Titel: | Die Laval'sche Dampfturbine. |
Autor: | Wilh. Müller |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 145 |
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Die Laval'sche Dampfturbine.
Von Wilh. Müller in
Cannstatt.
Die Laval'sche Dampfturbine.
Neben dem Diesel-Motor, der eine Erfindung von grosser Tragweite, gegenwärtig
die vollkommenste Methode, Wärme in Arbeit zu verwandeln, darstellt, verdient ein
neues System für die mechanische Ausnutzung hochgespannten Dampfes, die Laval'sche Dampfturbine, als bedeutende
Errungenschaft des Maschinenbaues im letzten Jahrzehnt die Beachtung weitester
Kreise. Umlaufende Dampfmaschinen ohne Zuhilfenahme eines hin und her gehenden
Kolbens haben schon die Alten gekannt, es sei nur an den Heronsball und die auf dem Prinzip des Segner'schen Wasserrades beruhende Aeolipile
(durch Heron von Alexandrien 120 v. Chr. beschrieben),
sowie noch auf Branca's Maschine (1630), bei welcher
der ausströmende Dampf auf ein Schaufelrädchen wirkte, hingewiesen. Watt hat die Idee, den Dampfdruck ohne Vermittelung von
Pleuelstange und Kurbel auszunutzen, ebenfalls erfasst und zur Ausführung zu bringen
versucht. Neuere Konstrukteure haben die Lösung des Problems, wie z.B. bei der
rotierenden Maschine von Cox, mittels eines
plattenförmigen Kolbens, der an einer exzentrisch durch den Cylinder gehenden Welle
sitzt, oder durch sogen. Kapselräder angestrebt. Auch die Dampfturbine von Parson hat Verbreitung gefunden, bei der eine grosse
Anzahl kleiner Turbinenräder hintereinander im Dampfcylinder auf einer Achse
angeordnet sind, abwechselnd mit den an der Cylinderwand festen entsprechenden
Leiträdern. Die erste derartige Dampfturbine (1884) von 6 lief mit 18000
Umdrehungen in der Minute, während für grössere Maschinen von etwa 50 die
Umdrehungszahl auf 6500 herabgemindert wurde. Parson
gibt an, dass pro elektrische Pferdekraft und Stunde 16 kg Dampf von 6,6 kg
Ueberdruck gebraucht werden; der Hauptverlust entsteht durch Uebertritt eines Teils
des Dampfes an der äusseren Laufradkante, den er schätzungsweise zu 20%
veranschlagte. Dass hierbei unmittelbar eine umlaufende Bewegung erhalten und das
Schwungrad entbehrlich wird, macht eine ausserordentliche Einfachheit und
Leichtigkeit der Maschine möglich, das Undichtwerden der
beweglichen Kolben bietet bei allen diesen Versuchen jedoch die grösste
Schwierigkeit, abgesehen davon, dass die sehr grossen Umlaufszahlen bei
einigermassen günstiger Ausnutzung der Dampfgeschwindigkeit sorgfältigste
Konstruktion der Lagerung und Schmierung der Wellzapfen erfordert.
Bei Anwendung dieser verschieden konstruierten Maschinen wurde von den gewöhnlichen
Dampfmaschinen ausgegangen, indem man den Dampf den alten Bedingungen entsprechend
(direkter Dampfdruck oder direkter Dampfdruck und Erzeugung eines Vakuums) arbeiten
lassen wollte; daraus ergab sich die Notwendigkeit einer möglichst genauen Anpassung
der beweglichen Teile, um Dampfverluste zu vermindern, und nur so wenig Spielraum zu
gestatten, dass die Reibung auf geringstes Mass beschränkt blieb. Die anfänglich
gute Leistung verminderte sich jedoch derart, dass ein grösserer Teil dieser
Apparate von der Praxis endgültig abgelehnt ist.
Ehe auf den Gegenstand näher eingetreten wird, sei eine kurze Abschweifung auf das
Gebiet der hydraulischen Kraftmaschinen gestattet. H. v.
