Titel: | Altägyptische Weberei. |
Autor: | Aug. Braulik |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 42 |
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Altägyptische Weberei.
Eine Studie von Ingenieur Aug. Braulik.
(Fortsetzung des Berichtes S. 29 d.
Bd.)
Altägyptische Weberei.
Die nun folgenden Gewebe sind die interessantesten
der Sammlung und wurden in Gräbern aus der Zeit der 22. Dynastie (960 v. Chr.) in
Theben gefunden. Interessant sind sie ausser ihrer Erzeugungsart noch dadurch, dass
sie nicht eigentliche Mumienhüllen sind, sondern etwa als verzierte Kleidungsstücke
Verwendung fanden.
Gewebe Nr. 129. Grobe Leinwand, fest und gut erhalten,
Farbe wie Dunkelocker, Flachsfaser mittelfein, Kettendichte 9, Schussdichte 27,
Kettengarn Nr. 12, Schuss Nr. 20. In der Schussrichtung sind über eine gewisse
Breite des Gewebes schön dunkel blaugrüne Streifen, welche näher untersucht nach
Fig. 26 erzeugt wurden; also broschiertes Gewebe.
Textabbildung Bd. 311, S. 42
Fig. 26. Gewebe Nr. 129.
Der Grundschuss erscheint hinter dem Kettenfaden a
abgerissen und von der Leistenseite her entweder mit einer Nadel oder einem Schützen
in dasselbe Fach, der grüne Schuss bis von Faden a eingetragen, geht dann zurück, wieder vor und wieder
zurück, mit den Kettenfaden in Leinwand abbindend. Nun nimmt man den Grandschützen,
knotet ihn bei c mit dem Ende von früher her (Knoten
ist im Originalgewebe), geht im selben Fach des letzten grünen Schusses über die
ganze Breite des Gewebes von a nach links, dann zur
rechten Saumleiste, wieder zur linken und schliesslich nach rechts bis hinter Faden
a, die Kettenfäden in Leinwand abbindend. Diese
Arbeit wiederholt sich nun weiter. Ein zweites Gewebe Nr.
134 zeigt dieselbe Technik, nur ist die Schussfolge anders und zwar: 2
grün, 18 Grund, 2 grün, 16 Grund, 4 grün, 16 Grund u.s.w., nicht ganz
regelmässig; dagegen bei Nr. 129 die Schussfolge: 4 grün, 4 Grund regelmässig
geschossen wurde.
Textabbildung Bd. 311, S. 42
Fig. 27. Gewebe Nr. 177.
Gewebe Nr. 177. Ziemlich feste, sehr gut erhaltene
Leinwand, Kettendichte 26, Schussdichte 14, Material Nr. 20, also ziemlich grob, mit
einer grünen Verzierung nach Fig. 27. Das Gewebe
diente höchst wahrscheinlich als eine Schärpe und die grüne Verzierung befand sich
zu beiden Enden in der Nähe der Fransen, und zwar in der Schussrichtung. Leider ist
das Gewebe nach den zwei Grundschuss x abgerissen
worden, doch finden wir gleichartige Gewebeverzierungen noch aus der Zeit der
griechischen Periode. Nach 10 Kettenfäden und dem Grundschuss s sind grüne Fäden aa in dasselbe Fach eingelegt worden und gingen dann
weiter mit den Kettenfäden in die Franse. Die grünen
Kettenfäden lagen vorläufig frei auf dem Gewebe und man machte mit einem anderen grünen Faden die drei Leinwandschuss 1, 2, 3 so, dass
die Fäden aa mit diesen nicht abgebunden, sondern
darüber gingen. Von nun an arbeitet die Fadengruppe (aca) wie ein einziger Kettenfaden. Der grüne Schuss wird in eine Nadel
eingefädelt und man schlingt ihn, von rechts nach links gehend, über zwei
Kettenfäden, unter diese zurück, über vier Fäden nach links, zurück unter zwei nach
rechts, wieder über vier nach links u.s.w., bis man die nötige Breite der Verzierung
erreicht hatte. Dieser grüne Schlingfaden b
angeschlagen und durch Grundschuss unverrückbar festgehalten, erscheint als ein
grüner Querstreifen.
Nun wurde der Grundschuss x (wahrscheinlich 3mal)
gemacht und der Schlingfaden b von links nach rechts in
gleicher Weise wie früher eingetragen. Wir haben es hier mit den Anfängen einer
Kombination des Webens mit dem Schlingen zu thun, nach Muster Fig. 28,
welche Kombination der grössten Ausbildung fähig ist.
