Titel: | Elektrisch betriebene Hebezeuge. |
Autor: | Chr. Eberle |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 34 |
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Elektrisch betriebene Hebezeuge.
Von Chr. Eberle in
Duisburg.
Elektrisch betriebene Hebezeuge.
1. Allgemeines.
Kaum ein Zweig des Maschinenbaues hat sich die Vorteile der elektrischen
Kraftübertragung in so weitgehendem Masse zu nutze gemacht als der Hebezeugbau. Die
Gründe dazu sind so naheliegend, dass es kaum erforderlich ist, darauf hinzuweisen.
Alle Hebezeuge arbeiten mit grossen Unterbrechungen; in vielen Fällen ist die
Zuführung mechanischer Kraftleitungen sehr umständlich (Laufkrane, fahrbare
Drehkrane), da das Windwerk wandert; schliesslich werden Hebemaschinen sehr häufig
da gebraucht, wo sonstiger Antrieb nicht erforderlich ist, somit Anlage besonderer
Transmissionen notwendig wird. Alle diese Schwierigkeiten entfallen bei der Wahl des
elektrischen Antriebes.
Elektrisch betriebene Hebezeuge lassen sich in zwei Gruppen einteilen, je nachdem ein stets im gleichen Sinne umlaufender Motor sämtliche
Bewegungen einleitet oder für jede Bewegung ein besonderer, mit dem Räderwerk
festgekuppelter Motor vorgesehen ist. Im ersten Falle läuft der Motor auch in den
Arbeitspausen durch und die Schaltung der einzelnen Bewegungen geschieht durch
Bedienung von Kuppelungen oder Wendegetrieben; bei den Hebemaschinen der zweiten
Gruppe indessen sind die einzelnen Motoren den gewünschten Bewegungen entsprechend
zu steuern; mit dem Abstellen irgend einer Bewegung ist auch Stillstand für den
zugehörigen Motor bedingt.
Für alle Arten von Hebezeugen lehnt sich die erste Gruppe an den mechanischen Antrieb, sei es durch Transmission, Seil,
Welle oder Dampfmaschine, an; dort wird fast stets nur eine Welle stets im selben Sinne angetrieben und von dieser durch
Wendegetriebe die Bewegungen abgeleitet; so ist der Antrieb der
Transmissionsaufzüge, der mechanisch angetriebenen Laufkrane, der Dreh- und
Velozipedkrane mit Seilantrieb und der mit direktem Dampfbetriebe ausgerüsteten
Uferkrane. Es lag am nächsten, bei den bekannten und bewährten Kranausführungen die
antreibende Kraftquelle durch einen Elektromotor abzulösen; besonders aber musste
dies von den Konstrukteuren erwartet werden, die, seit Jahren im Kranbau thätig, von
ihren erprobten Einzelheiten nicht abgehen wollten; und es kann festgestellt werden,
dass unsere bedeutenden älteren deutschen Fabriken bis in die letzte Zeit mit
ziemlicher Beharrlichkeit am Einmotorsystem festgehalten haben. Die Anforderungen
desselben an den elektrischen Teil sind sehr geringe und nur wenig höher als die an
jeden Transmissionsmotor zu stellenden. Der Motor hat nur in
einem Sinne, sehr schwach belastet und selten anzulaufen, da er bei
kleinen Unterbrechungen durchläuft; die Anlassapparate werden die denkbar
einfachsten und billigsten.
Die Elektromotoren, welche man hier verwendet, sind bei Gleichstrombetrieb fast
ausschliesslich solche mit Nebenschlusswickelung, welche den Vorteil besitzen, bei
Entlastung die Umlaufszahl auf einige Prozente einzuhalten. Der Nachteil des
Nebenschlussmotors, dass er nur eine geringe Anzugskraft liefert, ist hier
belanglos, da das Anlaufen fast unbelastet geschieht; aus demselben Grunde können
auch Wechselstrommotoren bequem Verwendung finden.
2. Wendegetriebe.
Zur Uebertragung der Bewegung auf die einzelnen Wind werke dienen im allgemeinen Wendegetriebe und in den weitaus meisten Fällen Kegel-
oder Stirnräderwendegetriebe mit Kegelreibungs- oder Schubkeilkuppelung. Die
ursprüngliche und auch heute noch vielfach verwendete Kegelreibungskuppelung hat der
zweitgenannten gegenüber den Nachteil geringerer Elastizität, wodurch das Haupterfördernis – stossloses Einrücken – wesentlich
beeinträchtigt werden kann.
Textabbildung Bd. 313, S. 33
Wendegetriebe von der Maschinenfabrik Gebr. Scholten.
