Titel: | Neuerungen an Fahrrädern. |
Autor: | O. K. |
Fundstelle: | Band 311, Jahrgang 1899, S. 197 |
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Neuerungen an Fahrrädern.
(Schluss des Berichtes S. 183 d. Bd.)
Neuerungen an Fahrrädern.
V. Reifen.
Eine bedeutende Verbesserung hat der Dunlop-Pneumatikreifen für die Saison 1899 durch
eine neue Konstruktion der Stahldrahteinlage erfahren.
Textabbildung Bd. 311, S. 197
Fig. 160. Befestigung des Dunlop-Pneumatikreifen.
Bisher bestand dieselbe aus zwei Drahtringen, die, aus dem besten Stahl ausgeführt,
je einen Druck von 19 Zentnern aushielten. Da man jedoch die Enden des Drahtes
verbinden musste, um einen endlosen Ring zu erhalten, so musste notwendigerweise der
Draht an einer Stelle zusammengelötet werden. Diese Stelle blieb immer die
schwächste und widerstand nur einem Druck von etwa 8½ Zentnern. Ein weiterer
Uebelstand war der, dass die Drähte zu stark waren, um leicht gehandhabt werden zu
können. Bei der neuen Stahldrahteinlage sind nun diese Schwierigkeiten dadurch
beseitigt, dass, wie Fig. 160 und 161 zeigen, anstatt eines einfachen dicken Drahtes ein
viel dünnerer verwendet, wird. Dieser sogen. Multiflex ist dreimal gewunden und nur
an einer Stelle durch Verflechten zusammengemacht. Die betreffende Stelle wird dann
leicht überlötet und zur Sicherheit noch mit einem besonderen Verschluss versehen.
Die Multiflex-Stahldrahteinlage ist so stark, dass sie einem Druck von über 40
Zentnern erfolgreich Widerstand zu leisten im stände sein soll, und die Stärke der
Drähte ist so gleichmässig verteilt, dass man keine schwache Stelle findet. Durch
diese Stahldrahteinlage, die dünner und nicht so schwer ist, als die alten Drähte,
wird die Stärke und Dauerhaftigkeit der Reifen wesentlich erhöht.
Der wichtigste Punkt in der neuen Konstruktion ist, dass der Stahldraht viel
geschmeidiger als die alte Drahteinlage ist, was einen grossen Vorteil beim
Montieren bietet.
Auf eine Vorrichtung zum Befestigen der Luftreifen bezw. -mäntel, welche ein leichtes
Abnehmen zum Zwecke der Reparatur ermöglicht, ist G.
Roy in Chorlton-Cum-Hardy (Grafsch. Lancaster), D. R. P. Nr. 97925, erteilt
Worden.
Fig. 162
zeigt die Befestigung eines Luftreifens, Fig. 163 die eines
Luftreifenmantels, und Fig. 164
veranschaulicht die Anordnung eines auf der Felge verschiebbaren Ringes.
Erstere ist nur an einer Seite mit einem Flansch c1 ausgerüstet, von der anderen Seite wird ein
rinnenförmiger, genau auf die Felge passender Ring b auf denselben aufgeschoben. In diesem ist die eine Kante des Luftreifens
a bezw. des Luftreifenmantels a1 befestigt. Die
andere Kante, welche etwas verstärkt ist, wird zwischen die Flanschen b1 und c1 des Ringes b und der Felge c gelegt,
der Ring fest gegen den Flansch c1 gepresst und durch Klammern d o. dgl. festgestellt, so dass die freie Kante des
Luftreifens zwischen den beiden Flanschen festgehalten wird.
Textabbildung Bd. 311, S. 197
Fig. 161. Stahldrahteinlage „Multiflex“ des
Dunlop-Pneumatikreifen.
Metzeler und Co. in München bringen einen Luftschlauch
in den Handel, durch welchen eine leichte und sichere Montierung erzielt wird.
Derselbe besteht aus zwei flachen, endlos gearbeiteten Streifen Gummi, welche an
ihren Rändern miteinander verbunden und zusammen vulkanisiert sind. Diese
Konstruktion des Luftschlauches gestattet, dass derselbe in die Innenseite irgend
eines Pneumatikmantels mittels Gummilösung aufgeklebt werden kann. Laufmantel und
Luftschlauch bilden so ein Ganzes, was, wie bereits erwähnt, eine ausserordentlich
leichte und sichere Montierung bewirkt. Die bisher so häufig vorgekommenen
Verletzungen des Luftschlauches durch Einklemmen oder Verdrehen erscheinen dabei
völlig ausgeschlossen. Die Verbindung des Mantels mit dem Band-Luftschlauche hat
aber auch den grossen Vorzug, dass Mantel und Luftschlauch leicht wieder voneinander
gelöst werden können. Wird eine Reparatur nötig, so werden durch Benzin Mantel und
Schlauch an der verletzten Stelle gelöst, zwischen Mantel und Band-Luftschlauch da,
wo die Durchlöcherung erfolgt, eine Gummischeibe oder -platte eingelegt, beide
aneinander gepresst, wodurch sich, die Teile wieder miteinander verbinden, und kann
dann der Reifen sofort wieder eingelegt und aufgepumpt werden. Jede Reparatur kann
vorgenommen werden, ohne dass das Rad aus dem Rahmen genommen werden muss. Der
Umstand, dass der Mantel mit dem Luftschlauch nicht dauernd verbunden ist, gestattet
ferner eine stetige Auswechselung und Verwendbarkeit des einen oder anderen etwa
abgenutzten Teiles. Fig. 165 zeigt den
Reifen in luftleerem Zustand, während Fig. 166 denselben
aufgepumpt zeigt.
