Titel: | Kraftmaschinen.Neuerungen an Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 310, Jahrgang 1898, S. 62 |
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Kraftmaschinen.Neuerungen an
Dampfmaschinen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 41 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Dampfmaschinen.
4) Rotirende Dampfmaschinen.
Eine ökonomisch arbeitende Dampfmaschine mit umlaufendem Kolben und
Drehschiebersteuerung von Albert Kryszat in
Aschersleben (D. R. P. Nr. 93158) zeigen Fig. 36 und 37.
Die Maschine besteht aus einem an den Enden durch Deckel abgeschlossenen Cylinder, in
dem der auf die Welle w aufgekeilte Kolben k umläuft. Derselbe ist an seinem Umfange mit parallel
zur Welle w laufenden Leisten, sogen. Kraftzähnen k0 ... k5 versehen, auf welche
der Dampf einwirkt.
In geeigneten Verstärkungen der Cylinderwandung sind als Steuerorgane dienende
cylindrische Drehschieber s0, s1, s2 gelagert, die für
das Eingreifen der Kraftzähne mit je zwei Längsaussparungen versehen sind. Die
Schieber werden durch ausserhalb des Gehäuses auf ihren Wellen sitzende Zahnräder,
welche mit einem auf der Maschinenwelle befestigten Bade in Eingriff stehen – im
vorliegenden Falle im Verhältnisse 1 : 3 – angetrieben. Von den Aussparungen der
Schieber führen Längsschlitze in im Innern derselben gebildete Hohlräume, die als
Dampfzuführungskanäle dienen.
Textabbildung Bd. 310, S. 61
Dampfmaschine mit umlaufendem Kolben und Drehschiebersteuerung von
Kryszat.
Die Schiebergehäuse sind durch Rohre r1, r2 derart unter einander verbunden, dass die Rohre
r2 in die in
Verstärkungen der Cylinderwand eingegossenen Kanäle e1 und r2 in diejenigen e2 einmünden.
Soll die Maschine mit Umsteuerung arbeiten, so ist ein Dreiwegehahn anzuordnen,
welcher den frischen Dampf einmal in die Kanäle e1 bezw. nach erfolgter Umstellung in die Kanäle e2 führt; derselbe ist
durch einen Hebel mit einem zweiten Hahn verbunden, so dass gleichzeitig mit der
Umstellung des ersteren eine Auswechselung des inneren Auspuffrohres r2 mit dem äusseren r1, bezw. umgekehrt
erfolgt.
Bei Maschinen, die nur nach einer Richtung umlaufen, hat jedes Schiebergehäuse nur
einen Kanal e1, der mit
den Kanälen e der beiden anderen Gehäuse durch Rohre
verbunden ist. Der Dreiwegehahn wird durch ein einfaches Durchgangsventil ersetzt
und eines der beiden Auspuffrohre r1 oder r2 kommt in Wegfall.
Bei der Fig. 36 und 37 ersichtlichen, mit
Umsteuerungsvorrichtung versehenen Maschine ist der Dreiwegehahn so eingestellt,
dass die Kanäle e1
unter Dampf stehen, die Maschine demnach von links nach rechts umläuft.
Der Zahn k0 erhält,
sobald der Schieber s0
den zugehörigen Kanal e1 öffnet, Frischdampf; der Zahn k2 arbeitet unter Volldruck und sein Schieber s1 hat den Kanal e1 nahezu geschlossen,
während der Zahn k5, da
dessen Schieber s2 den
zugehörigen Kanal e1
bereits längere Zeit abgeschlossen hat, unter Expansionswirkung steht.
Mit der Einstellung des Dreiwegehahnes für den Vorwärtsgang der Maschine ist
gleichzeitig durch den genannten zweiten Hahn das Auspuffrohr r2 aus- und das Rohr
r1 mit den Kanälen
a1 eingeschaltet,
so dass der verbrauchte Dampf freien Austritt hat. Sobald der Schieber s0 den Kanal e1 abgeschlossen hat,
tritt der Zahn k0 seine
Expansionsperiode an. Dieselbe dauert so lange, bis der Zahn die Ausströmungsöffnung
erreicht, durch die alsdann der Dampf entweicht.
