Titel: | Neuerungen an Fahrrädern. |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 155 |
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Neuerungen an Fahrrädern.
(Fortsetzung des Berichtes S. 139 d.
Bd.)
Neuerungen an Fahrrädern.
Die gleiche Kraft, welche sich beim Treten auf das Kurbellager äussert, hat auch
das Hinterradlager auszuhalten, um so mehr, als ausser dem Kettendruck das
Meistgewicht des Fahrers darauf lastet. Es liegt daher nahe, auch dieses Lager so
leicht rollend als nur möglich zu gestalten, aus welchem Grunde hier Stuhl und Hillebrandt auch ⅜zöllige Kugeln
verwenden.
Textabbildung Bd. 313, S. 155
Fig. 114.Kugellager von Stuhl und Hillebrandt.
Wie Fig. 114 zeigt, ist dieses Lager durch
Filzeinlagen staubdicht abgeschlossen und zeichnet sich besonders noch durch die
neue Art der Oelzuführung aus, welche darin besteht, dass die Achse d eine Bohrung besitzt, in welche bei a das Oel eingeführt wird. Letzteres tritt durch die
Querbohrung c in die Oelkammer b, um von dort aus gleichmässig in die Lager zu gelangen. Es ist eine
bekannte Thatsache, dass die heutigen Oeler nicht so gut funktionieren, dass erstens
genügend Oel zufliessen kann, zweitens aber auch der Staub, welcher sich im Oeler
ansammelt, beim Zuführen frischen Oeles nicht mit in das Lager gespült wird.
Daher rührt stets das unangenehme Knirschen des Lagers nach erfolgter
Oelzuführung.
Zwecks leichter Handhabung der Lagerteile sind sämtliche Schalen so eingerichtet,
dass die Kugeln in derselben haften bleiben; man kann also die Achse mit den
Konussen entfernen, ohne dass die Kugeln herausfallen.
Bei dem Kugellager (D. R. G. M. Nr. 50289, 50351, 98184) der Firma Gebr. Reichstein in Brandenburg a. H. gelangt ein
Lagersystem zur Anwendung, bei welchem die Lagerschalen mit der offenen Seite nach
innen, nicht wie bei anderen Systemen, nach aussen gerichtet sind (Fig. 115). Der grosse Hohlraum der Nabe wird bis zur
Achse mit Oel gefüllt, so dass die Kugeln fortwährend in einem Oelbade laufen; man
hat nur nötig, in jeder Saison 1- bis 2mal je nach Bedarf frisches Oel
nachzufüllen.
Textabbildung Bd. 313, S. 155
Fig. 115.Kugellager von Gebr. Reichstem.
Die Kugellager sind weiter verbessert, indem in die Lagerschalen vorstehende Ringe
gelegt sind, die das Herausfallen der Kugeln beim Reinigen der Lager verhindern.
Die Cito-Fahrradwerke A.-G. in Köln-Klettenberg
verwenden zum Hinterrad ihrer Luxusmodelle ein doppelt konzentrisches Kugellager (D.
R. G. M. Nr. 84897). Dasselbe beruht, wie Fig. 116
zeigt, auf einem Prinzip, bei welchem jede gleitende Bewegung in eine rollende
umgewandelt wird.
Die geringste Klemmung im Achsenlager, welche auf nicht ganz ebenem Wege infolge
Vibrieren der Achse fortwährend stattfindet, erschwert bei Anwendung der üblichen
Kugellager den Lauf der Maschine. Bei diesem Doppellager dagegen tritt bei der
geringsten Unebenheit sofort das zweite Lager in Thätigkeit, und der Gang des
Fahrrades wird hierdurch nicht allein leichter, sondern es werden auch die Stösse
der Maschine abgerundet. Die Uebertragung des Antriebes auf das Hinterrad ist
dadurch eine gleichmässig ruhige, so dass selbst auf schlechtem Wege ein schnelles
Tempo gefahren werden kann.
Textabbildung Bd. 313, S. 155
Fig. 116.Doppelkugellager der Cito-Fahrradwerke A.-G.
