, dass die verschiedene Höhe
der Auflagerfläche der Pinne über der Wasserfläche berücksichtigt werden kann. Diese
Verbindung ist auf verschiedene Art möglich; in der Zeichnung ist folgende
Einrichtung angenommen: Auf dem Boden des Bootes sind zwei senkrecht stehende
Machschienen k derartig befestigt und abgesteift, dass
sie ihre Breitseiten einander zuwenden. In den Zwischenraum zwischen beiden passt
das Knie der Ruderpinne q; die Befestigung zwischen
Schienen und Knie erfolgt durch zwei Schraubenbolzen, für welche das letztere mit
einem Schlitz versehen ist. Beim Floss wird der Apparat an die Spitze gesetzt. Die
nothwendige elektrische Energie wird entweder auf dem Fahrzeug erzeugt, etwa durch
einen Erdölmotor, eine Locomobile o. dgl., oder von einer längs dem Kanal gelegten
Stromzuführung abgenommen.
Wir haben an dieser Stelle schon Gelegenheit genommen, auf den von A. Mühle in Berlin construirten PropellerD. p. J. 1897 303
300. in seiner Zusammenarbeit mit dem Schiff einzugehen. Interessant ist die
Stromzuführungseinrichtung, da es sich um einen Elektromotor handelt, dessen Welle
auf Torsion und Zug beansprucht ist, und welche auf einen thunlichst kleinen Raum
beschränkt bleiben muss. Der Motor besteht aus einer ringförmigen, feststehenden
Armatur a (Fig. 106),
welche von Stirnscheiben b getragen wird, mit welchen
sie durch Ankerbolzen c verbunden ist. Die
Stirnscheiben enthalten die Lager für die Arbeitswelle d, welche den rotirenden Feldmagneten e
trägt. Die neue Stromzuführungsvorrichtung ist nun in allen ihren Theilen
concentrisch zur Welle d angeordnet, und zwar in
folgender Weise: Auf der Welle d sitzt der
Bürstenhalter f, welcher in vorliegendem Falle aus
einem langen und einem kurzen Arm besteht, von denen jeder eine an den Enden offene
Büchse g trägt, in welcher zwei durch eine Feder aus
einander gedrückte Blöcke oder Bürsten h untergebracht
sind. Die eine dieser Bürsten h schleift auf dem
Stromwender i, der aus ebenso viel Stegen besteht, als
die Armatur Spulen besitzt. Die andere Bürste h drückt
gegen einen Schleifring k, der an einer von dem
Gusstück l getragenen Scheibe m befestigt ist. An der Scheibe ist noch ein zweiter Ring n befestigt, auf welchem die eine der von dem kürzeren
Arm des Bürstenhalters getragenen Bürste h schleift,
während die andere Bürste dieses kurzen Armes ebenfalls auf dem Stromwender i schleift. Die Ringe k
und n
sind mit Klemmen o und p versehen, welche den Strom unter Vermittelung von Drähten von irgend
einer passend angeordneten Quelle aus zuführen. Erfährt nun die Arbeitswelle d aus irgend einem Grunde eine Verschiebung in der
Achsrichtung, z.B. durch das Arbeiten des am rechten Ende der Welle sitzenden, hier
nicht gezeichneten Propellers, so werden sich die Bürsten h in den Büchsen g verschieben, ohne dass
hierbei der Berührungsdruck zwischen den Bürsten und ihren Schleifflächen irgendwie
beeinflusst wird. Ebenso lassen sich die Arme f in
ihrer Länge, sowie die Ringe k und n und der Stromwender i in
ihrem Durchmesser unter allen Umständen so wählen, dass die ganze
Stromzuführungseinrichtung senkrecht zur Arbeitswelle sowohl, als auch in der
Längsrichtung derselben möglichst wenig ausbaut und in dem torpedoförmigen Gehäuse
q des Motors bequem untergebracht werden kann.
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Fig. 106.Elektromotor für den Propeller von Mühle.
(Schluss folgt.)