Reiche hat in seinen „Gesetzen des
Turbinenbaues“ (Leipzig 1877) zuerst den Vorschlag gemacht, zur
Nutzbarmachung ausserordentlich hoher Gefälle „mehrspaltige“ Turbinen auszuführen. Denkt man sich die
Gefällshöhe H in n gleiche
Teile geteilt und in jedem dieser Teilpunkte eine Ueberdruckturbine auf der
nämlichen Achse angeordnet, dergestalt, dass sämtliche Turbinen kongruent sind und
jedes Wassermolekül sämtliche Turbinen nacheinander
durchströmen muss, so werden diese Turbinen gleichviel Arbeit entwickeln; jede
derselben wäre für eine Gefällshöhe \frac{H}{n} zu konstruieren.
In nämlicher Weise wird aber die ganze Maschine arbeiten, wenn man alle Turbinen an
einem beliebigen Ort (natürlich mit Rücksicht auf das Sauggefälle) so nahe als
möglich zusammenrückt, so dass die Turbinenräder zu einem einzigen Element vereinigt
sind.
Mehrspaltige Radialturbinen lassen sich natürlich nach
demselben Prinzip bauen, nur müssen in diesem Falle die einzelnen Turbinen für bestimmte Gefällshöhen konstruiert sein, weil in den
verschiedenen Spalten die Radgeschwindigkeit verschieden ist.
Ein ähnlicher Gedanke scheint Charles A. Parson bei
seiner Stufendampfturbine vorgeschwebt zu haben, obgleich es dem Erlinder erst nach
mannigfachen Versuchen gelang, Konstruktionsschwierigkeiten ganz bedeutender Art zu
überwindenStribeck,„Die Dampfturbine von Parson“, Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1889 Bd. 33 S. 606..
Textabbildung Bd. 313, S. 145
Fig. 1.Parson'sche Dampfturbine.
Die von Prof. A. Morton konstruierte „Reaktionsdampfmaschine“ beruht auf dem
Grundsatz der mehrspaltigen Radialturbinen. Indem der
Dampf durch die verschiedenen Kanäle streicht, treibt er rückwirkend die
Cylinderwandungen entgegengesetzt der Ausströmungsrichtung um. Es sind bei seinem
System somit mehrere Radialturbinen ineinander geschachtelt, doch kann die
bezeichnete Konstruktion den Dampf nicht so gut ausnutzen, wie Turbinen mit
Leitapparat, da die Austrittsgeschwindigkeit aus den einzelnen Rädern stets
vernichtet und nicht als Eintrittsgeschwindigkeit ins nächste Rad ausgenutzt
wird.
Später haben Parson und Co. diese Anordnung zu Gunsten
ineinander liegender Radialturbinen mit innerer
Beaufschlagung verlassen. Leit- und Laufradkränze wechseln ab, die im Leitrad
befindliche Geschwindigkeit wird in nachfolgendem Laufrad stets wieder in Arbeit
umgesetzt. Sämtliche Laufräder Z sitzen auf einer
gemeinsamen Scheibe R, welche auf der Antriebswelle W festgekeilt, ebenso die Leiträder C auf einer solchen, die mit der Cylinderwand P verbunden ist (Fig.
1).
Textabbildung Bd. 313, S. 146
Fig. 2.Schematische Darstellung der Laval-Turbine.
Die brauchbarste und konstruktiv am meisten durchgebildete Form von Dampfturbinen,
welche das ganze Spannungsgefälle auf einmal nehmen und
durch besonderen Leitapparat die erzeugte grosse Geschwindigkeit in einem Laufrad wieder entziehen, ist die Laval'sche, über welche auch die zuverlässigsten
Versuchswerte vorliegen (Fig. 2).
Dr. de Laval in Stockholm fasste den glücklichen
Gedanken, die lebendige Kraft des Dampfes – ähnlich wie
man bei Pelton-Rädern die Geschwindigkeit des Aufschlagwassers benutzt – auf die
Radschaufeln einer einfachen Achsialturbine geradeso zu übertragen, wie jene des
Wassers beim hydraulischen Motor vorgenannter Art. Der Grundgedanke seiner Turbine
besteht darin, dass der unter hohem Druck eingetretene, aber dann vollkommen
ausgedehnte Dampf in die Schaufeln des Laufrades gelangt; die Ausdehnung erfolgt auf
dem Wege vom Einlassventil bis zur Mündung der Dampfstrahlrohre, deren Achsen gegen
die Radebene schwach geneigt sind. Die Dampfstrahlen treten in den Rezeptor ein und
gleiten infolge der relativen Geschwindigkeit an den Schaufeln entlang, denen sie
die lebendige Kraft des Dampfes mitteilen. Derselbe tritt auf der entgegengesetzten
Radseite mit einer absoluten Geschwindigkeit aus, die man durch eine günstige
Schaufelform so klein als möglich zu gestalten trachtet.
