Titel: | Die II. internationale Acetylenausstellung zu Budapest vom 15. Mai bis 5. Juni 1899. |
Autor: | F. Liebetanz |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 57 |
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Die II. internationale Acetylenausstellung zu
Budapest vom 15. Mai bis 5. Juni 1899.
Von F. Liebetanz in
Düsseldorf.
(Schluss des Berichtes S. 43 d. Bd.)
Die II. internationale Acetylenausstellung zu Budapest.
Textabbildung Bd. 314, S. 57
Fig. 14.Acetylenapparat des Deutschen Acetylen-Werkes G. m. b. H.
Apparat des Deutschen Acetylen-Werkes G. m. b. H. in
Breslau (Fig. 14). Der Apparat ist nach dem
Einwurfsystem konstruiert; das Karbid wird automatisch in das Entwickelungswasser
geschoben. Ueber dem Gasometer und an diesem mittels zweier eiserner Stützen
befestigt, ist der Karbidbehälter. In demselben ist ein sich um zwei Rollen
bewegendes endloses Transportband angeordnet, auf dem die Karbidstücke liegen, wie
auch die Abbildung erkennen lässt. Die beiden Rollen besitzen an je einem Ende eine
Schnurscheibe, über die eine Schnur läuft, die einerseits mit der Gasometerglocke,
andererseits mit einem Gewichtsstück verbunden ist. Das Innere des Karbid-Behälters
ist durch zwei mit Glasscheiben verschlossene Oeffnungen zu beobachten. Beim ersten
Inbetriebsetzen des Apparates wird entweder das Transportband von Hand in Bewegung
gesetzt oder es wird ein Quantum Karbid direkt in den neben dem Gasometer
befindlichen Entwickler geworfen. Das sich entwickelnde Acetylen tritt in den
Gasometer und hebt dessen Glocke. Hierbei wird durch das Gewichtsstück die
Schnur über die beiden Schnurscheiben gezogen, jedoch ohne die Rollen des
Transportbandes und dieses selbst irgendwie zu bewegen. Dies wird auf bekannte Weise
mittels eines Sperrrades erreicht.
Sinkt während des Gasverbrauches die Glocke, so wird durch die Schnur das
Transportband in Bewegung gesetzt und es fällt Karbid von demselben durch den in der
Abbildung kenntlichen Schacht in den an dessen unterem Ende angeordneten Entwickler.
Von hier streicht das Gas durch den Reiniger und von diesem in den Gasbehälter, von
wo es auf übliche Weise zu den Verbrauchsstellen geleitet wird. Um zu vermeiden,
dass zu viel Karbid in den Schacht bezw. den Entwickler befördert wird, stösst das
an dem einen Schnurende befestigte Gewicht auf eine Holzplatte, infolgedessen die
Länge des über die Schnurscheiben gleitenden Schnurteiles genau zu bestimmen ist.
Hierdurch wird auch der Vorschub des Transportbandes bestimmt, das in genau gleicher
Länge vorrückt, wie die Gasometerglocke beim Sinken Schnur herunterzieht. Ferner
gibt, wenn sich die Glocke in ihrer Nullstellung befindet, das Gewichtsstück also
hoch hängt, der zwischen dem Fussende des letzteren und der Aufsetzplatte vorhandene
Raum die Länge des vorzuschiebenden Transportbandes an.
Der Apparat arbeitete während der ganzen Ausstellung störungsfrei und seine Bedienung
war wenig zeitraubend.
Die Idee der Beschickung ist für automatischen Betrieb die denkbar einfachste und
stellt eine vielfach in der Technik verwendete Vorrichtung dar. Wenn wir uns dennoch
für den Apparat nicht vollständig aussprechen können, so geschieht es, weil durch
die Art der Karbidlagerung in dem Karbidbehälter die Verwendung von kleinen
Karbidstückchen, wie sie bei jeder Karbidsendung vorkommen, ausgeschlossen ist. Die
gleichartige Funktion des Apparates ist nur bei Anwendung möglichst gleichartig
grosser Karbidstücke herbeizuführen. Zur Vermeidung dieses augenfälligen Fehlers
möchten wir empfehlen, das Transportband mit Kästchen zur Aufnahme des Karbids zu
versehen, wie dies bei einfachen Elevatoren geschieht. Jedenfalls ist für
automatische Einwurfapparate der Gedanke der hier vorliegenden Beschickung bei
geschickter Ausarbeitung in vortrefflicher Weise zu verwenden, obgleich er, wie
schon erwähnt, absolut nicht neu ist. Doch gerade das Alte erreicht mitunter in der
Hand des geschulten und findigen Konstrukteurs eine über moderne Komplikationen weit
hinausgehende Bedeutung.