Beim Einschalten einer Bewegung besitzen Motor und Wendegetriebewelle bereits ihre
normale Umlaufszahl, welche das Triebwerk erst allmählich erlangen soll; die
herzustellende Reibungsverbindung soll also zunächst unter Gleiten vor sich gehen,
um so die Beschleunigungsdauer zu vergrössern. Ein Wendegetriebe mit
Kegelreibungskuppelung liegt bei einer der folgenden Ausführungen vor und kann
deshalb hier unerörtert bleiben; Schubkeilkuppelungen wurden in den letzten Jahren
wesentlich vervollkommnet und werden für Wendegetriebe jetzt fast ausschliesslich
benutzt. In der ursprünglichen Form wurde in einen Hohlcylinder ein aufgeschnittener
Gusseisenring durch einen in den Schlitz des Ringes einzuschiebenden Keil
angepresst. Die Nachteile dieser Konstruktion sind:
Auf den Keil muss eine bedeutende Kraft ausgeübt werden, welche in achsialer Richtung auf den Ring und
auch auf die Zahnräder wirkt, wodurch besonders bei grossen Rädern Ecken und
unruhiger Gang entsteht. Diese Kraft muss wirken, solange das Getriebe eingerückt
ist, bedingt also auch eine grosse Spurzapfenreibung für die Wendegetriebe welle. Da
der Keil in den Ring eingespreizt wird, sitzt er bei grösseren Kuppelungen weit von
der Achse entfernt und bedingt grossen Durchmesser der Kuppelungsmuffe. Der Ring
steht mit der Kuppelungsmuffe nicht in zwangsläufiger Verbindung, der Keil presst
ihn lediglich an den Hohlcylinder an, während die Aufhebung der Reibung der
Elastizität der Ringe überlassen bleibt. Das Wendegetriebe der Maschinenfabrik Gebr. Scholten in Duisburg, Fig. 1 bis 3, besitzt bereits
nennenswerte Verbesserungen gegenüber der oben skizzierten Konstruktion.
Die Anpressung des Ringes c an das Rad a geschieht nicht direkt durch den Keil k, sondern durch den Hebel f in
tangentialer Richtung. Auf das Kegelrad wird eine Achsialkraft nicht
ausgeübt und durch die Hebelübersetzung die Verstellungskraft der Muffe vermindert.
Da der Keil nahe bei der Achse liegt, kann die Muffe m
stets kleinen Durchmesser erhalten. Beim Zurückziehen der Muffe und des Keiles folgt
der Ring infolge seiner Elastizität. Dieser Unvollkommenheit, welche sich nachteilig
bemerklich machen kann, wenn die Ringe ihre Federkraft einzubüssen anfangen, hat die
Duisburger Maschinenbau-Aktiengesellschaft, vormals
Bechern, und Keetmann, Duisburg, durch die Schubkeilkonstruktion D. R. P.
Nr. 86116 Kl. 47 abzuhelfen gesucht; der Keil zieht beim Zurückgehen den Ring
zusammen.
Textabbildung Bd. 313, S. 34
Wendegetriebe von Meyer.
In vollständige Zwangsverbindung bringt E. Meyer in
Sterkrade den Kuppelungsring mit der Verstellungsmuffe durch sein Wendegetriebe D.
R. P. Nr. 92320 Kl. 47, wovon die Fig. 4 und 5 eine neue Ausführung
darstellen. Der gusseiserne Ring a wird durch eine
Schraubenspindel mit Links- und Rechtsgewinde b
angepresst. Die Drehung der Spindel bewirkt eine Zahnstange d, die durch die Kuppelungsmuffe f bewegt
wird. Da der Ring durch die Steuerung unbedingt beherrscht wird, ermöglicht diese
Kuppelung sehr genaue Einstellungen; unterstützt wird die Regulierfähigkeit durch
das gleichzeitige Bewegen beider Ringenden, wodurch neben der Anpressung auch der
Umspannungsbogen sehr wirksam verändert wird. Wie der Verfasser sich durch Versuche
überzeugte, können mit der Kuppelung die einzelnen
Bewegungen nicht nur absolut stosslos eingeschaltet werden, sondern es lassen
sich die Beschleunigungsperioden derart verlängern, dass das am Krane montierte
Ampèremeter beim Einschalten der einzelnen Bewegungen nicht über die beim
normalen Ganqe ablesbare Stromstärke ausschlägt. Auch zeigten Versuche,
dass mit der Kuppelung kleinere Geschwindigkeiten erzielt werden können, wobei die
Kuppelungshälften teilweise gleiten.
Bei der dargestellten Ausführung, welche zu einem 30000 kg-Laufkrane gehört,
werden beide Zahnstangen d durch Muffe f, bezw. den Keil e
bewegt. Zur bequemen Nachstellung bei Abnutzung der Ringe besitzen d und e Zahnungen, wodurch
beide Stangen leicht verstellt werden können. Eine gute, das Ecken ausschliessende
Lagerung beider Kegelränder wird erzielt durch Anordnung doppelseitiger Lager.
In der „Gutehoffnungshütte“ in Sterkrade werden
zur Zeit in eine grössere Zahl von Kranen solche Wendegetriebe eingebaut, nachdem
dieselben sich seit etwa 1½ Jahren an verschiedenen Kranen und Hobelmaschinen
vorzüglich bewährt haben. Besonders für letzteren Zweck mag die Konstruktion
empfohlen werden, da sie sich gegenüber dem Riemenwendegetriebe sehr einfach und
wesentlich billiger in der Unterhaltung stellt. Die Vorteile der oben dargestellten
Kuppelung (Fig. 1 bis
3) besitzt die Meyer'sche auch, abgesehen von einer kleinen
Achsialkraft auf den Ring, die oben wegfällt, indem hier die am Zahnrädchen wirkende
Umfangskraft als Achsialkraft auf den Ring wirkt. Die Verminderung der
Verstellungskraft kann durch die Schraube noch wesentlich wirksamer als durch den
Hebel erreicht werden und schliesslich kann bei
selbsthemmender Schraube die Kraft an der Muffe nach dem Einrücken aufhören, so
dass während der Bewegung ein Achsialdruck nicht besteht.