Der aus einer kleinen Oeffnung in die Luft ausgetretene Dampf nimmt
nachgewiesenermassen keine grössere Geschwindigkeit als 350 m in der Sekunde an,
gleichviel, wie gross der Ueberdruck auch sein mag; soll er seine Geschwindigkeit
als Arbeitsleistung auf die Schaufeln abgeben, so müssen diese in geschlossenem
Strahl getroffen werdenProf. M. Schröter, Vortrag im Polyt.-V.
München.. Laval konstruiert die Düse,
durch welche der Dampf strömt, und dabei eine Geschwindigkeit annehmen muss, welche
dem gesamten Druckunterschied entspricht, derart, dass der Dampf zunächst durch die
engste Stelle des Bronzemundstückes tritt, wobei er 350 m Geschwindigkeit annimmt,
beim Durchfliessen durch eine etwas weitere Oeffnung erfährt er eine
Geschwindigkeitszunahme und Druckverminderung; die Oeffnung erweitert sich mehr und
mehr und entspricht die konische Erweiterung der Düse noch praktisch ausführbarer
Möglichkeit der Expansionskurve des Dampfes, die bei verschiedenen
Eintrittsspannungen verschieden sich gestaltet. Beim Austritte des Dampfes aus der
Düse ist die Spannung des Turbinenraumes erreicht, der Strahl wird sich nicht mehr
seitlich zerstäuben, sondern geschlossen gegen das Laufrad strömen, durch welches
ihm seine Geschwindigkeit bezw. sein Arbeitsvermögen entzogen wird. Die
Dampfgeschwindigkeit trifft mit rund 1100 m in der Sekunde das Laufrad. Die
Umdrehungszahl des Rades, welche je nach der Maschinentype 7400 bis 30000 Touren in
der Minute beträgt, entspricht einer zwischen 170 bis 400 m in der Sekunde
wechselnden Geschwindigkeit.
Die Laval'sche Dampfmaschine ist analog einer
Druckturbine mit wagerechter Achse, teilweiser Beaufschlagung und freiem Ausfluss
des Wassers konstruiert, letzterer ist thatsächlich durch den Druckunterschied im
Leitstück und Laufrad charakterisiert. Der Turbinenkörper ist auf einer Stahlachse
aufgesteckt, die bei einer Maschine von 5 nicht mehr als 4½ mm Dicke an der
schwächsten Stelle bezw. 30 mm bei einer Maschine von 300 besitzt; die Welle
ruht an den Enden auf zwei Lagern, das Ganze rotiert in einem Gehäuse, das mit
eingegossenen Dampfverteilungskanälen versehen auch die schon erwähnten Mundstücke
trägt, die den Zweck haben, dem Dampf Gelegenheit zur Ausdehnung zu geben und die
Strahlen zu leiten; gleichzeitig dient es der Dampf aus Strömung und als Auflager
für das Wellenende (Fig. 3 bis 7). Um die Umlauf zahl auf praktisch brauchbare Grösse
herabzumindern, ist ein Zahnräderpaar im Hintersetzungsverhältnis 1 : 8 bis 1 : 12,
meist 1 : 10 angeordnet, die Zähne der Pfeilräder sind unter 45° gegeneinander
geneigt und haben entsprechend dem geringen Zahndruck sehr kleine Teilung, aber
grosse Zahnbreite, mittels Ringschmierung ist ein ununterbrochener Oelumlauf
vorgesehen. Das Motorrad besitzt zwei Lager, desgleichen die Vorgelegewelle; am Ende
von letzterer sitzt der äusserst gedrängt gebaute Regulator, der den gleichmässigen
Gang durch ein Drosselventil bewirkt. Die Düsen werden aus einem gemeinsamen Ring
gespeist, die Regelung der Maschine wird dadurch ermöglicht, dass die symmetrisch
verteilten Mundstücke, die den Dampf zuleiten, bei nicht voller Belastung der
Maschine jetzt automatisch indirekt vom Regulator bethätigt abgeschlossen werden
können. Einige Bemerkungen über Herstellung der Maschinen in der de Laval'schen Fabrik in Stockholm und in der Maschinenbauanstalt „Humboldt“ in Kalk mögen
hier Platz finden.
