Titel: | Abschlagbewegung bei Selfaktoren. |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 143 |
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Abschlagbewegung bei Selfaktoren.
Abschlagbewegung bei Selfaktoren.
Bei der gewöhnlichen Anordnung der Betriebseinrichtung am Selfaktor wird ein
Verlust an Triebkraft für den Antrieb der Spindeltrommelwelle dadurch herbeigeführt,
dass ein einziges an der Hauptwelle umzusteuerndes Seil- bezw. Wirteltriebwerk die
Drehungsübertragung im Sinne der Fadenzwirnung einerseits und die entgegengesetzte
für das zeitweise Abschlagen andererseits bewirkt, Weil dieses ganze die Hauptwelle
mit umfassende Wirteltriebwerk, dessen Bewegungsmoment verhältnismässig gross ist,
vorerst unter nutzloser Aufwendung einer gewissen Gegenkraft zum Stillstand gebracht
werden muss, bevor die Rückwärtsdrehung im Sinne dieser Gegenkraft beginnen
kann.
Zur Vermeidung von Betriebsverlusten und zur Abminderung der Spannungswechsel im
Treibriemen haben J. Pickford in Royton, J. Taylor in Shaw und L.
Butterworth in Royton, England (nach D. R. P. Nr. 85653), die Einrichtung
so getroffen, dass der Twistwirtel gleichsinnig umlaufen kann, wobei rechtzeitig
ein- und auszurückende Kuppelungen zur Umschaltung der Bewegung der
Spindeltrommelwelle dienen.
Textabbildung Bd. 311, S. 143
Fig. 1. Uebersichtsskizze des Selfaktorgetriebes.
Fig. 1 zeigt eine Uebersichtsskizze des
Selfaktorgetriebes, welchem die Benutzung zweier getrennt ein- und ausschaltbarer
Seil- bezw. Wirteltriebwerke, von denen das eine ausschliesslich das Abschlagen
bewirkt, eigentümlich ist. An der auf dem Selfaktorwagen gelagerten, die Drehung der
Spindeln bewirkenden Spindeltrommelwelle j sind zwei
Kuppelungen hh1 und ll1 angeordnet, von
denen die eine oder andere durch mechanische Einstellmittel mit der Welle in
Kuppelungsverbindung zu bringen ist. Zur Kuppelung hh1 gehört ein Triebwerk, welches, mit dem
Seil oder der Twistschnur g wirkend, den Antrieb von
dem Wirtel f der hohlen Hauptwelle s mit Riemenscheibe b
empfängt. Innerhalb der Hauptwelle s, die am
Betriebsstock gelagert ist, vermag sich unabhängig die Welle p zu drehen, die aber eine Drehung von der Abschlagvorgelegwelle a nur zeitweise bezw. dann aufnimmt, wenn die Kuppelung
qq1 eingerückt ist.
Der dieser Welle zugehörige Twistwirtel r mit
Twistschnur m bildet das zweite Seiltriebwerk oder
Abschlaggetriebe und überfragt die Drehung zur Zeit, wo der Abschlagvorgang durch
Ausrücken der Kuppelung hh1 und Einschalten der Kuppelung ll1 entsprechend vorbereitet ist, so auf die
Spindeltrommelwelle j, dass die Drehung
entgegengesetzt zur Drehung während der Wagenausfahrt ist. Nachdem dieser in der
äussersten Ausfahrtstellung stattfindende Abschlagvorgang, wodurch die Fäden von der
Spitze der Spindeln zu der aufwindebereiten Stellung hinabgeführt werden, beendigt
ist, wird die Wageneinfahrt mit Ausrückung der Kuppelung ll1 begonnen. Am Ende der Wagen einfahrt
wird die Kuppelung hh1
wieder eingerückt, so dass die Spindeltrommelwelle wieder vom Wirtel f angetrieben wird. Die Kuppelung qq1 der Abschlagwelle
p darf nicht früher erfolgen, als bis nach
Ausrückung der Kuppelung hh1 und Einrückung der Kuppelung ll1 das Beharrungsvermögen der Spindeltrommel welle
durch Mitschleppung des demnächst wirksamen Triebwerkes rml aufgezehrt und dadurch die Umsteuerung der Bewegung erleichtert
ist.
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Fig. 2. Selfaktor mit elektrischem Antrieb.
