Titel: | Fortschritte der angewandten Elektrochemie. |
Autor: | Franz Peters |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 47 |
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Fortschritte der angewandten
Elektrochemie.
Von Dr. Franz
Peters.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 310, S.
213.)
Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
III. Karbid und
Acetylen.
a) Karbid.
Nach Nicolai (Stahl und
Eisen, 1898 Bd. 18 S. 727) nimmt man praktisch auf 100 T. gebrannten
Kalk am besten 70 T. Koks mit höchstens 5 % Asche. Bei dem jetzigen Ofenbetriebe
darf man die Rohmaterialien nicht zu fein pulvern. Die Ausbeute beträgt im
günstigsten Falle 90 %, d.h. 51,98 % des Rohmaterials. Holzkohle soll sich nur
in der vom Verfasser erfundenen Schmelzmaschine leicht verarbeiten lassen. Am
geeignetsten sind Wechselstrommaschinen. Die heute gebrauchten Karbidöfen geben
zu geringe Stromausbeute, weil in den heissen Elektroden und durch den grossen
Widerstand des Karbidblocks Stromverluste eintreten, und liefern ein Karbid von
ungenügender Qualität, da es der Einwirkung des Stromes zu lange ausgesetzt
bleibt. Die meisten Fabriken arbeiten nur mit einer Ausbeute von 3 kg Karbid auf
1 . Die erörterten Uebelstände soll die Karbidschmelzmaschine des
Verfassers nicht zeigen. Sie besteht aus einer mit feuerfestem leitenden Futter
ausgekleideten, mit der Stromquelle in leitender Verbindung stehenden ∪-förmigen Rinne, die zu einem radförmigen
Metallkranz gebogen ist. Dieser ist horizontal um eine Achse drehbar. Das
Kalkkohlegemisch wird durch eine Schnecke in die Rinne geführt, durch Abstreifer
und federnde Walzen festgedrückt und unter Mitwirkung einer verstellbaren
Kohlenelektrode an einer Stelle geschmolzen. Das Karbid wird durch schräg
gestellte Messer aus der Rinne herausgestreift.
Calciumkarbid behandelt Engineering 1898, Bd. 66 S.
83, dieses und Calciumphosphokarbid L'Industrie
électrochimique, 1898 S. 42. Ueber Anlage und Betrieb von
Calciumkarbidfabriken, sowie von Acetylen- und Mischgasanstalten für Beleuchtung
der Eisenbahnwagen sprach Bock im Verein für
Eisenbahnkunde (Glaser's Annalen, 1898 S. 221). Karbidfabriken gibt es in Europa und Amerika
(Engineering, 1898 Bd. 66 S. 83) jetzt 22,
während 4 im Bau sind. Die amerikanischen Werke produzierten 1896 : 860 t, 1897
: 1925 t im Werte von £ 28000. Die Willson Company, die eine neue Anlage bei Lynchburg
in Virginien fertig gestellt hat, soll in der ersten Hälfte 1898 3000 t erzeugt
haben. Das meiste Handelskarbid ist 80 %ig, das Foyer'sche 87,92 %ig. Frankreich besitzt (The
Electrical World, 1898 Bd. 32 S. 320) 10 Karbidfabriken, von denen 4 im
Bau begriffen sind. Für den Betrieb einer Karbidfabrik, die nahe Liebstadt oder
Sportehnen (Ostpreussen) gebaut werden soll, will die Elektrizitäts-Aktien-Gesellschaft vorm. Schuckert und Co. die
Wasserkraft der Passarge nutzbar machen. Brown, Roveri
und Co. in Baden (Schweiz) wollen zusammen mit der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt in
Deutschland grosse Anlagen zur Fabrikation von Calciumkarbid bauen. Die in
Venedig mit ½ Millionen M. Kapital gegründete La Società
Venezianä di Elettro-Chimica will in Paternion (Corinzia) eine
Calciumkarbidfabrik errichten. Ganz und Co.
