Titel: | Seewesen.Schiffstreiber. |
Autor: | Wilh. Gentsch |
Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 241 |
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Seewesen.Schiffstreiber.
(Schluss des Berichtes S. 221 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Schiffstreiber.
V. Reactionstreiber.
Mit der hydraulischen Reaction hat man sich lange Zeit ohne Erfolg beschäftigt. Zu
den Fortschritten auf diesem Gebiete ist der Turbinenpropeller von Zeuner-Bellingrath in Dresden zu rechnen, welcher schon
genügend bekannt geworden ist und hier deshalb nur kurz in seinen Grundzügen
Erwähnung finden soll. Abweichend von Vorgängern, dient hier ein als Axialturbine
erbautes Laufrad zum Hindurchleiten des Triebwassers; ausserdem ist der
Ausströmungsquerschnitt des wieder in seine axiale Bewegungsrichtung übergeführten
Wassers gegenüber dem Eintrittsquerschnitt in das Laufrad verengt. Die von einem
Motor gedrehte Henschel-Jonval-Turbine a (Fig. 107) ist von einem
nach hinten sich verengenden Mantel b umgeben, welcher
hinter dem Rad a mit Leitschaufeln versehen ist, die
das aus dem Rad a tretende Wasser aus der
Austrittsrichtung in die axiale Richtung überführen; ef sind Führungskörper. Die Eintrittswinkel der Schaufeln α1, α2 und α3 (Fig. 108) sind derart
gewählt, dass bei normaler Geschwindigkeit des Schiffes das Wasser stossfrei in die
Turbine und ebenso ohne Stoss aus der Turbine in den Contractor tritt. Da es genügt,
dass nur die Mündung d unter Wasser liegt, so kann die
Turbine auch über Wasser reichen und ist der Propeller für flach gehende Fahrzeuge
geeignet. Um rückwärtsfahren bezw. steuern zu können, werden Strahlenwender g angeordnet (Fig. 109), welche den
Strahl umkehren und somit einen Rückwärtstrieb erzeugen, allerdings unter grossem
Arbeitsverlust. Der Propeller ist auf Flussfahrzeugen anzutreffen.
Textabbildung Bd. 309, S. 241
Turbinenpropeller von Zeuner-Bellingrath.
Der Strahlenwender ist dann so ausgeführt, dass er für
gewöhnlich über Wasser gehalten und bei Bedarf vor die Mündung herabgesenkt
wird.
Die Beseitigung des mit dem Strahlenwender verknüpften Uebelstandes strebt nun Linnenbrügge in Hannover durch eine besondere
Construction an.
Textabbildung Bd. 309, S. 241
Propeller von Linnenbrügge.
Zu der aus Fig. 110 bis
Fig. 111) so
zusammengezogen sind, dass an der Ausmündung e zwischen
je zwei Mündungen Platz genug verbleibt, dass daselbst, ohne den Austritt der
Prallstrahlen zu stören, genügende Constructionsbreite gewonnen wird für die
eigenthümlich geformten Rippen f eines Drehschiebers.
Diese Rippen, welche breit genug sind, die Austrittsöffnungen vollständig zu
verdecken, sind nach dem Leitrade hin durch cylindrische Flächen hi abgeschlossen, wodurch die aus e ausströmenden Wasserstrahlen gezwungen werden, dieursprüngliche
Richtung nach Pfeil g (Fig. 110) in die
entgegengesetzte Richtung nach Pfeil k zu verwandeln,
sobald diese cylindrischen Flächen über den Oeffnungen e stehen. Solche Richtungsänderung erzeugt bekanntlich eine der
Ausflussrichtung entgegengesetzte Prallwirkung (Reaction), so dass beim Schnitt I, wo die concaven Flächen des Körpers l gerade über den Ausflussöffnungen e liegen und das Wasser nach der Pfeilrichtung k ausfliesst, die Rückwärtsbewegung des Schiffes
eintreten wird, während bei der Stellung der Rippen zwischen den Oeffnungen, wie bei
Schnitt II, die Wasserstrahlen unbehindert nach Pfeil
g austreten und das Schiff vorwärts treiben. Der
Ausdruck W\,\times\,U=\gamma^2\frac{Q}{2\,g}\,(u-U)\,U für die
Bewegung eines Schiffes mit der Geschwindigkeit U im
stillstehenden Wasser wird zur Ueberwindung des Widerstandes W ein Maximum, wenn das Wasser Q mit einer
Geschwindigkeit w den Propeller verlässt, die gleich 2
U ist. Die Austrittsöffnungen e können demnach etwa auf die halbe Eintrittsweite
verengt werden, wie die Zeichnungen darstellen. Jede Leitradzelle wird dabei durch
zwei Schraubenflächen begrenzt und erhält Seitenplatten, welche nach den
cylindrischen Flächen des Rippenkörpers abgerundet sind, um die aus e tretenden Prallstrahlen genügend zu führen.