Aehnlich diesem ist das Lager (D. R. G. M. Nr. 80627) der Rhenus-Fahrradwerke in Viersen, Rhl. Der Hauptunterschied besteht, wie
Fig. 117 zeigt, darin, dass hier jede Seite des
Kugellagers für sich vollständig unabhängig ist und in keiner direkten Verbindung
mit dem gegenüberliegenden Lager steht, so dass Störungen nicht auf die andere Seite
übertragen werden können. Ebenso tritt durch die Anbringung des Lagerringes beim
Defektwerden einer Kugel in einer der Kugelreihen keine Störung ein, da alsdann die
andere Kugelreihe die Funktion eines einfachen Kugellagers übernimmt, so dass dem
Fahrer selbst bei den grössten Touren Unzuträglichkeiten kaum erwachsen können.
Textabbildung Bd. 313, S. 155
Fig. 117.Doppelkugellager der Rhenus-Fahrradwerke.
Auf eine Vorrichtung, welche gestattet, das Hinterrad, ohne die Treibkette zu
entfernen, vom Rahmen abzunehmen, hat W. H. Chapman in
London D. R. P. Nr. 102838 erhalten.
Die Neuerung besteht darin, dass die Nabe (Fig. 118)
aus zwei Teilen a und b
besteht, welche so miteinander verkuppelt sind, dass nach Lösen dieser Kuppelung c das Rad samt der einen Lagerhälfte entfernt werden
kann, während die
andere Hälfte samt dem Kettenrad, der Treibkette, sowie dem Kettenkasten unverändert
am Rahmen bleibt.
Die Anordnung ist folgende: Die Kuppelung c legt sich
beim Zusammenschrauben der beiden Nabenteile a und b an den Mansch d an,
wobei sich das Gewinde der Kuppelung auf den Hauptnabenteil a aufschraubt und somit den Nabenteil b mit
diesem verbindet.
Textabbildung Bd. 313, S. 156
Fig. 118.Kugellager von Chapman.
Beim Auseinandernehmen dieser Nabe wird zuerst die Kuppelung cd gelöst und sodann die Mutter m abgenommen,
wodurch der Nabenteil a samt seinem Kugellager frei vom
Rahmen herausgezogen werden kann. Die Mutter j muss
jedoch vorher so nahe gegen die Lagertasse l geschraubt
werden, dass dieselbe, um ein Herausfallen der Kugeln zu verhindern, genügend gegen
den Konus i drückt.
Textabbildung Bd. 313, S. 156
Fig. 119.Kugellager (½ nat. Grösse) von Hiller.
Bei der neuen Lagerkonstruktion der Phänomen-Fahrradwerke von G. Hiller in Zittau
(Sachsen) sind Konusse c und Lagerschalen d ebenfalls in umgekehrter Weise angeordnet und zwar
so, dass die Konusse, welche mit der Nabe b fest
verbunden sind, rotieren, während die Lagerschalen feststehen. Letztere sind, wie
Eig. 119 zeigt, mittels Muttern f mit den Grabelenden
verschraubt, so dass die Achse a vollständig vom Druck
entlastet bleibt und nur zu dem Zwecke dient, das Auseinandergehen der Gabelenden zu
verhindern. Sie wird darum nur auf Zug beansprucht, ähnlich derjenigen von Ganswindt (D. p. J. 1899
311 185 Fig. 139), und hält infolgedessen eine
Belastung von 1000 kg und mehr aus. Auf diese Weise wird jene kleine Kugellaufbahn
erzielt, welche die Hauptursache des leichten Laufes dieser Nabe bildet. Je mehr
nämlich die Kugellaufbahn am Konus verkleinert wird, um so mehr wird auch der
Drehwiderstand des Kugellagers bei der Belastung des Fahrrades verringert. Da nun
die Konusse bei diesem Lager an der Kugellaufbahn um mehr als die Hälfte kleiner
sind, als bei anderen Systemen, so ergibt sich ein ebenfalls um etwa 50%
verringerter Drehwiderstand.
Das Oel wird auch hier mittels einer Hülse g den Lagern
zugeführt. Letztere sind gegen Auslaufen des Oeles sowie gegen Eindringen von Staub
mittels Stoffpackungen, die in den Kapseln e liegen,
abgedichtet.
