Titel: | Tauglichkeit des Aluminiums zu Gefässen. |
Autor: | O. L. |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 62 |
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Tauglichkeit des Aluminiums zu
Gefässen.
Tauglichkeit des Aluminiums zu Gefässen.
Obwohl sich mit der Zeit immer deutlicher herausgestellt hat, dass die
Hauptnutzung des Aluminiummetalls in seiner metallurgischen Verwendung beruht, wird
man doch voraussichtlich auch fernerhin viele Geräte des täglichen oder gewerblichen
oder wissenschaftlichen Gebrauchs daraus herstellen, zu denen es sich durch sein
geringes spezifisches Gewicht empfiehlt. Von vielen Stellen aber, deren sich das
Aluminium beim ersten, allseitigen Sturm lauf auf das industrielle Gebiet zu
bemächtigen strebte, wird es fernerhin nicht allein durch den ihm augenblicklich
missgünstigen Modegeschmack ausgeschlossen werden, sondern auch seiner leichten
chemischen Angreifbarkeit halber und wegen aller hierdurch gegebenen
Unannehmlichkeiten. So scheint es sogar aus der militärischen Ausrüstung verdrängt
werden zu sollen, nachdem die französische Heeresverwaltung, die mit ersichtlicher
Vorliebe für das leichte Metall es in grosser Ausdehnung eingeführt und zu Näpfen
sowohl für den Soldaten wie für das Lager, zu Viertelmassen, Kochtöpfen und den
Wasserkästen der Cisternenwagen benutzt hatte, bei der Expedition nach Madagaskar
trübe Erfahrungen damit gemacht hat. Die Menschheit lässt sich bekanntlich immer
erst durch die praktischen Erfahrungen belehren; dass es solcher aber auch in diesem
Fall gar nicht erst bedurft hätte und die eingetretenen Uebelstände als notwendige
Ausflüsse der durch wissenschaftliche Versuche bestimmten Eigenschaften des
benutzten Metalls anzuerkennen sind, weist mit verstecktem Humor A. Ditte nach, der hierüber der französischen Akademie
(C. r. 1899, 793) Mitteilung gemacht hat.
Zu den Gefässen wird fast nie reines Aluminium, sondern zumeist, und das war auch bei
den in Frage gekommenen der Fall, mit Kupfer legiertes verwandt; gerade die
Legierung aber ist noch hinfälliger und leichter zersetzbar als das gediegene
Aluminiummetall. Die französische Heeresverwaltung hat zweierlei Bleche verarbeitet;
das eine, aus dem die Gefässkörper hauptsächlich hergestellt wurden, enthielt 3%
Kupfer und daneben dessen Verunreinigungen, wie 0,29 bis 0,37% Eisen, 0,37 bis 0,54%
Silicium und Spuren von Kohlenstoff, im anderen, das zu den Ringen und Ketten der
Näpfe, den Henkeln der Kochtöpfe u.a.m., also zum „Zubehör“ diente, betrug
die Menge des Kupfers 5 bis 6% und die der genannten Verunreinigungen zusammen noch
nicht 1%.
Die durch wissenschaftliche Untersuchung der beiden Bleche bestimmten Eigenschaften,
aus denen man die bei der Benutzung gesammelten Erfahrungen zu erklären vermag, sind
nun folgende. Erhitzt man die Bleche auf dunkle Rotglut, so verändern sie ihr Gefüge
und ihre Oberfläche wird runzlig und blasig; schreckt man sie nach dem Erhitzen in
kaltem Wasser ab, so nehmen sie ein verworren-körniges, krystallinisches Gefüge an,
bedecken sich mit feinen Kritzeln, werden brüchiger und zeigen in den beim
Abschrecken entstandenen Rissen glänzende Ränder und grobes Korn. Das abgeschreckte
Blech zeigt gegenüber chemischen Einwirkungen ein etwas anderes Verhalten als das
nicht abgeschreckte, das sich z.B. in auf 2% verdünnter Schwefelsäure nur sehr
langsam auflöst unter Entwickelung einiger Wasserstoffblasen und sich da mit einer
zunächst grauen, später schwarzen, nicht anhaftenden Schicht fein verteilten Kupfers
mit eingesprengtem Eisen und Silicium bedeckt, worunter die schön weisse, aber matte
und von lauter feinen, fühlbar untereinander gleich grossen Rauhigkeiten gebildete
Oberfläche sich mit kleinen dunklen Punkten bestreut zeigt, die aus Kupfer bestehen.