Einen amerikanischen Pneumatikreifen ohne Luftschlauch zeigt Fig. 167. Derselbe endigt in zwei Polstern aa1
, sowie in Lappen bb1
, von denen der eine b auf
der Felge aufliegt, während der andere b1 sich auf b legt.
Dieser Reifen wird
nicht auf die Felge gekittet, was bei Reparaturen von grossem Vorteil ist, sondern
legt sich, sobald derselbe aufgepumpt wird, fest an die Felge an, und das zwischen
a und a1 liegende Polster verhindert den Reifen, sich zu
öffnen.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Befestigung für Pneumatikreifen von Roy.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Pneumatikreifen von Metzeler und Co.
Fig. 168
zeigt einen aus Luftschlauch und Vollgummi kombinierten Reifen. Mit dem Vollgummi,
welcher als Lauffläche dient, sind zwei Reihen kleiner Metallplatten (Fig. 169)
verbunden, welche, sobald der Luftschlauch aufgebläht wird, samt dem Laufgummi in
die Höhe steigen und von ihren umgebördelten Kanten in der Felge gehalten werden.
Erfolgt während der Fahrt ein Platzen des Luftschlauches, so braucht erstere nicht
unterbrochen zu werden, denn der Laufgummi senkt sich dadurch soweit in die Felge
hinein, als es der obere umgebördelte Rand der Metallplatten erlaubt, wodurch jetzt
der Reifen als ein solcher aus Vollgummi wirkt, und gelegentlich eine Reparatur
vorgenommen werden kann.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Fig. 167. Pneumatikreifen ohne Luftschlauch.
Bei dem Reifen von E. Goltstein in Bonn (D. R. P. Nr.
99249) sind, wie Fig. 170 und 171 zeigen, zwischen
Nr. 99249) sind, wie Fig. 170 und 171 zeigen,
zwischen Luftschlauch f und Mantel a auf einem elastischen Bande c einzelne durch Zwischenräume voneinander getrennte, unelastische
Druckkörper b im Inneren des Mantels angeordnet.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Kombinationsreifen.
Dieser Mantel, sowie die Druckkörper sind spitzbogenförmig gestaltet, ersterer ist
noch mit Hakenrändern versehen, durch welche derselbe in entsprechend hakenförmig
eingebogenen Rändern d1
der Felge d dadurch gehalten wird, dass beim
Aufblähen des Luftschlauches f die seitlichen
Hakenränder mittels der Druck- und Sicherheitskörper b
durch deren Keilwirkung gegen die Hakenränder der Felge gepresst werden.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Kombinationsreifen von Goltstein.
Die Druckkörper übertragen bei der Fahrt den auf den Mantel ausgeübten Druck auf den
Luftschlauch, wobei es für die elastische Wirkung wesentlich ist, dass zwischen den
Druckkörpern kleine Zwischenräume derart vorgesehen sind, dass nicht nur ein
Ausdehnen des Materials in der Richtung quer zur Felge, sondern auch in der
Umfangsrichtung stattfinden kann.
Den Reifen der Piccadilly Tyre Co., Ltd., in London, ein
luftschlauchloser Pneumatik, welcher aber auch mit Luftschlauch versehen werden
kann, zeigt Fig. 172. Derselbe bedarf weder Drähte
noch anderer sonst üblicher Befestigungen, noch Clincher-Felgen, sondern besitzt nur
quadratische biegsame Wulste aus Segelleinwand – Kanevas –, welche sich
zusammendrücken und auseinander ziehen lassen, weshalb man diesen Pressluftreifen
sehr schnell abnehmen und auflegen kann.
Die Wülste besitzen an den Flächen, wo sie sich miteinander und wo sie die Flanschen
der Felge berühren, einen Ueberzug aus weichem Gummi. Die Breite der Wülste über den
Felgenflanschen sind etwas grösser als die Breite der Felgenrinne, so dass, wenn der
Pneumatik in diese Rinne hineingepresst ist, eine sehr enge Verbindung der
Gummiflächen an den Berührungsseiten hervorgebracht werden muss, wodurch der
Pneumatik mit der Felge befestigt ist und auch ohne komprimierte Luft gefahren
werden kann.
Durch die Seitenwände der Felge werden die Wülste an ihren äusseren und unteren
Flächen festgehalten bezw. unterstützt, besitzen aber dort, wo sie sich mit ihren
inneren Seitenflächen berühren, keine Unterstützung, somit verursacht jeder Druck,
welcher auf die Wülste aus dem Inneren des Pneumatiks in der Richtung der Achse des
Rades ausgeübt wird, eine Depression der Wülste und der zusammenstossenden Flächen
gegen die Radachse hin, und wirken dieselben dadurch wie ein Bogen, welcher seine
Widerlager auf der Felge besitzt und einer Zusammendrückung ausgesetzt ist.
Textabbildung Bd. 311, S. 198
Fig. 172. Pneumatikreifen der Piccadilly Tyre Co., Ltd.
Wenn man nun unter diesen Bedingungen Luft in den Pneumatik pumpt, und jede
Vergrösserung des Luftdrucks eine korrespondierend grössere Depression hervorruft,
so wird auch folglich eine vergrösserte Kompression auf die Wülste ausgeübt und
dadurch der Pneumatik desto fester gegen die Felge gedrückt, als der Luftdruck in
dem Pneumatik sich vergrössert.