Die für Wendegetriebekuppelungen in Verwendung kommenden Materialien sind für die
Ringe Gusseisen, für die Hohlcylinder ebenfalls Gusseisen, mitunter Bronze;
Stahlguss hat sich absolut nicht bewährt infolge seiner ungleichmässigen Dichte.
Die spezifische Flächenpressung zwischen den Kuppelungshälften schwankt im
allgemeinen zwischen 6 und 10 kg/qcm im Mittel. Wird nur ein Ringende angepresst, wie bei Fig. 1 bis 3, so ist bei dem in Fig. 2 eingezeichneten
Drehsinne das Ende I anzupressen, wobei die Kraft um die Umfangskraft kleiner ist als bei dem Ende II. Schmierung der Gleitflächen
ist allgemein üblich, um Festbrennen zu verhindern.
3. Schneckenantriebe.
Ein besonders wichtiger Teil der elektrisch betriebenen Hebezeuge überhaupt, nicht
nur dieser Gruppe, ist die erste Uebersetzung vom Motor aus. Während man früher
aller Art Reibungsgetriebe verwendete, ist heute der Zahnräderbetrieb zur Regel
geworden und wird ausgeführt als Stirnräderpaar oder Schraube mit Schraubenrad. Bei
ersterem benutzt man häufig für das kleine Rad Rohhaut, Vulkanfiber oder dergl., um
das Geräusch zu dämpfen, oder man macht beide Räder aus Metall und setzt sie in ein
dicht abgeschlossenes Gehäuse, welches gleichzeitig als Oelbad dient. Für die
Berechnung dieser Räder ist in erster Linie die Abnutzung massgebend; grosse
Zahnbreiten und grosse Zähnezahlen der kleinen Räder tragen dem Wunsche nach
möglichster Verminderung derselben Rechnung.
Schraube und Schraubenrad finden heute schon vielfache Verwendung für die erste
Uebersetzung. Die Ausgiebigkeit derselben und deren Geräuschlosigkeit machen sie oft
unentbehrlich, besonders aber bei den Mehrmotorenkranen, wo für jeden Motor die
Umlaufszahl Verminderung zu bewirken ist und der Raum für Räderübersetzungen nicht
reicht, auch wurden bereits zahlreiche Erfahrungen gesammelt und günstige
Wirkungsgradsergebnisse erzielt. In den meisten Fällen arbeitet eine Stahlschnecke
auf einem Bronzerad; die Schnecke nach dem Schneiden gehärtet und geschliffen, das
Rad mit einer Wurmfräse genau geschnitten. Wo man auf den Vorteil der Selbsthemmung nicht
besonderen Wert legt, wird die Schraube mehrgängig mit grossem Steigungswinkel. Die
Gleitgeschwindigkeit der Schnecke beträgt 2 bis 6 m, in diesen Grenzen ändert sich
nach Stribeck's Versuchen der Wirkungsgrad nur
unwesentlich.
Textabbildung Bd. 313, S. 35
Schneckenantrieb von der Nürnberger Maschinenbau-Aktiengesellschaft.
Das allgemeine Interesse, welches dieser Maschinenteil heute findet, rechtfertigt die
Darstellung einiger bewährter Ausführungen. Fig. 6 bis 8 zeigen einen
Schneckenantrieb, der für 10 bei ca. 960 Minuten-Umdrehungen von der Nürnberger Maschinenbau-Aktiengesellschaft wiederholt
ausgeführt wurde. Die dreigängige Stahlschnecke ist auf
die Welle aufgekeilt und arbeitet in dem Bronzezahnkranz, der auf eine gusseiserne
Scheibe aufgesetzt ist. Die Bemessungen sind:
Textabbildung Bd. 313, S. 35
Schneckenantrieb von der Benrather Maschinenfabrik A.-G.
t =
34,56 mm (11 π)
z =
3 (dreigängig);
Z =
36; b = 70 mm;
Durchmesser der
Schnecke = 90 „.
Es berechnet sich:
\frac{\mbox{Radius der
Schnecke}}{\mbox{Teilung}}=\frac{r}{t}=\frac{45}{34,56}=1,30;
Umfangsgeschwindigkeit der Schnecke:
v_1=\frac{0,090\,\pi\,.\,960}{60}=4,52\mbox{
m;}
Steigungswinkel:
tg\,\alpha=\frac{3\,.\,34,56}{90\,\pi}=0,367,
α = 20° 10';
Umfangsgeschwindigkeit des Rades:
v_2=\frac{0,396\,\pi\,.\,960}{60\,.\,12}=1,66\mbox{
m;}
Gleitgeschwindigkeit:
v_3=\frac{4,52}{cos\,\alpha}=\frac{4,52}{0,9387}=4,82\mbox{
m;}
Zahndruck:
P=\frac{10\,.\,75}{1,66}=452\mbox{ kg.}
In die Formel P = k . bt
die Werte der Ausführung eingesetzt, gibt:
452
= k . 7 . 3,456;
k
= 18,7;
\frac{b}{t}
=\frac{7,00}{3,456}=2.