Schliessen die Rippen nur etwa zur Hälfte, fliessen also die Strahlen in beiden
Richtungen nach vorn und hinten ab, so halten sich die Reactionen im Gleichgewicht,
das Schiff steht still. Um bei jeder Stellung des Prallstrahlenwenders das Schiff
steuern zu können, können zwei Schieber m und n angeordnet werden, welche durch Stangen um den
Theilungswinkel verstellbar sind und einige Leitradzellen zu schliessen vermögen.
Treten z.B. die Prallstrahlen wie bei II aus, so wird
durch Schliessen von m das Schiff nach Steuerbord
gedreht u.s.f.
Textabbildung Bd. 309, S. 242
Turbinenschraube von Holtz.
Es ist zuzugestehen, dass der Strahlenwender sich gut an die Mündung des
Strahlapparates anschliessen lässt. Die Abmessungen der letzteren werden allerdings
vergrössert, so dass für flach gehende Fahrzeuge hierin ein Hinderungsgrund für die
Benutzung der Construction sich ergeben kann. Wenn der Apparat selbst für die
Handhabung bequemer geworden ist, so bleibt der Misserfolg in der Wirkung
bestehen.
R. Holtz macht deshalb, anscheinend mit Erfolg, einen
Schritt nach der Thornycroft-TurbinenschraubeBrit. Spec. 1330/1879., indem er die Reactionsturbine durch eine Axial-Actionsturbine ersetzt,
welche eine vortheilhafte Rückwärtsbewegung gestattet; das Wasser soll bei Vor- und
Rückwärtsgang keinen gezwungenen Bewegungen unterworfen, vielmehr nach beiden
Richtungen ohne merkliche Rotation axial durch Lauf- und Leitrad geführt werden.
Fig. 113 und Fig. 115 und 116 die Darstellung der
Schaufeln nebst dem Wasserwege für Vor- und Rückwärtsgang. Den
Constructionserläuterungen entnehmen wir FolgendesD. R. P. Nr. 85599.: Es ist für die Laufradschaufeln a eine
Steigung gewählt worden, welche der Durchgangsgeschwindigkeit des Wassers
entspricht, d.h. eine wesentliche Wasserrotation im Laufrade selbst nicht
hervorruft, und ferner haben die Leitradschaufeln b in
Ebenen der Schiffswellenachse einen ganz oder nahezu geradflächigen Verlauf
erhalten, welcher unter Mitwirkung der erwähnten Laufradsteigung dem Wasser einen
nahezu axial gerichteten Weg durch die Turbine in beiden Richtungen vorschreibt. Es
kann sogar die Endsteigung der Laufradschaufeln im Verhältnisse der
Durchgangsgeschwindigkeit recht klein sein. Das Wasser soll theoretisch genau in
axialer Richtung durch Lauf- und Leitrad treten, erfährt aber durch eine geringe,
als Slip auftretende Rotation eine Ablenkung. Zum Vorwärtstreiben des Schiffes tritt
das Wasser von vorn und zweckmässig ohne Stoss in das Laufrad ein, wird in diesem
beschleunigt und erhält – im Gegensatze zu den bisherigen Vorgängen und in Folge der
besonderen Steigungsverhältnisse der Laufradschaufeln – nur eine geringe
Sliprotation. In Folge dieser unwesentlichen Rotation ist es aber andererseits
möglich geworden, jede Leitschaufel b nahezu axial,
d.h. geradflächig in einer durch die Maschinenwellenachse gelegten Ebene zu stellen
(Fig. 113 und 120), und diese
besondere Stellung ermöglicht einen vorzüglichen Rückwärtsgang des Schiffes.
Textabbildung Bd. 309, S. 242
Fig. 117. Pressungsdiagramm.Fig. 118. Geschwindigkeitsdiagr.Fig.