Nach langen Versuchen bringen jetzt die Reform-Fahrradwerke von P. Fröhlich und Co.
in Viersen, Rheinl., einen Federreifen auf den Markt, der die Vorzüge des Pneumatiks
besitzt, ohne dessen Nachteile aufzuweisen (Schweizer Patent Nr. 15704). Das Rad
besteht aus einer inneren Felge a (Fig. 173 und 174), welche
in üblicher Weise auf der Nabe festgespannt ist. Um diese Felge ist eine zweite e konzentrisch angeordnet, welche den Laufgummi f trägt und zwar so, dass derselbe ohne weitere
Befestigung (durch Einklemmen) festsitzt. Zwischen den beiden Felgen sind in gewissen Abständen
Spiralfedern c einerseits lose in Gleitstücken b angebracht, andererseits legen sich die äusseren
Enden gegen Backenstücke d, welche die äussere Felge
e tragen. Um das seitliche Federn zu verhindern,
sind in einem halbrunden Wulst an der Felge e Stifte
g eingeschraubt, welche durch ein Loch der
Gleitstücke b in länglichen Schlitzen der Felge a geführt sind. Durch diese Konstruktion wird eine
gleich weiche Federung wie bei Luftreifen erzeugt und gleichzeitig verhindert, dass
die äussere Felge bei jeder Fahrart, besonders bei Nehmen von Kurven, von der
Radebene abweicht.
Textabbildung Bd. 311, S. 199
Federreifen von Fröhlich und Co.
Ein Verschmutzen des Zwischenraumes zwischen den beiden Felgen ist infolge der
beständigen Durchbiegungen des Reifens und der Zentrifugalkraft nicht möglich.
Der Reifen von O. Ramsey in El Campo, Tex., besteht, wie
Fig.
175 und 176 zeigen, aus einer Serie Spiral- und Blattfedern. Diese sind zwischen
der Lauffläche und der Felge so zusammengestellt, dass im Falle eines Bruches die
eine oder die andere leicht ersetzt werden kann.
Zu diesem Zweck sind die Blattfedern zu auseinander laufenden Armen von
ungleichmässiger Länge gebogen, so dass die unteren Enden der langen Arme auf die
äusseren Enden der kurzen Arme übergreifen. Die Spiralfedern sind in zwei
abwechselnden Sätzen angeordnet, deren einer, da wo die Blattfedern gebogen und an
der Felge befestigt sind, festsitzt, während der andere Satz da, wo die Arme der
Blattfedern übergreifen, befestigt ist. Ueber diesem Federsystem liegt ein an der
Lauffläche verstärkter Gummimantel, welcher in einem Falz der Felge mittels
Federmetallreifen und durchgehender Schraubenbolzen mit Muttern befestigt ist.
Dieser Metallreifen besteht, zum Zweck einer etwaigen Reparatur der Federn oder des
Mantels, aus Sektoren, so dass nicht der ganze Reifen, sondern nur der an der
defekten Stelle sitzende Sektor abgeschraubt zu werden braucht.
Textabbildung Bd. 311, S. 199
Federreifen von Ramsey.
Zum Schutz gegen Eindringen von Feuchtigkeit, wodurch die Federn rosten würden, ist
unter der Lauffläche des Gummimantels ein Korkstreifen befestigt, unter welchem, um
diesen vor Verletzungen durch die Federn zu schützen, sich ein Lederstreifen
befindet.
VI. Steuersperren.
Um das Fahrrad gegen Diebstahl zu sichern, bringt die Brandenburgia, A.-G., in Brandenburg a. H. eine Steuersperre an ihren
Rädern an, die wie jeder andere Absteller benutzt wird, und zwar derartig, dass man
den birnförmigen Körper (Fig. 177 und 178)
hineindrückt oder herauszieht. Gehalten wird derselbe durch eine kleine Kugel.
Um das Fahrrad zu verschliessen, dreht man einen kleinen Schlüssel einigemal herum,
der Absteller ist verschlossen, und somit ist die Lenkstange unbeweglich. Das
Fahrrad ist also unlenkbar und infolgedessen nicht zu benutzen. Der Absteller ist an
der Steuerhülse so befestigt, dass derselbe wohl gedreht, aber nicht abgeschraubt
werden kann. Natürlich werden die Schlüssel in vielen Variationen gemacht und ist
ein Oeffnen mittels Sperrhakens unmöglich.
Textabbildung Bd. 311, S. 199
Steuersperre der Brandenburgia, A.-G.
Textabbildung Bd. 311, S. 199
Steuersperre von Stutznäcker.
Bei der Steuersperre (D. R. G. M. Nr. 52604) von W.
Stutznäcker in Dortmund befindet sich in einem am Steuerrohr angebrachten
kleinen Gehäuse ein mit zwei Ansätzen versehener Gewindenippel (Fig. 179 und 180), der
mittels eigen geformten, leicht abnehmbaren Schlüssels in die entsprechenden
Vertiefungen des Gabelrohres durch Rechtsdrehen leicht eingeschraubt wird, wodurch
die Steuerung absolut und sicher abgestellt ist. Ein selbstthätiges Einschalten oder
Ausrücken während der Fahrt ist nicht möglich.
Textabbildung Bd. 311, S. 199
Steuersperre von Kirschner und Co.
Die Komet-Fahrradwerke, A.-G., vorm. Kirschner und Co.
in Dresden bringen ebenfalls eine diebessichere Steuersperre (D. R. G. M. Nr. 49964)
von höchst einfacher Konstruktion auf den Markt. Die Feststellvorrichtung wird mittels eines
abnehmbaren Schlüssels a, wovon ein jeder im Dorn
verschieden ist, gesperrt bezw. durch einen leisen Druck in der den Mechanismus
tragenden Patrone b arretiert. Fig. 181 zeigt den
Apparat ausser Thätigkeit, dessen Montage durch Einschrauben in das Steuerrohr
erfolgt, und Fig.