beabsichtigen mit der Société Belge d'Aluminium
zusammen zu demselben Zwecke die Almissa-Wasserkraft in Dalmatien nutzbar zu
machen. Die Herstellung von Calciumkarbid in der Schweiz behandelt E. A. Schneider (Industries
and Iron, 1898 Bd. 25 S. 267). Er erwähnt die Anlagen der Neuhausener
Fabrik, der Bitterfelder Werke, die bei Luterbach, Langenthai und die im Bau
begriffenen bei Thuss und Vernayaz (Rhone). Gewöhnlich wird das Karbid in
offenen Tiegeln hergestellt, aus denen die Schmelze abgezogen wird. Eine gut
geleitete Anlage kann 3,5 bis 4 kg Karbid auf 1 elektrische in 24
Stunden fabrizieren. Kleine Werke mit weniger als 2000 elektrischen
sind nicht rentabel. Kann eine vorhandene Kraftanlage benutzt werden, so kostet
eine Fabrik, die 3000 elektrische nutzbar macht, etwa 480000 M. Die Société pour l'Industrie à Gampel (Valais, Schweiz)
hat die Konzession erhalten, mehr als 4000 aus der Lonza zu entnehmen
und baut eine Calciumkarbidfabrik. In den Karbidwerken Ingleton, die F. J. A. Matthews (The
Electrician, 1898 Bd. 41 S. 643) beschreibt, werden Oefen nach Pictet (vgl. D. p. J.
1898 307 212) verwendet. Für die Vorheizzonen, von
denen die zweite fehlen kann, werden die Abgase und die Reaktionswärme nutzbar
gemacht. Den Strom liefert eine 120 Kilo-Watt-Dynamo, die 425 Umdrehungen in 1
Minute macht und bei 60 Volt 2000 Ampère gibt. Sie versorgt einen Ofen, ausser
dem noch ein Reserveofen vorhanden ist. Der innere Ofenraum, der 60 cm im
Quadrat und 1 m hoch ist, ist mit Bauxitziegeln, der äussere mit feuerfesten
Steinen gemauert. Die Kohlen sind 15 cm im Quadrat. Die negative ist um 30°
geneigt, die positive wird wagerecht durch Schraubenbewegung vorgeschoben.
Wassermäntel aus Eisenblech umgeben die Einführungsstellen der Kohlen in die
Ofenwände und den Kabelanschluss. Die Beschickung mit 25 qcm grossen Briquettes
aus Kalk und Kohle erfolgt durch eine im Winkel von 25 ° geneigte Eisenröhre,
die von einem Zug aus feuerfesten Steinen umgeben ist. In diesen werden die
heissen Gase gesaugt. Die Union Carbide Company hat
(The Electrical World, 1898 Bd. 32 S. 131; vgl.
a. F. H. Clergue, ebenda S. 7) die Lizenzen und
Fabriken der Acetylen Light Heat and Power Company
(am Niagara), der Lake Superior Carbide Comp. (in
Sault Ste. Marie, Mich.) und die der Illinois Acetylene
Comp. (in Appleton, Wisc.) erworben. Da ihre Anlage am Soo (The Electrical World, 1898 Bd. 31 S. 776 und 784),
die mit 5 Horry'schen Oefen (vgl. D. p. J. 1898 309 174)
arbeitet, bei weitem nicht ausreicht, baut sie jetzt eine neue bei Sault Ste.
Marie, für die allmählich 40000 nutzbar gemacht werden sollen, und in
der 40 Walker'sche Wechselstrommaschinen und 60
Oefen vorgesehen sind. Für eine Gruppe von je vier Maschinen, die 240
Umdrehungen in 1 Minute machen und je 500 oder 375 Kilo-Watt liefern,
werden 6 Oefen, die in einer oberen Etage stehen, vorhanden sein.
Bei Ottawa stellt man (The Electrical World, 1898
Bd. 32 S. 203) aus Sägemehl Kohle her, die für Karbidfabrikation empfohlen
wird.
Zur Darstellung von Calciumkarbid ohne Elektrizität erhitzt F. J. Bergmann (Englisches Patent Nr. 29384/1897)
das Kalk-Kohle-Gemisch in einem Ofen mit Wassermantel durch die Wärme, die in
umgebenden Oefen durch Verbrennung von Koks oder flüssigem Kohlenwasserstoff mit
Sauerstoff erzeugt wird. Der Sauerstoff wird aus Mangansuperoxyd gewonnen. Dieses wird
bei niedrigerer Temperatur durch Luft regeneriert. Eine Temperatur von 3600 bis
4000 ° wollen Savoye und du
Puigaudeau (Französisches Patent Nr. 269604) durch ein Gemenge von
Acetylen und Sauerstoff erhalten. Der Ofen wird mit einem Cement aus gekörntem
Calciumkarbid, pulverisierter Magnesia und pulverförmigem Borax, dem noch
Braunstein beigemischt sein kann, ausgekleidet. Die Deutsche Karbid- und Acetylen-Gesellschaft (Französisches Patent Nr.