119. Querschnittsdiagramm.Fig. 120. Ausführungsconstruction.
Für den letzteren leiten nämlich die axial stehenden
Leitradschaufeln dem Laufrade das Wasser nahezu ohne Rotation zu. Das Wasser gelangt
daher voll auf die Schaufelflächen des Laufrades und dieses kann auch auf
Rückwärtsgangsicher zur vollen Wirkung kommen, und erreicht letztere um so mehr, als seine
Schaufeln nur schwach gekrümmt sind. Praktische Versuche haben ergeben, dass die
Geschwindigkeit eines mit dem neuen Turbinenpropeller ausgestatteten Bootes auf
Rückwärtsgang etwa ¾ des Vorwärtsganges beträgt. Für den Fall, dass der neue
Propeller an eine Kraftmaschine gehängt ist, deren Welle nur in einer Richtung
umlaufen kann, lassen sich die Laufradschaufeln a als
Kehrschaufeln einrichten, was bei den älteren Turbinenpropellern mit stark
gekrümmten Laufradschaufeln nicht angängig ist, weil dann die Wirkung während der
einen Kehrschaufelstellung ganz gering sein würde. Die neue Turbine ist auf Grund
des Pressungsdiagrammes (Fig. 117) gebaut. Die Pressung des Wassers auf die concave Seite der
Schaufeln ist hierbei der Einfachheit halber als constant innerhalb des ganzen
Laufrades angenommen. Da das Wasser sich frei ohne etwaige nicht auf Beschleunigung
wirkende Pressungen bewegen soll, so muss das Diagramm der Beschleunigung, da
letztere bei gleichbleibender Masse der Kraft proportional ist, denselben Verlauf
wie das Pressungsdiagramm haben. Das zugehörige Geschwindigkeitsdiagramm hat
demnach, bezogen auf den Weg als Abscisse, einen parabolischen Verlauf, wie ihn Fig. 118 zeigt. Die
Geschwindigkeit beim Eintritt ist gleich der Fahrtgeschwindigkeit, sie steigt
parabolisch innerhalb des Laufrades auf die Austritts- oder Slipgeschwindigkeit.
Letztere ist abhängig von der Grösse des Turbinendurchmessers, dem
Schiffswiderstande und der Maschinenleistung. Der Slip beträgt bei dieser
Turbinenart erfahrungsgemäss 30 bis 40 Proc. Da die gesammte auf Beschleunigung
wirkende Arbeit vom Laufrad geleistet wird, so hat das Wasser beim Verlassen
desselben, also beim Eintritt in das Leitrad, bereits die volle Slipgeschwindigkeit
erreicht. Eine Beschleunigung und eine damit verbundene Pressung innerhalb des
Leitrades ist nicht vorhanden, vielmehr dient das letztere nur ausschliesslich dazu,
die Rotation des Wassers innerhalb des Mantels zu verhindern. Auf Grund des
Geschwindigkeitsdiagrammes (Fig. 118) ergibt sich als der reciproke Werth hiervon das
Querschnittsdiagramm (Fig.
119), welches mit Berücksichtigung der Schaufeldicken entworfen ist.
Hierbei wurde darauf geachtet, dass Mantel und Nabe einen möglichst glatten Verlauf
erhalten.
Textabbildung Bd. 309, S. 243
Anordnung des Holtz'schen Propellers am Heck.
Die aus dem Querschnittsdiagramm sich ergebende
Ausführungsconstruction zeigt Fig. 120. Sie besteht
aus dem Mantel c, in welchem vorn das Laufrad a rotirt. Hinten ist das Leitrad b fest eingebaut. Die Steigung der Leitradschaufeln
ist, da jede Rotation des Wassers nach Möglichkeit vermieden werden soll,
proportional der Geschwindigkeit, so dass eine parabolische Schaufelform entsteht.
Im vorliegenden Falle war das Pressungsdiagramm zu Grunde gelegt, selbstverständlich
kann man auch mit diesem beliebig variiren, ohne wesentlichen Einfluss auf den
Gesammtcharakter der Turbine auszuüben.
Textabbildung Bd. 309, S. 243
Fig. 123.Mittels Explosionsgase wirkender Schiffstreiber.