Bei dem Kugellager für Motorfahrzeuge (D. R. P. Nr. 102876) von J. G. Stidder in Groydon (England) ist die Treibradnabe
a mit der Achse b
starr verbunden. Wie Eig. 120 zeigt, ist diese Verbindung durch Stifte c, welche in die Nabe a
eingreifen, hergestellt. Die Achse b ruht in einem
Lager e, und erhält innerhalb dieses Lagers einen
Flansch i, welcher mit einer zur Aufnahme der Kugeln
dienenden Ringnut versehen ist. Zu beiden Seiten dieses Flansches sind auf der
Achse Wulste vorgesehen, und das Lager e erhält diesen
Wülsten entsprechende Aussparungen, welche derart bemessen sind, dass eine Berührung
der Achse und des Lagers nicht eintreten kann.
Textabbildung Bd. 313, S. 156
Fig. 120.Kugellager von Stidder.
Das Austreten von Schmiermaterial bezw. das Eintreten von Staub wird durch diese
Anordnung dadurch vermieden, dass die Zuführung des Schmiermaterials durch den in
der oberen Lagerschale angeordneten Kanal m geschieht,
und das aus dem Lager wieder austretende Oel wird bei Umdrehung der Achse durch die
Zentrifugalkraft von den Ringwulsten in die Aussparungen der Lagertassen
geschleudert, von wo es durch Kanäle n dem Kugellager
wieder zugeführt wird. Durch die Zentrifugalkraft wird auch das Eintreten von Staub
dadurch verhütet, dass die an die Achse gelangten Unreinlichkeiten an die äusseren
Enden der Lagerschalen geschleudert werden und, weil diese als schräge Flächen
ausgebildet sind, an denselben entlang nach aussen gleiten. Zur Reinigung des Lagers
ist am tiefsten Teil desselben ein Kanal vorgesehen, welcher mittels einer Schraube
l verschlossen ist, und nach deren Entfernung das
Reinigungsmaterial (Erdöl, Benzin) abfliessen kann. An dem freien Ende der Achse ist
eine Bremstrommel o vorgesehen.
Die zur Zeit in Anwendung kommenden Ventil- und Helmöler haben den Nachteil, dass das
eingegossene Schmiermaterial sofort nach der Verbrauchsstelle abfliesst, ein Vorrat
also nicht zurückbleibt, und es daher gleichgültig ist, ob ein grösserer oder
kleinerer Oeler zur Anwendung kommt. Um in dem Fahrradöler zugleich ein Oelreservoir
zu schaffen, welches nachschmiert, hat F. A. Habbuch in
Strassburg i. E. einen Oeler konstruiert (D. R. P. Nr. 102908), dessen Einrichtung
folgende ist:
Wie Fig. 121 und 122 zeigen, ist mit der
Schraube a, welche in die Schmieröffnung eingesetzt
wird, die Hohlkugel b verlötet, welche oben eine
Bohrung zur Aufnahme des Schüttröhrchens d hat, das
unten in der Schraube a geführt ist. Dieses Röhrchen
wird durch eine Feder c in die Höhe gedrückt; es hat
Querbohrungen g, durch deren eine der Stift e geht; letzterer trägt eine Verschlussklappe f, die in der vertikalen Lage dadurch festgehalten
wird, dass das Röhrchen sich durch den Einfluss der Feder c mit seinem oberen Rande etwas in die Höhlung dieser Kappe hineinpresst.
Das Röhrchen ist oben so gerundet, dass dasselbe mit geringem seitlichen Druck
zurückweicht und man die Haube umklappen kann wodurch die Schmierbohrung frei wird,
und das Oel in das Röhrchen d fliesst. Damit bei
herabgeklappter Haube das Röhrchen oben nicht zu weit hervortritt, ist eine der
Querbohrungen g, durch die der Stift e geht, so gelegt, dass dieselbe die Stellung dieses
Röhrchens begrenzt.
Textabbildung Bd. 313, S. 156
Schmiergefäss (System Habbuch) von Lanz.