Die Schneckenwelle ist in langen Rotgussschalen gelagert, die mit Ringschmierung
versehen sind. Der Achsialdruck der Schraube wird durch Kugeln aufgenommen, die
zwischen gehärteten Stahlplatten laufen.
Das Gussgehäuse ist vollkommen geschlossen und dient als Oelbad.
Ein normaler Schneckenantrieb der Benrather Maschinenfabrik
A.-G. für 12 bei 700 Umdrehungen ist durch die Fig. 9 bis 11 dargestellt.
Die Schnecke ist aus einem Stück mit ihrer Welle. Die Hauptabmessungen sind:
t =
44 mm (14 π);
z =
2 (zweigängig);
Z =
30; b= 100 mm;
Durchmesser der
Schnecke = 91 mm;
\frac{\mbox{Radius der
Schnecke}}{\mbox{Teilung}}=\frac{r}{t}=\frac{45,5}{44}=1,03;
Umfangsgeschwindigkeit der Schnecke:
v_1=\frac{0,091\,.\,\pi\,.\,700}{60}=3,33\mbox{
m;}
Steigungswinkel:
tg\,\alpha=\frac{2\,.\,44}{91\,.\,\pi}=0,308;
α =17° 10';
Umfangsgeschwindigkeit des Rades:
v_2=\frac{0,420\,.\,\pi\,.\,700}{60\,.\,15}=1,026\mbox{
m;}
Gleitgeschwindigkeit:
v_3=\frac{3,33}{cos\,\alpha}=\frac{3,33}{0,955}=3,49\mbox{
m.}
Bei Uebertragung von 12 bei 700 Minuten-Umdrehungen ist der Zahndruck:
P=\frac{12\,.\,75}{1,026}=876\mbox{ kg.}
Die Formel ergibt für k:
k=\frac{876}{10,44}=20;
\frac{b}{t}=\frac{100}{44}=2,28.
Auch hier ruht die Schneckenwelle in Ringschmierlagern mit Rotgussbüchsen; die
Achsialdrucke werden durch der Firma gesetzlich geschützte Kugellager aufgenommen.
Die Kugeln liegen zwischen je zwei vollkommen ebenen gehärteten Stahlplatten in zwei
konzentrischen Kreisen, um die Abnutzungsfläche zu vergrössern. Gehalten werden die
Kugeln durch einen zweiteiligen Messingring, in welchen sämtliche Kugeln eingelegt
sind; durch diese Konstruktion ist dem Zusammenrollen derselben vorgebeugt.
4. Kranmotoren.
Auf weitere Einzelheiten der Einmotorkrane werden die Ausführungen zurückzukommen
Gelegenheit geben, weshalb zunächst die Mehrmotorkrane einer kurzen Besprechung
unterworfen werden sollen. Es wurde bereits betont, dass für fast alle Kranarten das
Einmotorprinzip durch die bis zur Anwendung des elektrischen Antriebes
gebräuchlichen Ausführungen gegeben erschien. Erst als der Elektromotorbau
bedeutende Fortschritte zu verzeichnen hatte und die Preise derselben wesentlich
heruntergegangen waren, so dass sich der Preisunterschied zwischen beiden Systemen
vermindert hatte, ging man an verschiedenen Stellen zur allgemeineren Einführung des
Mehrmotorsystemes über; bahnbrechend wirkten dabei einzelne elektrotechnische
Firmen, die den Kranbau als Spezialität aufnahmen. Die Anforderungen, welche der
Mehrmotorkran an den elektrischen Teil stellt, sind wesentlich verschieden von dem,
was ein normaler Transmissionsmotor zu leisten hat, und wenn ein Betrieb damit in
Vergleich gestellt werden kann, so ist es der der elektrischen Bahnen.
Während die Strassenbahnmotoren dem Schmutz, Staub und der Feuchtigkeit in der freien
Natur ausgesetzt sind, arbeiten die Kranmotoren in russigen Giessereihallen u. dgl.
oder ebenfalls im Freien; es ist deshalb sehr zu begrüssen, dass man ebenso wie für
den Bahnbetrieb auch besondere Kranmotoren zu bauen
anfing, die sich äusserlich von dem normalen Motor dadurch sehr vorteilhaft
unterscheiden, dass alle wesentlichen Teile vollkommen abgeschlossen sind.
Vorangegangen sind in Deutschland die Union-Elektrizitäts-Gesellschaft Berlin, welche für die verschiedenen
Motorgrössen besondere Modelle ausgebildet hat. Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Schuckert und Co. in Nürnberg,
welche vor ca. 3 Jahren den Kranbau energisch in die Hand nahm und bereits sehr
nennenswerte Erfolge im Hafenkranbau erzielte, bildete ebenfalls einige Modelle für
diesen Sonderzweck aus. Fig. 12 stellt die
Ausführungsform letzterer Firma dar; wie die bequem zu handhabenden
Verschlussdeckeln zeigen, ist nicht nur auf guten Abschluss, sondern auch auf
leichte Zugänglichkeit grosser Wert gelegt. Ein geschlossener Motor von Siemens und Halske in Berlin ist durch Fig. 13 dargestellt.
Textabbildung Bd. 313, S. 36
Fig. 12.Motor von Schuckert und Co.
Beschränken wir die nächsten Betrachtungen auf Gleichstrom, so ist zunächst die Frage
nach dem zu wählenden Schaltschema, ob Reihen-, Nebenschluss- oder Verbundwickelung,
zu beantworten.
