Titel: | Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport- und Hebewerke). |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 121 |
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Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport-
und Hebewerke).
(Fortsetzung des Berichtes S. 75 d.
Bd.)
Maschinen zur Ortsveränderung (Neuere Transport- und
Hebewerke).
Canet's Panzerturmbedienung mit
Presswasserbetrieb.
Bemerkenswert sind die Einrichtungen zum Drehen des Panzerturmes, zum Richten des
Geschützes und zur Hochförderung der Munition, wie sie von den Forges et Chantieres de la Seine et Hâvre ausgeführt
worden sind. Nach Engineering, 1895 I Bd. 59 * S. 36,
ist in Fig. 70 eine solche Anlage mit
Presswasserbetrieb gezeigt. Auf schweren Tragbalken b
ist der Panzerturm a gebaut, welcher mittels
Kegelrollen c, die auf einer Ringbahn d laufen, getragen wird. Auch diese Ringbahn ist durch
einen standfesten Panzerring f geschützt, in deren
Mittelachse ein Bock g aufgestellt ist, welcher zur
Führung des senkrechten Hauptrohres h dient, während im
darüber befindlichen freien Trägerraum der Rahmen i
eingebaut ist, an dem die eigentliche Geschützlafette k
um Schildzapfen schwingt. Auf diesem, aus schweren ⌶-Trägern gebildeten Lafettenrahmen gleitet schlittenartig die Geschützbettung
l, wobei Flüssigkeitsbremsen m den Rückstoss auffangen und das Geschützrohr n vortragen. An einem unter i befindlichen Querrahmen o ist ein
herabreichendes Führungsgerüst angehangen, in welchem der Munitionsschlitten p gleitet, welcher mittels dreifachen Fernrohrkolben
q getragen wird. Dieser spielt im
Presswassercylinder r, der im Böckchen s eingebaut ist, aus welchem gelenkige
Wasserzuleitungen t das Presswasser zu den
Rückstossbremscylindern m der Geschützlafette k führen. Zur Hubbegrenzung des Munitionsschlittens p dienen Anschlagwerke u,
die vermöge Hebelwerke und Hängewelle v die
Presswassersteuerung am Cylinder r regeln. Während die
in zwei Hälften geteilte Pulverpatrone mit der Hand in den Schlitten p eingelegt wird, dient für die Zubringung des
Geschosses der Deckenlaufkran w. Bei gehobenem
Munitionsschlitten p erfolgt das Laden zwar mittels
Hand, doch mit gehöriger Einstellung des Munitionsschlittens in die Seelenachse des
gerichteten Geschützes. Zum Richten dienen stehende Presswasserkolben, welche in der
Fig. 70 nicht sichtbar sind, zum Drehen des
Turmes zwei stehende Rollenzüge mit Presswasserbetrieb, deren Ketten sich um den am
Trägerboden angeschlossenen Trommelkranz x legen.
Gehalten wird der Panzerturm durch ein Riegelwerk y,
während Handrad z zur Steuerung für die Drehvorrichtung
des Turmes vorgesehen ist.
H. A. Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
Am U. S. Monitor Terror sind für die Drehbewegung der
beiden Panzertürme, sowie für die Munitionsbedienung, das Laden, Richten und für den
Rücklauf der beiden Turmgeschütze sinnreiche und sehr beachtenswerte
Vorrichtungen angewendet, welche nach Engineering, 1897
II Bd. 64 * S. 539, in Fig. 71 bis 76 zur Darstellung gelangen.
Textabbildung Bd. 311, S. 120
Fig. 70. Canet's Panzerturmbedienung mit Presswasserbetrieb.