Textabbildung Bd. 311, S. 43
Fig. 28. Schlingschuss im Gewebe.
Wenn der Figurfaden b stark, der
Grundschuss a schwach genommen wird, so verschwindet
letzterer zwischen b vollkommen. Wir haben hier ein
ähnliches Arbeiten wie beim Knüpfen, denn auch hier
kann b mehrfarbig sein und eine Farbe nur über eine
solche Breite gehen, als es das Muster verlangt. In Wirklichkeit sieht so ein
Schlingschuss im Gewebe aus, wie in Fig. 29
gezeichnet erscheint. Auf der unteren Gewebeseite sieht eine Figur mit solchem
Schlingschuss gemacht wie in Rips gewebt aus.
Griechische Gewebe und solche aus der ersten Zeit des Christentums wurden öfters
falsch als „Ripsgewebe“ beschrieben, sind in Wirklichkeit nach dieser Methode
erzeugt. Diese ist auch von den Arabern angenommen worden und war gewiss die Ursache
der späteren Knüpfungsmethode. Noch jetzt werden in
Aegypten und im Oriente nach gleicher Methode Teppiche
erzeugt. Wir kommen noch später dazu.
Textabbildung Bd. 311, S. 43
Fig. 29. Schlingschuss im Gewebe.
Gewebe Nr. 178 ist ein gewebter „Schlauch“, zusammengelegt etwa 25 mm breit, entspricht daher einem
Kreisdurchmesser von 16 mm. Die Flachsfaser ist fein, doch sehr brüchig,
Kettendichte in jedem System 26, Schussdichte 28, Kettenmaterial Nr. 30, Schussgarn
Nr. 20.
Dieses nun mehr als 2860 Jahre alte Hohlgewebe ist sehr
regelmässig gearbeitet und deutet auf eine langjährige Erfahrung und Fertigkeit des
Arbeiters. Dieser dünne Schlauch diente höchst wahrscheinlich als Futteral für einen
Spazierstock, die ja, wie bekannt, in Aegypten viel benutzt wurden und öfters
kostbar waren. Es ist einleuchtend, dass es viel schwerer ist, einen so dünnen
Schlauch zu weben, als einen von grösserer Breite. Denken wir uns z.B. einen in
gefaltetem Zustand ca. ½ m breiten Schlauch, der in ganz gleicher Weise gewebt
wurde, so erhalten wir ein nahtloses Kleidungsstück,
das, am Körper anliegend, eine grosse Aehnlichkeit mit demjenigen Frauenkleid hat,
welches bis in die 21. Dynastie die ausschliessliche Frauentracht bildete. Es war
höchst wahrscheinlich den alten Aegyptern die Erzeugung
nahtloser Kleider bekannt und in Verwendung gewesen, denn das vorliegende Gewebe ist ja nur
eine Spezies dieser Webart. Dieser Schlauch ist ein
seltener Beweis hierfür, dass die Aegypter schon mindestens vor 2900 Jahren nahtlose
Kleider oder Hohlgewebe erzeugen konntan, und macht die sonst öfters gemachte
Behauptung unsicher, dass die alten Juden in Palästina zuerst diese Webart betrieben
hätten. Es ist vielmehr die Annahme berechtigt, dass schon früher diese Webart in
Aegypten bekannt war, als das jüdische Wandervolk in dieses Land kam, also die Juden
von den sesshaften Aegyptern das Weben der nahtlosen Kleider erlernt haben.
Viel früher als nach Homer
anzunehmen, der von einem Weber spricht, welcher, um den Webstuhl herumgehend, ein
Kleidungsstück erzeugt (gewiss konnte er nur ein nahtloses meinen), hatten die
Aegypter bereits solche Gewebe erzeugt.
Textabbildung Bd. 311, S. 43
Fig. 30. Gewebe Nr. 90.
Gewebe Nr. 90 ist die äusserst selten vorkommende Probe
einer altägyptischen Musterweberei. Ein Bändchen, etwa
20 mm breit, ein fortlaufendes geometrisches Ornament nach Fig. 30 darstellend. Die Flachsfaser ist sehr brüchig, die Gewebedichte
ist sehr regelmässig, Garn ist Nr. 60, egal gesponnen. Der Grund war ursprünglich
weiss, jetzt wie Dunkelocker infolge von Imprägnierung, die schwarze Farbe ist sehr
gut erhalten, doch die schwarzen Fäden brüchiger als die anderen. Die dritte Farbe
ist Karminrot, stellenweise sehr verblasst.