Die Anordnung des Propellers am Heck lassen Fig. 121 und 122 in zwei
Ausführungen ohne weiteres erkennen. – Die Erwartungen, welche an den Holtz'schen Propeller geknüpft worden sind, scheinen
sich hinsichtlich der flach gehenden Boote, denen die Schraube nicht dienlich sein
kann, im Wesentlichen erfüllt zu haben. Eine grosse Reihe in- und ausländischer
Fahrzeuge tragen die Actionsturbine. Als Ergebnisse werden von dem Erbauer folgende
Werthe angegeben für die Dampfboote:
Länge
Breite
Tiefgang
HP
Knoten
Adolfito
16 m
2,4 m
0,4 m
30
10
Pedrito
14 m
2,0 m
0,45 m
30
12
Halle
24 m
4,0 m
0,60 m
70
9
Libelle
25 m
3,3 m
0,90 m
150
14
Raditrax
14 m
2,8 m
0,6 m
40
9
Zum Vergleiche in der Wirkung diene ein Versuch an der festen Leine, bei welchem
zogen:
2 Turbinenschrauben von zus.
50
bei
0,45 m Tiefg. 630 k,
2 gewöhnl. Schrauben von zus.
50
bei
0,50 m Tiefg. 470 k,
2 Seitenräder von zusammen
50
bei
0,50 m Tiefg. 520 k.
Unter Ausschluss maschineller Uebertragungsmittel würde man in der Lage sein, Schiffe
zu treiben, wenn man das die Arbeit verrichtende Medium, die sich ausdehnenden Gase
oder Dämpfe, unmittelbar auf das Wasser wirken liesse. Solche, der Gruppe der
Reactionspropeller zuzuzählenden Vorrichtungen sind mehrfach bekannt geworden,
freilich ohne hinreichende praktische Bewährung.
Aus der Reihe der Neuerungen ist der Vorschlag erwähnenswerth, die Explosionsgase
unbehindert in das Ausstossrohr übertreten zu lassen. Die Explosionskammer a (Fig. 123) steht stets
in offener Verbindung mit dem Reactionsrohr bc,
in welchem nach erfolgter Explosion die Abgase die Scheidewand zwischen dem neuen
Gasgemisch im Explosionsraum a und der Wassersäule im
Rohr bc bilden. Die rohe Skizze soll nur das
Princip verdeutlichen.
Auf dem nämlichen Gedanken ist der durch Explosionsgase wirkende Reactionspropeller
von J. G. Pinkert in Hamburg aufgebaut, welcher
explosible Gase, Kohlenstoffgas, Wasserstoffgas, Gasolin, Erdöl, Benzin, Ligroin,
Acetylen, verwenden will, aber auch Sprengstoffe, wie Pulver, Dynamit, Melinit,
Schiessbaumwolle, in Betracht zieht. Auf die durch Fig. 124 und 125 im Wesentlichen
verdeutlichte Einrichtung bezieht sich folgende Erläuterung: Der Explosionsmotor
besteht aus drei Haupttheilen, der Explosionskammer a,
dem Propellerrohr bund dem Regelungsmotor c. Die Explosionskammer a
ist ein Cylinder aus Gusstahl, Stahlbronze oder sonst geeignetem Material, dessen
Durchmesser sich nach der Anzahl der beanspruchten Pferdestärken richtet. Derselbe
verengt sich bei d zu einem kleineren Cylinder e, welcher sowohl stehend als liegend angeordnet werden
kann und ausgedreht sein muss, um den Kolben f des
Regelungsmotors c gasdicht in sich aufzunehmen. An
seiner Verengung d ist der Cylinder a mit dem Explosionsgemengeeinlass g versehen, durch welchen das in dem Vergaser erzeugte
Explosionsgemisch und die zur Explosion nöthige Luft in den Explosionsraum gelangen.
Der Vergaser besteht aus dem eigentlichen, mit Heizrippen versehenen Vergaserkörper
h, dem zugleich als Rückschlagventil ausgebildeten
beweglichen Kegel i zur Erzeugung der Schleierbildung
der zuströmenden flüssigen Kohlenwasserstoffe, dem über dessen Spitze einmündenden
Zuflussrohr k für die zu vergasenden Flüssigkeiten und
den um letzteres angeordneten Luftzuführungsöffnungen l. Der gesammte Vergaser ist von dem Mantel m
umgeben, unter welchem die Lampe n angebracht ist.
Neben dem Vergaser ist das Luftzuführungsrohr o
angeordnet, so dass der in dem Vergaser erzeugte, schwach mit Luft versehene
Kohlenwasserstoffdampf von der durch o einströmenden
Luft mit in den Explosionsraum gerissen wird.
Textabbildung Bd. 309, S. 244
Reactionspropeller von Pinkert.