272576) erhitzt ein briquettiertes Gemenge von 7 T. Kohle und 18 T. Kalk in
Bauxitretorten, die mit Graphit oder Kohle ausgelegt sind. Ist eine Temperatur
von 700° erreicht, so zieht man die entwickelten Gase ab und lässt andererseits
Kohlensäure und Kohlenoxyd eintreten. Dies wiederholt man mehrmals, bis der Kalk
schmilzt und mit der Kohle in Reaktion tritt. Der Druck überschreitet nicht 2 at
und die Temperatur nicht 900°. Man kann auch (Französisches Patent Nr. 272581)
Kalkchlorid oder -sulfit mit Kohlenwasserstoffen erhitzen. Die Darstellung des
Karbids ohne Hilfe der Elektrizität (vgl. a. D. p.
J. 1898 307 212) hält Nicolai (Stahl und
Eisen, 1898 Bd. 18 S. 727) für möglich. Doch sei das Verfahren in
grösserem Massstabe zu umständlich und teuer.
Die Reaktion will die Société des Carbures
métalliques (Französisches Patent Nr. 270651) durch die Berührung des
Kalk-Kohle-Gemisches mit einem Karbidbade vornehmen, das durch den Widerstand,
den es dem Durchgange eines starken Stromes entgegensetzt, flüssig gehalten
wird. Die mit Kohle bekleideten Eisenelektroden, von denen die eine fest, die
andere beweglich ist, liegen wagerecht unten im Bade oder sind so leicht
geneigt, dass sie von diesem ständig bedeckt werden. Mehrphasige Ströme
verwenden H. Maxim und W.
H. Graham (Englisches Patent Nr. 18988 von 1897). Der Anzahl der Phasen
entspricht die Anzahl von Elektroden, die wagerecht durch die eine Seitenwand
des Ofens gehen und aus gleich weit entfernten, in einer Ebene liegenden Stäben
bestehen. Ueber jeder Elektrode befindet sich ein Beschickungstrichter. Ebenso
kann die Schmelze jedes Reaktionsraumes gesondert abgezogen werden. Diesen
getrennten Elektroden steht auf der anderen Seite des Ofens eine gemeinsame
senkrechte gegenüber. Dünne Kohlenstifte werden zwischen jenen und dieser durch
eine Feder als Erhitzungswiderstände gehalten. Wie andere vor ihm will auch Derval (Französisches Patent Nr. 267182) die
Beschickung vorheizen durch die Wärme, die während des Prozesses entsteht, und
die die Verbrennungsgase mit sich führen. Die Materialien werden
zusammengeballt. Durch Mischen der Beschickung mit Pech u.s.w. und Zublasen von
Luft will R. P. Pictet (Englisches Patent Nr.
21508/1897) die Verbindungswärme des Sauerstoffs zur Vorheizung nutzbar machen.
Der Aussenraum wird durch die im inneren Teile des Ofens entwickelten Gase
vorgewärmt. Die Karbidschmelze schützt den Teil des Schachts, der am meisten
Angriffen ausgesetzt ist. Den Strom der Gase durch die Vorwärmekammer gedenkt
The British Aluminium Company, Limited
(Französisches Patent Nr. 267487) von Zeit zu Zeit umzukehren.
Den Reaktionsraum wollen C. L. Wilson, Ch. Muma, J. W.
Unger, H. Schneckloth, A. P. Brosius und J. C.
Kuchel (U. S. P. Nr. 601366; Englisches Patent Nr. 7574/1898) mit
gepulvertem oder gekörntem Calciumkarbid auskleiden. Der Gedanke, das Gemisch
der Rohmaterialien in Blöcke zu pressen, ist ebenso wenig neu wie der in einem
anderen Patente (U. S. P. Nr. 601367; Englisches Patent Nr. 7575 von 1898), das
Beschickungsmaterial durch senkrechte Kanäle in der oberen Elektrode einzuführen
(vgl. D. p. J. 1898 309
174). Wenn die obere Elektrode den höchsten Stand erreicht hat, werden
automatisch Oeffnungen in der einen Abteilung eines zweikammerigen
Metallbehälters frei gelegt, so dass Decharge erfolgen kann.
