Titel: | Faserstoffe.Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 310, Jahrgang 1898, S. 205 |
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Faserstoffe.Neuerungen in der
Papierfabrikation.
Von Prof. Alfred
Haussner, Brünn.
(Schluss des Berichtes Seite 189 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Papierfabrikation.
d) Geprägte und gewellte
Papiere.
Spitzenpapiere werden gewöhnlich so hergestellt,
dass die eigentliche Spitze geprägt und der zwischenliegende Theil ausgestossen
wird. Es ist nicht zu leugnen, dass auf diese Weise ein duftiges, zartes
Erzeugniss zu gewinnen ist. Aber leider mangelt demselben die
Widerstandsfähigkeit, weil der Zusammenhang zwischen den einzelnen
Spitzentheilen fast oder ganz durchbrochen ist.
Beachtung verdient deshalb das D. R. P. Nr. 94042, worin Krotoschiner und Co. in Berlin ein Verfahren angeben, um
Spitzenpapiere von beinahe gleichem äusseren Ansehen, wie bisher, aber doch
wesentlich widerstandsfähiger dadurch zu machen, dass die sonst ausgestossenen
Theile des Papiers nur tief geprägt und mit dunkler Farbe versehen werden, so
dass die eigentliche Spitzesich doch so darstellt, als ob sie vollständig
frei wäre, weil in einiger Entfernung die Zwischenräume doch dunkel aussehen. In
Fig. 127 und
128 sind
Theile einer solchen Spitze dargestellt. Die Thäler e sind mit dunkler Farbe versehen. Was das Wesen der Erzeugung
anbelangt, so sehen wir in Fig. 129 zwei, wie
Zahnräder in einander greifende Prägewalzen a und
b1 welche das
dazwischen gelangende Papier f in die gewünschte
Spitze verwandeln. Für die Thäler e in Fig. 128 sind bei
der Walze a Erhöhungen e, in der Walze b entsprechende
Vertiefungen mit gegen den Halbmesser schiefen Wänden vorgesehen, so dass, wie
bei g zu erkennen ist, das Vertiefte hergestellt
und, weil die Erhöhungen e von der Farbwalze c mit Farbe versehen werden, auch dunkel gefärbt
wird. Für den übrigen Theil der Spitze sind in a
weniger weit nach aussen ragende Theile d
herausgearbeitet, welche den hell bleibenden Theil der Spitze prägen, weil die
Theile d, wie unmittelbar an der Stelle h zu erkennen ist, von c keine Farbe empfangen.
Textabbildung Bd. 310, S. 206
Spitzenpapier.
Textabbildung Bd. 310, S. 206
Fig. 129. Prägewalzen für Spitzenpapiere.
Textabbildung Bd. 310, S. 206
Prägeverfahren von Hofmeier.
Das Verfahren von Dr. Julius Hofmeier in Wien (vgl.
1896 301 173), bei welchem mit Hilfe von galvanisch
abgelagerten Platten die zartesten und der natürlichen Gestaltung täuschend
ähnliche Formen geprägt werden, hat bisher insofern befriedigt, als das Aussehen
der fertigen Nachahmungen, z.B. der Ledernarbe, nichts zu wünschen übrig liess.
Aber die Kosten waren so gross, dass die Producte nicht im Stande waren,
trotz ihrer überlegenen Schönheit, mit den Erzeugnissen gravirter Walzen zu
concurriren. Das Aufbringen der galvanisch hergestellten Prägeplatten auf die
Walzen, und zwar sicher und zuverlässig, ohne allzu grossen Zeitaufwand, war bis
vor kurzer Zeit nicht möglich. Sowohl dicke, wie dünne Platten verursachten die
mannigfachsten Verlegenheiten. Neuestens gibt aber Joseph Heim in Offenbach a. M. in einem D. R. G. M. ein Verfahren an
(vgl. Papierzeitung, 1896 S. 3170), nach welchem
verhältnissmässig dünne, also nicht zu theuere Platten, doch zuverlässig auf die
Walzen gebracht werden. Hofmeier hat die nach dem
Umfange der so grossen Walze, dass dieselbe auch zwei Galvanos aufnehmen kann,
gebogenen Platten einerseits an eine eiserne Leiste festgeschraubt, welche genau
in eine in die eiserne Walze gehobelte Nuth passt. An den anderen Stellen wird
die Prägeplatte durch, an die Enden des Walzenbundes w geschobene Ringe s, die sich um die
Zapfen z legen (Fig. 130), so
festgehalten, dass noch ein kleiner Spielraum zur seitlichen Ausdehnung bleibt.
Diese Ringe gut und richtig aufzubringen, kostet viel Zeit, weshalb Heim versucht hat, abzuhelfen (Fig. 131 bis 133). Die Platte
wird nämlich um die Walze w gelegt und mit dem
Bande c umschlungen, welches einerseits bei der
Welle d gelenkig festgehalten ist, andererseits
sich um die auf l lose Rolle i wickelt, i wird nun
mittels des um i lose drehbaren Hebels g gedreht, indem die an g befindliche Sperrklinke k in das mit
i zusammenhängende Sperrad greift. Dadurch wird
das Band c auf i
gewickelt und die Prägeplatte auf w glatt
aufgepresst. Damit aber all dies nicht vorzeitig verloren gehen kann, finden wir
auf l, mittels Federkeil verbunden, den Ring m mit der Gegen klinke n. Die Längsnuth in l gestattet es,
diesen Aufziehapparat zu verstellen. Hat man solcherart die Prägeplatte glatt
aufgezogen, dann schiebt man die Ringe s an, klemmt
sie mittels der angedeuteten Schrauben auf den Zapfen z (Fig.
130), worauf Band c entfernt werden
kann.
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Fig. 134. Maschine von Cantin.
Gewelltes, bezw. gekrepptes
Papier erzeugt B. F. Cantinin Paris gemäss D. R.