Das eingegossene Oel fliesst nicht vollständig durch das Röhrchen d nach unten ab, vielmehr staut es sich am Stift e, ein Teil tritt durch die Querbohrungen g in den Hohlraum der Kugel b und füllt denselben an. Von hier sickert das Oel nur allmählich zwischen
der Aussenwand des Röhrchens und der Schraubenbohrung durch nach der
Verbrauchsstelle.
Dieser Oeler wird von Gebr. Lanz in Stockach (Baden) in drei Grössen
hergestellt, und zwar mit 6,5, 8,5 und 10,5 mm Kugeldurchmesser.
III. Bremsen.
Die Bremse (D. R. P. Nr. 99049) der Carloni Brake
Company in Mailand bietet vollständige Gefahrlosigkeit beim Befahren von
langen, steilen Abhängen dadurch, dass dieselbe präzis wirkt und, je nachdem sich
das Gefälle vermehrt oder vermindert, genau reguliert werden kann.
Textabbildung Bd. 313, S. 157
Fig. 123.Bremse der Carloni Brake Comp.
Die Bremsung wirkt unterhalb des Tretkurbellagers auf das Hinterrad, wodurch die
Kette durch den vom Bremsschuh aufgeworfenen Staub nicht verunreinigt wird.
Der Hauptfaktor dieser Bremse ist die Anwendung einer biegsamen Welle, bisher das
einzige bekannte Mittel einer direkten Uebertragung. Wie Fig. 123 und 124 zeigen, wird die Bremse
durch Drehen des an der Lenkstange sich befindlichen Rädchens a angezogen oder gelöst, ohne jedoch die Lenkstange
loslassen zu müssen. Diese Drehbewegung wird durch die biegsame Welle b auf eine Spindel c,
welche mit Gewinde in eine Mutter greift und mit ihrem Ende gegen den Bremshebel
stösst, übertragen.
Die Spindel verschiebt sich bei der Drehung und schliesst bezw. löst die Bremse. Der
Bremsschuh d ist mit Kannelierung versehen, so dass er
trotz seiner Reibung den Pneumatik nicht beschädigen kann.
Textabbildung Bd. 313, S. 157
Fig. 124.Bremse der Carloni Brake Comp.
Erwähnt sei noch, dass, wenn die Bremse einmal angezogen ist, der Daumen vom Rädchen
a entfernt werden kann, indem die Bremse
automatisch wirkt.
Die pneumatische Bremse, welche E. Menke in Frankfurt a.
M. auf den Markt bringt, kann, wie Fig. 125 und 126 zeigen, entweder an
der Vorderrad- oder Hinterradgabel sowie am Sattelstützrohr befestigt werden. Die
Bethätigung derselben geschieht einfach durch einmaligen Druck auf den an der
Lenkstange befestigten Gummiballen, wodurch die Bremse so lange selbstthätig
funktioniert, bis das Entlüftungsventil, das ebenfalls am Gummiballen sitzt,
durch Druck geöffnet wird. Ein Ermüden der Hand ist also hier ebenfalls
ausgeschlossen.
Diese Art Bremsen haben jedoch den Nachteil, dass die Pressluft nach Oeffnen des
Bremsventils stets sofort und mit gleichbleibendem Druck auf die Bremsteile
einwirkt.
Da nun aber im Augenblick einer Gefahr die intensivste Bremsung, in anderen Fällen,
z.B. beim Bergabfahren, eine nur geringe Bremsung zur Unterstützung des Gegentretens
erforderlich ist, wirken die bekannten Luftdruckbremsen in jedem Falle
unkorrekt.
Nun ist Joh. Martini in Chemnitz ein Bremsventil
patentiert worden (D. R. P. Nr. 101895), mittels welchen man in der Lage ist, den
jeweiligen Bedürfnissen entsprechend, mit grösserer oder geringerer Intensität zu
bremsen.
Diese Wirkung wird durch Anordnung zweier verschieden grosser Luftkanäle im
Ventilkegel erzielt, von denen nach Bedarf der eine oder der andere mit den nach dem
Bremscylinder führenden Luftwegen durch einfache Veränderung der Stellung des
Bremsventilheb eis in Verbindung gebracht werden kann. Durch die Möglichkeit,
verschieden dimensionierte Einströmungskanäle für die Pressluft nach Bedarf anwenden
zu können, ist man in der Lage, die Luft ganz allmählich oder plötzlich wirken zu
lassen.