Beim abgeschreckten Bleche dagegen geht die Auflösung unter gleichen Umständen etwas
schneller von statten, so dass die Oberfläche nach einigen Tagen moiriert aussieht
und von Kritzeln und feinen Spalten bedeckt wird, die durch den schwarzen
Niederschlag, der in sie eindringt, recht auffällig hervortreten; betrachtet man sie
unter dem Mikroskop, so beobachtet man eine Art von Netz, gebildet von emporragenden
weisseren Partien und gelblichen seichten Vertiefungen, die durch ein System von
mehr oder minder feinen Spalten voneinander getrennt werden; die Zersetzung der
Legierung hat da begonnen mit einer Trennung in Schuppen und Blättchen, die sofort
bereit sind, sich unter der Wirkung des Wasserstoffgases oder der Thonerde
abzuheben, die bei der Umwandlung des Aluminiums entstehen. Die gleichen
Erscheinungen findet man auch an nicht abgeschreckten Blechen in dem Falle, dass die
Erhitzung beinahe den Schmelzpunkt erreicht hatte und die Abkühlung an der Luft
schnell erfolgte.
Unter Mitwirkung der atmosphärischen Luft greifen auch Alkalikarbonate in verdünnter,
2%iger Lösung, 8 g Salz im Liter haltiges Wasser, eigentliches oder verdünntes
Meerwasser die Aluminiumlegierungen bei gewöhnlicher Temperatur heftig an; schon
nach einigen Stunden ist deren Oberfläche von einer schrittweise wachsenden
Thongallertschicht bedeckt, die sich zum Teil in weisse Klümpchen von dreifach
gewässerter Thonerde umsetzt, während die salzigen Lösungen alkalinisch werden.
Schliesslich zeigt die Oberfläche überall dort, wo sie von der Flüssigkeit
berührt wurde, eine Hülle weisser, mehliger, wenig aneinander haftender
Thonerdeklümpchen, unter der sich ein ganz dünner gelblicher, anhaftender,
ungleichartiger Ueberzug aus Thonerde mit etwas Kupfer, Eisen und Silicium findet.
Setzt man eine polierte Aluminiumplatte der Einwirkung einer der genannten
Flüssigkeiten aus, so wird die Politur sofort zerstört und bedeckt sich die
Oberfläche mit einem weissen Schleier aus körniger, krystallinischer Thonerde;
wäscht man ihn mit Hilfe sehr verdünnter Schwefelsäure weg, so findet man die
weisse, durch den Zusammenschluss feiner Rauhigkeiten matte Oberfläche übersäet von
dunkeln Punkten, deren grösste die mattrote Färbung des reinen Kupfers deutlich
erkennen lassen.
Aehnlich und beinahe ebenso intensiv sind die Zersetzungserscheinungen an den auf
Madagaskar gebrauchten Aluminiumgeräten. Während die mit einem Teerüberzug versehene
Aussenseite eines Blechstückes von einem Cisternenwagen nur sehr geringe
Veränderungen aufweist, ist die mit dem Wasser in Berührung gewesene Seite bis in
grosse Tiefe umgewandelt, grau, ein Gemenge von Metall mit fest anhaftender
Thonerde. Bis zu einer gewissen Tiefe hat das Blech Schichtung angenommen und ist
infolgedessen in Lamellen und Blättchen spaltbar; es ist leicht zerbrechlich und
erscheint die von Blättchen und Körnern gebildete Bruchfläche sandig. Nimmt man das
Mikroskop zu Hilfe, so erkennt man, dass das stark angefressene Metall teilweise von
Krystallen oder kleinen Haufen von dreifach gewässerter Thonerde bedeckt wird;
entfernt man diese durch Waschen mit ganz verdünnter Schwefelsäure, so zeigt die
Metalloberfläche Hohlräume und kleine, glänzend weisse Vorragungen, die oft den
Eindruck abgerundeter und verunstalteter Krystalle machen. Die vieleckigen
Vertiefungen erinnern an von losgelösten Krystallen hinterlassene Eindrücke. Die
Flächen der Erhöhungen und Vertiefungen sind äusserst fein durchlöchert, entweder
infolge der beginnenden Oxydation des Aluminiums oder der Einwirkung des zum
Abwaschen benutzten angesäuerten Wassers. Die Masse der dem Metall beigemengten
Thonerde erweist sich jedoch im ganzen gering; sogar in den am stärksten
umgewandelten Partien beträgt sie nicht über 13 bis 14% der Gesamtmasse, was also
der Oxydation von etwa 5% Aluminium entspricht.