Die Untersuchung dieses Gewebes war eine äusserst schwere Aufgabe gewesen, indem
einesteils das Gewebe sehr brüchig, anderenteils auf einem Pappdeckel sehr genau
aufgeklebt gewesen und eine merkliche Beschädigung dieses seltenen Restes einer
Kunstweberei möglichst vermieden werden sollte. Nachdem die Gewebeleisten erhalten
sind, konnte man mit vollkommener Bestimmtheit die Ketten- und Schussrichtung
feststellen, ein Umstand, der höchst wichtig erscheint. Die Kette besteht aus
gelben, schwarzen und roten Fäden, die in einer ganz bestimmten Ordnung sich
wiederholen. Auf der rechten Gewebeseite binden die Kettenfäden mit dem gelben
Schuss in Leinwand ab. Bei Besichtigung der unteren Gewebeseite (nur mit Spiegel
möglich) kann man feststellen, dass die Kettenfäden oben von Bindestelle zur
Bindestelle unten frei flottieren. Diese Webeart ermöglicht eine grosse Kettendichte
und diese bewirkt wieder, dass die oben liegenden Kettenfädenteile sich aneinander
schieben, den Schussfaden vollends decken und die Figur auf der Oberseite rein zum Ausdrucke kommt. Das ganze Bändchen besteht
aus 158 Kettenfäden, daher die Kettendichte 80 Fäden. Es ist natürlich, dass die
Schussdichte nur gering sein kann, diese ist 13 Schuss per 1 cm.
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Fig. 31. Gewebe Nr. 91.
Gewebe Nr. 91 ist ein schmales Bändchen, etwa 13 mm
breit, ein fortlaufendes geometrisches Ornament nach Fig.
31 darstellend. Die Erzeugungsart ist dieselbe wie bei Nr. 90. Es besteht das Bändchen aus 65 Fäden in der
Kette, daher die Dichte 50. Faden Nr. 65. Schuss ist Nr. 80/2, dessen Dichte 10
Fäden. Die Dichte ist sehr regelmässig, die Fäden brüchig, besonders die schwarz
gefärbten. Der Grund ist auch dunkelocker, wahrscheinlich ursprünglich weiss gewesen
und hat sich mit der Zeit infolge der Imprägnierung gefärbt.
Die Gewebe Nr. 90 und 91 dienten zur Verzierung der Geweberänder, indem man noch die
Stiche sehen kann, mit denen sie auf die Saumleiste angenäht wurden. Bei Nr. 91 kann man auch
bemerken, dass auf der einen Seite des Bändchens eine Franse angenäht gewesen, von
der bloss Spuren zurückgeblieben sind (möglicherweise als Gürtel gedient).
Vergleicht man das Dessin Fig. 30 mit anderen
Darstellungen an Wänden altägyptischer Gräber, z.B. Ramses'
III., oder besonders aus einer noch viel früheren Zeit, aus der Zeit der 5.
Dynastie, so gelangt man zu ganz merkwürdigen Folgerungen.
Die Westwand des Ptah-hotep-GrabesAegypten von
Perrot und Chipiez, deutsch von R. Pietschmann,
Tafel XIII und XIV., eines Erbfürsten aus der Zeit der 5.
Dynastie bei Sakkara, enthält eine Anzahl polychromischer Ornamente, die uns an das
Gewebe Nr. 90 der Sammlung lebhaft erinnern müssen. Die roten Schnüre und die gelben
Ringe, mit denen die bemalten Flächen an die schwarz-indischroten Querstreifen
befestigt scheinen, sollen gewiss andeuten, dass hiermit Stoffe und zwar höchst
wahrscheinlich Gewebe gemeint sind, wie sie zu dieser Zeit schon in vornehmen
Haushaltungen als Vorhänge, Wandbekleidung oder Bodenbelag Verwendung fanden. Indem
die Originalgrösse dieser Abbildungen 70 mm Breite nicht übersteigt, kann angenommen
werden, dass diese Stoffe in Wirklichkeit breiter waren. Für unsere Zwecke ist
dieser Umstand minder wichtig, indem man durch verschiedene Dichte und Dicke des
Garnmaterials dasselbe Dessin in verschiedenen Breiten erzeugen kann.
Wir werden noch später auf meine Versuche zurückkommen, solche Dessins nach einer
Methode zu erzeugen, die ich im technischen Teile dieser Studie erklären will.
Dass die Aegypter auch sehr starke Leinengarne verwebt haben, bezeugen in der
Sammlung grobe Mattenreste, wobei Garne von mehr als ½ cm im Durchmesser Verwendung
fanden. Nr. 162 ist eine grobe Leinwand, die
Kettendichte 5 Fäden, Schussdichte 2 Fäden auf 1 cm;
das Kettengarn ist Nr. 3 engl., das Schussgarn dagegen so stark, dass hierfür
überhaupt keine Nummer mehr existiert, also unter Nr. O.