Textabbildung Bd. 313, S. 36
Fig. 13.Motor von Siemens und Halske.
Am billigsten und betriebssichersten ist der Hauptstrommotor, der ausserdem den
Vorteil hat, grosse Anzugskraft bei verhältnismässig geringer Anlaufstromstärke zu
liefern; seine Umlaufszahl ändert derselbe mit der Belastung. Nach Angabe von Siemens und Halske beträgt die Zugkraft bei
anderthalbfacher Anlaufstromstärke das Doppelte der normalen. Die Eigenschaft, dass
der Motor mit abnehmender Belastung seine Umlaufszahl steigert, macht denselben da
unbrauchbar, wo Leerlauf und damit gefährliche Erhöhung derselben möglich ist; also
auch für die Einmotorkrane, weil hier nach Abstellen der Wendegetriebe nur noch ein kurzes
Wellenstück mitläuft. Für den Mehrmotorkran dagegen ist diese Eigenschaft häufig
willkommen und trägt oft wesentlich zur Vereinfachung des Windwerkes bei, indem für
kleine Lasten durch die steigende Umlaufszahl schon das erzielt wird, was man sonst
durch Räderwechselgetriebe erstreben müsste.
Textabbildung Bd. 313, S. 37
Fig. 14.
Ein Bild von dem Zusammenhang der erwähnten Grössen geben die folgenden Diagramme ausgeführter Kranmotoren.
Fig. 14 gilt für einen Nebenschlussmotor von Siemens und Halske A.-G. in Berlin, die übrigen Figuren
(15, 16 und 17) für Reihenmotoren von Siemens und Halske,
Union und Schuckert. Dargestellt sind in den
Figuren die Beziehungen zwischen Drehmoment, Leistung in Pferdestärken, Stromstärke,
Wirkungsgrad und Umlaufszahl.
Für den Nebenschlussmotor wurde eine Umlaufszahlkurve nicht eingezeichnet, da
dieselbe praktisch als konstant und gleich 750 bezeichnet werden kann.
In allen Fällen ist die Nennleistung des Motors so
normiert, dass hei derselben der Wirkungsgrad am günstigsten
ist; es ist sonach Motor Fig. 14 40pferdig,
Fig. 15 6,5pferdig, Fig.
16 hat eine Nennleistung von 18 , während der durch Fig. 17 dargestellte Schuckert-Motor nominell 26
leistet.
Ist diese Bemessung auch für Hebezeugmotoren am Platze? Diese Frage muss im
allgemeinen entschieden mit „Nein“ beantwortet werden, denn nur selten werden Hebezeuge gebaut, die gewöhnlich ihre
Maximallast heben; vielmehr werden durchschnittlich kleinere Lasten gehoben
und höchst selten die Maximallast. Es läge also viel näher, den günstigsten
Wirkungsgrad für die am häufigsten zu hebende Last zu fordern und für die
Maximallast mit einem ungünstigeren Verhältnisse vorlieb zu nehmen, wobei natürlich
zu beachten ist, dass dann der Motor gleichzeitig eine Ueberlastung erfährt. Würde
man den Transmissionselektromotor, dessen Nennleistung nach obiger Regel bestimmt
wurde, dauernd überlasten, so wäre eine etwa
gefahrdrohende Erwärmung die Folge. Dauerbelastungen sind aber hier gänzlich
ausgeschlossen, und damit dürfte sich als eine sehr nützliche Regel etwa folgende
ergeben: Die Motoren sind so zu bemessen, dass beim Bewegen
der Maximallast bedenkliche Erwärmungen nicht eintreten können.
Die Folgerungen aus diesem Satze sind sehr weitgehende. Erfahrungsgemäss gestatten
alle elektrotechnischen Werke für ihre Motoren kurz andauernde Ueberlastungen bis zu
100% und mehr; durch Versuche ist dargethan, dass minutenlange Ueberlastungen von
Gleichstromreihenmotoren um 50% keinerlei Bedenken haben. Beachten wir ferner, dass
Arbeitsperioden von 2 bis 3 Minuten im Hebezeugbetrieb schon zu den Seltenheiten
gehören, so liegt der Schluss sehr nahe, für das Bewegen
der
Maximallasten wesentliche Ueberlastungen der Motoren
zuzulassen, d.h. Motoren zu verwenden, die ihre Nennleistung schon bei
einer wesentlich unter der Maximallast liegenden
Belastung geben. Beim Heben der letzteren sinkt die Umlaufszahl der Motoren
bedeutend unter die normale, somit wird auch die vom Motor zur getriebenen Achse
erforderliche Uebersetzung eine wesentlich kleinere; das Räderwerk wird also
gleichzeitig mit dem Motor kleiner und billiger. Belaste ich beispielsweise den
durch Diagramm Fig. 15 dargestellten, nominell
26pferdigen Motor bei der Maximallast mit 39 , so sinkt seine Umlaufszahl von
700 auf 530, die Uebersetzung von der Last zum Motor vermindert sich sonach auch im
gleichen Verhältnis
\frac{530}{700}=\frac{1}{1,3}
Nebenschlussmotoren finden für Mehrmotorkrane heute nur
noch da Verwendung, wo auf genaues Einhalten der Umlaufszahl Wert gelegt wird;
Motoren mit Verbundwickelung haben für den Hebezeugbetrieb gar keine Bedeutung und
bergen in ihrer Wickelung für Hebezeugmotoren beim Anfahren die Gefahr der Ummagnetisierung der Schenkel durch die
Hauptstromwickelung.