Die aus dem Kalk-Kohle-Gemisch und einem Bindemittel hergestellte Patrone
behandelt M. P. Wood (U. S. P. Nr. 609864) in einem
kombinierten gewöhnlichen Verbrennungs- und einem elektrischen Ofen. Während die
Patrone noch auf gewöhnliche Art erhitzt wird, unterwirft man sie der Einwirkung
eines elektrischen Stromes. Ist eine Patrone niedergeschmolzen, so wird sie
durch eine neue ersetzt, so dass ein kontinuierlicher Prozess entsteht. Der
Ofen hat im Herde eine Reihe von senkrechten Löchern, Gas- und
Luftzuführungen, im unteren Ende jedes Loches eine Kohlenkathode, in der Decke
des Ofens ebenfalls entsprechende Löcher, durch die eine durch Kran bewegliche
Kohlenanode eingesenkt werden kann. Den mit Teer, Melasse oder Zuckerlösungen zu
plastischen Massen gemischten gelöschten oder ungelöschten Kalk, dem noch
Kohlenstaub oder -gestübe beigemengt sein kann, erhitzt E. Tooth (Englisches Patent Nr. 8554/1898) in Formen aus
feuerbeständigem Material elektrisch. Die Kohlenelektroden treffen oder nähern
sich Kohlenzwischenwänden in den Formen. Beim Schmelzprozesse findet Verbrauch
der Kohlen von der Mitte nach den Seiten zu statt. Einen elektrischen, mit einem
Metallmantel umgebenen Tiegelofen mit Vorwärmung der Beschickung beschreibt B. Péducasse (Französisches Patent Nr. 274917). Zum
Betriebe dient Wechselstrom. Von diesem wird 1 zum Betriebe eines
Elektromotors abgezweigt, der 3000 Touren in 1 Minute macht. Am Ende seiner
Achse sitzt ein von ihr isolierter Ring und eine Scheibe aus isolierendem
Material mit einem Kupfersektor, der an der Basis einen Wickel von mindestens
90° hat und mit dem Ringe verbunden ist, auf dem eine mit dem einen Pole der
Maschine verbundene Bürste schleift. Diese Scheibe reibt gegen eine andere
feststehende, die aus isolierenden Stoffen hergestellt ist und vier diametral
gegenüber stehende Ringe trägt. Diese Ringe sind mit Klemmen verbunden, die auf
vier Kupfersektoren einer dritten isolierenden Scheibe sitzen. In die Sektoren
sind die Anoden eingelassen. Der Anodenhalter gleitet mit seiner senkrechten
Achse in einer Hülse und ist am Ende mit irgend einem elektrischen Regulator
verbunden.
Textabbildung Bd. 311, S. 48
Elektrischer Ofen von Rathenau.
W. Rathenau hat früher (D. R. P. Nr. 86226; vgl. Peters, Angewandte Elektrochemie, Bd. 2 Abt. 2 S.
39) einen Ofen angegeben, dessen Schmelzraum die Form zweier ineinander
gesetzter Trichter hatte. Bei diesem Ofen ist die Vorwärmung des Rohmaterials
aber unvollkommen, da er von der Stichflamme durch Kohlenplatten isoliert ist,
und die strahlende Wärme des Lichtbogens nur einen kleinen Teil des Materials
trifft und teilweise durch die Abzugskanäle zwischen den beiden Trichtern
entweicht. Diesem Uebelstande kann (D. R. P. Nr. 99232) dadurch abgeholfen
werden, dass man den Ofen an der Grundfläche erweitert und ihn gleichzeitig so
erhöht, dass die Abzugsöffnung nicht mehr in unmittelbarer Nähe des Lichtbogens
liegt. Um zu verhüten, dass sich der entstehende Hohlraum mit Rohmaterial
anfüllt und die Abführung der Stichflamme ohne Aufwirbeln des Materials
unmöglich macht, wird die Entfernung der Kohlenelektrode k (Fig. 11) von den Endpunkten der Kohlenbalken e so weit verringert und eventuell die Spalte durch schlecht leitendes
Material (Holzkohle) verschlossen, dass an dieser Stelle kein Rohmaterial mehr
durchfallen kann. Dieses wird ausserdem einseitig geschüttet, so dass die