Jeder der beiden 7365 mm im äusseren Durchmesser grossen, 1900
mm hohen, mit 292 mm starken Nickelstahlplatten gepanzerten Drehtürme läuft im
Mittelkreise von 6,7 in Durchmesser auf 267 starken Kegelrollen und wird durch zwei
Zwillingsdruckluftmaschinen mittels Schneckentriebwerk bezw. Stirnradvorgelege und
Zahnkranz mit einer Gesamtübersetzung 1 : 1142 und zwar um 270° in langsamer Gangart
in 21 Minuten und in schnellster Gangart in 52 Sekunden gedreht.
Textabbildung Bd. 311, S. 121
Fig. 71. Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
Jede dieser Druckluftmaschinen hat zwei Cylinder von 178 mm
Durchmesser für 203 mm Kolbenhub, eine Kurbelachse mit Schnecke für das 597 mm
grosse, 48zähnige Schneckenrad a aus Rotguss, ein
Stirnradvorgelege b (12 : 24), ein Zahnkranzgetriebe
c (10 : 119) im 4520 mm grossen feststehenden
Zahnkranz d eingreifend. Das Gewicht des Drehturmes ist
rund 250 t, wobei jedes der beiden 10zölligen Geschütze rund 25 t wiegt, so dass auf
den Panzerturm 200 t entfallen. Bei einer niedrigsten Luftpressung von 1,4 k/qcm Ueberdruck
ist noch eine Manövrierfähigkeit des Turmes gesichert. Die in Kammringen eines
Schlittens f ruhenden Geschützrohre werden vermöge
eines 457 mm grossen Kolbens g, welcher in einem
Cylinder h spielt, mittels Pressflüssigkeit, und
zwar 80 T. Glycerin und 20 T. Wasser, durch Pressluft gerichtet, indem die
Schlittenführung die Lafette k um Schildzapfen i (± 13°) schwingt. Die Pressflüssigkeit wird vermöge
einer 51 mm weiten Rohrleitung in den Behälter zurückgeleitet, in welcher mittels
eines 2,7 mm weiten Rohres die Pressluft zu- und abgeführt wird. Das durch diese
Hebevorrichtung zu bewältigende Geschützübergewicht beträgt 11,25 t. Von der
grössten Elevation bis zur tiefsten Depression werden zum Richten 32 Sekunden Zeit
gebraucht, während zur umgekehrten Folge bloss 17 Sekunden Richtzeit erforderlich
sind.
Textabbildung Bd. 311, S. 121
Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
Textabbildung Bd. 311, S. 121
Fig. 74. Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
An dem Lafettenhinterteil sind zwei hohle Kolbenstangen l von 152 mm Aussenstärke mittels Ringmutter m befestigt, an
deren Ende ein Kolben n angedreht ist, der in einem
Cylinder o spielt, von denen je einer an jeder Seite
des Geschützrohres am Kammringschlitten f angebracht
ist. Bei einem Geschossgewicht von 225 kg wird mit einer Pulverladung von 108 kg bei
600 m/Sek.
Geschossanfangsgeschwindigkeit eine Energie von 4200 mt entwickelt, wobei 88 mt im
Rückstoss zur Erscheinung kommen, indem bei 7,2 m/Sek. Rückstossgeschwindigkeit und 2,4
m/Sek.
Vorlaufgeschwindigkeit, also im ganzen bei 0,76 m grösstem Rücklauf, die Vorlegung
des Rohres selbstthätig vor sich geht, indem die verdichtete Pressluft den
Rohrschlitten vorbringt. Durch ein Lochsystem im 356 mm grossen Kolben n, welches mittels Seitenkanäle im Cylinder in
Verbindung steht, kann nicht nur die Spannung der durch den Rückstoss
hervorgerufenen Luftverdichtung geregelt, sondern auch Bremswirkung erzeugt werden.
Bei wagerecht liegender Rohrseele wird eine Maximalpressung von 90 at, 40 at bei 13°
Elevation nach oben, 5 at bei 13° Depression, 16 at bei geringerer Neigung als
zureichend angenommen. Die 51 mm grosse Bohrung in der Kolbenstange l dient als Pressluftzuleitung, wobei Schlussventile
mitwirken.