Bei den Mehrmotorkranen kann jede Bewegung für sich reguliert werden durch
entsprechende Schaltung des betreffenden Motors.
Die zu den einzelnen Bewegungen gehörigen Räderwerke sind vollständig unabhängig
voneinander, wodurch die Gesamtanordnung im allgemeinen sehr übersichtlich wird.
Diesen Vorteilen des Mehrmotorsystems gesellen sich bei einzelnen Ausführungen, sowie
auch bei ganzen Krangruppen für die Einleitung einzelner Bewegungen (z.B. für die
Katzenbewegung bei Laufkranen) noch weitere zu; indessen sind auch einige
Schattenseiten nicht unerwähnt zu lassen.
Textabbildung Bd. 313, S. 37
Fig. 15.
Zu jeder Bewegung müssen die Motoren aus dem Stillstand
anlaufen unter Belastung. Der hierdurch bedingte Stromstoss kann bei
Anlagen mit kombinierter Licht- und Kraftzentrale sehr empfindlich werden. Durch
reichlich bemessene Anlasswiderstände lässt sich die Anlaufstromstärke wohl sehr
vermindern; das plötzliche Ansteigen der Stromstärke wird aber stets wesentlich
grösser als beim Einmotorkran sein; während hier nur ein Teil des Räderwerkes zu
beschleunigen ist, muss dort dem ganzen Windwerke einschliesslich Motor seine
Geschwindigkeit erteilt werden. Das gleiche gilt für das Abstellen einer Bewegung,
wobei der Motor des Mehrmotorkranes ebenfalls angehalten werden muss. Die
Energievernichtung geschieht durch mechanische oder elektrische Bremsung.
Nachdem auch der mehrphasige Wechselstrommotor, besonders der Drehstrommotor, vollbelastet anläuft
und durch besondere Schalt- und Anlasseinrichtungen die Stromstärke dabei in
massigen Grenzen gehalten werden kann, steht auch der Verwendung dieser Stromart für
den Mehrmotorkran kein Hindernis im Wege. Es sei hier besonders an die der Firma Siemens und Halske A.-G. in Berlin patentierte
Gegenschaltung erinnert (D. R. P. Nr. 82016 Kl. 21) und die zugehörige selbstthätige
Bedienung dieser Vorrichtung durch Schwungkraftregler (D. R. P. Nr. 91135).
Textabbildung Bd. 313, S. 38
Fig. 16.
Die Firma Siemens und Halske A.-G. in Berlin teilt mit,
dass Drehstrommotoren bei nur einige Minuten
andauernder Belastung um 50% , beim Anlauf auf 150% ihrer normalen Belastung
beansprucht werden dürfen. Da beim Hebezeugbetrieb Belastungen, die mehr als einige
Minuten dauern, wohl ausgeschlossen sind, so gilt für die Bemessung der Motoren das
oben Gesagte.
5. Elektrische Hilfsapparate.
Dass die Anlass- und Regulierapparate für die Kranmotoren eine ganz besondere
Ausbildung erfahren mussten, folgt aus den Betriebsverhältnissen. Wie erwähnt,
können letztere in vieler Hinsicht mit denen der Strassenbahnen verglichen werden
und lehnte man sich im allgemeinen bei der Konstruktion der Apparate an die
Strassenbahnregulatoren an; mitunter findet man diese direkt verwendet auf Kranen.
Besondere Erwähnung verdienen die von Siemens und
Halske in höchst vollkommener Weise ausgebildeten Wendeanlasser mit Kohlenkontakten, die für Kranbetriebe unter sehr
schwierigen Verhältnissen sich bewährt haben und u.a. auf allen von dieser Firma
ausgerüsteten Hafenkranen (Düsseldorf, Mannheim, Rotterdam, Dresden u.s.w.) zu
finden sind.
Durch Fig. 18 geben wir das Schaltschema eines der
Rotterdamer Hafenkrane (gebaut von Nagel und Kamp in
Hamburg mit Siemens und Halske). Zum Heben dient ein
Nebenschlussmotor M1,
zum Drehen der Hauptstrommotor M2. Der Strom gelangt durch einen Hauptausschalter,
der ebenfalls mit Widerständen und Kohlenkontakten, sowie einem Magnetfunkenlöscher
ausgerüstet ist, zu den Anlassapparaten. Bei Bewegung des Steuerhebels aus der
Mittellage nach rechts oder links wird zunächst der Endausschalter a geschlossen; dieser liegt zwischen den Polen eines
Elektromagneten b (Funkenlöscher). Wird der Schalthebel
H nach links gelegt, so berührt er die Kontakte cc zunächst und der Strom durchläuft im Sinne des
Pfeiles den Anker, Ausschalter a und sämtliche
Widerstände. Durch Weiterbewegen des Hebels in der angefangenen Richtung werden
allmählich sämtliche Widerstände kurzgeschlossen und auch der Funkenlöscher
ausgeschaltet, so dass schliesslich der Strom nur den Ankerwiderstand findet. Beim
Schalten des Hebels H nach rechts wiederholt sich der
Vorgang in ähnlicher Weise und der Strom fliesst dann durch den Anker in umgekehrter
Richtung, während der Magnetstromkreis durch die Schaltung nicht beeinflusst wird
und stets im gleichen Sinne läuft. Beim Abstellen wird der Nebenschlusskreis nicht
unterbrochen; dagegen wird durch Oeffnen des Ausschalters d ein Widerstand e in denselben gelegt, in
welchem der Induktionsstrom verläuft. Zum Abstellen wird Hebel H aus der äussersten Stellung rasch in die Mittellage
zurückbewegt, wobei sämtliche Widerstände und der Funkenlöscher eingeschaltet werden
und schliesslich der Endausschalter a geöffnet
wird.