P. Nr. 95040 in folgender Weise. Von der Rolle a0 (Fig. 134) geht
das Papier p durch die Zugwalzen b0
c0 und die
Vorschubwalzen d0
e0, welch letztere
das Papier in einen durch Leisten qq1 gebildeten Kanal drängen. Dieser leitet
unmittelbar über in den zwischen den endlosen, uni die Leitwalzen a bis d gehenden,
Tüchern f und g
belassenen Raum. Da nun die Tücher f und g sich wohl in den gezeichneten Pfeilrichtungen,
aber langsamer als der Umfang der Walzen d0 und e0 bewegen, so wird das Papier zurückgestaucht
und legt sich so lange in Falten und Wellen, bis der Widerstand dagegen grösser
wird, als die Reibung, der Widerstand gegen das Fortbewegen, so dass dann
schliesslich p gewellt, bezw. gekreppt, gegen
rechts herausquillt. Um den Vorgang einzuleiten, stopft man das Papier in den
Raum zwischen f und g.
e) Gepresste Gegenstände aus
Papierstoff.
Vulcanisirte Fasern (Vulcanfibre) heisst ein
eigenthümliches, fadenförmiges Product, welches nach dem D. R. P. Nr. 83745 von
George Kimball Littlefield in Boston erzeugt
und zur Herstellung von Schachteln, Triebrädern, Röhren u. dgl. verwendet werden
soll. Die Rohfasern werden mit Zinkchlorid, Chlorcalcium, Chlormagnesium oder
Schwefelsäure unter Erwärmung behandelt, hiernach in eine Trommel gebracht,
deren Boden mit einer Anzahl kleiner Löcher oder feiner Schlitze versehen ist,
und mittels eines Kolbens durch diese Oeffnungen des Bodens gepresst. Man erhält
solcherart feine Fäden, welche in noch feuchtem Zustande in dem herzustellenden
Gegenstande entsprechende Formen gebracht und festgestampft werden. Darauf wird
das Erzeugniss der Wirkung eines Wasserbades ausgesetzt und schliesslich
getrocknet, wobei aber der Gegenstand in der Regel 50 bis 60 Proc. schwindet.
Die Art der Behandlung der Rohfasern, insbesondere mit Schwefelsäure, lässt
annehmen, dass es sich dabei um einen dem echten Pergament ähnlichen Stoff
handelt. Die Erfinder erwarten, dass durch die Verschlingung der Fäden, welche
in der Form zusammengebracht werden, der hergestellte Gegenstand besonders
grosse Widerstandsfähigkeit und Haltbarkeit erlange, was besonders bei
tafelförmigen Erzeugnissen werthvoll erscheint. Aus einem ähnlichen Grundkörper
scheint Benzion Karfiol in Brooklyn nach U. S. P.
Nr. 547438 die nachgiebigen und doch festen Walzen seiner Prägewalzwerke
herzustellen.
Nach dem Verfahren von Léon Lebrun in Verviers (D.
R. P. Nr. 79287 und 84663) werden hohle Gegenstände aus Papiermasse dadurch
erzeugt, dass man gelochte Formen, die geeignet an Kästen angebracht sind, in
eine mit Papierstoff versehene Flüssigkeit bringt und aus dem Inneren der
Hohlformen Luft absaugt. Dadurch wird, ähnlich wie es bei Cylindersiebmaschinen
geschieht, auf der durchlässigen Form Papierstoff so lange abgesetzt, bis
eben in Folge der Dickedder abgelagerten Schicht diese undurchlässig wird. Um
den so hergestellten Gegenstand äusserlich ansehnlicher zu machen, wird er
entweder von aussen mittels, unter Umständen mehrtheiliger Formen nachgepresst,
oder nach dem neueren Patent durch Glättrollen bearbeitet.
Sogar künstliche Dachschieferplatten aus Papierstoff werden als „norwegische Ziegel“ von der Firma Ambrosius Hausen in Christiania in den Handel gebracht und u.a. in
Fjeldhammer Brug erzeugt. Diese Platten bestehen nur aus gepresstem Holzschliff,
der mit einer geheim gehaltenen Mischung getränkt worden ist. Die Dächer sollen
35 Proc. billiger gegenüber den gewöhnlichen (vermuthlich sind Schieferdeckungen
gemeint) sein und sich sehr gut bewähren. Was die geheimnissvolle
Tränkflüssigkeit anbelangt, so wäre es nicht gerade unmöglich, dass etwas
Aehnliches benutzt wird, wie von Richard Lissauer
im D. R. P. Nr. 84994. Danach sollen zellstoff-faserhaltige Materialien in eine
lederähnliche Masse dadurch umgestaltet werden, dass die vorher mit
Kupferoxydammoniak und mit Albuminsubstanzen behandelten Materialien nach
einander mit Lösungen von kieselsaurem Kali und Chlorkalk versetzt werden.
Hierauf folgt die Trocknung und das Tränken mit Harzlösung.
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Fig. 135. Erzeugung des Steiner'schen Verpackungsstoffes.
Einen eigenthümlichen Verpackungsstoff erzeugt Ernst
Steiner in Mulda nach D. R. P. Nr. 87114 aus Holzstoff. Dieser wird
(Fig. 135) in den Einfülltrichter a gegeben, von der Transportschnecke b erfasst und durch Rohr a1 als rechteckig geformter Strang
abwärts geleitet. So gelangt er zwischen die Gestellwangen d, das endlose, über Walzen f1
f2 gehende Tuch
(Filz) f und das endlose Sieb e. Auf dieses werden von rückwärts durchlochte
Bleche g (in ununterbrochener Folge) aufgeschoben,
deren Erhöhungen in dem weichen Stoff Vertiefungen hervorrufen. Durch den Filz
f und die geschilderte Siebunterlage wird die
Entwässerung des Stoffes befördert, der dann durch die eigenthümliche, mit
Erhöhungen ausgestattete Walze k auch von oben
Eindrücke bekommen kann.
Wenn man Schachteln u. dgl. aus Pappe erzeugt, so muss dieselbe oft recht scharf
gebogen werden. Das geht nun nicht gut anders, als derart, dass man das Material
an der Biegestelle auf der einen Seite streckt, auf der anderen Seite staucht.
Das Stauchen der Pappe ist nun ein recht heikler
Arbeitsvorgang, besonders dann,wenn auf ein gefälliges, den ziemlich hoch
gespannten Forderungen entsprechendes, gefälliges Aussehen hingearbeitet werden
soll. Von den zahlreichen einschlägigen Apparaten seien nur zwei betrachtet. Die
Patente T. Remus in Dresden (D. R. P. Nr. 67121,
69987 und 77325) sind von der Sächsischen
Kartonnagen-Maschinen-Actiengesellschaft angekauft und zu der in Fig. 136 skizzirten Vorrichtung zum Biegen der
Pappe gestaltet worden. Die Pappe wird zwischen, dem Endzweck entsprechend
gestellte Schienen auf den Tisch t gelegt und
sowohl von oben wie von unten geeignet bearbeitet. Von oben wirkt der mechanisch
oder mittels Fusstritt bewegte Stempel e. In diesem
befinden sich die etwas drehbar gelagerten Stahlschienen f, welche die Feder g aus einander
drückt, während die Platten h die Schienen f zusammen halten. Der Wirbel f1 gestattet, die
Messer f bequem weiter oder enger zu stellen.