Schüttung l die Form cdeh hat und an ihrer Grundfläche zwischen h und der Elektrode von der Stichflamme leicht durchbrochen wird, ohne
dass von dem sinternden Material allzuviel nachstürzt. Soll das fertig
geschmolzene Produkt abgestochen werden, so empfiehlt es sich, bei d einen Schieber (Kohlenblock) anzubringen, damit
die Materialzufuhr genügende Zeit vor dem Abstich unterbrochen und nachher
allmählich vorgenommen werden kann, um zu starke Abkühlung zu vermeiden. Die
Konstruktion des Ofens ist nicht an die Benutzung des D. R. P. Nr. 86226
gebunden, kann vielmehr auch wie in Mg. 12 und 13 erfolgen. Der gemauerte
Herd h ist mit einer starken Kohlenschicht k1, ausgekleidet,
unter der auf der Sohle des Ofens die eiserne Stromzuführungsplatte p liegt. Oben ist der Ofen abgeschlossen durch
Kohlenplatten v, seitlich durch Schieber s. Dieser ruht auf Magnesitsteinen m, die auf der einen Seite der strahlenden Wärme
möglichst entzogen, auf der anderen von der Aussenluft gekühlt sind, a Abstichöffnung, w
Beschickungstrichter, t einseitige Schüttung. Die
Stichflamme gelangt auf der der Schüttung gegenüber liegenden Seite des Ofens
durch die Abzugsöffnung o in eine Staubkammer, wo
sich das mitgerissene Rohmaterial sammelt.
Textabbildung Bd. 311, S. 49
Fig. 14. Elektrischer Ofen von Siemens und Halske.
Um den Zutritt von Luft zur Lichtbogenzone zu verhindern, machen Siemens und Halske (Englisches Patent Nr.
11438/1898) die Lage des pulverförmigen Materials so dick, dass weder Luft von
aussen, noch Gas von innen durchdringen kann. Die Konstruktion des Ofens lehnt
sich an die früher von Thwaite und Allen (vgl. Peters,
Angewandte Elektrochemie, Bd. 2 Abt. 2 S. 39) angegebene an. Den Boden
des Tiegels c (Fig.
14) bilden Kohlenplatten. Durch o wird
die Schmelze in eine Rinne der schwach geneigten Pyramide d abgelassen, die durch Hebel d1 senkrecht
verschiebbar ist. Die Gase entweichen durch einen Kanal in der oberen
beweglichen Graphitelektrode k und werden verbrannt
beim Austritt aus biegsamen Metallröhren m, die
sich unter Zwischenfügung eines durchlöcherten eisernen Deckels an das
Kohlenrohr ansetzen. Sie werden von solcher Weite gewählt, dass die Flammen
durch sie nicht zurückschlagen können, selbst wenn beim Abstich des Ofens Luft
von unten in die Kohlenröhre eindringt. In die Verbrennungskammer k wird bei p Luft
eingesaugt. Die Verbrennungsgase entweichen bei s.
Der Ofen ist nach Mitteilungen O. Frölich's auf dem
Kongress der Karbid- und Acetylengas-Fachmänner (Chemiker-Zeitung 1898, Bd. 22 S. 903) in Langenthal (Schweiz) im
Betrieb. Die Ersparnis beim Abbrand der cylinderförmigen Kohlen beträgt allein
etwa 24 M. auf 1 t Karbid, da er 1½ bis 2 mm statt früher 6 mm in 1 Stunde
beträgt. Auf den (D. p. J. 1898 309 194) bereits beschriebenen elektrischen Ofen mit
feststehenden Elektroden und beweglicher Sohle hat W. S.
Horry jetzt auch ein deutsches Patent erhalten (Nr. 98974). Einen
ähnlichen Ofen, wie den in D. p. J. 1898 309 174 skizzierten beschreibt R. Memmo im englischen Patent Nr. 14022/1897. Die
Anordnung der Elektroden, die durch ein Schrauben- oder Zahnrad einzeln oder
gemeinsam verschiebbar sind, ist dieselbe. Der Boden des Schmelzgefässes lässt
sich in einem Rohre aus Stahlblech auf und nieder bewegen. Um dieses herum liegt
eine schraubenförmige Röhre, die dem bei dem Prozesse entwickelten Wassergase
Luft zuführt, so dass es zur Vorwärmung der Beschickung verbrannt werden kann.