Unter dem Vergaser ist das Glühzündrohr p angebracht, welches von der Lampe n mit geheizt werden kann. Der kleinere Cylinder e ist in den Explosionsraum hinein verlängert, so dass
letzterer in seinem oberen Theil durch den hineinragenden Theil q des Cylinders e eine
ringförmige Gestalt erhält. Das Rückschlagventil r des
Gemengeeinlasses g kann selbsthätig wirkend angeordnet
oder von der Welle n des Regelungsmotors aus gesteuert
werden; ebenso kann auch der Kohlenwasserstoffzufluss ik von n aus gesteuert werden. Der Cylinder
e ist von einem Mantel umgeben für Aufnahme des
Kühlwassers, welches durch Rohr t zu- und Rohr u abfliesst. Der Explosionscylinder a setzt sich nach unten in das Propellerrohr b fort, welches mittels der Nuth v des Explosionscylinders a und der darüber greifenden Wulst w des
Propellerrohres b gasdicht, aber drehbar mit dem
Explosionscylinder verbunden ist. Die ringförmige Wulst w ist mit einem Zahnkranz x versehen, in
dessen Zähne diejenigen eines Zahnrades y
eingreifen, mit dessen Hilfe das Propellerrohr b
beliebig gedreht werden kann. Das Ausstossrohr b mündet
wagerecht und stets unter Wasser. Der Regelungsmotor c
bedarf nur einen kleinen Theil.
Der Motor arbeitet wie folgt: Angenommen, der Motor würde mit aus einer zu
vergasenden Flüssigkeit, z.B. Erdöl, zu entwickelndem Gase getrieben, wobei derselbe
im Zweitact arbeitet. Die letzte Explosion hat eben den Kolben f des Regelungsmotors c
hochgetrieben, wobei gleichzeitig flüssiges Erdöl durch Zuflussrohr k und Luft durch l
gepresst wird. Das Erdöl fliesst über den Kegel i,
dadurch sich schleierförmig zertheilend, die Luft aus l
stösst auf diesen Erdölschleier, zerstäubt das Erdöl und wirft den so gebildeten
Erdölstaub gegen die heissen Wandungen des Körpers h,
wodurch die Vergasung des Erdöls erreicht wird. Inzwischen ist durch die Steuerung
von der Welle n aus das Einlassventil r geöffnet worden; ein starker Luftstrom kommt durch
den Lufteinlass o, reisst das vergaste Erdölgemisch mit
sich durch den Einlass g in den Explosionsraum a, wobei die Luft sich mit dem Erdöldampf vermischt und
ein explosionsfähiges Gemisch bildet, welches durch die Kraft seiner Einströmung die
verbrannten Gase der letzten Explosion nach unten drückt; die ringförmige Gestalt
des oberen Theiles der Explosionskammer begünstigt hierbei eine kräftige
Wirbelbildung und dadurch eine innigere Mischung von Gas und Luft. Der inzwischen
zurückkommende Kolben f erzeugt einen geringen
Ueberdruck, welcher genügt, explosionsfähiges Gemisch in das Glühzündrohr p zu treiben, so dass die Explosion in dem Augenblicke
erfolgt, wo der Kolben f seinen tiefsten Stand erreicht
hat. Die Explosion wirkt zum grössten Theil nach unten, da der geringe Querschnitt
des Kolbencylinders e nur eine entsprechend geringe
Kraftäusserung in dieser Richtung zulässt und das Einlassventil r sich im Augenblicke der Explosion schliesst, worauf
sich der ganze Vorgang wiederholt. Die nach unten wirkende Kraft der Explosion übt
durch das Propellerrohr b und die Auspufföffnung k einen kräftigen Druck oder Stoss auf das das Schiff
umgebende Wasser aus, wodurch die Vorwärtsbewegung des Schiffes bewirkt wird. Da
dieser Vorgang sich, je nach der Grösse der Motoren, 80- bis 300mal in der Minute
wiederholt, so finden auch ebenso viele Stösse in das äussere Wasser statt, von
denen jeder einzelne wie der Schlag eines Ruders wirkt. Da eine Drehung des
Ausstossrohres statthaft, ist auch die Steuerung mit dem Propeller möglich. Man kann
das Rohr auch auf Rückwärtsfahrt stellen. Dies setzt jedoch voraus, dass der
Schiffskörper den Wasseraustritt nicht behindert. Man wird also die Rohre weit
seitwärts ausladend oder unter Kiel reichend anordnen – beides unbequeme
Nothwendigkeiten. Ueberdies ist kaum anzunehmen, dass die übertriebenen Hoffnungen
des Constructeurs mit der geschilderten Einrichtung erfüllt werden.