Drückt man nun den Stempele auf die Pappe, so pressen sich die Schienen f ein wenig in die Pappe, während von unten die
etwas über die Tischoberfläche t vorstehende Zunge
b2 eine kleine
Erhöhung der Pappe bewirkt. Bei weiterem Druck drehen sich die Längsschienen b, welche auf Pfannengelenken des in der Höhe
stellbaren Körpers b1 ruhen, und die Schienen f stauchen das
Pappenmaterial zusammen, so dass ein Wulst entsteht. Wenn der Stempel e zurückgegangen ist, kehrt die Pappe fast
vollständig in die ebene Lage zurück. Nichtsdestoweniger verträgt sie als Folge
der geschilderten Behandlung selbst eine Drehung um 180°, ohne besonderen
Widerstand zu verursachen. Dadurch, dass von unten der Druck der Federt im
Gestelle a mittels Schraube i, Mutterrad u. dgl. geregelt werden kann, ist man im Stande,
weitgehenden Forderungen zu genügen.
Textabbildung Bd. 310, S. 208
Fig. 136. Vorrichtung zum Biegen der Pappe von der Sächsischen
Kartonnagen-Maschinen-Actiengesellschaft.
Textabbildung Bd. 310, S. 208
Fig. 137. Biegepresse von Mansfeld.
In anderer Weise kommt Chr. Mansfeld in
Leipzig-Reudnitz nach D. R. P. Nr. 92787 zum Ziele, obzwar, wenn man auf den
Kern der Sache eingeht und von äusseren Formen absiebt, viel Aehnlichkeit mit
der eben geschilderten Vorrichtung vorhanden ist. Vorausgeschickt sei aber,
dass die Mansfeld'sche Ausführung den Vorzug
bedeutenderer Einfachheit für sich beanspruchen darf. Auf die Pappe p (Fig. 137) drückt
von oben der Presskopf a mit der Schneide a1, wobei
Einstellung von a möglich ist, um verschiedenen
Pappendicken zu genügen. Von unten wird dann Pappenmaterial durch die beiden
Backen b an den Schenkeln c gefasst und gegen a1 geschoben, also die Pappe bei a1 gestaucht. Die
Stellschraube h regelt dabei in höchst einfacher
Weise den Grad der Stauchung, die Menge des gegen a1 geschobenen Materials. Die Backen
b machen um d
Bogenbewegung, sie heben sich also bei der Annäherung an a1 etwas und pressen die Pappe an den
Widerhalt a. Die Bogenbewegung der Arme c ruft die unrunde Scheibe f hervor, welche ihrerseits durch den Hebelarm g gedreht wird. Dabei ist der Zug der Schraubenfeder e zu überwinden, welche die Hebel c unten zu nähern, also oben, ebenso wie die Backen
b zu entfernen sucht. Das Resultat, welches
solcherart erzielt wird, ist eine ⋃-förmige Durchbiegung der Pappe, also ganz
ähnlich, wie eben vorher beschrieben. Es entspricht auch die Kante a1 hier, der Zunge
b2 bei Fig. 136, den Zangenbacken b hier, die Schienen f dort.
Papierprüfung.
Erfreulicher Weise dringt die Erkenntniss immer weiter vor, dass durch eine von
richtigen Grundsätzen geleitete Papierprüfung allen Theilen gedient ist: Dem
Verbraucher durch eine gewisse Gewähr, dass die Papiere, an welche er bestimmte
Forderungen, insbesondere hinsichtlich der Dauerhaftigkeit, stellen muss; dem
Erzeuger durch Erkenntnisse über Papierbildung, durch den Ansporn, wirklich gutes
Papier zu liefern und dafür einen entsprechenden Preis zu erzielen, sowie durch die
Sicherheit, gegen unberechtigte Angriffe sich vertheidigen zu können. Die Ansicht
eines italienischen Abgeordneten, dass man in streng parlamentarisch regierten
Staaten es nicht ungerne sehe, wenn die Papiere, welche die Staatsacten enthalten,
recht bald zerfallen, steht wohl heute ebenso vereinzelt da, wie die eines
französischen Papierfabrikanten, der behauptet, dass noch keine sicheren Grundlagen
für eine sachgemässe Papierprüfung vorhanden wären. Es ist ja gewiss auch nur
Menschenwerk und daher verbesserungsfähig, was an einschlägigen
Untersuchungsmethoden von der Anstalt in Charlottenburg
geübt wird. Aber Beweis genug dafür, dass in vieler Beziehung von dieser Anstalt
nach unseren heute vorhandenen Kenntnissen und Erfahrungen das Richtige getroffen
wurde, ist, dass deren Vorschriften und „Normalien“ zum Muster für eine
Anzahl von Prüfungsanstalten in anderen Ländern, sogar in Frankreich, angenommen und
nur einige Punkte abgeändert worden sind. Ein Haupteinwand kehrt sich, wie bereits
in früheren Aufsätzen hervorgehoben worden ist, gegen das ausschlaggebende Knittern
von Hand. Nun, einige Aussichten für einen annehmbaren Ersatz, für ein mechanisches
Knittern, ist durch den Apparat von Prof. Pfuhl, von
welchem weiter unten noch ausführlicher zu sprechen ist, doch vorhanden. Auch ist
man so vorgegangen, dass man in einigen neu angelegten Prüfungsvorschriften das
Knittern entweder unter die Bestimmungen gar nicht aufgenommen, oder dem Knittern
doch keinen so ausschlaggebenden Einfluss gewährt hat, wie es bei der
Charlottenburger Anstaltgeschieht. So berichtet der Moniteur de la Papétrie
française, 1895 Nr. 17, dass unter Leitung des Prof. Persoz ein Papier-Untersuchungslaboratorium der Pariser
Handelskammer errichtet worden ist, dessen Verfahren mit denen der Charlottenburger
Prüfungsanstalt übereinstimmen. In Oesterreich wurde dem Vereine der
österreichisch-ungarischen Papierfabrikanten ein Vorschlag des technologischen
Gewerbemuseums behufs zu erlassender „Papier-Normalien“ zur Begutachtung
übergeben. Hervorzuheben wäre darüber, dass nur drei verschiedene Stoffklassen ins
Auge gefasst werden. Es mag der Ansicht Ausdruck geliehen werden, dass dies eine zu
begrüssende Vereinfachung ist. Denn heute, bei der so sehr vervollkommneten
Herstellung des Zellstoffs genügt es wohl vollständig, wenn man nur eine Stoff
klasse für reine Hadernpapiere, eine für Papiere beliebiger Zusammensetzung,
Holzschliff ausgenommen, und eine dritte Stoff klasse für ganz beliebige Stoffe,
also auch mit Holzschliff, wählt. Aus dem ungarischen
„Statut betreffs Lieferung und Untersuchung von Papier“ sei als besonders
erwähnenswerth hervorgehoben, dass die „Dauerhaftigkeit“ durch die
Reissarbeit in Kilogramm auf 1 qm vorgeschrieben erscheint. Vom theoretischen
Standpunkte möchte diesem Vorgange nur beigepflichtet werden. Aber die praktische,
genügend verlässliche Ermittelung dürfte manchen Schwierigkeiten begegnen und viele
Reclamationen veranlassen. Es kommt da eben auch sehr viel auf die Art an, wie
gearbeitet wird. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass, trotz des, nach meiner
Ansicht, unzweifelhaft richtigen Grundgedankens, alle anderen Prüfungsanstalten
diese Art der Bestimmung der „Dauerhaftigkeit“ nicht anwenden (vgl. 1894 294 81).