Bei der Umstellung der Hähne vom Vorwärts- auf den Rückwärtsgang strömt der Dampf,
wenn die Hähne nur um die Hälfte ihres Weges gedreht sind, ohne Arbeitsverrichtung
durch die Ein- und Ausströmkanäle desMotors. Mit der vollständigen Umstellung der Hähne
werden die Kanäle e1
und a1 geschlossen,
diejenigen e2 und a2 geöffnet. Der Dampf
strömt nun aus e2 dem
Kolben entgegen, bremst ihn und zwingt ihn schliesslich, die entgegengesetzte
Umdrehungsbewegung anzunehmen.
Ein seitlich an der Maschine angebrachtes Rohr x dient
dazu, das im Kolbeninnern sich niederschlagende Wasser abzuleiten. Bei einer anderen
Ausführungsform der Maschine wird die Regelung des ein- und ausströmenden Dampfes
durch getrennte Steuerorgane bewirkt.
Die rotirende Dampfmaschine von George Westinghouse in
Pittsburhg arbeitet mit zwei auf ihren Umfangen mit Zähnen versehenen Trommeln a (Fig. 38), die neben
einander in einem aus zwei Hälften bestehenden, eng anschliessenden Mantel
untergebracht sind. Hierbei greifen die stufenartigen Zahnreihen der einen Trommel
in die entsprechenden Zahnlücken der anderen Trommel ein. Die Trommeln werden
zweckmassig aus einzelnen Scheiben mit Zähnen und entsprechenden Zahnlücken
gebildet, wobei die Zähne derartig gegen einander zu versetzen sind, dass sie sich
stufenartig in Spirallinien um den Umfang der Trommeln herumziehen.
Textabbildung Bd. 310, S. 62
Fig. 38. Rotirende Dampfmaschine von Westinghouse.
Um hierbei eine gute Ausnutzung des Dampfes zu erzielen, werden die Scheiben nach der
Mitte hin allmählich schwächer, so dass die Zähne von der Mitte der Trommeln aus
divergirende Zahnreihen bilden.
Der Dampf tritt durch das Rohr c in eine Kammer des
unteren Maschinentheiles ein und strömt von hier durch ein in der Mitte gelegenes
Rohr d derart zwischen die Zahnlücken der beiden
Trommeln, dass sich diese, wie in Fig. 38 durch
Pfeile angedeutet, in entgegengesetzten Richtungen zu einander bewegen.
Sobald nach einer gewissen Drehung der Trommeln der Dampfzutritt nach irgend einer
Zahnlücke abgeschnitten ist, werden dem expandirenden Dampfe in der betreffenden
Zahnlückenreihe allmählich grösser werdende Räume und Angriffsflächen geboten, bis
er an die Enden der Trommeln gelangt, wo er durch Dichtungsplatten am Entweichen
verhindert wird und bei der weiteren Drehung der Trommeln durch die an den Enden des
Mantels gelegenen Auslassöffnungen in den Auspuff h
gelangt.
Textabbildung Bd. 310, S. 62
Fig. 39. Rotirende Dampfmaschine von Marx.
Dieser Arbeitsgang ist ein ununterbrochener, da nach dem Absperren der
Dampfzuströmung zu der einen Zahnlücke eine neue der zweiten Trommel wieder über die
Dampfeinströmung gelangt.
Eine rotirende Dampfmaschine mit mehrfachem Schieberkapselwerk von Wilhelm Eduard Marx in Bernsdorf bei Chemnitz (D. R. P.
Nr. 92765) zeigt Fig. 39.
In dem cylindrischen Gehäuse e ist ein Hohlcylinder d derart excentrisch gelagert, dass der äussere Umfang
des letzteren den inneren Umfang des ersteren berührt, und ferner im Hohlcylinder
d ein ruhender Hohlcylinder c ebenfalls excentrisch, dagegen concentrisch zum Gehäuse e angeordnet, so dass der äussere Umfang des
Hohlcylinders c den inneren Umfang des Hohlcylinders
d berührt. In dem Hohlcylinder c ist wieder ein in eine Welle auslaufender und mit dem
Hohlcylinder d verschraubter Hohlcylinder b excentrisch gelagert, und zwar derart, dass sich der
innere Umfang des Hohlcylinders c mit dem äusseren
Umfange des Hohlcylinders b berührt und schliesslich in
den letzteren ein mit dem Einströmrohr a1 in Verbindung stehender ruhender Vollcylinder a excentrisch untergebracht, dessen äusserer Umfang den
inneren Umfang des Hohlcylinders b berührt, wobei der
Cylinder a concentrisch zum äusseren cylindrischen
Gehäuse e liegt. Durch diese Anordnung von mehreren
unter sich concentrischen cylindrischen Gehäusen ace und unter sich gleichfalls concentrischen, zu ace aber excentrischen drehbaren Hohlcylindern
bd entstehen vier Arbeitsräume, die durch
Kanäle verbunden sind.