182 zeigt den herausgeschlossenen Stift bezw. den Apparat in
Thätigkeit.
VII. Zubehörteile.
Immer weiter schreitend ist das Fahrrad nahezu auf der höchsten Stufe der technischen
Vollkommenheit angelangt, weshalb auch den Zubehörteilen immer mehr Aufmerksamkeit
zugewendet wird.
Textabbildung Bd. 311, S. 200
Fig. 183. Lenkstangengriffbefestigung von Reich Goldmann und Co.
Die Handgriffe, welche zuerst fast ausschliesslich aus Horn gefertigt wurden, werden
jetzt aus Holz, Kork, Celluloid u.s.w. hergestellt und in die Lenkstange
eingekittet. In neuester Zeit sieht man nun Handgriffe als Etui für Nähutensilien
ausgebildet, ja sogar solche, welche mittels Glühkörper, die sich im Inneren
derselben befinden, geheizt werden können. Handgriffe, bei welchen das Kitten
vermieden wird, so dass diese, ohne unbrauchbar zu werden, leicht auszuwechseln
sind, bringt die Offenbacher Celluloid- und
Hartgummiwarenfabrik von Reich, Goldmann und
Co. in Offenbach a. M. auf den Markt. Fig.
183 zeigt die Art, wie dieselben mittels Schraube an der Lenkstange
festgemacht werden, während Fig. 184 einen solchen
Griff mit gepresstem Ornamentüberzug aus Celluloid darstellt. Die Fabrik überzieht
auf dieselbe Weise auch Lenkstangen, wodurch ein elegantes Aussehen erzielt und
zugleich dem Rosten vorgebeugt wird (Fig. 185).
Textabbildung Bd. 311, S. 200
Fig. 184. Lenkstangengriff mit Celluloidüberzug von Reich, Goldmann und
Co.
Der Kettenkasten, welcher zuerst aus Blech gefertigt wurde, verursachte, wenn
derselbe noch so gut montiert war, immer ein Klappern. Ein weiterer Uebelstand war
der, dass man keine Kontrolle über den Kettenmechanismus hatte, und zudem war
derselbe ziemlich schwer.
Textabbildung Bd. 311, S. 200
Fig. 185. Lenkstange mit Celluloidüberzug von Reich, Goldmann und Co.
Aus diesen Gründen ging man zu den durchsichtigen, aus Celluloid erzeugten über,
welche sich jedoch anfangs bedeutend verzogen, so dass man es vorzog, das Rad besser
ohne Kettenkasten zu fahren.
Reich, Goldmann und Co. stellen nun einen Kettenkasten
aus Celluloid her, der in wenigen Minuten aufmontiert werden kann, sich nicht
verzieht, und sowohl fest wie stabil sitzt, so dass jedes Geräusch ausgeschlossen
erscheint. Das Gewicht beträgt für Herrenräder 650 g und für Damenräder 600 g
(Fig. 186).
Auch an Damenfahrrädern lässt der bisher gebräuchliche Kleiderschutz viel zu wünschen
übrig. Den in dieser Hinsicht vielfach empfundenen Mängeln abzuhelfen, und zugleich
einen einfachen und praktischen, wirklich sicheren Schutz gegen das gefährliche
Einzwängen und Zerreissen der Kleider durch das Getriebe zu bieten, ist der Zweck
der in Fig.
187 abgebildeten Konstruktion.
Textabbildung Bd. 311, S. 200
Fig. 186. Kettenkasten aus Celluloid von Reich, Goldmann und Co.
Die Ausführung kann entweder in Rohrgeflecht oder auch in Seiden schnüren erfolgen.
Ein Hauptvorteil dieser Neuerung liegt darin, dass der in seinen beiderseitigen
Flügeln leicht aufklappbare Kleiderschutz es jederzeit ermöglicht, ohne
Schwierigkeit an das Rad selbst heranzukommen. Während man bisher, um an die hinter
dem Kleiderschutz gelegenen Teile des Rades zu gelangen, erst die langwierige Arbeit
zu verrichten, das Seidenschnurgeflecht aus 64 bis 70 Oesen herauszunehmen hatte,
genügt hier ein einziger Griff, um ohne Werkzeug und ohne ein Lösen von Schrauben
und Muttern vorzunehmen, das Rad bloss zu legen, das Geflecht durch einfaches
Aufklappen vom Rade zu entfernen und letzteres hierdurch für notwendige
Reinigungsarbeiten leicht und bequem zugänglich zu machen.
Frei und unbehindert kann man nach Aufklappen dieses Kleiderschutzes die Reinigung
der oberen wie der unteren Seite des Schutzbleches, der Felgen, Speichen, Radnaben
u.s.w., sowie das Herausnehmen des Hinterrades vornehmen. Das Rohrgeflecht lässt
sich entweder trocken abbürsten oder mit Wasser abwaschen, und ebenso rasch wie es
abgenommen wurde, lässt sich der Kleiderschutz auch wieder mit einem Ruck am Rade
befestigen.
Textabbildung Bd. 311, S. 200
Fig. 187. Rechtsseitiger Flügel des Kleiderschutzes.Fig. 188.
Kettenkasten.Fig. 189. Bügel zum Befestigen des Kleiderschutzes.Fig.
190. Scharnierschelle zur Verbindung der Flügel des Kleiderschutzes.Fig.
191. Befestigungsstrebe des Kettenkastens.Fig. 192. Hinteres Blech des
Kettenkastens.