In Besprechung verschiedener Einzelheiten der Papierprüfung seien die Papierfasern
zuerst betrachtet. Wenn man die ausserordentliche Kleinheit der dabei in Frage
kommenden Theilchen beachtet, so vermag man wohl kaum den Aeusserungen des
allerdings als sehr gewiegten Praktiker bekannten W.
Schacht (vgl. Papierzeitung, 1896 S. 794 und
1514) beizupflichten, dass auch der Erfahrenste die Lagerung der Fasern ebenso gut
oder sogar noch besser schon bei der Bildung des Papiers auf der Maschine, sowie
auch (etwa im durchfallenden Lichte) im fertigen Papiere zu erkennen und daraus fest
begründete Schlüsse zu ziehen vermag, als der Mikroskopiker. Die recht mühseligen
und anstrengenden Beobachtungen des Berichterstatters nach beiden Richtungen haben
denselben eines anderen belehrt. Die Ansicht, dass für solche Untersuchungen, welche
sich nach irgend einer Richtung mit dem Fasermateriale des Papieres näher befassen,
das Mikroskop das geeignete Hilfsmittel sei, ist auch, von solchen vereinzelten
Ausnahmen abgesehen, allgemein verbreitet.
Um die Fasern leichter zu erkennen, werden auch gewisse Reagentien gebraucht, welche
charakteristische Färbungen erzeugen. Zu den hierfür bereits bekannten Mitteln fügte
Dr. Paul Klemm (vgl. Papierzeitung, 1896 S. 1417) schwefelsaures Rosanilin in saurer Lösung
hinzu. Mit diesem Mittel soll es möglich sein, die verschiedenen Zellstoff arten von
einander zu unterscheiden. Ungebleichter Sulfit Zellstoff wird tief violettroth; die
Farbe ist mit freiem Auge und mikroskopisch zu erkennen. Gebleichter Sulfitzellstoff
wird, weniger ins Violett spielend, roth. Ungebleichter Natronzellstoff färbt sich
durchschnittlich noch etwas weniger stark, wie gebleichter Sulfitzellstoff.
Gebleichter Natronzellstoff erhält nur einen schwach röthlichen Schimmer; unter dem
Mikroskop erscheinen die Sommerholzfasern meist vollständig farblos, nur die
Herbstholzfasern färben sich manchmal ein wenig, ebenso wie die Reste der etwa noch
vorhandenen Markstrahlzellen. Danach wären wohl Verwechselungen und Irrthümer nicht
ausgeschlossen. Um diese zu vermeiden, wird auch noch Malachitgrün benutzt.
Zellstoff, welcher sich mit Rosanilinsulfat roth, mit Malachitgrün deutlich grün
färbt, ist ungebleichter Natronzellstoff; färbt sich Zellstoff mit Rosanilinsulfat
wohl auch roth, dagegen mit Malachitgrün schwach blau oder gar nicht, so ist auf
gebleichten Sulfitstoff zu schliessen.
Sehr beachtenswerth erscheint ein Vorschlag von W.
Herzberg in den Mittheilungen der königl.
mechan.-techn. Versuchsanstalten in Charlottenburg, 1896 Heft 5/6, weil der
Vorschlag geeignet scheint, die Vortheile verlässlicher mikroskopischer
Untersuchungen einem grösseren Kreise, insbesondere auch unmittelbar der Fabrikation
des Papieres, werthvoll zu machen. Nach Herzberg sollen
nämlich gewissenhafte Normalbilder von „rösch“ und „schmierig“
gemahlenen Stoffen mit verschiedenen Zwischenstufen hergestellt, als mikroskopische
Lichtbilder vervielfältigt und so der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. In
den bezeichneten „Mittheilungen“ sind auch solche mikrophotographische Proben
in sehr gelungenen Bildern enthalten, welche für sich selbst sprechen. Auf etwas
Aehnliches kommt schliesslich auch der Vorschlag von Gustav
Smidth hinaus (vgl. Papierzeitung, 1896 S.
1479). Smidth erzeugte nämlich mittels eines
Projectionsapparates in 40facher Vergrösserung Bilder von Holzschliff, welche ganz
vorzüglich über die Eigenheiten des Holzschliffs aufklärten und eine Versammlung von
Praktikern, denen diese Bilder vorgeführt worden sind, hoch befriedigten.
Auf gewissenhafte mikroskopische Untersuchungen, denen sich auch Festigkeitsproben
anschlössen, stützt sich die Habilitationsschrift von Director Max Schubert in Dresden über die „Lagerung von
Fasern im Papier“ (vgl. Papierzeitung, 1896 S.