Textabbildung Bd. 310, S. 62
Rotirende Dampfmaschine von Hult und Walfrid.
In den excentrisch gelagerten Cylindern b und d sind je zwei Schieber d1
d1 diametral einander
gegenüber angeordnet, die das Innere der Maschine in entsprechende Arbeitsräume
theilen.
Die Kolbenschieber bestehen aus schwachem Stahlblech; sie haben keine besondere
Dichtung und gleiten leicht an den Wandungen der Gehäuse ac und ce
entlang, durch deren excentrische Anordnung sie in die Arbeitsräume geschoben
werden. Auch die umlaufenden Cylinder bd sind
ohne besondere Dichtung eingebaut, leicht laufend gelagert und, um jede Bremsung zu
vermeiden, an den Berührungsflächen leicht eingeschliffen.
Der Dampf nimmt den aus Fig. 39 ersichtlichen, durch
Pfeile angedeuteten Weg von a1 durch b1
c1 u.s.w. in den
Auspuff und drückt dabei in gleichem Drehungssinne auf die nach innen und auf die
nach aussen bewegten Theile der Schieber d1.
Bei der Fig. 40 und 41 ersichtlichen
rotirenden Dampfmaschine von Karl Alrik Hult und Oskar Walfrid Hult in Stockholm besteht der Kolben a aus einem cylindrischenKörper, welcher excentrisch
in dem Gehäuse b gelagert ist. Ein in dem Kolben radial
beweglicher Schieber c liegt zwischen zwei Kanälen, die
von den in der Motorwelle angebrachten Kanälen für frischen Dampf und Abdampf
abzweigen, so dass der Raum auf der einen Seite des Schiebers stets mit der
Dampfausströmung in Verbindung steht.
Um die Reibungen zwischen dem Kolben a und dem Schieber
c bezw. dem Gehäuse, welches aus der Trommel b und den Deckeln b1 besteht, zu vermindern, läuft dasselbe in gleicher
Richtung wie der Kolben um, was auf mehrere Arten erreicht werden kann. An den
Deckeln b1 sind zur
Trommel b concentrische Flanschen b2 angeordnet, deren
Aussenflächen die inneren Bahnen für federnde Ringe l
bilden, welche in geeigneter Anzahl die Flanschen b2 umgeben. Die äusseren Bahnen für diese federnden
Ringe werden aus den Innenflächen der Flanschen m1 gebildet, welche concentrisch zu den Flanschen b2 an den Endstücken
m des Motorgestelles angeordnet sind. Durch die
Verwendung federnder Ringe l wird an der
Berührungsstelle k zwischen Kolben und Gehäuse eine
genügende Dichtung erreicht. Wenn der Kolben rotirt, wird das Gehäuse in Folge des
Druckes an der Berührungsstelle k, an welcher nur
rollende Reibung vorhanden ist, mitgenommen.
Will man gleitende Reibung zwischen der Motorwelle und den Lagern derselben
vermeiden, so können an der Aussenseite der Endstücke m
Flanschen angeordnet werden, welche, wie die Flanschen m1, als äussere Bahnen für federnde Ringe
dienen, deren innere Bahnen sich auf der Welle selbst befinden. Die Welle wird dann
auf dieselbe Weise wie das Gehäuse gelagert.
Die Rückwirkung des Dampfdruckes auf das Gehäuse und das diese umgebende Ringlager
ist eine solche, dass eine Rückwärtsdrehung des ersteren, welche eine Drehung der
Motorwelle verhindern würde, nicht eintreten kann.