Ganz ähnlich ist die Einrichtung des Hauptstrommotoranlassers. Beim Umlegen von H werden die Kontakte geschlossen, der Strom
durchfliesst den Funkenlöscher und die Widerstände, sowie Anker und Magnete. In der
äussersten Stellung sind alle Widerstände und der Funkenlöscher kurzgeschlossen.
Beim Umschalten auf Rücklauf behält der Magnetstrom seine Richtung, der Ankerstrom
wird umgekehrt.
Textabbildung Bd. 313, S. 38
Fig. 17.
Von nicht geringerem Interesse sind die speziell für Mehrmotorkrane konstruierten Anlasser der Union-Elektrizitätsgesellschaft Berlin (D. R. P. Nr. 79424 und Nr. 80485,
System Essberger-Geyer). Zweck der Konstruktion ist,
zwei Motoren, also zwei Bewegungen mit einem Hebel zu
steuern, und ist anzunehmen, dass man zunächst an Drehkrane, für welche die
Konstruktion auch die erste ausgiebige. Anwendung fand, dachte. Jetzt sind die
Apparate auch für Laufkrane, die zwei Anlassapparate erhalten, besonders ausgebildet
worden und dient einer zur Steuerung des Lasthebens, ein zweiter zur Regelung des
Längs- und Querfahrens; Fig. 19 stellt den letzteren
darin zwei Kästen, ähnlich den Strassenbahnregulatoren, sind die Schaltwalzen für
beide Motoren untergebracht. Das Drehen derselben wird durch den auf einem Kugelgelenk
gelagerten Hebel h bewirkt, der in wagrechter,
lotrechter und jeder zwischenliegenden Ebene bewegt werden kann. Steht der Hebel,
wie gezeichnet, senkrecht nach oben, so sind beide Motoren stromlos. Wird er in der
Richtung I-I bewegt, so dreht er den Kegelradsektor s1 und damit die
Schaltwalze des rechts gezeichneten Anlassers. Drehen in der Richtung II-II bewirkt Antrieb des Sektors s2 und damit Schaltung
des zweiten Apparates. Verstellt man den Hebel in Zwischenlagen, so werden beide
Apparate, somit auch beide Motoren beeinflusst. Durch entsprechende Anordnung des
Führerstandes lässt sich erreichen, dass die Hebel und Kranbewegungsrichtungen
übereinstimmen, wodurch Irrtümern des Führers vorgebeugt wird.
Textabbildung Bd. 313, S. 39
Fig. 18.
Selbstthätige Anlassapparate haben besonderen Wert für
alle die Hebezeuge, deren Windwerke von einem entfernten Punkte zu steuern sind,
somit in erster Linie für Aufzuge. Es besteht eine reiche Auswahl solcher
Einrichtungen, die sich dem Grundgedanken nach, auf dem sie beruhen, einteilen
lassen in drei Gruppen:
1. Das Kurzschliessen der Anlasswiderstände geschieht mit Zunahme seiner
Geschwindigkeit durch den Motor selbst, bezw. einen von ihm angetriebenen
Apparat.
Textabbildung Bd. 313, S. 39
Fig. 19.Apparat zur Regung des Längs- und Querfahrens.
Ein vorzüglicher sehr verbreiteter Vertreter dieser Gruppe ist der Anlasser mit Zentrifugalregulator von Siemens, und Halske in Berlin.
2. Der Widerstandsausschalter wird durch die Handsteuerung zunächst freigegeben,
beginnt infolge seiner Schwere oder einer Federkraft die Kurzschlussbewegung, in
welcher er durch ein Hemmwerk geregelt wird.
Der Selbstanlasser der Allgemeinen
Elektrizitätsgesellschaft Berlin arbeitet nach diesem Prinzip.
3. Durch die Bewegung des Handeinschalters wird ein Hilfsmotor in Gang gesetzt,
welcher den ganzen Widerstand ausschaltet und sich dann selbstthätig abstellt.
Durch D. R. P. Nr. 74378 Kl. 21 liess sich die Elektrizitätsgesellschaft vormals Schuckert und Co. einen derartigen
Selbstanlasser schützen.