458). Es sind wohl schon vor ihm diesbezügliche Versuche gemacht worden, besonders
seien jene von Schacht, der schon oben erwähnt worden
ist, hervorgehoben (vgl. 1892 286 157). Aber, wie dem
Berichterstatter scheint, von keinem mit solchem Ansehen von Verlässlichkeit und so
eingehend, wie von Schubert. Dieser fand, dass Papier,
welches mit Natronlauge gekocht wird, leicht in zwei oder mehrere Schichten
zerfällt, wenn es über 40 g pro qm schwer ist. Die Faserlagerung findet mit und ohne
Schüttelung nicht bloss nach der Längs-, sondern auch nach der Querrichtung statt.
Nur zeigt es sich, dass ein für jedes Papier und jedes Fasermaterial anderer,
bestimmter Grad der Schüttelung die Fasern zwingt, sich mehr und mehr quer gegen die
Maschinenrichtung zu legen, wenn auch der ideale Zustand, dass die Fasern in
gleicher Zahl der Längen- und der Querrichtung nach liegen, nicht zu erreichen ist,
wenn man sich auch durch hohe Schuttelungszahlen diesem Ideale nähern kann. In den
oben erwähnten Schichten, in welche schon etwas dickeres Papier zerfällt und welche
auf allmähliches Absetzen der Fasern hinzuweisen scheinen, ist übrigens ein
wechselndes Verhältniss zwischen derLänge und der Quere nach gelegten Fasern zu bemerken.
In der oberen Schichte nähert sich das Verhältniss mehr dem idealen Eins, als wie
unten. Die Erklärung dürfte darin zu suchen sein, dass eben die oberste Schicht am
längsten flüssig, also auch am längsten der Schüttelwirkung ausgesetzt bleibt.
Auch die Festigkeitseigenschaften, Reisslänge und
Dehnung, beeinflusst die Schüttelung zweifellos, wie Schubert durch Proben nachgewiesen hat. Deren Resultate, in Diagrammen
verzeichnet, lassen auf einen Blick die Einwirkung erkennen. Ganz auffallend ist
aber der Einfluss, welchen die Mahlungsdauer unter sonst gleichen Umständen nimmt.
M. N. Reztsoff machte in der kaiserl. Expedition
der Staatspapiere in Petersburg eingehende Versuche (vgl. Papierzeitung, 1897 S. 2176), welche erkennen lassen, dass bis etwa 10
Stunden Mahldauer die Festigkeit des Papieres energisch mit der Zeit gestiegen ist,
während danach das Steigen nur langsam stattfand.
Dr. L. Niccoli in Rom macht die Bemerkung, dass bei den
heute meist üblichen Papierfestigkeitsprüfern deshalb unrichtige, zu kleine
Resultate erhalten werden, weil die Belastung nicht ununterbrochen, sondern
sprungweise, stossartig wächst. Deshalb erhöht Niccoli
bei seinen Untersuchungen die Beanspruchung dadurch, dass er in einen
Belastungsbehälter Wasser in ununterbrochenem Strahle fliessen lässt und absperrt,
wenn der Riss erfolgt. Der Gedanke ist gewiss nicht schlecht, wenn auch nicht ganz
neu, weil man Aehnliches bei Prüfungsapparaten benutzt. Nur muss man die Resultate
Niccoli's vorläufig noch recht misstrauisch
betrachten, weil er durch seine Methoden Zahlen findet, welche theilweise mehr als
doppelt so gross sind, wie jene, welche mit dem Schopper'schen Apparate (vgl. 1892 286 155)
erhalten werden. Man muss da unwillkürlich an einen Fehler denken, besonders wenn
man überlegt, mit welcher Sorgfalt z.B. in der Charlottenburger Anstalt Schopper'sche Apparate gehandhabt werden und wie sehr
deren Resultate mit jenen anderer Festigkeitsprüfer übereinstimmen.
Welche Prüfer aber immer benutzt werden mochten, so galt doch die Regel, dass das
Papier in der Maschinenrichtung grössere Festigkeit und kleinere Dehnung, in der
Querrichtung kleinere Festigkeit und grössere Dehnung besass. Um so auffallender
sind ganz vereinzelte Fälle, welche diesem Gesetze nicht gehorchen und in der
Charlottenburger Anstalt beobachtet wurden, bei einem Copirseidenpapier besonders
auffallend, weniger bei einem Normal-Conceptpapier. Die Festigkeitsregel blieb
nämlich, aber die Dehnung in der Maschinenrichtung war grösser, als in der
Querrichtung.
Unter die Prüfungsmethoden auf mechanische Widerstandsfähigkeit ist auch das Knittern zu zählen. Schon in früheren Aufsätzen wurde
der Abneigung gedacht (vgl. 1896 301 218), welche
vielfach dem Knittern von Hand entgegengebracht wird. Begreiflich ist daher die
Spannung, mit welcher auf die Resultate mit einem mechanischen Knitterer von Prof.
E. Pfuhl in Riga nach D. R. P. Nr. 86331 gewartet
wird, wenigstens auf jene Resultate, welche in Folge amtlichen Auftrages von der
Charlottenburger Anstalt erhalten werden. Denn andere Stimmen, besonders auch aus
der Praxis, von Seite des Professors und Directors der École centrale de papétrie
F. Ermler in Paris, von Seite des technologischen
Gewerbemuseums in Wien liegen bereits vor. Insbesondere die letzterwähnten,
ausführlichen Versuche, welche von Prof. Lauboeck in
den „Mittheilungen“ des genannten Instituts 1897 veröffentlicht worden sind,
gewähren Einblick in ein Zahlenmaterial, welches andere, als der Erfinder, gewonnen
haben. Nach Lauboeck's Ausspruch ist der Knitterer
jetzt wohl noch nicht geeignet, indem der Apparat noch Constructionsmängel gezeigt
hat. Prof. Pfuhl hat aber jüngst Verbesserungen in
Einzelheiten veranlasst, so dass man nach Ansicht des Berichterstatters hoffen darf,
einen allgemein anerkannten brauchbaren Knitterer in der Pfuhl'schen Construction zu bekommen.
Textabbildung Bd. 310, S. 210
Prüfungsapparat von Pfuhl.
Prof. Pfuhl sieht davon ab, die so ausserordentlich
verwickelte Handknitterung mechanisch vollständig
nachzuahmen, vielmehr erstrebt er, das Wesentliche auf
mechanischem Wege und damit bestimmte Zahlen zu erreichen, welche Vergleiche
zulassen (siehe Papierzeitung, 1896 S. 2250). Wir
finden beim Handknittern ein Biegen, ein Reiben und Hin- und Herziehen des Papieres.