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Fig. 3.Turbinenmotor bis 30 der Maschinenbauanstalt
„Humboldt“.
Die vielen löffelartigen Schaufeln, die in fertigem Zustand Kanäle von gleichem
Querschnitt mit gleichem Neigungswinkel am Eintritt wie am Austritt bilden, werden,
nachdem sie vorgeschmiedet sind, auf Fräsmaschinen bearbeitet, wobei zum genauen und
raschen Einpassen und zur Verschiebung gegenüber dem Fräser geeignete Lehren zur
Benutzung kommen. Zwei auf die Welle gepresste, genau abgedrehte Scheiben nehmen in
schwalbenschwanzförmigen Nuten die Schaufeln auf. Die Turbine wird am Umfang geschliffen und auf
einen Dorn mit sehr dünnem Zapfen abgelehrt. Auch die Turbinenachse wird
nachgeschliffen; um dem Apparat einen hohen Grad von Genauigkeit zu geben, ist die
Ablehrvorrichtung auf einer ungewöhnlich starken Platte angebracht. Die Zähne der
Vorgelegeräder sind mittels Maschinen, welche das Werkstück während der Arbeit um
einen gewissen Bogen schwingen lassen (wie solche bei Herstellung der Riffel an
Schrotwalzen vorkommen), geschnitten.
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Fig. 4.Turbinendynamo für Gleichstrom bis 50 der
Maschinenbauanstalt „Humboldt“.
Mit steifen Wellen wären bei vorerwähnten grossen
Geschwindigkeiten sehr ernste Nachteile, starke Erhitzung der Achslager, selbst ein
Bruch der Welle zu befürchten. Laval hat diese
Schwierigkeit in sinnreicher Weise und mit Erfolg, indem er sich die
Rotationseigenschaft der Körper zu nutze machte, durch die „biegsame Welle“,
die sich während des Ganges von selbst in die Schwerpunktslage einstellt,
überwundenVgl. Civilingenieur, 1895 Heft 4, und Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1895 Nr. 40..
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Fig. 5.Längenschnitt.
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Fig. 6.Grundriss.
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Fig. 7.Seitenansicht.
Jedes Laufrad wird, um überzeugt zu sein, dass dasselbe der
aussergewöhnlich gesteigerten Fliehkraft Widerstand leiste, mit der
anderthalbfachen Geschwindigkeit längere Zeit erprobt. Die langen, aus Rotguss mit
Antifriktionsmetall gefütterten Lager sind mit schraubenförmigen Nuten versehen,
durch welche ununterbrochen und selbstthätig Oel durchgesaugt wird; neuere Maschinen
erhalten ausschliesslich Kingschmierung, wodurch ein sehr geringer Oelverbrauch
erzielt wird. Ungeachtet der hohen Umlaufszahl – unter Verwendung eines geeigneten
Turbinenöls – hat die Praxis angesichts jahrelangen Betriebes, da weder Warmlaufen
noch nennenswerte Abnutzung der reibenden Teile eingetreten, die Durchführbarkeit
eines der Hauptorgane der Laval'schen Turbine bewiesen.
Die Schwingungen sind unbedeutend.
Auf Transmissionen oder Arbeitsmaschinen wird die Arbeit durch nahtlose Hanfriemen
übertragen, welche die erforderliche Spannung durch eine an einem Hebel schwingende
Belastungsrolle erhalten; bei Zentrifugen, Kreiselpumpen, Gebläsen, Schiffsschrauben
und Dynamomaschinen findet unmittelbare Kuppelung mit dem Vorgelege statt. Bis 30
einschliesslich wird nur ein Vorgelegerad angebracht, zur Aufhebung
seitlichen Druckes sind bei Maschinen etwa von 50 ab zwei Vorgelege
angeordnet, wobei Dynamomaschinen mit zwei in gleichem Sinne umlaufenden Ankern
Verwendung finden können (Fig. 4).
Ist Riemenbetrieb erwünscht, so dienen hierzu zwei hintereinander gesetzte Scheiben.
Turbinenmotore von 100 und darüber können auch mit Seilscheiben versehen
werden. Die Seilscheiben für 100 Maschinen haben je 460 mm Durchmesser, 205
mm Breite und fünf Rillen für 25 mm starke Transmissionsseile. Bei allen Turbinen
von 10 aufwärts, welche mit mehr als zwei Dampfdüsen betrieben werden, ist
die Absperrung einzelner oder mehrerer Düsen mittels Ventil und Handrad vorgesehen
(Fig. 8 bis 10).