Die nun folgenden Gewebe stammen aus der Zeit der griechisch-römischen Periode in Aegypten, sind daher höchstens 2200 Jahre alt, daher keine eigentlichen „altägyptischen“ Gewebe mehr. Ich will nur ganz wenige besprechen,
um einesteils die mit der Zeit erfolgten Aenderungen mit einer bereits bekannten
Technik in Verbindung zu bringen, anderenteils charakteristische Stoffe den bereits
besprochenen anzuschliessen.
Textabbildung Bd. 311, S. 44
Fig. 32. Querstreifen zu Gewebe Nr. 185.
Gewebe Mr. 185 ist eine ziemlich regelmässige Leinwand,
stellenweise schadhaft und mit Fransen in der Kettenrichtung. Kettendichte 19,
Schussdichte 12, Kettengarn Nr. 20, Schussgarn Nr. 30. Franse etwa 90 mm lang,
besteht aus freien Kettenfadenenden.
Die letzten 8 Schuss sind einfach, dann 3 Schuss 4fach, 96 Schuss einfach und dann
kommt eine Verzierung als breiter Querstreifen, welcher aus 10 grünen Rippen
besteht, die nach Fig. 32 erzeugt, dieselbe Technik
wiedergeben, die wir bei Nr. 177 kennen gelernt haben. Bekanntlich aber stammt das
Gewebe Fig. 27 aus der Zeit der 22. Dynastie, also
ist Fig. 32 etwa 500 bis 600 Jahre jünger als Fig. 27. Eine Abweichung besteht darin, dass in Fig. 32 der grüne Schlingfaden über 8 und unter 4
Fäden geht und dann drei Grundschuss 5 gemacht
sind. Nach den 10 grünen Schlingfäden geht der Grundschuss einfach weiter.
Gewebe Nr. 214 und 215 wurden bei Sakkara gefunden. Es
sind Leinengewebe, etwas brüchig und beschädigt, ziemlich regelmässig gearbeitet,
Kettendichte 32, Schussdichte 14, Garn Nr. 35, und gehören einem und demselben
Kleidungsstücke an.
Das Gewebe hat eine Färbung wie Dunkelocker und enthält einfache geometrische
Ornamente, doch sehr unregelmässig und ungenau gezeichnet.
Textabbildung Bd. 311, S. 44
Zeichnung zu Gewebe Nr. 214 und 215.
Regelmässig ausgeführt ist die Zeichnung aber in Fig. 33 und 34 und
ziemlich in der wirklichen Grösse. Die Farbe, mit welcher die Zeichnung gemacht
wurde, kann nicht bestimmt werden, sie hinterliess braungraue Spuren. Die
Kreuzungsstellen a der breiten Streifen b sind jedoch viel lichter, und dies ist ein merkliches Zeichen dafür, dass das Ornament
entweder aufgedrückt oder mit ausgeschnittener Patrone gemacht wurde.
Textabbildung Bd. 311, S. 44
Fig. 35. Gewebe Nr. 157.
Gewebe Nr. 157 ist das Endstück einer Schärpe oder eines
Gürtels, in Achmim gefunden. Der Grund ist eine ziemlich regelmässige Leinwand, gut
erhalten, Kettendichte 20, Schussdichte 13, Garnmaterial Nr. 20 mit Nr. 50/2
vermischt. In der Nähe der 40 cm langen Fransen ist ein
breiter grüner Querstreifen, aus welchem in Entfernung von 5 mm etwa nebeneinander
grüne Fäden in die Kette laufen, die in die Fransenfäden mit verflochten sind. Die
Technik der Verzierung wie früher bei Nr. 177 und Fig.
27.
In Fig. 35 sind aa die
grünen Fäden, welche die Längsstreifen bilden und aus dem breiten grünen
Querstreifen gehen, der aus 25 Rippen b besteht. Nach
den 5 grünen Schuss c folgen 36 einfache Schuss in der
Grundfarbe (Dunkelocker), dann (2 Schuss 4fach und 6 Schuss 1fach) 2mal und
schliesslich 32 einfache Schuss bis zu den Fransenfäden.
Die Knotung ist ganz verschieden von den bis jetzt betrachteten und aus Fig. 36 und
37
ersichtlich. Die Arbeit konnte in folgender Art vor sich gegangen sein:
Der Faden 1 erhält einen einfachen Knoten a als Fixpunkt
der weiteren Flechtung. Der Faden 2 schlingt sich um 1 und 3 und geht dann durch die
einfache Schlinge des Fadens 4. Nun beginnt erst die eigentliche Knotung.