Ein Schlaffwerden des Geflechtes, wie solches bei den bisher in Verwendung
gestandenen Kleiderschützern so häufig beobachtet wurde, ist ausgeschlossen, weil
das Geflecht fest in die Rahmen geflochten ist und dadurch dem Kleiderschutz, ob
derselbe in Rohr oder in Seide hergestellt ist, eine ausserordentliche Stabilität
verliehen wird.
Fig. 187 bis
192
zeigen die Konstruktion des Kleiderschutzes und Kettenkastens. Fig. 187 stellt den
rechtsseitigen Kleiderschutz dar. Der eine Flügel ist kleiner, weil derselbe über
dem Kettenkasten zu stehen kommt.
Fig.
190 zeigt eine scharnierartig aus federndem Stahl hergestellte Klammer.
Mit zwei dieser federnden Klammern Werden beiderseitig je zwei Flügel des
Kleiderschutzes verbunden, und beim Befestigen an dem Rade wird die Scharnierschelle
auf das hintere obere Gabelrohr aufgedrückt bezw. beim Entfernen der Flügel mit
leisem Drucke vom Gabelrohre abgezogen.
Zur weiteren Befestigung der Flügel am Schutzblech dient ein in Fig. 189 abgebildeter
Bügel, welcher an der Stelle, wo die Flügel anliegen sollen, mit zwei Schräubchen am
Schutzblech befestigt wird. Der Bügel trägt an jeder Seite zwei seitlich bewegliche
Federn, welche den Rahmen des Kleiderschutzes festhalten. Durch einfaches Drehen
dieser Federn wird die Aufklappbarkeit der Flügel des Kleiderschutzes
bewerkstelligt; ebenso einfach erfolgt die Befestigung wieder durch Zurückschieben
der Federn.
Fig. 188
stellt den mit Rohr beflochtenen Kettenkasten dar. Der mit vernickeltem Blech
versehene Kurbelring ist so konstruiert, dass er ein Abnehmen des Kettenkastens ohne
Lösen der Kurbel oder des Pedals gestattet.
Zur leichteren Regulierung, sowie zur Befestigung bezw. Entfernung des Kettenschutzes
dient die Strebe Fig. 191, deren Schelle um das Rahmenrohr stets, auch beim Abnehmen des
Kettenkastens, am Rade befestigt bleibt. Das hintere Blech (Fig. 192) ist ebenfalls
derart konstruiert, dass es im Bedarfsfalle eine leichte Lösbarkeit, sowie ein
Regulieren des Kettenkastens ermöglicht. Neben den erwähnten Vorteilen bietet dieser
von J. v. Matzner in Berlin in den Handel gebrachte
Kleiderschutz und Kettenkasten für den Fahrradfabrikanten noch den Vorzug, dass das
Bohren von Löchern und Eindrücken von Oesen im Schutzblech und im Kettenkasten
fortfällt. Dieser Kettenkasten, welcher an jedes Radmodell passt, hat ein Gewicht
von 400 bis 500 g.
Textabbildung Bd. 311, S. 201
Fig. 193. Kettenbürste der Gesellschaft für mechan. Industrie.
Als weitere Neuheit sei noch ein Kleiderschutz erwähnt, welcher fächerartig zu beiden
Seiten des Hinterrades herabgelassen wird.
Textabbildung Bd. 311, S. 201
Fig. 194. Kettenbürste der Gesellschaft für mechanische Industrie.
Für Fahrräder, welche keinen Kettenkasten besitzen, bringt die Gesellschaft für mechanische Industrie m. b. H. in
Frankfurt a. M. eine Kettenbürste (System Reimling) in
den Handel, welche neben dem Reinhalten der Kette, dieselbe, wie Fig. 193 zeigt, mit Graphit speist.
Textabbildung Bd. 311, S. 201
Fig. 195. Schmutzfänger von Kegelmann.
Um die Verbindung des Graphitbehälters mit der Bürste möglichst raumsparend zu
gestalten, musste für die letztere die feststehende, längliche Form gewählt
werden, die zugleich am besten die gleichmässige Verteilung des Graphits auf den
vorbeigleitenden Kettengliedern bewirkt. Durch Verstellung auf dem Gabelrohr kann
auch eine Spannung der Kette bewirkt werden. Die Bürstchen sind leicht
auswechselbar, die Befestigung und Bedienung des Apparates ist aus Fig. 194 ersichtlich.
Textabbildung Bd. 311, S. 201
Fig. 196. Teleskopluftpumpe von Zirrgiebel.
Bei Herrenrädern sind die zur Zeit der Vollgummireifen allgemein üblichen
Schutzbleche fast gänzlich verschwunden. Bei Einführung der Pneumatikreifen mussten
die Schutzbleche notgedrungen viel breiter gemacht werden, und die Folge war, dass
dieselben einen ziemlich grossen Luftwiderstand boten. Aus diesem Grunde wurden dann
Schmutzfänger aus Bänder von Ledertuch konstruiert. Dieselben, von A. Kegelmann in Offenbach a. M., bestehen entweder aus
einem einzigen Stück, welches am Gabelkopf eingehakt wird, dann unterhalb des
Tretkurbelgehäuses durchgeht und am oberen Ende des Sattelstützrohres wieder von
einem Ring gehalten und zuletzt an der Hinterradgabel mittels Streben gespannt wird.
Bei einer anderen Ausführung derselben Firma besteht der Schmutzfänger, wie Fig. 195 zeigt, für das Vorderrad für sich allein, und
derjenige des Hinterrades wird statt am Gabelkopf am Tretkurbelgehäuse eingehakt.