Textabbildung Bd. 311, S. 122
Fig. 75. Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
In der senkrechten Drehungsachse des Panzerturmes ist am Schiffsboden ein
Säulensockel als Hahnkegel p für die Zuführung der
Pressluft vorgesehen, an welchen der Hahnkörper q mit
dem Turm sich dreht, an dem die Luftleitungen für Hoch- und Niederdruckluft nach
oben führen und die Steuerstange z achsenrichtig nach
abwärts geht. An dem am Hahnsockel p vorgesehenen Hals
dreht sich ein Doppelarm s, welcher eine
Hebevorrichtung t für die Geschosse trägt, die selbst
drehbar nach dem Förderwagen eingestellt werden kann, welcher in dem S-förmig gekrümmten Förderkanal ü nach der Ladevorrichtung leitet. Der Förderwagen selbst wird durch zwei
umgekehrte Seilrollenzüge v bethätigt, welche bei
381 mm Kolbendurchmesser und 883 mm Hub, mittels sechs Stück 483 mm grossen
Seilrollen und 19 mm Stahldrahtseil bei 6facher Hubübersetzung, also den 381 . 6 =
2286 mm betragenden Gesamthub in 45 Sekunden ausführen. Der Patronenladewagen selbst
besteht aus drei Etagenfächern, welche mit Handbetrieb eingestellt werden. Indem nun
das Geschoss in das unterste Fach eingelegt, die geteilten Pulverpatronen zu je 54
kg Gewicht in zwei oberen Fächern sich befinden, erfolgt die Ladung des Geschützes,
indem das Fach mit dem Geschoss sich vor der Schlossöffnung einstellt. In dieser
Lage tritt nun die Ladevorrichtung (Fig. 76) in
Thätigkeit. Diese besteht aus einer Anzahl, fünf, achsenrichtig ineinander
geschobenen, von 241 bis 51 mm abgestuften und mittels Lederringen abgedichteten
Ringkolben x. welche in einem Cylinder w zusammengesteckt sind, und die unter der Einwirkung
von Druckluft fernrohrartig aus und ein geschoben werden, wodurch das vorliegende
Geschoss bezw. später die Pulverpatrone in die Geschützkammer gesteckt wird. Auch
das Herausdrehen und das Einführen des Verschlussstückes wurde früher mittels
Druckluft besorgt, jetzt aber erfolgt Handverschluss. Sämtliche Triebwerke werden
mittels Hebelgestänge y vom Kommandoturm aus gesteuert,
wobei durch eine mittelachsig geführte Steuerstange z
selbst das Hauptsteuer des Schiffes geregelt werden kann, welches von dem im
vorderen Panzerturm sich befindenden Schiffskapitän bethätigt ist.
Die Pressluft wird von Dampfkompressoren geliefert, von denen je einer zu jedem Turm
gehört, die aber auch einzeln vermöge Zwischenrohre beide Türme besorgen können. Die
Dampfmaschinen hierzu haben zwei 533 mm grosse Dampfcylinder und Luftcylinder von
444 mm Durchmesser für Hochdruck und 714 mm für Niederpressluftbetrieb, sowie einen
Hilfskolben von 60 mm Durchmesser bei gleichem Hub von 609 mm.
Textabbildung Bd. 311, S. 122
Fig. 76. Spiller's Presslufttriebwerke für Panzertürme.