Der Faden 3 geht durch die Schlinge des Fadens 4 und Schlinge des Fadens 5
u.s.w.
Textabbildung Bd. 311, S. 45
Gewebe Nr. 157.
Gewebe Nr. 183, gefunden in Achmim. Dichte Leinwand,
sehr gut gearbeitet und sehr gut erhalten. Farbe rötlich Goldocker, Flachsfaser sehr
fein, Kettendichte 24, Schussdichte 14, Kettengarn Nr. 35, Schussgarn Nr. 40. Ueber
ca. 336 Kettenfäden, also ca. 14 cm lang; mitten im Gewebe befindet sich ein grüner
Querstreifen, bestehend aus 12 grünen Schlingfäden, wie früher, besitzt aber als
obere Begrenzung 14 grüne Spitzen, die nach Fig. 38
erzeugt wurden.
Textabbildung Bd. 311, S. 45
Fig. 38. Gewebe Nr. 183.
Diese Spitzen sind mit zwei grünen Schussfäden erzeugt und wahrscheinlich mit einer
Nadel eingetragen, sonach Fingerarbeit, indem die Aushebung der einzelnen
Kettenfäden für die grünen Broschierschuss eine etwas komplizierte Vorrichtung
verlangt hätte. Nach dem letzten Grundschuss B hat sich
der Weber unter die Fäden a bis g (also 14mal in bestimmten Entfernungen hintereinander) eine Schnur
gelegt, die zur Markierung diente. Er nahm die eine Nadel, ging mit derselben in das
offene Fach des Grundschusses C von links nach rechts
und mit der zweiten Nadel von rechts nach links, nur die Fäden a bis g beachtend. Hierbei
waren also schon die Fäden a, c, e, g u.s.w.
aufgehoben, b, d, f u.s.w. liegen geblieben, also die
Arbeit sehr leicht. Die beiden Nadeln mit den eingefädelten Fäden legte er nun auf
das Gewebe, machte den Grundschuss C, schlug ihn
mit den grünen Broschierschuss fest an und öffnete das Fach für den Schuss D.
Er nahm hierauf die erste Nadel, ging über den nächsten Faden 1 über Grundschuss C in das Fach für D nach
links, und mit der zweiten Nadel ging er über den nächsten Faden 1 links über G in das Fach für D nach
rechts, machte den Grundschuss D u.s.w.
Dadurch, dass er beim nächsten Fache immer um einen Faden (1 bis 3 beiderseits) die
beiden grünen Broschierschuss weiter binden liess, entstanden im Gewebe die Spitzen.
Nach den 2 Grundschuss F kommt der grüne Querstreifen,
gebildet durch 12 Schlingschuss H, mit immer einem
Grundschuss dazwischen.
Gewebe Nr. 213 wurde bei Sakkara gefunden. Dasselbe ist
ein Schlingengewebe, das, nach dem Bruchstück zu
beurteilen, als Gürtel, Kragen, Mantel u.s.w. gedient haben mag. Der Abschnitt, der
mir zur Verfügung stand, war zu klein, um die Verwendungsart bestimmen zu können.
Das Gewebe ist sehr brüchig und kupferrotbraun (eher rote Sepia) gefärbt, und man
hat ganz den Eindruck der jetzt modernen Frottierhandtücher mit 5 cm langen Schlingen.
Textabbildung Bd. 311, S. 45
Fig. 39. Gewebe Nr. 213.
Kettendichte 16, Schussdichte 9, Garn Nr. 22. Der Schlingfaden ist Nr. 22 3fach
genommen. Die Technik ist aus Fig. 39
ersichtlich.
Nach Grundschuss d kommt ein 3fach gespulter Schussfaden
a. Der Schlingfaden c
geht über 5 Kettenfäden, unter ein, über ein, unter ein nach links, über den früher
eingetragenen Grundschuss e, um diesen Weg weiter zu
wiederholen. Nachdem die ganze Gewebebreite mit Schlingen versehen wurde, machte man
7 Grundschuss b, dann den 3fachen Schuss a und ging mit dem Schlingfaden in gezeichneter Art
nach rechts. Diese Schlingen sind ungleich weit, über 5 bis 8 Kettenfäden, und diese
Unregelmässigkeit deutet eben auf eine Fingerarbeit und keine besondere
Webevorrichtung.
Mit diesem Gewebe will ich die Besprechung der einzelnen Gewebearten
beschliessen.
(Fortsetzung folgt.)