Erscheint demnach der Betrag der chemischen Umwandlung geringfügig, so wirkte diese
dennoch deshalb unheilvoll, weil hierbei das Aluminiumblech sein Gefüge und damit
zugleich seine Eigenschaften änderte, z.B. auch die ihm ursprünglich eigene
Zerreissfestigkeit verlor. Taucht man es jetzt in kaltes, angesäuertes Wasser, so
zeigt es ein von dem oben mitgeteilten abweichendes Verhalten: es wird schneller
zersetzt, wobei sich von ihm ein metallischer Staub ablöst, der aus undeutlich
polyedrischen Körnern mit mehr oder weniger abgerundeten Ecken und Kanten und ganz
fein durchlöcherten Flächen besteht. An den Polyedern erkennt man rechte Winkel und
durch das Zusammenstossen von drei geradlinigen Kanten gebildete Spitzen mit drei
gleichwinkligen Flächen, die wahrscheinlich einem Rhomboeder oder einem rhomboidalen
Dodekaeder angehören. Je tiefer die Zersetzung des Bleches vorschreitet, desto
langsamer wird sie, desto geringer auch die Menge des sich ablösenden Metallstaubes,
und nach einer gewissen Zeit vollzieht sich die Auflösung wie bei neuem Bleche,
wobei sich die Oberfläche mit einem schwarzen Ueberzuge aus fein verteiltem Kupfer
bedeckt.
Bringt man ein Bruchstück von dem verdorbenen Bleche in destilliertes Wasser, so wird
dieses schwach alkalinisch durch die Aufnahme der ganz geringen Mengen von Chlor,
Thonerde und Natron. Hieraus darf man folgern, dass das im Wasserkasten während
seines Gebrauches enthalten gewesene Wasser Spuren von Salz besessen hat, was ja bei
der Mehrzahl der Flusswasser der Fall ist; vielleicht hat auch der Cisternenwagen
einmal zum Transport von sogar schwach brackischem Wasser gedient; jedenfalls ist
das Metall in Gegenwart des Sauerstoffs und der Kohlensäure aus der Atmosphäre
angegriffen worden, und von dem Zeitpunkte des Beginns der Umwandlung an trug das
„kranke“ Metall den Zersetzungskeim in sich. Die weitere Entwickelung der
Krankheit ist leicht zu begünstigen; dazu genügt es, ein Stück des angegriffenen
Bleches mit ein wenig Wasser der Einwirkung der Luft auszusetzen: da wird das Wasser
alkalinisch; schon nach 24 bis 48 Stunden schwimmen Thonerdeflocken in dieser
Flüssigkeit und bilden eine leichte Schicht auf der Oberfläche des Blechstückes;
dann wächst die Schicht weiter, es bilden sich nach und nach anwachsende weisse
Massen von dreifach gewässerter Thonerde und die Umänderung des kranken Metalls
greift allmählich um so weiter in die Tiefe, je länger der Versuch andauert.
Aehnlicher Art sind die Verderbniserscheinungen an Näpfen, Viertelmassen und
Kochtöpfen; auch da ist das angegriffene Metall mit wasserhaltiger Thonerde gemengt,
brüchig, von narbiger, rauher Oberfläche und deutlich blätterigem Gefüge, wenngleich diese
Eigenschaften nicht so sehr in die Augen fallen wie bei dem dickeren Bleche, das zu
den Wasserkästen genommen war; doch liessen sich auch hier polyedrische Körner mit
fein durchlöcherten Flächen nachweisen. Die Verrottung des Bleches dieser Gefässe
kann von der Einführung gesalzener Speisen in deren Inneres herrühren, wodurch das
poröse Metall mit Salz mehr oder weniger infiziert wurde, das die Luft zur
Einwirkung veranlasste, deren einmal begonnener Angriff dann Fortschritte machen
konnte; thatsächlich ergab ein Versuch, dass destilliertes Wasser durch ein
Blechstück von einem verdorbenen Napfe alkalinisch gemacht wurde, ebenso wie dies
durch ein Stück vom Wasserkasten erfolgt war; mithin waren auch in ihm alkalinische
Substanzen enthalten, die Krankheitskeime für das Metall, und pflanzte sich auch am
Napf bleche die Oxydation bei Berührung mit Wasser fort; es bedeckte sich mit
dickeren Thonerdeklümpchen auf den dem Flüssigkeitsspiegel nahen Stellen, wo die
atmosphärische Luft am leichtesten zutreten kann, und schritt die Verrottung
allmählich weiter.