Als besondere Vorzüge des Druckluftbetriebes auf Kriegsschiffen werden in der Quelle
hervorgehoben: gegenüber dem Druckwasserbetrieb Frostsicherheit, gegenüber
Dampfbetrieb Gefahrlosigkeit bei Undichtigkeiten, Kühlung und Ventilierung der
Maschinenräume durch die abgehende Druckluft, gegenüber dem elektrischen Betriebe
keine Störungen durch Kurzschlüsse und Verletzung der Leitungsdrähte, ferner eine
leichte unvermittelte Inbetriebsetzung, was bei Dampfbetrieb der einzelnen Werke
wegen angesammelten Kondensationswassers nicht immer sofort möglich ist, daher die
Gefahr von Wasserschlägen, welche bei Dampf- und Presswasserbetrieb die Gestänge
gefährden, vollständig durch den Luftdruckbetrieb beseitigt erscheinen. Endlich wird
nach jedem Schusse die Rohrseele durch einen durchgeleiteten starken Luftstrom
gereinigt und abgekühlt. Mit dem vorbeschriebenen Hebe- und Transportwerke ist es
möglich geworden, eine Schusszeit von 1 Minute 37 Sekunden bis 1 Minute 55 Sekunden,
rund 2 Minuten zu erhalten, also drei unmittelbar folgende Schüsse innerhalb 6
Minuten abzufeuern.
Canet's Panzerturm mit elektrischem Betrieb.
Bedingung war, dass die Bedienung des Panzerturmes beim Versagen des
Maschinenbetriebes mit Hand ermöglicht werden konnte. Der mit einem 24 cm-Geschütz
armierte, insgesamt 871 schwere Panzerturm konnte seiner Zeit von vier Mann in 1,75
Mieten um den Winkel von 270° gedreht werden. Zu diesem Behufe musste die
Konstruktion des armierten drehbaren Panzer-Turmes aufs genaueste ausgeglichen
werden. Nach Engineering, 1895 I Bd. 59 * S. 37, liegt
das Geschütz h (Fig. 77 und 78) à
barbette über dem 275 mm starken und 1752 mm hohen feststehenden Panzerturm a, während das Aufzugsrohr l für die Munition auf 6,25 m Höhe mit 200 mm starkem Panzer s geschützt ist. Eine leichte Panzerkasematte t mit schwer gepanzertem, überhängendem Kommandoturm
u, welcher als Gegengewicht dient, überdeckt das
Geschütz. Am. Boden des feststehenden Panzerturmes a
ist die Rollenbahn b für die drehbare Geschützplattform
c eingebaut, welche die Lafette d für die an Schildzapfen gelagerte Schlittenführung
f trägt, welche durch zwei Stützschrauben g mittels Handbetrieb gerichtet Werden kann und in
welcher Unter Einwirkung hydraulischer Bremsen das 24 cm-Geschütz h geführt ist. Geladen wird dasselbe mittels
Flaschenzugswinde i, welche die dreiteiligen scharfen
Patronen vom Wagen k abheben, welcher vom Schachtboden
durch das senkrechte Aufzugsrohr l in das wagerechte,
gegabelte Zweigrohr m unter dem Geschützverschluss
einläuft. Zur Bewegung des Patronen-Wagens k dient ein
Drahtseiltrieb n, welcher mittels der Dynamo o bethätigt wird.
Die Geschützplattform c wird ferner vermöge des
Aufzugsrohres l und Schlingketten an dem
angeschlossenen Kettenring p gedreht, Wozu zwei durch
Dynamo q bethätigte Schneckentrieb-Werke r dienen. Diese werden durch zwei hintereinander
geschaltete Generatoren von je 70 Volt elektromotorischer Kraft, also zusammen 140
Volt nach verlangter Geschwindigkeit bethätigt, während nach Umstellung der
Schaltwiderstände die lebendige Kraft der bewegten Turmmasse durch die als Bremsen
eingestellten Dynamo q als Effekt aufgenommen wird,
wodurch bei jeder Gangart die feinsten Zieleinstellungen des Geschützes bei sofort
eintretender Feuerwirkung vom Kommandoturm u aus
möglich werden, von welcher Stelle alle Bewegungen nach Mass, Kraftstärke und
Geschwindigkeit durch elektrische Hilfsmittel geregelt werden können.
Textabbildung Bd. 311, S. 123
Canet's Panzerturm mit elektrischem Betrieb.
(Fortsetzung folgt.)