Theorie und Konstruktion der Dampfturbine hat Prof. Ludw.
Klein in der Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1895, veröffentlicht, auch haben in den soeben erschienenen:
„Vorlesungen über Theorie der Turbinen“ von Dr. Gustav Zeuner (Leipzig 1899) die Dampfturbinen besondere Beachtung
gefunden, an welche sich folgende allgemeine theoretische Erläuterungen nach
Ingenieur Sosnowski-Paris anschliessen mögen.
Was das Laufrad betrifft, so wird die Theorie für dasselbe in ähnlicher Weise wie
Seitenansicht. für eine Aktionsturbine aufgestellt, für die Einströmungsdüsen jedoch
die Eigenschaften des elastischen Fluidums berücksichtigt. Mit bestimmtem Druck
tritt der gesättigte Dampf aus dem Kessel und strömt durch das Turbinenrad in die
freie Luft, oder mit bestimmtem Druck in den Kondensator über, nachdem er die Düse
passiert hat; letztere muss deshalb so geformt sein, dass sie die freie Bewegung des
Fluidums unterstützt, sie muss dort endigen, wo letzteres bei grösster
Geschwindigkeit dieselbe Spannung besitzt wie das umgehende Feld. Ein
Drucküberschuss zwischen Düse und Rad darf nicht vorhanden sein, denn der Dampf
würde sonst fortfahren, sich zwischen den Schaufeln auszudehnen und zu grosse
Austrittsgeschwindigkeit erlangen; ebensowenig darf die Spannung unter jene des
Feldes herabsinken, da hierdurch Wirbelbildung, d.h. Wiedererwärmung des Dampfes
veranlasst und infolgedessen nur ein Teil seiner lebendigen Kraft ausgenutzt
würde.
Um die Maximalleistung zu erreichen, sind deshalb folgende Bedingungen im Laufrad zu
erfüllen. Um Stösse zu vermeiden, müssen die Laufradschaufeln die Richtung der
relativen Eintrittsgeschwindigkeit besitzen. Die Umfangsgeschwindigkeit soll gleich
sein der relativen Austrittsgeschwindigkeit des Dampfes, folglich auch jener der
Versuche mit Laval'schen Turbinen
nach Berichten der Prüfungskommissionen zusammengestellt.
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Ort der Aufstellung und Jahrgang;
Type der Turbine ; Versuchszeit bezw. Dauer; Kohlen- und Wassermessung;
kg; Umdrehungen in der Minute; n; Dampfdruck im Kessel; kg per qcm; Dampfdruck
in der Turbine; Druck beim Dampfauslass und Luftleere; Bemerkungen; Leistung der
Turbine; Dampfverbrauch pro u. Std.; Kohlenverbrauch pro u.
Std.; Elektrische Energie und Bemerkungen; Sockholm, Mai 1893; Gebr. Masselin u.
Söhne, Bernay, Juli 1895; Stockholm, April 1895; Magazine Breguet, Clichy-Platz,
Paris, August-September 1895; Société d'Eclairage Electrique, Bordeaux
August-September 1895; Gebr. Bouvier, Spinnerei, Vienne (Dep. Isère); Société
Filatures, Troyes, November; Edison Electric Illuminating Co., New York, April
1896; Uhr; Std.; von; Dyn.; d. Turb.; Mittel; absol. Dr. od.; cm; Luftleere; at;
Ausströmung im Wasserstrahlkondensator; Zentrifugalpumpe drückt mit 0,81 kg im
Wasserstrahlkondensator; Wasserstrahlkond.; Oberflächenkond.; Im Kondensator bei
Dampfausströmung; Mit Kondensatorbetrieb; elektr.; pro elektr. ; Kohle v.
South Yorkshire; Nutzeffekt d. Dynamo; Volle Kraft; Düsen; V; A; Watt; normale
Belastung; halbe Belastung; Etwa halbe Belastung; Dynamo; Doppeldyn.
relativen Eintrittsgeschwindigkeit; diese Forderung
bestimmt die Schaufelwinkel, welche doppelt so gross als der Winkel der Düse sein
sollen.