Andere Ausführungen bestehen darin, dass das über dem Hinterrad stehende Band
mittels einer kleinen Kurbel, welche sich am oberen Ende der Hinterradgabel
befindet, aufgerollt werden kann. Ein anderer Schmutzfänger, dessen Konstruktion in
Anwendung von teleskopartig ineinander verschiebbaren Röhren besteht, ist durch D.
R. P. Nr. 98194 O. Lelm in Paris gegen Nachahmung
geschützt. Die Rohre liegen in der hohlen Sattelstütze und können über das Hinterrad
hinausgeschoben werden. Mit dem letzten Rohr ist das Schmutzband verbunden, welches
am oberen Ende des Sattelstützrohres in einer Trommel geführt wird.
Auch die Werkzeugtaschen haben Verbesserungen erfahren. Dieselben waren früher
rohrförmig gestaltet und hinter dem Sattel angebracht, wodurch neben unschönem
Aussehen die darin befindlichen Werkzeuge durch die Erschütterungen stets ein
unangenehmes Geräusch verursachten. In letzter Zeit werden dieselben fast
ausschliesslich in ∇-Form dem Rade beigegeben und am oberen Rahmen- und
Sattelstützrohr befestigt.
Die Luftpumpen bildeten anfänglich keine angenehme Beigabe zum Fahrrad, da infolge
ihrer primitiven Ausführung das Aufpumpen der Reifen sehr schwer war.
Textabbildung Bd. 311, S. 201
Fig. 197. Teleskopfusspumpe von Zirrgiebel.
Die Lipsia-Fahrradindustrie vorm. B. Zirrgiebel in
Leipzig sucht bei der in Fig. 196 abgebildeten
Teleskoppumpe (D. R. P. Nr. 95424 und 89263) durch ein grosses Luftvolumen die
Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Ein weiterer Vorteil derselben ist, dass beim Ausziehen, sowie
auch beim Zusammenschieben nur kurze Bewegungen erforderlich sind. Das Gewicht
derselben ist ein geringes. Eine wesentliche Verbesserung dieses Systems ist noch
dadurch herbeigeführt, dass bewegliche, jeweilig zwischen Kolben und Cylinder
liegende Führungsringe mit um den Umfang gehenden, innen und aussen Luft
durchlassenden Längsrillen in die Pumpe eingeschaltet sind.
Die Haltbarkeit ist dadurch gesteigert, dass die Cylinder eine grosse Führungsfläche
besitzen; alle durch Staub oder unreine Schmiermittel in das Innere der Pumpe
gelangenden Fremdkörper werden durch die Rillen der Führungsringe entfernt, ebenso
werden die hindernden Luftwiderstände durch günstige Spaltung der Luftsäule
beseitigt. Die aussen an den Cylindern liegenden Verschraubungen gestatten die
grösste Ausnutzung der Cylinder.
Textabbildung Bd. 311, S. 202
Fig. 198. Rahmenpumpe von Zirrgiebel.
Neuerdings konstruierte die erwähnte Firma eine stark wirkende Teleskopfusspumpe
(Fig. 197). In Fig.
198 sehen wir eine Pumpe, welche am oberen Rahmenrohr des Fahrrades
angehängt wird. Der Handgriff, der Fusstritt, sowie der Schlauch können bei
derselben an den Cylinder angelegt und festgeklemmt werden. Fig. 199 zeigt eine der gebräuchlichen Werkstattpumpen.
Textabbildung Bd. 311, S. 202
Fig. 199. Werkstattpumpe von Zirrgiebel.
Textabbildung Bd. 311, S. 202
Fig. 200. Motorfahrzeugpumpe von Zirrgiebel.
Endlich sei noch Zirrgiebel's Luftpumpe für
Motorfahrzeuge erwähnt. Dieselbe ist, wie Fig. 200
zeigt, mit Manometer versehen, da die Stärke der Pneumatiks an Motorfahrzeugen
es zur Unmöglichkeit macht, mit der Hand zu fühlen, ob der Reifen genügend
aufgepumpt ist oder nicht.
Eine ebenfalls sehr stark wirkende Pumpe (Fig. 201), welche sich
nebenbei durch leichtes Arbeiten auszeichnet, fabriziert A.
Kegelmann in Offenbach a. M. unter dem Namen „Suleika“.
Dieselbe besitzt den Vorzug, dass zur Vermeidung jedes schädlichen Raumes in
derselben direkt hinter dem kleinsten Kolben ein sicher wirkendes Rückschlagventil
in Form eines Lederkolbens (D. R. G. M. Nr. 84864) angeordnet ist. Hierdurch wird
erreicht, dass die nach dem ersten Kolbenstoss zusammengepresste Luft in dem zur
Aufnahme des Schlauches dienenden Hohlraum der Pumpe, und im Innern des Schlauches
sitzt und infolge des Rückschlagventils nicht mehr zurücktreten kann. Fig. 202
zeigt diese Pumpe im zusammengeschobenen Zustand.
Grosse Verbesserungen haben in den letzten Jahren die Laternen erfahren. Zuerst waren
es sehr primitive Oellampen, nach und nach wurde zur Kerze übergegangen, ohne
befriedigende Resultate zu erzielen, so dass neben Erdöllampen, welche mit und ohne
Cylinder konstruiert wurden, wieder die Oellaternen, jedoch in verbesserter Form,
auf den Markt gelangten. Auch elektrische Lampen kamen in den Handel, welche es aber
nicht vermochten, das Feld zu behaupten, bis in neuester Zeit mit der Entdeckung des
Calciumkarbids die Acetylenlaternen auftauchten, deren Industrie in der letzten Zeit
sehr an Ausdehnung gewonnen hat. Fig. 203 zeigt eine
solche Laterne von H. Riemann in Chemnitz-Gablenz,
welche unter dem Namen „Phänomen“ in den Handel kommt.