Das Bremsventil b befindet sich, wie Fig. 127 zeigt, am
vorderen Ende des oberen Rahmenrohres, welches gleichzeitig als Pressluftbehälter
dient. Dieses Ventil steht einerseits durch eine an den Rahmenrohren entlang
geführte Rohrleitung mit dem Bremscylinder a,
andererseits mit der Luftpumpe d in Verbindung.
Ausserdem ist dieses Ventil mit dem Rahmenrohr c durch
den Kanal l und Loch b2 verbunden (Fig. 128 und 129). Eine Lederscheibe
c1 dichtet das
Ventil an dem Rohr c ab, und ein an dem Bremsventil
angeordnetes Sicherheitsventil d2 verhindert eine Ueberanstrengung des ganzen
Bremsapparates.
Textabbildung Bd. 313, S. 157
Pneumatische Bremse von Menke.
Bei e1 tritt das
Luftzuführungsrohr von der Pumpe ein. Der drehbare Ventilkegel f1 hat mehrere
Bohrungen, wovon die stärkere g1 durch die Mittelachse des Kegels geht und mit
einer seitlichen Zweigbohrung g2 versehen ist, während die kleinere Bohrung i2 ausserhalb der
Mittelachse und quer zur Bohrung g1 liegt. Diese Bohrung i2 ist äusserst fein und lässt daher die
Pressluft nur langsam passieren, so dass bei der Stellung des Kegels, in welcher die
Bohrung i2 die Kanäle
l und k verbindet, die
Pressluft nur ganz allmählich in den Bremscylinder gelangt und daher auch nur eine
schwache Bremsung hervorbringt. Die verschiedenen Stellungen des Ventilkegels sind
auf der Scheibe s (Fig. 130) markiert. Bei
Stellung des Bremshebels q auf z steht der Ventilkegel wie in Fig. 128 gezeichnet. Es
ist hierbei der Behälter c abgeschlossen und der
Bremscylinder steht mit der äusseren Luft in Verbindung. War vorher gebremst worden,
dann bläst in dieser Stellung die im Bremscylinder befindliche Pressluft durch die
Kanäle kg1 und m aus und lässt die an dem Rohr n befestigte Signalpfeife o1 ertönen, wodurch der Fahrer benachrichtigt wird,
dass die Bremsung korrekt erfolgt und die Vorrichtung wieder funktionsfähig ist.
Bei Stellung des Hebels auf h erfolgt die langsame
Bremsung durch die die Kanäle k und l verbindende Bohrung i2. Bei Stellung des Hebels auf o ist der Kanal g1 mit Kanal l, und
Seitenkanal g2 mit
Kanal k verbunden, wodurch eine plötzliche und kräftige
Bremsung erfolgt. Das Sicherheitsventil steht derartig mit den Luftkanälen und durch
einen Kanal p mit der Signalpfeife in Verbindung, dass
dasselbe nicht nur ausbläst, wenn Ueberdruck im Behälter c vorhanden ist, sondern auch ein Ertönen der Signalpfeife bewirkt, zu dem
Zweck, den Fahrer bei Ueberdruck sofort zum Ausschalten der alsdann unnötig
arbeitenden Luftpumpe zu veranlassen.
Textabbildung Bd. 313, S. 158
Bremsventil für pneumatische Bremsen von Martini.
Die Luftdruckbremse (D. R. P. Nr. 101167) von Th. Klett
in Hengen bei Urach zeichnet sich im wesentlichen dadurch aus, dass die die Bremse
mit dem Bremsventil verbindende Druckluftleitung innerhalb des Fahrradrahmens
untergebracht ist. Durch diese Anordnung wird erreicht, dass selbst bei Anwendung
eines starken Luftdruckes die Leitung aus ganz dünnem elastischen Material bestehen
kann, wodurch das Gewicht der ganzen Bremsvorrichtung ein äusserst niedriges
wird.