Den von P. Arbel und Tihon
unter der Benennung R
2
π auf der letzten Ausstellung von Motorwagen in dem Jardin des Tuileries zu Paris vorgeführte rotirende
Motor besteht nach den Le Génie civil, 1898 S. 176,
bezw. Revue universelle, 1898 S. 152, entnommenen
Mittheilungen aus einem an den beiden äusseren Enden durch Deckel c (Fig. 42 und 43) geschlossenen, mit
einem Dampfhemd a umgebenen Cylinder a0, dessen Steuerorgane
in einer aufgesetzten Haube b0 untergebracht sind. Im Innern des Cylinders bewegt sich ein ringförmiger
Kolben g, der eine Stahlschaufel h trägt, die in einem, behufs Vertheilung des Dampfes
mit Kanälen o versehenen schwingenden Schieber i
0
i1 gleitet.
Je nach der Lage des Handhebels pk (Fig. 43) strömt der
frische Dampf, dem Drehsinn der Maschine entsprechend, entweder durch den einen oder
den anderen Hahn i in den Cylinder.
In der Fig. 42
ersichtlichen, durch Stirnräder auf den Hahnspindeln, die mit einem Rade auf der
Achse des Handhebels in Eingriff stehen, bewirkten Stellung der Hähne gelangt der
durch das Einströmrohr l1 in den Cylindermantel a strömende Dampf
durch den geöffneten rechtsseitigen Hahn i bezw. den
Kanal desselben, denjenigen des Hahngehäuses und den Kanal des schwingenden
Schiebers i
0
i1 in den Cylinder, um
auf die Schaufel h und den Kolben g treibend zu wirken.
Ist der letztere in seiner tiefsten Lage angelangt, in der die Schaufel h senkrecht steht, so schliesst bei der Weiterbewegung
des Kolbens der schwingende Schieber i
0
i1 den Einströmkanal
des Hahngehäuses ab. Der im Cylinder eingeschlossene Dampf wirkt nun, auf etwa 50
Proc. seines Weges, durch Expansion und treibt den Kolben nach aufwärts. Hat
derselbe seine höchste Lage erreicht, so kommt der gesammte Innenraum des Cylinders
durch den zweiten Hahn i einen kurzen Augenblick mit
dem Auspuffrohr m1 in
Verbindung, um bald darauf durch den geöffneten anderen Hahn i wieder von Neuem mit frischem Dampf gespeist zu werden. Behufs
Verbindung des Arbeitskolbens g mit der durch die
Cylinderdeckel c geführten Treibwelle d liegt inmitten des ersteren ein Ring aus gehärtetem
Stahl, zu dessen beiden Seiten excentrisch auf der Treibwelle befestigte, mit
ringförmigen Laufschienen aus gehärtetem Stahl armirte Scheiben ee1 angeordnet
sind, die durch einen Bolzen mit Mutter f
zusammengehalten bezw. gegen zwischenliegende Stahlkugeln gepresst werden. Durch die
letzteren werden sonach die Kolbenbewegungen auf die Scheiben ee1 bezw. die
Treibwelle d übertragen. Das Schmiermaterial gelangt
aus der Kammer q der Haube b0 , in der die Stahlschaufel h hin und her schwingt, durch Bohrungen mm der letzteren in das Innere des ringförmigen
Kolbens. Zur Abdichtung desselben wie auch der Schaufel h an den Innenflächen der Cylinderdeckel c
dienen unter grossem Druck in Oeffnungen in den Aussenflächen der ersteren gepresste
Korkringe bezw. Korkstreifen, die anfänglich bündig mit dem Metall liegen und sobald
sie mit dem nassen Dampf in Berührung kommen, derart anschwellen, dass ein
vollkommenes Dichthalten erreicht wird.
Textabbildung Bd. 310, S. 63
Rotirender Motor von Arbel und Tihon.
Die an der Maschine mittels Indicators genommenen Diagramme zeigen, da der auf der
Emissionsseite des Kolbens liegende Cylinderraum stets mit der äusseren Atmosphäre
in Verbindung steht, keinerlei Gegendrucklinie.
Der in Paris ausgestellte Motor arbeitete mit fester Füllung, doch lassen sich auch
veränderliche Füllungen mit diesen Motoren erzielen. Auf demselben Princip beruhende
Verbundmotoren sollen demnächst in den Handel gebracht werden.
Der ausgestellte Motor wiegt 140 k und soll mit600 minutlichen Umdrehungen bei einer Anfangsspannung
des Dampfes von 10 at etwa 6 entwickeln.
(Fortsetzung folgt.)