Bedeuten in Fig. 138
g und g1 zwei Gummiplatten, zwischen welchen sich das zu
prüfende Papier pp1
befindet, so haben wir uns gg1 gegen einander unter entsprechendem Andruck verschoben zu denken, wie es
die Pfeile andeuten. Da der Reibungscoëfficient zwischen Gummi und Papier grösser
ist, als der zwischen Papier und Papier, so wird das Papier von dem Gummi
mitgenommen und mit einer Reihe von sehr nahe bei einander liegenden Falz-, also
Biegungsstellen wie bei f versehen; das Papier wird
also gebogen und gerieben, noch nicht aber (von der Falzstelle entfernt) wesentlich
gezogen. Wenn aber die Platte g1 z.B. glatt ist, so würde bei der Bewegung von g1, etwa nach der
Pfeilrichtung, die Platte g1 einfach über das Papier hinweggleiten, ohne es mitzunehmen, es bliebe
nur bei der einen Falzstelle bei f. Wenn wir aber das
Ende p1 des Papieres
etwa bei a, wie punktirt angegeben, befestigen, dann
muss es auch der Bewegung von g1 folgen wegen des Zuges, der (allerdings entgegen
der für g1 bemerkten
Pfeilrichtung) dann ausgeübt wird; das Papier wird dann auch in dem an g1 liegenden Theil
gezogen.
Um dies in einer für den Gebrauch möglichst bequemen Form zu verkörpern, wurde
an Stelle der Platten gg1 Cylinder gewählt (vergl. Fig. 139 bis 142). Der zu prüfende Papierstreifen pp1 wird durch eine
Klemmvorrichtung bei a am Umfange einer Metallwalze g1 befestigt. Diese
mittels Doppelkurbel H (Fig.
142) in Lagern drehbare Walze ist auf der Unterseite von einer Mulde k umgeben, auf deren etwas vorstehenden Rändern eine
Gummiplatte g aufgeschraubt ist, die aber die Walze
nicht, oder nur ganz leicht berührt. Der Zwischenraum ist in den Figuren absichtlich
etwas grösser gezeichnet, um die Deutlichkeit zu erhöhen. Wenn die Klemmvorrichtung
links in Fig. 139
oberhalb l gestanden ist, und p1 geklemmt worden ist, so wird das Papier
in einfacher Lage durch Drehung gegen r, also gegen
rechts, zwischen g und g1 gebracht. Wenn dann weiter, in der
Stellung Fig. 139,
durch die Pumpe D Pressflüssigkeit in den Raum zwischen
k und g gepumpt wird,
so rückt die Kautschukplatte g an das Papier pp1 fest heran und
drückt es an g1. Wird
nunmehr g1 langsam von
r gegen l bewegt, so
bildet sich, weil das Papier durch Reibung von g
gehalten, von g1 aber
bei a mitgenommen wird, zuerst eine Schleife bei f, Fig. 140, endlich eine
Falzstelle f, welche bei der Weiterdrehung von g1 fortschreitet, wie
in Fig. 141 zu
erkennen ist, bis die Bugstelle endlich links am Rande zum Vorschein kommt und das
Papier durch sehr viele Falzstellen geknittert ist. Nun lässt man die Pressluft
entweichen, schaltet den Streifen verkehrt wie vorhin ein, dreht dann, wenn die
Klemme a sich bei l befand
und wieder Druck gegeben worden ist, in der entgegengesetzten Richtung, also von l nach unten gegen r,
wodurch nochmals, und zwar verkehrt gegen früher, geknittert wird.
Textabbildung Bd. 310, S. 211
Fig. 142. Prüfungsapparat von Pfuhl.
Pfuhl hat nun gefunden, dass die Knitterbarkeit jedes
Papieres aufhört, dass also das Papier beim ersten oder zweiten Knittern auf seinem
Apparate zerstört wird, wenn ein bestimmter Andruck erreicht wird. Diesen bezeichnet
Pfuhl als Reissdruck.
Er wird durch ein Manometer M (Fig. 142) gemessen und als Maasstab für die Knitterbarkeit des Papieres
angesehen. Für letzteres sind damit bestimmte Zahlen gegeben. Prof. Pfuhl geht sogar so weit, in diesen Zahlen die einzigen
nothwendigen mechanischen Angaben zu sehen, welche die Brauchbarkeit des Papieres
bestimmen können. Nur wohleingerichtete Anstalten, denen auch die Mittel zu
langwierigen Versuchen zu Gebote stehen, können über diese Frage entscheiden,
weshalb auch, wie erwähnt werden möge, für die Prüfung des Apparates an der
Charlottenburger Anstalt zwei Jahre in Aussicht genommen sind. Es wäre lebhaft zu
wünschen, dass die bezüglichen Arbeiten ein günstiges Resultat ergeben, um die über
die Willkürlichkeit der Handknitterung, insbesondere aus den Fabrikantenkreisen,
erhobenen Klagen, deren Berechtigung nach Ansicht des Berichterstatters nicht zu
leugnen ist, verschwinden zu machen.
Neben der Pfuhl'schen Vorrichtung ist auch ein Apparat
von Louis Schopper in Leipzig von der Charlottenburger
Anstalt in den Kreis jener Versuche einbezogen worden, welche einen Ersatz der
Handknitterung bezwecken. Der Schopper'sche Apparat,
vgl. Papierzeitung, 1897 S. 1963, ist in den
Einzelheiten sehr hübsch durchgebildet und geht darauf hinaus, das Papier so oft zu
falzen, bis es bricht, also ein Vorgang, der schon von der Leipziger Prüfungsanstalt
in wesentlich gleicher Art versucht worden ist. Bis jetzt aber anscheinend ohne
Erfolg. Es ist abzuwarten, ob der Schopper'sche Apparat
ein glücklicheres Schicksal haben wird.
Auch Hans Postl in Thalham schlägt einen Apparat zum
Ersatz der Handknitterung vor. Zwischen zwei Glasplatten bewegt sich lothrecht auf
und ab ein Pressbalken, in welchen ein Papierstreifen eingespannt ist, dessen
anderes Ende an der unteren Hubgrenze des Pressbalkens im Gestelle geklemmt ist.