Textabbildung Bd. 311, S. 202
Luftpumpe „Suleika“ von Kegelmann.
Um dieselbe in Gebrauch zu nehmen, wird das Bassin c
mittels Flügelschrauben gelöst und abgenommen und der in diesem Bassin liegende
Behälter, welcher zur Aufnahme des Calciumkarbids dient, herausgenommen und gefüllt.
Bevor der gefüllte Karbidbehälter wieder in den Unterteil eingesetzt und letzteres
angeschraubt wird, wird der Wasserbehälter bei a
gefüllt; die Lampe ist jetzt gebrauchsfertig, und genügt eine Vierteldrehung der
Flügelmutter b des Wasserventils nach links, um das
nötige Wasser auf das Karbid tropfen und die Gasentwickelung beginnen zu lassen.
Explosionsgefahr ist ausgeschlossen, da sich dem eventuell zu viel entwickelnden Gas
zwei offene Ausgänge bieten, und zwar der Brenner und ein Loch im Verschlussdeckel
a des Wasserbassins, durch welche dasselbe
entweichen kann.
Textabbildung Bd. 311, S. 202
Fig. 203. Acetylenlaterne von Riemann.
Im grossen ganzen unterscheiden sich die einzelnen Ausführungsformen der
Acetylenlaternen nur in ihrer äusseren Form, sowie in der Zuführung des Gases, was
entweder mit oder ohne Schlauchleitung geschieht (vgl. auch D. p. J. 1898 308 116).
Die unter dem Namen „Pfadfinder“ von M.
Klein in Berlin in den Handel gebrachte Acetylenlampe (Fig. 204, D. R. G. M. Nr. 104040) weicht jedoch in
ihrer äusseren Form als auch in ihrer eigenartigen Einrichtung von den bestehenden
Systemen dadurch ab, dass das Tropfsystem mit dem Saugsystem in Verbindung gebracht
ist. Das Karbid ist, statt breit nebeneinander, übereinander gelagert, was eine
langsame Inangriffnahme desselben, von unten heraufsteigend, bedingt. Das nicht
benutzte Karbid wird dadurch nicht zerstört und kann, ohne dass man es herausnimmt,
wieder gebraucht werden. Die Regulierung der Flamme geschieht durch den Gashahn p. Durch Anordnung eines dreifachen Metallgazefilter
m wird das Gas geeinigt, wodurch ein helles, rein
weisses Licht, und keine Verstopfung des Brenners entsteht.
Die Reinigung ist durch Anwendung des Saugestrumpfes, welcher etwa 1 Pfg. kostet, und
mit dem verbrauchten Karbid herausgezogen und durch einen neuen ersetzt wird,
bedeutend vereinfacht.
Textabbildung Bd. 311, S. 203
Fig. 204.Acetylenlaterne von Klein.
A Wassereinfüllöffnung; b Gasrohr;
c Einschnappfeder für die Wasserregulierung; d Zahnrad am oberen Ende der
Ventilstange; e Ventilstange; f Karbidbehälter; g Mantel; h Ventil; i
Saugestrumpfhalter; k Eingehängter Saugestrumpf; l Gassammelraum; m Filter mit
Gummiplatte; n Abschraubbarer Fuss; o Gasrohr; am Mantel sitzend; p
Gasregulierhahn; q Ableitungshahn für eventuell sich sammelndes Kondenzwasser; s
Schlauch; t Reflektor.
Das Tropfventil lässt sich durch Anwendung eines Zahnrades d, welches an der Stange des Ventiles h
sitzt, durch Einschnappen einer Feder c genau
regulieren.
Die Laterne wird auch so hergestellt, dass der Gasentwickler an jeder beliebigen
Stelle des Rahmens befestigt werden kann, so dass nur der Reflektor mit Brenner Vorn
am Rade sitzt.
Bei der Acetylenlampe (Fig. 205) von N. Salmonsen in Nürnberg, „Nürnberger Trichter“,
kommt der Wassertropfapparat ganz in Fortfall und das Karbid und die
Entwickelungsflüssigkeit werden direkt zusammengebracht. Mit reinem Wasser ist
dieses nicht möglich, weil die Entwickelung zu stürmisch und heftig wäre, weshalb
ein mit Glycerin versetztes Wasser als Entwickelungsflüssigkeit in der Lampe benutzt
wird. Das Glycerin hat die Eigenschaft, die Acetylenentwickelung langsam und
gleichmässig zu dachen, verflüchtigt sich selbst aber nicht mit dem Gas, sondern
bleibt in der Lampe wirksam, so dass später nur Wasser nachgefüllt zu werden
braucht, wenn die zuerst Zugesetzte Flüssigkeit verbraucht ist.
Eine weitere Neuerung ist der Verschluss der Lampe ohne jede Verschraubung, einfach
durch drei Gummistöpsel, welche gleichzeitig die grösste Sicherheit gegen
Explosionsgefahr bieten; falls ein Ueberdruck in die Lampe kommen sollte, öffnet
sich eben einer der drei Stöpsel als Sicherheitsventil von selbst und jede Gefahr
ist ausgeschlossen, weil die Lampe sofort erlischt. Diese Gummistöpsel gewähren
aber auch den Vorteil der leichten Reinigung der Lampe. Wenn dieselbe gereinigt
werden soll, giesst man durch Oeffnung b einfach
Wasser, schüttelt einigemal um und öffnet den Stöpsel c, wodurch sich die Lampe entleert. Alsdann spült man noch etwas mit Wasser
nach und die Lampe ist wieder gebrauchsfertig.