Nach bekannten Gesetzen ist deshalb
β = 2α
v_1=v_2=c_1=c_2-\frac{\omega}{2\,cos\,\alpha}
\omega'=2\,v_1\,sin\,\frac{\beta}{2}=2\,v_1\,sin\,\alpha
Es ist a der Neigungswinkel der
Verteilungs-, β jener der Empfangsschaufeln, v1 die lineare
Geschwindigkeit der Turbine, ct die relative Geschwindigkeit beim Austritt, ω die absolute Geschwindigkeit beim Eintritt, ω' die absolute Geschwindigkeit beim Austritt.
Die theoretische Leistung des Verteilers ist gleich:
\eta=\frac{\omega^2-\omega'^2}{2}=1-tang^2\,\alpha
Für α = 20°, welches der praktisch kleinste Winkel ist,
ergibt sich
η = 0,87
Die Maximalleistung würde sich bei α = 0, d.h. dann
ergeben, wenn die lineare Geschwindigkeit gleich wäre der halben Geschwindigkeit des
eintretenden Fluidums.
Die theoretische Leistung der Maschine als Funktion der Umfangsgeschwindigkeit des
Turbinenrades bei gleicher Dampfgeschwindigkeit würde für ω = 100 m in der Sekunde 45% von der Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades
= 155 m in der Sekunde betragen, sie würde sich auf 73% bei 300 m in der Sekunde und
bei 400 m in der Sekunde auf 85% erhöhen, die jedoch wegen Materialfestigkeit nicht
überschritten werden dürften. Praktisch genommen ergeben sich mehr oder weniger
grosse Abweichungen von diesen Werten, denn die Ausführung der Schaufeln wird kaum
so möglich sein, dass nicht das Vorkommen von Stössen in Betracht zu ziehen wäre;
ebenso wird die relative Geschwindigkeit beim Eintritt aus ihrer normalen Richtung
abgelenkt, wodurch sich die Leistung des Verteilers auf etwa 85 bis 75% vermindert.
Hieraus geht hervor, dass praktisch eine Arbeitsleistung bis etwa 60% erreicht
werden kann.
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Fig. 8.Dampfverteilungsdüse mit Absperrventil für
Kondensationsmaschinen.
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Fig. 9.Verstellbare Dampfverteilungsdüse für Hochdruckmaschinen mit
Kondensation.
Die Dampferzeuger arbeiteten anfangs mit 2 kg Druck, ja selbst noch unter diesem;
schon ein Druck von 4 kg wurde damals als gefährlich betrachtet. Stufenweise ist man
inzwischen auf 6, 10 und 15 kg hinaufgegangen und vielleicht wird man eines Tages
noch auf höhere Spannungen kommen. Kolbenmaschinen, ausnahmsweise für so hohen Druck
schon ausgeführt, zeigen jedoch erhebliche Uebelstände, aus Gründen, welche zu
entwickeln überflüssig sein dürfte; die Laval'sche
Turbine vermag jedoch den Dampf bei jedwedem Druck auszunutzen, da er in lebendige
Kraft verwandelt wird, ehe er in den Motor selbst gelangt. Voraussichtlich steht man
mit Hilfe desselben vor einer ökonomischen Arbeitsleistung, welche die seither
angewandte übertrifft.
Neben Einfachheit der Konstruktion – denn lose Teile sind an der Laval-Turbine nicht
zahlreich – darf das sehr geringe Gewicht derselben zu den Vorzügen gerechnet
werden. Es entfallen z.B. auf je 1
bei Dampfturbinen von
5
10
15
20
30
50
75
100
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
an Gewicht
kg
30
25
18,3
20
18,6
29
33,3
36
Durch unmittelbare Kuppelung mit Dynamomaschinen,
Schiffsschrauben, Zentrifugalpumpen, Gebläse u.s.w. ist eine neue, sehr zweckmässige
Dampfmaschinentype geschaffen, welche die Vorteile der Ersparnis an Kraft, Kosten
und Raum, durch Wegfall der Transmissionen, geringes Gewicht im Verhältnis zur
Arbeitsleistung, in sich schliesst.
Erneuerung einzelner Teile mag die biegsame Hauptwelle mit Trieb, Turbinenrad und
Lagerschalen, sowie die Wechselräder betreffen, die durch unvorsichtige Behandlung,
Mängel in der Wartung und Schmierung entstehen kann. Für den Betrieb unter sehr
veränderlichen Dampfspannungen oder Kraftbedarf ist die Dampfdüse mit einer
Regelspindel auszustatten, um den Querschnitt der Düse den veränderlichen
Verhältnissen, wirtschaftlicher Ausnutzung entsprechend, einstellen zu können (Fig. 9).