Wird nun der Pressbalken, z.B. mittels Kurbel und Schubstange, auf und ab bewegt, so
muss sich der Papier streifen ähnlich wie die Seitenwände einer Ziehharmonika
falten, endlich wird er vom Pressbalken gegen die Unterlage gedrückt und die Falten
werden geknickt. Aus der zur Zerstörung nothwendigen Umdrehungszahl gewinnt man eine
ziffermässige Angabe für die Widerstandsfähigkeit des Papieres.
Was nun den Vergleich der Resultate aller dieser Apparate mit jener Erkenntniss,
welche die Handknitterung vermittelt, betrifft, so ist klar, dass eine
Uebereinstimmung deshalb nicht immer zu erwarten ist, weil denn doch diese
mechanischen Vorgänge nicht vollständig mit der Handknitterung übereinstimmen. Am
nächsten steht dieser noch der Arbeitsvorgang im Pfuhl'schen Apparate, und es ist daher nur begreiflich, wenn sich in einer
grossen Anzahl von Fällen Uebereinstimmung in der Klassificirung ergeben hat, welche
einerseits die Charlottenburger Anstalt mit der
Handknitterung, andererseits Prof. Pfuhl mit seinem
mechanischen Knitterer veranlasst hat. Ein bedeutsames Moment, welches mehr wie je
darauf hinweist, die Handknitterung durch einen richtig eingeleiteten mechanischen
Process zu ersetzen, ist die Erscheinung, dass bei Controlversuchen, welche Prof.
Pfuhl behufs Erprobung seines Apparates veranlasst
hat, sehr viele und theilweise hohe Differenzen sich ergaben zwischen den
Handknitterungen derselben Papiere, welche einerseits in der Leipziger
Papierprüfungsanstalt, andererseits in der Charlottenburger Anstalt gemacht worden
waren. Sehr häufig traf es sich auch, dass die LeipzigerAnstalt überhaupt im
Zweifel war, in welche Knitterklasse ein geprobtes Papier einzureihen sei.
Bei der Prüfung auf Leimfestigkeit hat sich
herausgestellt, dass das Licht und wahrscheinlich auch in manchen Fällen die Luft
höchst verderblichen Einfluss auf sonst gute Papiere ausüben kann. Nach den Mittheilungen aus den königl. technischen
Versuchsanstalten, 1896 Heft 5 bis 6 hat directes Sonnenlicht, welches auf
Versuchspapiere der verschiedensten Zusammensetzung eingewirkt hat, und zwar in
einem zweijährigen Zeitraume, die Leimung durchweg zerstört, gleichgültig, ob diese
vegetabilische Harzleimung, thierische oder Doppelleimung war. Auch Vergilben wurde
nachgewiesen. Um festzustellen, ob wirklich nur das Sonnenlicht in dieser Richtung
schädlich wirke, wurden Papiere von der Einwirkung desselben, nicht aber vor dem
Zutritt der Luft geschützt. Da zeigten sich die harzgeleimten Papiere
vollständig-widerstandsfähig, so dass also bei diesen nur dem Sonnenlichte die
entleimende Kraft zuzuschreiben ist, während thierisch geleimte Papiere auch bei dem
alleinigen Zutritt von Luft sehr litten. Bei thierisch geleimten Tapieren haben also
neben dem Sonnenlicht noch andere Factoren schädigenden Einfluss auf die
Leimung.
Textabbildung Bd. 310, S. 212
Fig. 147.
Der vorgeschriebene Aschengehalt bei Normalpapieren gibt
auch zu mancherlei Klagen Anlass. Denn, wenn die Prüfung auf Aschengehalt auch nur
0,1 Proc. mehr ausweist, als nach den Normalien in einer Klasse zulässig ist, so
muss das Papier in die nächst niedrigere Klasse versetzt werden. Es ist dies eine
recht drückende Bestimmung, weil sie oft ausserordentlich schwer zu erfüllen ist und
auch keine besondere Sicherheit, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, für eine
besondere Dauerhaftigkeit des Papieres zu bieten vermag; vielmehr verleiht der
Füllstoff in manchen Fällen dem Papiere willkommene Eigenschaften. Zu erfüllen ist
die erwähnte Bestimmung schwer, weil, wie schon in früheren Berichten berührt, die
Lumpen selbst leicht so viel an unorganischen Begleitern besitzen, dass die Grenze
von 3 Proc. Aschengehalt schon erreicht wird. Wo soll man aber dann mit jenen
unorganischen Stoffen hin, welche auf die Vorgänge beim Bleichen, Leimen u. dgl.
zurückzuführen sind?
Einer so scharfen und so niedrig gestellten Begrenzung bedarf es aber beim
Aschengehalt gar nicht, weil er in so niedrigen Ziffern keineswegs schädliche
Eigenschaften beim Papiere veranlasst, wie durch ausserordentlich viele Proben auf
Festigkeit, Dehnung und Knittern nachgewiesen worden ist. Selbst bei Löschpapieren,
wo man denken könnte, dass die Saugporen durch die Füllstoffe verlegt werden,
hat eine Arbeit von Prof. Lauboeck nachgewiesen, vgl.
Mittheilungen des technolog. Gewerbemuseums in
Wien, 1896, dass bis zu etwa 12 Proc. der Füllstoff die Saugfähigkeit keineswegs
beeinträchtigt, und dass selbst weiter hinauf bis zu etwa 33 Proc. kein sehr starker
Abfall der Saugfähigkeit fühlbar ist. Aus dem beigegebenen Diagramme, Fig. 143, bei
welchem die Ordinaten die Saugfähigkeit in Millimeter Steighöhe, die Abscissen die
Füllstoffgehalte in Procenten zeigen, ist für zwei Gruppen von Löschpapieren, durch
die dicke und die dünne Diagrammlinie unterschieden, der Einfluss sofort zu
erkennen.
Für Feuchtigkeitsbestimmungen empfiehlt R. W. Sindalt in einem Vortrage im Verein für chemische
Industrie eine endgültige Vereinbarung über die Probeentnahme, um dadurch
Streitigkeiten vorzubeugen. Danach soll je ein Bogen in einem Stosse genommen
werden: aus der Mitte, aus der Mitte der oberen und unteren Hälfte, endlich ganz in
der Nähe der Ober- und Unterseite. Aus diesen Bogen sollen dann kleine Fetzen oder
Streifen, und zwar auch wieder ähnlich vertheilt (aus jedem Bogen) zur Feuchtigkeitsprüfung gerissen oder geschnitten
werden.