Von einem gewissen Einflusse auf die Wirkung des ausgeworfenen Wasserstrahles ist die
Form der Mündung des Austrittsrohres. In dieser Beziehung gehen die Ansichten
allerdings erheblich aus einander und mit Ansichtssachen wird man es so lange allein
zu thun haben, als genauere praktische Versuche über die Wirkungsweise der
Reactionspropeller nicht vorliegen.
Eine eigenartige Düse rührt von Ch. Chaigneau inParis her. Dieser
gibt dem Querschnitt der Ausflussöffnung des Leitungskanals, welcher die
Druckflüssigkeit enthält, solche Gestalt und solche Abmessungen, dass die Streuung
der zurückgeworfenen Flüssigkeit verringert und die Bewegung des Flüssigkeitsstromes
schnell aufgehoben wird, um den Nutzeffect der Reaction zu erhöhen. Zur Erreichung
des Zweckes wird die Erscheinung benutzt, dass ein aus einer Oeffnung unter einem
gewissen Druck auftretender Flüssigkeitsstrahl bei seinem Austritt eine um so
grössere Streuung erfährt, je grösser der Widerstand des Mittels ist, in welches
dieser Flüssigkeitsstrahl hineingeschleudert wird, und dass in diesem Falle auch der
Querschnitt des zurückgeworfenen Flüssigkeitsstrahles, sowie die Geschwindigkeit
dieses Strahles entsprechend grösser sind. Diese Streuung hat nun zur Folge, dass
eine erhebliche Menge von Flüssigkeitsfäden von dem Augenblicke ihres Austrittes an
eine schräge Richtung einnehmen, welche ihre praktische Wirkung verringert. Um
andererseits hinreichend kräftige Reactionen zu erhalten, wie sie beispielsweise für
industrielle Zwecke nothwendig sind, ist es erforderlich, den Querschnitt des
zurückgeworfenen Flüssigkeitsstrahles, sowie auch die Geschwindigkeit hinreichend
gross zu wählen; man muss also einen grossen Querschnitt und hohe Geschwindigkeit
beibehalten, jedoch die Streuung verringern.
Man erreicht dies dadurch, dass man von dem Querschnitt a mit geringem Umfang an der Basis der Reactionsdüse (Fig. 126) zu dem Querschnitt b der Ausflussöffnung übergeht, welcher ein wenig grösser als a ist, jedoch eine flache Gestalt aufweist und in Folge
dessen einen grossen Umfang besitzt. Die der Ausflussöffnung zunächst gelegenen
Theile der Düsenwand sind unter einander und zur Richtung der Fortbewegung parallel.
Die Schmalseiten der Ausflussöffnung können gerade oder abgerundet sein und die
Längsseiten können gerade oder gewellt sein. Anstatt eine einzige Ausflussöffnung
für den Flüssigkeitsstrom zu verwenden, kann man diese Oeffnung auch in eine
beliebige Anzahl von Oeffnungen von geringem Durchmesser zerlegen, deren
Gesammtquerschnitt jedoch immer um ein Geringes grösser ist, als der Querschnitt am
Grunde der Düse. Ferner kann der Querschnitt anstatt in eine rechteckige flache Düse
oder in eine grössere Anzahl kleinerer Mundstücke oder Oeffnungen auszumünden, auch
in eine beliebige Anzahl von Zonen oder ringförmigen Oeffnungen übergehen, welche
ebenfalls eine geringe Höhe aufweisen, d.h. sehr schmal sind. Die Mittel, durch
welche die Höhe des Querschnittes der Auslassöffnung reducirt oder aber der
Querschnitt am Grunde der Düse in eine geeignete Anzahl von kreisförmigen Oeffnungen
von geringem Durchmesser oder von ringförmigen Oeffnungen von geringer Breite
zerlegt wird, hat den Erfolg, dass der Nutzeffect der zum Antrieb dienenden Reaction
wesentlich erhöht wird.
Textabbildung Bd. 309, S. 245
Fig. 126.Reactionsdüse.