Es kann auch in den Schmelzraum geleitet werden. Soll die zerstäubende Wirkung
des Lichtbogens vermieden werden, so schiebt man zwischen die Enden der
Elektrodenkohlen Stäbe aus schlecht leitendem Materiale. Verbindet man die Stäbe
untereinander, so entsteht bei Verwendung eines Mehrphasenstromes ein Ring,
verbindet man sie mit einem gemeinsamen Punkt des Bodens, ein Stern. Bei dieser
Ofenkonstruktion braucht der Strom nicht die Karbidsäule zu passieren. Der
Lichtbogen bleibt vielmehr stets auf ihrer Oberfläche bestehen, da der Boden,
auf dem sie ruht, allmählich gesenkt wird. Die Spannung lässt sich durch
Verstellen der Elektroden oder einfacher durch Verschieben des Bodens ändern,
wenn der Lichtbogen Sterngestalt hat. Bringt man in dem stählernen
Bodenrohre dicht oberhalb der Ablassthür für das Karbid einen gusseisernen Ring
an, dessen drei getrennte bogenförmige Stücke sich nach der Mitte des Rohres zu
wagerecht verschieben lassen, so kann man das über dem Ringe befindliche Karbid
festhalten. Das darunter liegende lässt man ab. Wird dann der Boden bis zum
Ringe hochgeschraubt, so erreicht man für lange Zeit einen steten gleichmässigen
Betrieb.
Bei dem Ofen von J. Joyce und J. A. Deuther (Englisches Patent Nr. 2082/1897)
lässt sich die untere Elektrode auf einer Art Wagen seitlich verschieben, so
dass die eine Hälfte neue Beschickung aufnehmen kann, während die auf der
anderen Hälfte durch den Lichtbogen geschmolzen wird. Die Beschickung erfolgt
selbstthätig beim Seitwärtsbewegen der Elektrode.
Textabbildung Bd. 311, S. 49
Fig. 15. Elektrischer Ofen von Bradley.
Der elektrische Ofen Ch. Sch. Bradley's (D. R. P.
Nr. 98708; U. S. P. Nr. 597945), dessen Prinzip schon früher (D. p. J. 1898 309 174)
kurz angegeben ist, soll ununterbrochen und ohne Betriebsstörung gespeist und
entleert werden können, ohne dass das fertige, noch sehr hoch erhitzte Produkt
der kalten Luft ausgesetzt zu werden braucht. Diesem Zwecke dient ein drehbares
Rad, in das auf der einen Seite eine oder zwei Elektroden hineinreichen, während
der Umfang das Schmelzgut aufnimmt. Der ausgehöhlte halbrunde Umfang des Rades
1 (Fig. 15) ist
in bestimmten Abständen mit Klappen versehen, die auf einem Zapfen drehbar sind.
Die vorderen Enden der Klappen tragen eine Bohrung zur Aufnahme von
Eisenstiften, durch die die Platten 5 an dem Umfang
des Rades befestigt werden. Dessen innere Wand ist mit Löchern zur Aufnahme von
Kupferstiften 6 versehen, die mit einigen Platten
eines Kommutators verbunden sind. Von diesem vermittelt eine Bürste Leitung nach
dem einen Pol des Stromerzeugers. Der zweite Pol ist mit einer Kohlenelektrode
10 verbunden. Diese endet in eine Hülse 11, die in eine zweite, an dem Zahnrad 13 festsitzende Hülse 12 geschraubt ist. Das konische Rad 13
greift in ein anderes 14, an dessen Achse die
Kurbel 15 zur Verstellung der Elektrode befestigt
ist. Die Elektrode samt Regulierungsvorrichtung befindet sich auf einem Rahmen
dicht an der Radgrube, so dass die Elektrode in den Behälter eingeführt werden
kann, der von dem Radrand und den Umfangsabschnitten gebildet wird. Der
Materialzuführungsbehälter 16 ist mit einer Rinne
17 versehen, die in den Radrahmen hineinführt.