Eine andere die Oxydation begünstigende Ursache scheint im Gefüge des verrotteten
Metalls selbst zu liegen. Es konnte ja vorkommen, dass Flüssigkeit enthaltende, zur
Erwärmung aufs Feuer gestellte Gefässe vergessen wurden oder für einige Stunden sich
selbst überlassen werden mussten, so dass in solchem Falle nach der Verdampfung der
Flüssigkeit der Gefässboden bis zu einer der Dunkelrotglut oder sogar dem
Schmelzpunkte nahen Temperatur erhitzt wurde und danach mehr oder weniger jäh
abkühlte entweder infolge des Erlöschens des Feuers oder des Eingiessens von kaltem
Wasser oder des Eintauchens in solches. Da nun geglühtes und abgeschrecktes Blech,
wie oben mitgeteilt ist, ausser grobkörnigem Gefüge auch eine mit Rissen ganz
bedeckte Oberfläche erhält, konnten alle verderblichen Reagentien viel leichter als
in neues Blech eindringen.
Demnach lassen sich alle Verrottungsfälle von Aluminiumgefässen, die in Europa wie in
den Kolonien vorgekommen sind, sehr wohl aus den Eigenschaften des Aluminiummetalls
und der geringe Kupfermengen enthaltenden Legierungen desselben erklären. Unter den
mannigfaltigen Einwirkungen, die von Flusswasser, von mehr oder minder brackischem
Wasser, von Meerwasser, von reiner oder, wie in der Nähe der Küsten, von mit
Salzteilchen geschwängerter Luft, von gesalzenen und von durch Essig oder
Fruchtsäfte gesäuerten Speisen und Nahrungsmitteln, von salzigen Flüssigkeiten und
Substanzen, wie Weinstein, Sauerkleesalz u.a.m., ausgehen, wird eben die Oberfläche
des Aluminiums angegriffen und die begonnene Verrottung kann sich im Trocknen
fortpflanzen mit Hilfe der entstandenen, mehr oder weniger mit alkalinischen
Substanzen getränkten Thonerdeklümpchen und mittels der ununterbrochenen
Aufeinanderfolge exothermischer Reaktionen, die an allen von jenen Klümpchen
bedeckten Stellen vor sich gehen.
Ditte macht noch auf eine andere und von den erwähnten
ganz verschiedenartige Zerstörungsursache aufmerksam, deren Wirkungen nicht zu
gering zu schätzen sein möchten, die aber nur den Legierungen, nicht dem gediegenen
Aluminium gefährlich werden kann: nämlich auf die elektromotorischen Kräfte, die bei
der Berührung verschiedenartiger Metalle auftreten. Sieht man von den in ganz
untergeordneten Mengen gegenwärtigen „Verunreinigungen“ durch Eisen, Silicium
u.a.m. ab und zieht nur das legierte Kupfer in die Betrachtung, so erscheint es in
Rücksicht auf die Verbrennungswärmen von Aluminium und Kupfer ganz naturgemäss, dass
dieses beim Angriff durch verschiedene Reagentien schwieriger gelöst wird als jenes
und mithin in Gestalt dunkler, über die Aluminiumoberfläche hin verstreuter Punkte
zurückbleibt. Diese bilden aber mit dem unterliegenden Aluminium und den sie
nässenden Flüssigkeiten galvanische Ketten oder Säulen, deren elektrische Wirkungen
an der weiteren Auflösung des Aluminiums als des leichter angreifbaren Elementes
mitwirken. Auch im Kontakt der beiden Legierungen von 3 und 6% Kupfer entwickelt
sich elektromotorische Kraft und erreicht der Betrag dieser verschiedenen Energien
oft nahezu den von gewissen gebräuchlichen galvanischen Säulen. G. Manoeuvrier bestimmte die Spannung einer mit
Meerwasser Angefeuchteten Säule, in der 3% Kupferhaltiges Aluminium auf Kupfer und
wiederum 6% Kupferhaltiges Aluminium auf Kupfer folgte, zu 0,505, 0,486 und 0,488
Volt; liess er das reine Kupfer weg und bildete er die Säule nur aus den beiden
Legierungen (und Meerwasser), so ging allerdings die Spannung auf 0,4 Volt zurück.