6. Bremsen.
Besondere Anforderungen ergeben sich mit Einführung des elektrischen Antriebes für
die Bremsen. Die durch die grossen Umlaufszahlen bedingten bedeutenden Massenkräfte
verlangen beim Mehrmotorsystem, wobei Motor und Windwerk festgekuppelt sind,
besondere Bremseinrichtungen zur raschen Abstellung, d.h. zur Vernichtung der im
Augenblicke des Abstellens vorhandenen bedeutenden Bewegungsenergie. Man benutzte
bis jetzt meistens auf der Motorwelle montierte Backenbremsen mit Gewichtsbelastung, die beim Anlassen ausgelöst werden
entweder durch die Steuerung oder durch Elektromagnete,
die im Stromkreise der Motoren eingeschaltet sind und deren Wirkung mit dem
Abstellen des Stromes aufhört. Dienen mehrphasige Wechselstrommotoren zum Antrieb,
so können mehrere Magnete, die in den verschiedenen Stromphasen liegen, angewendet
werden oder man hilft sich durch Anordnung kleiner
Hilfsmotoren, die beim Anlassen eingeschaltet werden und das Bremsgewicht
anheben. Das plötzliche Einfallen der Magnetbremsen hat vielfach zu Störungen Anlass
gegeben, die durch Luftpuffer, Oelkatarakte u. dgl. beseitigt werden können. Auch
wurde früher wohl allgemein der Bremsmagnet bei Reihenschlussmotoren an den
Hauptstromkreis gelegt, was bei schwacher Belastung des Motors die üble Folge hatte,
dass die Bremse gar nicht oder nur schwach gelüftet wurde, indem der schwache
Ankerstrom nicht die genügende Magneterregung erzeugte. Heute ordnet man allgemein
die Bremse in einem Nebenschluss an und mit bestem Erfolg. Auf die Eigenschaft, als
Senkbremse zu dienen, können diese
Arretierungsbremsen keinen Anspruch machen. Ist das Windwerk mit einem
Nebenschlussmotor gekuppelt, durch welchen die Hub- und Senkbewegung geregelt wird,
so ist eine weitere Bremse meistens überflüssig. Für
Windwerke mit Hauptstrommotoren indessen dürfte, abgesehen von den Fällen, in
welchen das Windwerk selbsthemmend ist, im allgemeinen eine besondere Senkbremse
erforderlich werden. Findet der Führer seinen Stand auf dem Windwerk, so
können hierzu die gewöhnlichen Band- und Differentialbremsen, die verschiedenen
Konstruktionen der Sperrrad- und Reibungsklinkenbremsen Verwendung finden. Verändert
jedoch das Windwerk dem Führer gegenüber seine Lage, so sind dieselben, da sie eine mechanische Bethätigung verlangen, nicht mehr am
Platze, indem letztere dann nur noch durch kompliziertere Hebelverbindungen oder
Seilzüge bewirkt werden kann. Mit vielem Erfolg werden hier die Lamellenbremse in den verschiedensten Ausführungsformen
und andere Spezialkonstruktionen, wie z.B. die Mohr'sche
Sicherheitsbremse (D. R. P. Nr. 30391) benutzt. Diese Bremsen verlangen für
die Senkbewegung motorischen Antrieb, indem sie dem Rückwärtsdrehen ein bestimmtes
Moment entgegensetzen. Die Besprechung der einzelnen Ausführungen wird Gelegenheit
geben, auf diesen Gegenstand zurückzukommen. In den letzten Jahren ersetzte man
wiederholt mit bestem Erfolg die oben erwähnten Backenbremsen in ihrer Anwendung als „Haltbremsen“ durch die
elektrische Bremsung, indem man die bekannte und auch im
Strassenbahnbetrieb längst verwendete Eigenschaft der Elektromotoren, als
Dynamo geschaltet Arbeit zu verzehren, benutzt. Der Hauptstrommotor wird bei
Kurzschluss als Dynamo gefährdet, während die Nebenschlussmaschine nahezu stromlos
wird. Durch Einschalten regelbarer Widerstände in den Stromkreis kann in beiden
Fällen die Arbeitsfähigkeit des rotierenden Ankers und der übrigen Windwerksteile,
eventuell des Kranes selbst (bei Fahr- und Drehbewegungen) durch den Bremsstrom
aufgebraucht werden.
Textabbildung Bd. 313, S. 40
Fig. 20.
In erster Linie ist natürlich zu beachten, dass der
Bremsstrom eine Gefährdung des Motors nicht zur Folge hat: ausserdem ist bei
Anordnung der Schaltung Sorge zu tragen, dass mit der Bremsung keine
Umpolarisierung der Magnete verbunden ist. Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vormals Schuckert und Co. hat in sehr gelungener Weise die elektrische Bremsung an
den von ihr in den letzten 2 Jahren ausgerüsteten Hafenkranen angewendet; es werden
sowohl die Hub- als die Drehmotoren beim Abstellen als Dynamo mit regelbarem
Widerstand geschaltet. Fig. 20 stellt das
Schaltschema des Hubmotors dar. In Stellung 0 des
Steuerhebels H ist die Magnetwickelung kurzgeschlossen;
in den Stellungen 1 bis 5
läuft der Motor an mit allmählicher Ausschaltung sämtlicher Widerstände, während die
Schaltungen 6 und 7
geschwächtes Magnetfeld und damit erhöhte Umlaufszahl ergeben. Zum Abstellen wird
Hebel H rasch in die Nullstellung und sodann in „l“ gebracht, in welcher der Motor mit einigen
Widerständen kurzgeschlossen ist und wobei zur Vermeidung der Umpolarisation der
Magnete die Ankerpole vertauscht sind. Weiteres Zurücklegen des Hebels H in Stellung a hat Lösen
der Senkbremse zur Folge.
(Fortsetzung folgt.)