Schieber 18 regelt die Zufuhr des Rohmaterials. Das
vom Rade
ausgehende Material fällt in der mit geneigten Wänden versehenen Radgrube in den
Bereich eines Elevators 19, der es nach dem Kasten
16 befördert, von wo es nochmals in den Ofen
geschickt wird. Die Umdrehung des Rades, das 4,5 m Durchmesser hat, erfolgt
durch einen elektrischen Motor, dessen Tourenzahl durch ein Vorgelege reduziert
wird, in 5 Tagen einmal. Beim Beginne der Arbeit müssen die Elektroden genau in
die Kammer eingeführt werden, so dass, wenn das Rad sich dreht, die Elektrode
sich im Verhältnis zu der eingeführten Masse hebt. Wenn diese beinahe den
höchsten Punkt erreicht hat, wird ein neuer Randsektor abgehängt. Die eine
Elektrode besteht aus dem geschmolzenen Karbid, das mit den Kupferstiften 6 guten Kontakt hat. Ist der Kern oder das Produkt
des Ofens ein sehr schlechter Leiter, so muss man zwei Kohlenstifte in einer
Ebene anordnen, die quer zu der Randabteilung liegt. Die Stifte müssen dann in
einem bestimmten Winkel zu einander liegen und in die Umfangsabteilungen
hineinragen.
Textabbildung Bd. 311, S. 50
Fig. 16. Elektrischer Ofen von Maxim.
H. Maxim (Englisches Patent Nr. 2894/1897) beschickt
den Schacht e (Fig.
16) eines Ofens mit einem Gemenge von Metallkarbonaten, wie Kalkstein
und bituminöser Kohle, das in Blöcke gepresst ist, und erhitzt es stark durch
das aus den Düsen hh1 erhaltene Gas-Luft-Gemisch. Die entwickelten Gase werden durch
Kanäle e1 nach
einer Kammer i geleitet und dort zum Erhitzen der
Magnesiaröhren kk1
, durch die frisches Gas und Luft streichen,
verbrannt. Dieses Gemenge gelangt durch andere Röhren zu dem Brenner m in die Kammer l und
zu den Düsen h und h1 im Schacht e. Das Gas aus diesem kann andererseits zur Erzeugung elektrischer
Energie gebraucht werden. Die Kammern i, l und der
Schacht e. sind mit Magnesia ausgekleidet.
Letzterer kann durch Verbrennen des Gases in den ihn umgebenden Kammern f erhitzt werden. Unten erweitert sich der Schacht
zu einem Raume c, in den die Rohmaterialien
hinabfallen. Sie gelangen zwischen die beiden Elektroden d, die dieselbe Weite und denselben seitlichen Abstand wie die Seiten
des Schachtes e haben. Die Karbidschmelze wird von
Zeit zu Zeit aus dem Raume c entfernt, indem man
entweder einen Block, der eine Oeffnung in der Sole des Ofens verschliesst,
entfernt oder ein Loch in der einen Elektrode öffnet. Diese Elektrode kann eine
Platte sein, die eine Seite des unteren Ofenteils schliesst. Die andere
Elektrode kann aus einer Kohlenröhre bestehen, die mit Karbid oder einem
geschmolzenen Gemenge von Kohle und Karbid gefüllt ist. Oder beide Elektroden
können aus granulierter Kohle gebildet werden, die durch Kolben und
Handschrauben in Kanäle gepresst wird. Statt des Bogens kann auch ein
Erhitzungswiderstand gebraucht werden. Wenn Cyanide oder Nitride hergestellt
werden sollen, wird in c ein glühendes Bad aus
Pottasche oder Magnesia und Kohle gebildet, durch oder über das heisser
Stickstoff oder heisse Luft geleitet wird. Der Ofen kann auch zur Reduktion von
Metallen dienen.
Die Acetylen- und Karbidfabrikation in wirtschaftlicher Bedeutung (vgl. D. p. J. 1898 307 212)
behandelte A. Frank auf dem Kongresse der Karbid-
und Acetylengasfachmänner (Chemiker-Zeitung, 1898
Bd. 22 S. 902). Die Gestehangskosten des Karbids in Vernier (vgl. D. p. J. 1898 307 211)
belaufen sich nach E. Guye (Revue industrielle) Elektrochemische
Zeitschrift, 1898 Bd. 5 S. 127) auf 128,6 M. für 1 t. Da 1 t
Karbid 300 cbm Acetylen liefert, würde 1 cbm von diesem 40 Pfg. kosten. Zieht
man Verzinsung und Amortisation der Anlage, sowie eine angemessene Rentabilität
in Rechnung, so verdoppeln sich diese Preise ungefähr.
Die niedrigerprozentigen Krusten, die den hochprozentigen Kern von
Karbidschmelzprodukten umgeben, enthalten nach V. B.
Lewes (The Journal of the Society of Chemical
Industry, 1898 Bd. 17 S. 533) nicht mehr Phosphorverbindungen als
dieser.