Da diese Kräfte im geschlossenen Bogen wirken und keinen erheblichen Widerständen
begegnen, müssen ihre Wirkungen sehr beträchtlich sein. Auf diese Weise vermag die
Elektrizität mitzuwirken an der Zersetzung von Aluminiumgegenständen, die benetzt
werden von einer Flüssigkeit, welche das Aluminium mit oder ohne Hilfe der
atmosphärischen Gase anzugreifen vermag.
Schliesslich zeigt Ditte, dass zu den mannigfaltigen
Feinden des von irgend welchem schützenden Ueberzuge entblössten Aluminiums als ein
die Erhaltung der Gefässe sehr gefährdender Umstand noch die Reinigung hinzutritt.
Hierzu sind saure Flüssigkeiten, die ja auch die fetten Substanzen nicht
annehmen, an sich nicht geeignet, noch weniger aber alkalinische, die dem eben
erwähnten Zwecke sehr dienlich wären, denn diese greifen nicht nur das Metall im
kalten und noch stärker im warmen Zustande an, sondern sie schlüpfen auch an
Stellen, von denen sie nicht wieder vertrieben werden können, nämlich unter alle um-
oder zurückgeschlagenen Blechteile und in jeden Spalt oder zufällige Rauhigkeit.
Dort werden sie zurückgehalten durch Flächenadhäsion und Kapillarkräfte und nagen am
Aluminium, wobei sie Thonerdeklümpchen bilden, die von Natronaluminat durchtränkt
bleiben u.s.w.; da Luft und Feuchtigkeit in diese Schlupfwinkel einzudringen
vermögen, dauert in ihnen die Oxydation langsam und heimlich an und zerstört nach
und nach das Metall. Doch sogar die mechanischen Reinigungsweisen, das Waschen und
Reiben mit kaltem oder warmem Wasser und mit feinem Sande, deren Wirkungen an sich
als ungenügende zu bemängeln sind, haben für die Erhaltung der Gefässe Uebelstände
im Gefolge. Sie sind besonders schwierig in allen winkligen Partien auszuführen, und
vermag sich da der feine Sand oft Schlupfwinkel zu schaffen, in die alkalinische
Flüssigkeiten nachdringen und fette Substanzen oder mit Keimen und Bazillen aller
Art beladene Speisereste verschleppen können. So fand sich z.B. unter den
Aluminiumblättern, die den Deckelring der Soldatennäpfe festhalten, eine ganze
Füllung von erdiger Masse und organischen Stoffen. Solche Ablagerungen mögen ebenso
wie eine dünne Fettschicht auf der ganzen Aluminiumoberfläche die Erhaltung der
Gefässe ungemein begünstigen, indem sie die Gefässwände vor den chemischen Angriffen
der Flüssigkeiten schützen, aber sie stellen dafür ernstliche Missstände dar in
Bezug auf Hygieine und Sauberkeit.
In Erwägung aller angeführten Eigenschaften wird man fernerhin gut thun, die
Verarbeitung des Aluminiums zu Geräten auf solche zu beschränken, die durch die
Umstände beim Gebrauch nicht leicht gefährdet werden.