Dieser Nutzeffect kann indessen noch weiter durch die in Fig. 127 angegebenen Mittel erhöht werden, welche
bezwecken, dass sowohl die Streuung vermindert, als auch die lebendige Kraft
des zurückgeschleuderten Wasserstrahles in einer möglichst kurzen Zeit aufgehoben
wird. Der Flüssigkeitsstrom (Fig. 127) muss deshalb
eine Anzahl von convergirenden Mundstücken bc in
der Weise passiren, dass der vorzugsweise flachgedrückte, zurückgeworfene
Wasserstrahl von dem Augenblicke seines Austrittes an eine möglichst grosse Menge
der ihn unmittelbar umgebenden Flüssigkeit ansaugt und mit sich reisst. Auf diese
Weise wird die lebendige Kraft des Wasserstrahles in kurzer Zeit aufgehoben.
Ausserdem stetigen die Mundstücke den Wasserstrahl, erhalten ihn in seiner Lage und
tragen so dazu bei, den Parallelismus der Flüssigkeitsfäden zu sichern.
Textabbildung Bd. 309, S. 245
Fig. 127.Mundstück, zum Zwecke der Erhöhung des Nutzeffects der
Reaction.
Die soeben wiedergegebenen Ausführungen, welche zum Theil wohl Hypothese bleiben
werden, haben doch die Wahrscheinlichkeit mehr für sich, als die Begründung, welche
Pinkert von seiner Düsenconstruction gibt, die das
Gegenstück zu der obigen bildet. Pinkert bringt an der
Mündung einen selbsthätigen Verschluss an, welcher neben der Aufgabe, das Eindringen
des äusseren Wassers in das Innere des Propellers zu verhindern, auch diejenige zu
erfüllen bestimmt ist, die aus den Propellerrohren austretenden Treibkräfte auf eine
grössere Wassermasse zu vertheilen. Ein Verschlusskegel a (Fig. 128) führt sich mit Stangen b am Auslass k, welchen er
dicht abschliesst. Federn c unterstützen den Schluss.
Wenn im Betrieb, treten die Explosionsgase in der durch Pfeile angedeuteten Weise
sich ausbreitend aus. Es wird allerdings eine grössere Wassermasse vom Auspuffstrahl
getroffen, aber ohne Mehrerfolg; denn unter der zulässigen Voraussetzung, dass der
Rückstoss entgegen der Richtung des austretenden Wasserstrahles erfolgt, geht hier
zweifellos ein grosser Procentsatz der Stossarbeit für den Vorwärtstrieb
verloren.
Textabbildung Bd. 309, S. 245
Fig. 128.Verschlusskegel von Pinkert.
Edgar Smart in Stamford Hill, England, ordnet eine
(Dampf-)Strahldüse in einem durch das Schiff sich erstreckenden, vorn und hinten
offenen Propellerkanal an; die Düse kann gedreht werden, so dass die Fahrtrichtung
umzukehren ist. In Fig.
129 und 130
ist a der vom Bug zum Heck reichende Kanal mit der
Strahldüse b. Die Injectorwirkung der Düse soll im
Kanal eine Wasserströmung erzeugen, welche ihrerseits die Reactionswirkung
hervorbringt. Mit c ist die Dampfleitung bezeichnet.
Die Düse b ist in einer Trommel h befestigt, welche in einer cylindrischen Kammer k des Propellerkanals a drehbar ist, und zwar
etwa mit Hilfe einer Kurbel h. Mit der Düsenrichtung
wechselt auch die Fahrtrichtung.
Textabbildung Bd. 309, S. 245
Strahldüse von Smart.
An die Stelle des Steuers setzt F. Krefft in
Valparaiso, Chile, gleichfalls einen hydraulischen Reactionspropeller, jedoch von
besonderer Form des Austrittes. Dieser letztere ist entweder eine hohe, schmale
Schlitzöffnung s (Fig.
131), oder besteht in einer Reihe über einander liegender Düsenöffnungen;
in jedem Falle soll ein flacher, senkrecht gestellter Strahl erzeugt werden. Das
dargestellte Ausführungsbeispiel zeigt einen Rohrkrümmer a, welcher durch die Mitte des Schiffshintertheiles nach aussen tritt und
oben mittels einer zweitheilig aufgesetzten Schelle b
das Rohr c trägt; dieses ist unten in der Schelle
mittels der hydraulischen Liderungsmanschette d
abgedichtet. Oben ist eine Stange h angesetzt, welche
durch das Heck und Schiff reicht und die Drehung des Rohres gestattet. Die Düse soll
also hier das Steuer ersetzen, ihre Form wahrscheinlich die Steuerfähigkeit
erhöhen.
Textabbildung Bd. 309, S. 246
Fig. 131.Hydraulischer Reactionspropeller von Krefft.