Das Verfahren zur Herstellung von nichthygroskopischem Karbid (vgl. D. p. J. 1898 308 259)
durch Eintragen des noch 100 bis 120° warmen Schmelzprodukts in
Petroleumrückstände oder andere flüssige Kohlenwasserstoffe ist. J. v. Orlowsky geschützt worden (Englisches Patent
Nr. 4298/1898). Luftbeständiges Karbid, das ausserdem regelmässige Entwickelung
eines angenehm aber durchdringend riechenden Gases liefert, erhält Meill (Französisches Patent Nr. 271980) durch
Eintauchen des Karbids in ein Gemisch von Benzol, Petroleum, Petroleumäther zu
gleichen Teilen und so viel Vaseline, dass die Masse sirupartig wird. Nicht neu
(vgl. D. p. J. 1898 309
175) ist der Vorschlag J. Lundström's (Schwedisches
Patent Nr. 9067), das Karbid mit Leinöl, Terpentin, Stearin o. ä. zu
imprägnieren. In ein auf 100° erhitztes Gemenge von 16 T. Glykose und 4 T. Fett
trägt Yvonneau (Französisches Patent Nr. 272372) 80
T. zerstückeltes, auf 180° erhitztes Karbid ein. Um die Wirkung des Wassers auf
das Karbid zu verzögern, zerstösst es J. Zimmermann
(Englisches Patent Nr. 25750/1897), mischt es mit einer alkoholischen
Schellacklösung oder einem anderen Bindemittel und formt das Ganze in Kuchen
oder Stäbe. Sollte das Mittel nicht so gut wirken, dass eine brauchbare
Gasentwickelung überhaupt ausgeschlossen ist?
Beim Transport des Karbids sollte nach H. Herzfeld
(Kongress der Karbid- und Acetylengasfachmänner; Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 903) jeder hohe Druck vermieden, also
ein Verlöten der Büchsen nicht angewandt werden. Gut bewährt sich der vom Acetylenwerk Augsburg-Oberhausen hergestellte
Sicherheitsverschluss. Das Sicherheitsventil bläst bei einem Innendrucke von 1 m
Wassersäule ab. Auf ihre schon früher beschriebene (D.
p. J. 1898 308 259) Karbidbüchse haben L. Rümelin und H. Auer
ein englisches Patent erhalten (Nr. 4459/1898). Um namentlich beim
Schiffstransport das Karbid zu schützen, füllen J. L.
Roberts und E. N. Dickerson (U. S. P. Nr.
601064) die Zwischenräume zwischen den Stücken in den Fässern mit
ausgetrockneter Weizenspreu an, die Gasbildung möglichst verhindert und keine
Funkenbildung durch Reiben der Stücke aneinander zulässt. Nachdem dann noch ein
Gas eingeleitet ist, das mit Acetylen keine explosive Mischung bildet, wird das
Fass hermetisch verschlossen.
Calciumkarbid wollen Ch. S. Volley und H. T. Goodwin (U. S. P. Nr. 606127) zu Elektroden
für Bogenlampen benutzen. P. Danckwardt (U. S. P.
Nr. 607507) verwendet Calciumkarbid zur Darstellung von Ferrocyaniden.
Alkalisulfocyanid wird mit Soda, Kalk, Holzkohle, Calcium- und Eisenkarbid
zusammen erhitzt. Rivière (Französisches Patent Nr.
270479) will den Zuckersäften zur Reinigung Calciumkarbid zufügen. Geruch und
Geschmack der gereinigten (!) Säfte dürften ebenso unangenehm sein, wie es beim
Alkohol (vgl. D. p. J. 1898 309 176) beobachtet wurde. Auch zur Verseifung will derselbe Erfinder
(Franz. Patent Nr. 272314) Karbid gebrauchen. Er setzt es gepulvert den mit 6 %
Wasser und ein wenig Seife gemischten Fetten zu. Aehnlich wie E. Chuard (vgl. D. p.
J. 1898 307 213) gegen die Reblaus Karbid
gebraucht, will die Société industrielle du Valais
(Französisches Patent Nr. 267273) dagegen Calciumphosphokarbid benutzen.
Wirksam, auch gegen andere Insekten, ist der Phosphorwasserstoff. Zur
Darstellung des Calciumphosphokarbids setzt man dem Gemenge von 100 T. Kalk und
65 T. Kohle 5 bis 20 % siliciumfreies Kalkphosphat zu.
(Fortsetzung folgt.)