Bei dem Selfaktor mit elektrischem Antrieb von der Sächsischen Kammgarnspinnerei zu Harthau und W.
Lauth in Harthau (D. R. P. Nr. 94894) ist der beständig in derselben
Richtung rotirende Elektromotor auf dem Wagen angeordnet und setzt die in dem
Triebstock gelagerte, die Wagenaus- und -einfahrt regelnde Welle (die frühere
Hauptantriebswelle) mittels der in bekannter Weise über den Twistwirtel laufenden
Trommelschnur beständig in derselben Richtung in Umdrehung (Fig. 2 und 3). Die Trommelwelle, von
welcher die Spindeln angetrieben werden, kann mittels zweier Kuppelungen so mit dem
Elektromotor verbunden werden, dass sie einmal von demselben direkt angetrieben
wird, um bei der Wagenausfahrt die Spindeln anzutreiben, und das andere Mal unter
Einschaltung; eines Rädervorgeleges in entgegengesetzter Richtung langsam in
Umdrehung versetzt werden kann behufs Abschlagens der Fäden.
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Fig. 3. Selfaktor mit elektrischem Antrieb.
Der Motor a ist auf dem Wagen d so angeordnet, dass er mit seiner hohlen Welle b die Trommelwelle c umfasst, von der in
bekannter Weise die
Spindeln angetrieben werden. Auf der Trommelwelle c ist
das Zahnrad n befestigt, welches in das auf der Welle
t befestigte Zahnrad n
eingreift. Auf der hohlen Welle b des Elektromotors ist
einerseits der Seilwirtel f mit der Kuppelungshälfte
g, andererseits das Zahnrad e befestigt. Die Bewegung des letzteren wird durch das Zahnrädergetriebe
pqr auf das frei auf der Trommelwelle c rotierende Rad s
übertragen, an welchem die Kuppelungshälfte o1 angebracht ist. Auf der Trommelwelle e sind ferner die beiden Kuppelungshälften g1 und o in der Weise angeordnet, dass sie an der Drehung der
Welle teilnehmen müssen, aber so auf derselben verschoben werden können, dass sie je
nach Bedarf mit ihren entsprechenden Kuppelungshälften g bezw. o1 in
oder ausser Eingriff gebracht werden können. Ueber den Seilwirtel f des Elektromotors läuft das Seil h, welches über die Leitrollen ikl geführt wird und mittels des Wirtels m
die Welle w in Umdrehung versetzt, welche bei den
bisher üblichen Selfaktoren als Hauptantriebs welle diente, und von welcher die
Wagenausfahrt- und die Wageneinfahrtwelle bewegt wird. Bei der Ausfahrt des Wagens
wird die Kuppelung gg1
eingerückt, so dass die Trommel welle c direkt mit dem
Elektromotor gekuppelt ist. Bei der Beendigung der Wagenausfahrt wird die Kuppelung
gg1 aus- und die
Kuppelung oo1
eingerückt, so dass die Trommelwelle c mittels des
Rädervorgeleges epqrs langsam zurückgedreht wird, wobei
das Abschlagen der Fäden stattfindet. Die Wageneinfahrt und das Aufwinden der Fäden
erfolgt dann in bekannter Weise. Die Teile zur Unterbrechung des Abschlagens der
Fäden, sowie diejenigen für die Aufwindung der Fäden bei der Wagen einfahrt, welche
bei den bisherigen Selfaktoren auf der Trommel welle angebracht waren, sind bei dem
vorliegenden Selfaktor auf der Welle t angeordnet,
welche durch die Räder un mit der Trommelwelle
verbunden ist.
O. Schimmel und Co. A.-G. in Chemnitz ordnen (D. R. P.
Nr. 99459) zur Erzielung der langsamen Rückdrehung der Spindeltrommel zwecks
Abschlagens der Fäden von den Spindeln auf der Spindeltrommelwelle ein ausrückbares
Umlauf Wendegetriebe mit Reibungskuppelungen an, wobei diese Kuppelungen zwangläufig
von einem Steuerexzenter bewegt werden, die Hauptwelle von einem besonderen
Rückdrehungsantrieb befreit ist und eine einzige zum Antrieb der Spindeltrommel
dienende Trommelleine dauernd in gleicher Richtung laufen kann.