Die Füllung der als Luftdruckvorratskammern ausgebildeten Rahmenrohre abc (Fig. 131 und 132) sowie der
Lenkstange d geschieht durch eine im Steuerrohr e eingebaute Luftpumpe f.
In die Lenkstange d ist teilweise die nach den
Bremsklötzen l und deren Zubehör gehende Leitung m luftdicht eingebaut. Diese aus elastischem Material
bestehende Leitung hat den Zweck, die Vorratskammer für gewöhnlich abzuschliessen
und erst beim Bremsen Luft eintreten zu lassen.
Sie führt durch die eine Hälfte der Lenkstange nach dem Rahmenrohr a, tritt dort zwischen der Hinterradgabel aus und wird
bei h (Fig. 133) durch ein
Verbindungsstück mit der nach den Bremsklötzen l
führenden Doppelleitung kk1 verbunden. Diese Bremsklötze sind an den Bremsbälgen o befestigt, nach deren Füllung mit Druckluft die
Bremswirkung eintritt.
Textabbildung Bd. 313, S. 158
Luftdruckbremse von Klett.
Die Bethätigung der Bremse geschieht nun durch ein in die Leitung m eingeschaltetes Bremsventil n (Fig. 134
und 135). Der
Ventilkegel n1
desselben ist durch die Ventilstange n2 mit einer Scheibe n3 verbunden, welche auf einer leicht
federnden Platte bezw. Membran n4 fest aufliegt. Steht der Luftraum abcd unter Druck, so wird die Membran n4 nach aussen gedrückt
und damit der Ventilkegel n1
fest auf seinen Sitz gezogen. Bei einem Druck an den an der Ventilstange n3 angebrachten Knopf
n5 tritt jedoch so
lange Luft in die Leitung, als der Druck anhält bezw. eine genügende Bremswirkung
erreicht ist. Die übergetretene Luft gelangt in die Bremsbälge o, welche sich infolgedessen ausdehnen und die
Bremsklötze l an das Rad pressen. Die Bremswirkung hört
sofort auf, wenn durch das Auslassventil p (Fig. 136), welches am
Lenkstangengriff g angebracht ist, der Luftaustritt
erfolgen kann. Auch dieses Ventil ist so eingerichtet, dass es durch einen leichten
Druck geöffnet wird. Da die zur Bremswirkung notwendige Luftmenge nur klein ist,
wird eine Nachfüllung der Vorratskammer mit Luft nicht zu oft einzutreten brauchen,
so dass es in den meisten Fällen genügen wird, vor der Fahrt die Füllung
vorzunehmen.
IV. Sättel und Sattelstütze.
Textabbildung Bd. 313, S. 158
Gloriasattel von Gebr. Mesenhol.
Der in Fig. 137 und
138
veranschaulichte Gloria-Fahrradsattel von Gebr.
Mesenhol in Barmen geht in seiner Konstruktion von dem Prinzipe aus, sich
dem Bau des menschlichen Körpers so anzupassen, wie es den Anforderungen der Hygiene
entspricht.
Textabbildung Bd. 313, S. 158
Fig. 139.Gloriasattel von Gebr. Mesenhol.
Der Unterboden des Sitzpolsters (Fig. 138) besteht aus
einer Anzahl elastischer engverschnürter Lederriemen, wodurch der Sattel die
Eigenschaft erhält, dass beim Fahren die Sitzknochen, die bequem auf den breiten
elastischen Sitzflächen ruhen, keinem schädlichen Drucke ausgesetzt sind. Eine vorn
und hinten offene Spalte zwischen den Sattelpolstern (Fig. 137) gestattet den
Luftzutritt von unten her. Dabei sind die Sitzpolster nach aussen abgerundet und
weich, so dass ein Druck auf Schenkel und Weichteile vermieden und dem lästigen
Wundscheuern vorgebeugt wird.
Nach denselben Prinzipien ist der Sattel Fig. 139
gebaut, nur dass hier an Stelle der Stahlfedern eine Holzfeder tritt.
Einen in jeder Beziehung den Anforderungen der Hygiene, Bequemlichkeit und Eleganz entsprechenden
Sattel bringt die Firma E. Dierksmeier in Bielefeld auf
den Markt.