Textabbildung Bd. 313, S. 149
Fig. 10.Absperrbare Dampfdüse.
Die Laval'sche Dampfturbine ist über das Versuchsstadium
hinaus und eine in der Praxis bereits erprobte Maschine. Seit ihrer Einführung in
die Industrie (1892) sind innerhalb 7 Jahren etwa 35000 in Schweden,
Norwegen, Holland, Belgien, England, Frankreich, Spanien, Deutschland,
Oesterreich-Ungarn, Russland, Nord- und Südamerika in Dienst gestellt worden. Sie
kann unter jedem Druck arbeiten, also auch unter Druck Verhältnissen, für welche
unsere Kolbenmaschinen nicht mehr ausreichen würden. Der Dampfverbrauch ist abhängig
von der Höhe des zur Verfügung stehenden Druckes und der Grösse der Turbine,
folgerichtig um so geringer, je grösser der Druck und je vollkommener der angewandte
Kondensator ist. Wünschenswert bleibt jedoch hohe Spannung zu verwenden. Als
geeignete Kesselsysteme werden seitens der Laval Angturbin
Actiebolag stehende Röhrenkessel und Cornwall-Röhrenkessel für kleinere
Anlagen, für solche von 30 bis 200 qm Heizfläche Tischbein-Kessel mit Wellrohren und
von da ab Babcock- und Wilcox-Röhrenkessel empfohlen.
Die Verdampfungsfälligkeit ist sicherheitshalber mindestens 5% höher anzunehmen als
für die entsprechende Dampfturbine gerechnet wird. Bei Kesseln für
Kondensationsturbinen ist ausserdem der Dampf verbrauch für den Betrieb der
Kondensanlage mit 7% einzurechnen, ferner noch zu berücksichtigen, dass bei
Anwendung von Strahlkondensatoren der Wasserverbrauch grösser ist als bei anderen
Dampfmaschinen; es kommt dies zum Teil auf Rechnung der Undichtheit der Lager der
dünnen Wellen, die nunmehr durch Anordnung von Doppelkugelgelenken mit eingebauter,
somit beweglicher Stopfbüchse zu beiden Seiten des Turbinengehäuses beseitigt ist
und genügt das 35- bis 40fache Wasserquantum reichlich. Uebrigens arbeiten Turbinen
ebenso wie Dampfmaschinen mit Kondensation erheblich besser als ohne Kondensation,
indem sich in diesem Falle der Dampfverbrauch beträchtlich verringert. Bei
genügendem Wasservorrat finden Wasserstrahlkondensatoren, bei beschränktem
Wasservorrat Kühlwerke oder Einspritzkondensatoren Anwendung.
Vorgenommene Verbrauchsversuche haben bei 8 at Betriebsdruck 22 kg Dampfverbrauch bei
5 , bei 10 = 20 kg, bei 20 = 18,3 kg, bei 30 = 17 kg
u.s.w. für die effektive Pferdekraftstunde und Dampfaustritt in die freie Luft
ergeben. Für Maschinen von 75 bis 200 betrug er durchschnittlich 10 bis 14
kg bei 5 bis 10 at Dampfdruck und 62 bis 65 cm Luftleere im Kondensator, so dass
sich die Turbinen in dieser Hinsicht mit guten Kolbendampfmaschinen messen können.
(Vgl. Tabelle S. 148.)
Bisher war das Torpedoboot „Turbinia“, das durch
Parson'sche Dampfturbinen getrieben wird, als das
schnellste Schiff bekannt; das Ende Juni in England an der Tyne in See gestochene,
gleichfalls mit Dampfturbinen ausgerüstete „schnellste
Schiff der Welt“ hat ihm den Rang abgelaufen. Es legt 35
Knoten in der Stunde zurück, eine bisher unerreichte Leistung. Die Länge des
Schiffes beträgt ungefähr 100 Euss (nahezu doppelt so viel wie bei der Turbinia) und ist in jeder Beziehung grösser als die
Turbinia angelegt, nämlich als achtschraubiger
Dampfer mit etwa 12000 . Ein ähnliches Boot, das den Namen „Viper“ erhalten soll, wird gegenwärtig im
Auftrag der englischen Admiralität gebaut.