Textabbildung Bd. 311, S. 203
Fig. 205. Acetylenlaterne von Salmonsen.
Eine fernere gänzlich neue Einrichtung ist der obere Reinigungsbehälter mit Karbid.
Das Acetylengas wird darin vollkommen getrocknet und gelangt ohne jedes
Kondenswasser in den Brenner. Hierdurch wird eine grosse Leuchtkraft der Lampe
bedingt, welche ein weisses starkes Licht gibt. Durch das direkte Zusammenbringen
von Karbid und Entwickelungsflüssigkeit in einem trichterförmigen Behälter wird der
Gasdruck im Inneren der Lampe ein geeigneter für das konstante Weiterbrennen der
Gasflamme, welche infolgedessen auch beim heftigsten Stoss, Schütteln und Sturm
nicht erlöscht. Nach mehrmaligem Gebrauch ist der obere Karbidbehälter durch
Abnehmen des Stöpsels a zu entleeren und mit Wasser
durchzuspülen, d ist ein Vorratsbehälter für
Calciumkarbid.
Textabbildung Bd. 311, S. 203
Fig. 206. Radlaufglocke von Riemann.
E. Th. Turney (D. R. P. Nr.
93393) schlägt einen Entwickler vor, der nur so viel Gas gibt, als sofort verbraucht
wird. Eine in einer Hülse befestigte Calciumkarbidpatrone wird SO lange von Wasser
benetzt, als sie von einer an einem Ende befestigten Feder gegen ein Drahtnetz am
anderen Ende gedrückt wird. Sie wird nur hier aufgebraucht und durch die Feder in
demselben Masse nachgeschoben. Soll die Entwickelung aufhören, so wird von
ausserhalb des Gehäuses, in dem die Patrone eingeschlossen ist, auf das Drahtnetz
ein Deckel mit Gummidichtung aufgepresst. Aehnlich drückt zur Verwendung für
Laternen die Wizard Manufacturing Company (Englisches
Patent Nr. 21831/1897) das Karbid gegen eine Feuchtigkeit aufnehmende Masse, zu
deren unteren Seite Wasser aus einem Behälter fliesst (D. p.
J. 1898 309 196).
Textabbildung Bd. 311, S. 203
Fig. 207. Radlaufglocke von Prichard.
Die Signalglocken haben ebenfalls mannigfaltige Verbesserungen erfahren. Allgemeinen
Anklang findet die Radlaufglocke, welche mittels eines Hebels am oberen Ende der
Vorderradgabel befestigt wird. An diesem Hebel ist die Glocke durch einen zweiten
drehbar verbunden. Um die Glocke in Thätigkeit zu setzen, ist mit derselben ein
Zugriemen verbunden, welcher mittels einer Schlinge an der Lenkstange hängt. Durch
Zug an diesem Riemen senkt sich die Glocke, so dass ein Laufrädchen, welches auf den
Klöppel wirkt, mit dem Vorderrad in Berührung kommt und in rasche Umdrehung versetzt wird, wodurch
die Glocke gleich einer elektrischen ertönt. Sobald der Riemen losgelassen wird,
hebt sich die Glocke selbstthätig durch Federkraft.
Fig. 206 zeigt eine solche Glocke von H. Riemann in Chemnitz-Gablenz.
Besser ist die Glocke (D. R. P. Nr. 98425) von R. G.
Prichard in Llwyn Onn Portmadoc (England). Da dieselbe in der Höhe des
oberen Rahmenrohres angebracht ist, ist einem Verschmutzen in wirksamer Weise
vorgebeugt.
Wie Fig. 207 zeigt, wird dieselbe mittels der Bremse
durch leichtes Anziehen bethätigt, während sie bei starkem Bremsen ausser Thätigkeit
tritt. Die Wirkungsweise ist folgende: Sobald die Bremse angezogen wird, kommt
zunächst die Rolle a mit dem Reifen e in Berührung und bringt die Glocke d mittels Schnur c und
Rolle b zum Ertönen; zieht man jetzt die Bremse aber
fester an, so wird einerseits die Rolle a mit ihren
federnden Lagerarmen nach oben, andererseits die Rolle b nach unten bewegt, wodurch die Schnur c
lose wird, so dass die Bewegung der Rolle a nicht mehr
auf Rolle b wirkt.
Zum Schlusse sei noch die mit einem Revolver ausgerüstete Glocke (D. R. P. Nr.
101758) von F. Messedat und Co. in Köln erwähnt.
Dieselbe bietet einen wirksamen Schutz gegen Belästigung durch Hunde, da aus
derselben rasch hintereinander 10 Stück 5 mm Platzpatronen gefahrlos abgefeuert
werden können. Um diese Revolverglocke, deren äusseres Aussehen sich nur durch den
Schiesshebel von den gewöhnlichen Glocken unterscheidet, zu laden, wird die obere
Schale abgehoben, so dass das Werk frei liegt (Fig.
208). Die in der Mitte liegende Scheibe, welche die Patronen gegen
Herausfallen sichert, wird jetzt ebenfalls abgenommen, und das Werk kann geladen
werden. Hiernach wird die Scheibe und Glockenschale wieder aufgesetzt, wonach die
Glocke schussbereit ist.
Textabbildung Bd. 311, S. 204
Fig. 208. Signalglocke mit Schiessvorrichtung von Messedat und Co.
O. K.