Diese Warnung Ditte's vor der Verarbeitung des
Aluminiums zu allerlei Geräten, die wegen der Natur ihres Metalls sich den Umständen
nicht gewachsen zeigen, hat nun keinen Geringeren als den berühmten Chemiker Henri Moissan zum Widerspruche veranlasst. In der
nächsten Sitzung der Akademie legte auch er Gefässe vor, die beim Expeditionscorps
auf Madagaskar mehrere Monate lang im Gebrauch gewesen waren und sich zwar voller
Beulen und geschwärzt, aber noch heil und verwendungsbereit erwiesen, verlas eine
grosse Reihe von Zeugnissen, in denen die Truppenteile jenes Corps ihre grosse
Zufriedenheit mit den Aluminiumgeräten aussprachen, und schrieb die Mängel im
allgemeinen den reichlichen Verunreinigungen an Eisen und Silicium zu, mit denen die
1893 hergestellten Aluminiumbleche noch behaftet gewesen seien, während das jetzt
verwandte Produkt viel reiner sei; ausserdem möchte ein Zusammentreffen ungewöhnlich
ungünstiger Umstände die Schuld tragen an der schnellen Zersetzung der von Ditte das vorige Mal vorgelegten Gefässe. Für Trink-,
Ess- und Kochgeschirre empfehle sich das Aluminium ungemein wegen seiner
Leichtigkeit, wegen der Ungiftigkeit seines Oxydes und wegen der leichten
Prägbarkeit, die alle Lötarbeit unnötig mache; diesen Vorzügen gegenüber erscheine
die chemische Empfindlichkeit als ein untergeordnetes Uebel, das um so weniger das
Urteil beeinflussen dürfe, als der von ihr hervorgerufene dünne Ueberzug von
Thonerde, sowie der von Fett den Geräten zum Schutz diene. Wesentliche Vorzüge
besässen die Aluminiumgefässe insbesondere gegenüber den bisher gebräuchlichen aus
Weissblech, die schon wegen der Rostbildung unleidig seien, deren Verzinnung oft
Bleivergiftungen verschulde und bei denen alle Lötstellen den chemischen
Zersetzungen die gewünschten Angriffspunkte böten. Seine eigene Küche sei seit drei
Jahren mit Kasserollen und sonstigen Gefässen aus Aluminium ausgestattet, die sich
sehr gut bewährt hätten.
Den Widerspruch einer solchen Autorität durfte Ditte
natürlich nicht unbeachtet lassen; in der Sitzung vom 17. April hielt er sein Urteil
in vollem Umfange aufrecht. Wenn Moissan meine, dass
nur die reichlichen Beimengungen von Eisen und Silicium die Schadenstifter seien, so
befinde er sich damit im Irrtume; auch wären die zu den Versuchen benutzten Stücke
von Aluminiumblech, an denen er den Gang der Zersetzung demonstriert habe, nicht
etwa vor längerer Zeit fabriziert worden, sondern seien moderne Produkte und stammen
aus der von Moissan selbst als beste empfohlenen
Bezugsquelle. Jedenfalls übten metallische Beimengungen einen unheilvollen Einfluss
aus, was erkläre, dass über die aus ganz reinem Aluminiumbleche hergestellten
Feldflaschen niemals und von keiner Seite geklagt worden sei; alle anderen Gefässe
zur Feldausrüstung würden aber aus Legierungen mit 3 oder mit 6% Kupfer verfertigt.
Seine Aufgabe sei auch nicht gewesen, über die Dauer und Haltbarkeit der
Aluminiumausrüstungsgegenstände ein bestimmtes Urteil abzugeben, und liege es ihm
ferne, der Militärverwaltung die Verwendung des Aluminiums abzuraten, da in diesem
besonderen Falle die Leichtigkeit des Metalls von ganz erheblichem Werte sei; die
Gewichtsersparnis in der Ausrüstung des Feldsoldaten durch Aluminiumgeräte an Stelle
solcher aus schwereren Materialien komme ja entweder der Krafterhaltung des Mannes oder der
Vermehrung seiner Patronenzahl zu gute. Deshalb habe er, Ditte, sich darauf beschränkt, der Militärverwaltung Vorschläge zu machen,
die bezwecken, die mechanische Reinigung der Gefässe zu erleichtern und die
chemische Zersetzung zu verzögern, nämlich die Gefässe ohne spitze und enge innere
wie äussere Winkel und Ecken zu gestalten, ferner Nietbleche, Umfaltungen oder
Umschläge des Bleches, sowie Randreife möglichst zu vermeiden und die Gefässe nur
aus einer einheitlichen Legierung zu verfertigen. Die Erfahrungen, die er selbst mit
Küchengeräten gemacht habe, könne er im Gegensatze zu Moissan nicht als erfreulich bezeichnen, denn es stelle sich immer bald
der fettige, unappetitliche Ueberzug ein, der auch in hygieinischer Beziehung sehr
bedenklich sei; ihn wiesen auch die von Moissan der
Akademie als Belegstücke guter Erhaltung vorgelegten Gefässe auf, die auf Madagaskar
benutzt worden waren. Dieser Ueberzug lasse sich sauber nur entfernen durch
gründliches Aufwaschen mit sodahaltigem Wasser, aber alkalinische Flüssigkeiten
dieser Art seien eben die schlimmsten chemischen Feinde des Aluminiums.
O. L.