Es sind dies Einzelheiten, welche wohl zeigen können, in wie verschiedener Weise man
den einen oder den anderen Theil der Reactionspropeller ausbilden kann; nicht aber
lassen sie praktische Wege erkennen, die zur Beseitigung vorhandener und
einflussreicher Mängel der in Rede stehenden Treiber führen.
Auf ein Beispiel der Reactionspropeller müssen wir noch zurückkommen; es ist das
Torpedo des Franzosen Louis Edmond Bolot in Paris,
welcher sich expandirender Kohlensäure zum Fortbewegen und Steuern bedient.
Wenngleich hier nur eine specielle Ausbildung für ein Torpedo, ein Fahrzeug im
Kleinen, vorliegt, sei es gestattet, die interessante Einrichtung unter die
Reactionspropeller einzureihen. Fig. 132 zeigt einen
senkrechten Längsschnitt durch den Schwimmkörper, welcher mit tragfähiger Korkmasse
ausgelegt ist und vorn die Sprengmasse trägt. Kohlensäureflaschen f sind symmetrisch zum Rohr a angeordnet, welches achter offen ins Wasser mündet, vorn hingegen von
einem Ventil beeinflusst wird. Dieses Ventil wird auch von einer Feder u auf den Auslass des Druckbehälters c niedergedrückt, in welchen durch den Hahn r und die Leitungen o
Kohlensäure aus den Flaschen treten kann. Die flüssige Kohlensäure verdunstet und
tritt, durch den Hahn r geregelt, als Gas in den
Druckbehälter c über. Ist der Druck in letzterem ein so
hoher geworden, dass er die Kraft der auf das Ventil wirkenden Feder u überwindet, so wird unter Anheben des Ventils der
Druckbehälter c mit dem Rohr a in Verbindung gesetzt und in Folge dessen das im Rohr a enthaltene Wasser von dem übertretenden Gas
ausgestossen. Durch die rasche Expansion des Kohlensäuregases in dem Rohr nimmt der
im Druckbehälter vorher bestandene Druck wieder ab und das Ventil wird durch die
Feder u wieder niedergedrückt, in Folge dessen der
Druckbehälter c wieder abgeschlossen wird. Die
Verbindung des letzteren mit dem Rohr a, in welches
inzwischen wieder Wasser von aussen her eingetreten ist, wird nicht eher wieder
hergestellt, als bis der durch fortwährende Verdunstung flüssiger Kohlensäure in den
Flaschen hervorgerufene Gasdruck im Druckbehälter ein solcher geworden ist, dass
sich von Neuem das Ventil anhebt und das übertretende Gas die Flüssigkeitssäule im
Rohr von Neuem ausstösst, wobei der auftretende Rückstoss den Torpedo wiederum
antreibt. Die Füllung des Rohres a mit Wasser wird
dadurch beschleunigt, dass beim Schluss des Ventils auch das vordere Ende des Rohres
a nach aussen freigelegt wird. Die selbsthätige
Steuerung befindet sich am hinteren Ende des Rohres a.
Ein Gehäuse g steht mit dem Rohr a so in Verbindung, dass das aus a austretende Druckmittel auch zum Theil nach g gelangen kann. Das Gehäuse besitzt rechts und links
Oeffnungen, welche von mit einer Magnetnadel verbundenen Schiebern für gewöhnlich
verschlossen werden, wenn das Torpedo seine Fahrtrichtung einhält. Bei einer
Richtungsänderung vollführen das Gehäuse g und die von
der Magnetnadel beeinflussten Schieber eine Verdrehung gegen einander in dem Sinne,
dass eine Oeffnung frei gelegt wird und Kohlensäure einseitig austreten kann, so
durch seitliche Reactionswirkung das Torpedo wieder in seine Bahn lenkend. Die
selbsthätige Tiefensteuerung besorgt ein Pendel p,
welches oben und unten am Rohr a angebrachte Oeffnungen
mittels eines Schiebers beherrscht und je nach Abweichung des Torpedos nach oben
oder unten bald die untere, bald die obere Oeffnung für das Druckmittel frei legt.
Auf eine andere Einrichtung, welche es dem Torpedo gestatten soll, seine Richtung
plötzlich zu ändern, etwa um unter einem Torpedo-Schutznetz herum zu kommen, kann
hier nicht eingegangen werden, weil sie zu sehr aus dem Rahmen des Themas fällt.
Textabbildung Bd. 309, S. 246
Fig. 132.Torpedo von Bolot.
Wilh. Gentsch.