Die Decke dieses Sattels (Fig. 140) ist aus
Rindsledervachette gearbeitet und mit Filz gepolstert, wodurch der Sitz ein äusserst
weicher und bequemer wird. Der grosse herzförmige Ausschnitt bewirkt eine rege Luft
Zirkulation, so dass der Sattel selbst bei grössten Fahrten nicht hitzend wirkt. Die
Festigkeit der Decke wird durch eine untergelegte Lederdecke unterstützt, deren im
Ausschnitt angebrachte blumenförmige Rosette dem Sattel überdies ein elegantes
Aussehen verleiht. Die Sitzfläche ist breit gehalten, wodurch die Reibung der Haut
über den Beckenknochen vermieden wird. Während nun die bisherigen Polstersättel eine
obere, erhöhte Polsterung zeigten, die den sicheren Sitz des Fahrers
beeinträchtigten, ist durch die untere Polsterung des „Famos“-Sattels diesem
Uebelstande abgeholfen. Da auch die Spitze des Sattels gepolstert ist, so dass die
Weichteile ebenfalls keinen Druck verspüren und durch die Form der Spitze sowohl das
seitlich als auch nach vorn Rutschen des Fahrers fortfällt, so ist dieser Sattel
namentlich auch bei der durch schnelles Fahren bedingten nach vorn geneigten Haltung
von grossem Vorteil.
Textabbildung Bd. 313, S. 159
Fig. 140.Famos-Sattel von Dierksmeier.
Ein Sattel, der sowohl den hygienischen wie praktischen Anforderungen entspricht,
ohne dabei einen zu hohen Preis aufzuweisen, ist P. G.
Schneider in Forst i. L. gesetzlich geschützt worden.
Dieser Sattel besteht in der Hauptsache aus einem ⋁-förmigen Luftschlauch und darüber
liegender Luffaeinlage. Letztere vermeidet vor allem eine Erhitzung der
Gesässmuskeln und ist dadurch, dass das Sitzleder durch eine Verschnürung lösbar
gehalten ist, leicht zugänglich. Seit Erfindung der Pneumatikreifen ist man bemüht,
die auf den Fahrradrahmen wirkenden, und somit auf den Fahrer übertragenen
Erschütterungen und Stösse zu verhindern, ohne jedoch vollständig befriedigende
Resultate erzielt zu haben.
Der Bau aller federnd wirkenden Sattelstützen etc., bei welchen die Federn im
Mittelrohre des Rahmens oder der Sattelstütze selbst untergebracht sind, ist nach
theoretischen und praktischen Grundsätzen und Erfahrungen verkehrt, denn die
Federn sind im Mittelrohre selbst vollständig unrichtig gelagert, so dass der Stoss
der Maschine dadurch nicht vermindert, sondern eher noch verstärkt wird, und zwar
findet bei einer derartigen Lagerung eine Stauchung gegen die Rückseite des Rahmens
statt, was den Zweck einer Federung vollends ausschliesst. Bekanntlich kann der
Stoss nur die Belastung des Sattels, d.h. den Fahrer selbst treffen und muss daher,
um seine Kraft zu verlieren, entgegengesetzt aufgefangen werden, wie es bei der
Sattelstütze „Sanitas“ (D. R. P. Nr. 104826) von A.
Gutmann und Co. in München der Fall ist.
Textabbildung Bd. 313, S. 159
Fig. 141.Federnde Sattelstütze „Sanitas“ von Gutmann und
Co.
Dieselbe besteht, wie Fig. 141 zeigt, eigentlich aus
zwei Teilen, wovon der eine der Träger für die Konstruktion ist, während der andere
ohne jeden weiteren mechanischen Einfluss den selbstthätig federnden Teil
bildet.
Die Stellung der in der Ausführung durch ein Gehäuse verdeckt angebrachten Feder ist
so angeordnet, dass eine Stauchung derselben unmöglich ist und jeder, sogar der
stärkste Stoss, von ihr aufgefangen und überstanden wird.
Der Fahrer sitzt eigentlich hier nur auf der Spiralfeder, die unabhängig ausserhalb
des Rahmenbaues ein Ganzes für sich bildet.
(Fortsetzung folgt.)