Auf der Spindeltrommelwelle w (Fig. 4) läuft zu diesem Zweck zwischen deren Lager l und dem Stellringe s
lose die Doppelscheibe s1, welche den einzigen Antrieb von der Selfaktorhauptwelle aus erhält und
auf dem losen Bolzen o die darauf festsitzenden
Stirnräder c und d trägt,
deren Gewicht für die schnelle Drehung der Scheibe s1 durch die stellbar zu befestigenden Gewichtsbacken
m ausgeglichen ist, so dass die Scheibe s1 ruhig umläuft. Das
Rad c greift in das Hohlrad a, welches lose drehbar und verschiebbar auf der Lagerbüchse l sitzt und von dem Hebel h verschoben werden kann. Bei einer Verschiebung des Rades a, welches am äusseren kegelförmigen Umfang mit Leder
belegt ist, gegen die Scheibe s1 zu trifft das Rad aussen an den mit dem Lager l verbundenen festen Backen f und wird dadurch, gegen eine Drehung festgehalten. Ein zweites Hohlrad
b, in welches das Rad d eingreift, ist mit Keil und Nut auf der Welle w verschiebbar und wird von einem am freien Ende zur
Gabel g ausgebildeten Hebel geführt, welcher mit dem
Führungshebel h des Rades a durch die Stange i verbunden ist. Die Gabel
g umfasst das Steuerexzenter e, durch dessen Drehung um 180° die Räder a und b gleichzeitig
verschoben werden. Das Rad b ist am äusseren Umfange
ebenfalls kegelförmig und mit Leder bezogen und kann dadurch mit der Scheibe s1 gekuppelt werden,
wozu letztere einen entsprechenden Hohlkegelrand r
besitzt. Fig. 4 zeigt das Getriebe in der Stellung,
wo die Welle w die der Seilscheibe s1 dauernd erteilte
schnelle Drehung erhält, und zwar dadurch, dass diese Scheibe unmittelbar mit dem
Rade b gekuppelt wird. Das Umlaufgetriebe ist also
vollständig unwirksam und die Räder c und d haben nur die Rolle von Mitnehmern für die Hohlräder.
Die Mitnahme des Rades a durch die Scheibe s1 wird noch durch die
kegelförmige, auf der Nabe von s1 befestigte Büchse n
unterstützt, welche bei der zurückgeschobenen Stellung des Rades a in die entsprechend hohlkegelförmig ausgedrehte Nabe
desselben, tritt und durch Reibung hier eine Kuppelung herstellt. Wird das Exzenter
e um 180° gedreht, so werden die Räder a und b so verschoben,
dass die Scheibe s
1 lose läuft und das Rad a von f festgehalten wird. Nun tritt das
Umlaufgetriebe in Wirksamkeit, so dass dementsprechend das Hohlrad b und damit die Welle w
eine langsame Drehung in umgekehrter Richtung erhält. Wird das Exzenter nur um 90°
gedreht, so findet weder zwischen r und b noch zwischen a und f Schluss und Kuppelung statt, und da der von der Welle
w zu überwindende Widerstand grösser ist als der
Widerstand in den Umlaufrädern, so rollt sich das Rad d
einfach im Rade b ab und das lose Rad a wird entsprechend auf der Lagerbüchse l, also die Welle w nicht
beeinflussend, mitgeschleppt. Die Welle w erhält
folglich von der Scheibe s1 aus keinerlei Drehung, wie es während der Periode der Aufwindung nötig
ist. Aus der Kreisbewegung des Exzenters geht hervor, dass bei der Drehung desselben
die Hebel g und h aus der
einen Kuppelstellung in die andere mit zu- und wieder abnehmender Geschwindigkeit
gebracht werden. Durch diese Bewegung wird ein stossfreies Umschalten des Getriebes
gesichert. Es wird dabei auch durch die Verbindung der beiden Kuppelhebel erzielt,
dass bei einer geeigneten Länge der Verbindungsstange die eine Kuppelung eher greift
als die andere und so durch den im Umlaufgetriebe auftretenden Widerstand die
schnelle Drehung verlangsamt wird, so dass erst nach völligem Aufhören derselben die
Bewegungsumkehr stattfindet, um Stösse und Kraftverluste zu vermeiden.
Textabbildung Bd. 311, S. 144
Fig. 4. Rückdrehung der Spindeltrommel nach Schimmel und Co.