Aus der Gewichtsdifferenz zwischen dem feuchten und dem bis zur Beständigkeit des
Gewichts bei einer Temperatur von etwas über 100° getrocknetem Stoffe folgt dann der
Feuchtigkeitsgehalt.
Um solche Trocknungen im Laboratorium bequem ausführen zu können, hat L. Schopper in Leipzig jüngster Zeit einen sehr
praktischen Trockenprüfer gebaut (vgl. Papierzeitung,
1896 S. 1119). Wenn wir den Apparat von Plaschke,
Kähler und Knöfler (1892 286 156) betrachten, so finden wir manche Aehnlichkeit. Allerdings ist der
Schopper'sche entschieden vollkommener. Das
Cylindersieb, in welches das Trockengut kommt, ist unmittelbar an das eine Ende
eines Wagebalkens zu hängen. Die Wage ist unmittelbar mit dem Gestelle des
Trockenprüfers verbunden und haben Versuche der Anstalt in Charlottenburg dargethan,
dass, vielleicht in Folge der guten Wärmeschutzhüllen aus einer Art Filz, die im
Apparate entwickelte Wärme die Wage nur kaum merkbar beeinflusst, so weit nur, dass
dieser Fehler zu vernachlässigen ist. Die Erhitzung durch ein Wasserbad ist hier
aufgegeben, und es umspült durch einen Bunsen-Brenner erwärmte und durch einen
Vertheilungskörper gut geleitete Luft das Trockengut allseits. Als Resultat sei
hervorgehoben, dass Lumpen mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 42,7 Proc. in 4 Stunden
getrocknet worden sind.
Für die zahlenmässige Ermittelung der Saugfähigkeit von
Löschpapieren bleibt noch immer die in 10 Minuten erzielte Saughöhe
maassgebend. Gegen dieses von Winkler angegebene
Verfahren wendet sich allerdings Faviers in Paris, der
eine Prüfung auf Oberflächensaugung vorschlägt, weil diese der Art und Weise, wie
man Löschpapier benutzt, mehr entspricht. Aber die einwandsfreie Durchführung dieses
Verfahrens ist noch nicht gelungen. Man müsste jedenfalls auf die Dicke des Papieres
Rücksicht nehmen, denn dickes Löschpapier nimmt in derselben Zeit mehr Wasser auf
als dünnes, auch wenn beide aus sonst gleichem Stoffe bestehen.
Die ungemein langwierige Prüfung auf die Haltbarkeit der
Zellstoffpapiere, besonders auch im Vergleich mit Hadernpapieren, hat in
der Winkler'schen Anstalt inLeipzig, schon zu
beachtenswerthen Resultaten geführt. Es hat sich nämlich gezeigt, dass wirklich
gute, gebleichte Zellstoffe, deren Beschaffenheit durch die weiter oben angegebenen
Mittel aufgeklärt werden kann, keineswegs ungünstig sich verändern, d.h. in der
Dehnung zurückgehen müssen u. dgl., sondern die anfänglichen guten Eigenschaften
dauernd gezeigt haben. Ueberdies ist schon der Nachweis gelungen, dass nicht bloss
zweifelhaft gebleichte, und aus nicht gut gekochtem Zellstoff erzeugte Papiere in
den Eigenschaften zurückgehen, sondern auch Lumpenpapiere sich ähnlich verhalten
können. Damit ist aber die Ansicht bestätigt worden, die schon in früheren Berichten
vorkam und dahin ging, wirklich vollkommen aufgeschlossenen Zellstoff, wie ihn die
heute schon weit vorgeschrittene Industrie erzeugen kann, als vollberechtigtes
Rohfasermaterial neben die Hadern zu stellen.
Anlage von Papierfabriken.
Immer mehr greift auch beim Antrieb in Papierfabriken die Anwendung der Elektricität
um sich. Es ist nicht zu leugnen, dass durch die Elektricität als
Kraft-Transmissionsmittel sich wesentliche Vereinfachungen ergeben. Aber dann nicht,
wenn man so weit geht, wie Rouyer im Moniteur de la Papétrie, der bei einer Papiermaschine
jedem Trockencylinder, jeder Presse u. dgl. gesonderten Antrieb durch je eine Dynamo
ertheilt sehen will. Wenn auch dadurch die denkbar grösste Unabhängigkeit der
einzelnen Theile und damit die Möglichkeit gegeben ist, sich allen Feinheiten der
Fabrikation am genauesten anzupassen, so darf andererseits nicht vergessen werden,
dass durch die von Rouyer vorgeschlagene Antriebsart
das Reguliren an verschiedenen Orten für den Maschinenführer wegen der
Unabhängigkeit des Antriebes aller Theile eine wahre Hetzjagd von einer Stelle zur
anderen ergeben, und das Umschalten der Rheostatenstöpsel kein Ende nehmen würde. Ob
das gerade zum Vortheile des Fabrikates ausschlagen würde, mag dahin gestellt
bleiben.
Vorläufig geht man aber keineswegs so weit; man vermeidet nur verwickeltere
Transmissionsanlagen. Im Uebrigen ähneln neuere Papierfabriken in vieler Beziehung
noch den älteren, wenn auch begreiflicher Weise von den Erfahrungen jüngster Zeit
Gebrauch gemacht worden ist. Schöne Einrichtungen zeigt die für 5000 k tägliche
Erzeugung bei einem Kraftverbrauche von 250 gebaute Papierfabrik der Maschinenbauanstalt Golzern, welche in Uhland's praktischer Maschinenconstructeur, 1896 S. 19,
beschrieben und mit hübschen Zeichnungen begleitet ist, ebenso wie die
Holzschleiferei von J. M. Voith in Heidenheim, für
welche sehr hübsche Beschreibung und Zeichnungen in Uhland's
technischer Rundschau, 1896 VII S. 1, zu finden sind. Man bemerkt
insbesondere bei letzterer die getrennte Anlage der Holzputzerei von der
eigentlichen Schleiferei. Für die Holzputzerei ist eine Turbine mit 35 , für
die eigentliche Schleiferei sind drei Turbinen zu 250 und eine Turbine mit
150 , letztere für die Mahlgänge, Sortir- und Entwässerungscylinder
bestimmt. Die Fabrik liefert in 24 Stunden 12000 bis 14000 k Schliff, und zwar ist
das Trockengewicht zu verstehen.