Apparat „Koh-i-noor“ von August Lindhohn in Stockholm (Fig. 15 und 16). Auch
dieser Apparat arbeitet automatisch nach dem Einwurfsystem. Er besitzt mehrere Neuerungen. Die Beschickung des
Apparates geschieht durch automatisches Entleeren von mit Karbid gefüllten, luftdicht
verschlossenen Büchsen a, die zwischen den Leitschienen
h in das bewegliche Fach c eingesetzt werden. Durch über die oberhalb ersichtlichen Räder ist
dieses Fach mit dem auf der anderen Seite befindlichen verbunden. Ist die Gasglocke
e beinahe entleert, so wird die oberste Büchse vom
Hebel f über die Speiseöffnung geschoben, wobei der
Inhalt der Büchse in den Generator herunterfällt. Die Glocke steigt nun infolge der
Gasentwickelung, der Hebel wird durch das Gegengewicht zurückgeführt und die
Sperrvorrichtung i lässt von dem Sperrrad einen Zahn
vor, wodurch das Fach c mit seinen gefüllten
Karbidbüchsen sich um eine Büchsenhöhe hebt und Fach d
sich für die leeren Büchsen entsprechend senkt.
Textabbildung Bd. 314, S. 58
Acetylenapparat „Koh-i-noor“ von Lindholm.
Sinkt die Glocke das nächste Mal, so wird die nächstfolgende gefüllte Karbidbüchse
vorgeschoben, wobei sie die erste Büchse in das Fach d
zwischen die Leitschienen auf der anderen Seite schiebt. Auf diese Weise werden nach
und nach alle die gefüllten Büchsen geleert und die geleerten Büchsen an der anderen
Seite des Apparates aufeinander gestellt. Die Ketten i
und k dienen als Gegengewichte. Dadurch, dass sich die
Kette i mehr und mehr auf den Boden legt, in dem Masse,
als das Karbid verbraucht wird und das Gewicht der Kette h auf das vorderste Fach überführt wird, im gleichen Masse, wie die
geleerten Büchsen sich auf das hintere Fach stellen, kann das für den sicheren Gang
der Speisezuführung erforderliche Uebergewicht sich ziemlich konstant und unabhängig
von der Anzahl der gefüllten Karbidbüchsen halten, die alsdann noch vorhanden
sind.
Der Generator ist teils mit Wasser und teils mit Mineralöl gefüllt. Beide
Flüssigkeiten teilen sich, wie auf der Durchschnittszeichnung zu ersehen. Wäre der
Generator nur mit Wasser gefüllt, so würde sich bei g
während der Karbidbeschickung Gas entwickeln und verloren gehen. Mit Mineralöl
entwickelt das Karbid bekanntlich kein Gas und das am Karbid haftende Oel schützt
dasselbe gegen den Einfluss des Wassers während dessen Fallen in den Entwickler.
Sollte sich trotzdem hierbei etwas Gas bilden, so werden die aufsteigenden
Gasblasen im Raum n, der durch die Rohrleitung o mit der Gasometerglocke verbunden ist, aufgefangen.
Sobald das Wasser die am Karbid haftende Oelschicht durchdrungen hat, beginnt die
Gaserzeugung und das Gas steigt in das Rohr p.
Hierdurch wird gleichfalls das Wasser etwas steigen und eine teils durch den Kanal
q und teils durch die Oeffnung r tretende Strömung hervorrufen. Das dem Karbid
anhaftende Oel und der entstehende Kalkschlamm folgen dem Wasserstrom bis s, wo das Oel obenauf dringt und sich mit dem übrigen
Oel verbindet, während der Kalk sich am Boden ablagert.
Um den nachteiligen Folgen vorzubeugen, die dadurch entstehen könnten, dass man
entweder den Inhalt mehrerer Büchsen mit der Hand einschiebt oder auch Karbidstücke
in grösseren Mengen in den Generator wirft, wodurch mehr Gas entwickelt werden
würde, als der Gasbehälter aufzunehmen vermag, ist das Sicherheitsrohr ö angebracht, durch das zu viel erzeugtes Gas ins Freie
tritt. Da das Karbid zuweilen Schlacken enthält, die nicht mit durch das Rohr p folgen können und also nach und nach den Raum m füllen würden, so ist der Boden in diesem Raum so
angeordnet, dass derselbe nach unten geöffnet werden kann und zwar dadurch, dass man
das Gegengewicht t hebt, ehe der Kalk durch den
Ablasshahn abgelassen worden ist. Sollte ein Schlackenstück zu gross sein, um den
Hahn passieren zu können, so wird das Gewicht t
abgehoben, wodurch sich das an der Stange sitzende Ventil x schliesst und sodann wird der Hahn zur Entfernung der Schlacken
losgeschraubt. Wird der Kalkschlamm abgelassen, so sinkt das obere Niveau. Durch den
Hahn z wird deshalb so viel Wasser zugeführt, dass die
Wasserfläche ihre normale Höhe wieder erreicht, worauf der Hahn geschlossen wird.
Die Rohre a und ä führen
das Gas der Gebrauchsstelle zu.
Der gesamte Mechanismus des Apparates liegt frei und aussen, so dass eine Störung
schwieriger eintreten und schneller beseitigt werden kann. Tritt in der Thätigkeit
des Apparates irgend eine Stockung ein, wie z.B. versäumte Umladung, oder wenn unter
die gefüllten Karbidbüchsen eine leere gelangt ist, so ist, um eine momentane
Unterbrechung der Beleuchtung zu vermeiden, eine kleine Reservegasglocke in die
Leitung geschaltet, die stets mit Gas gefüllt ist und selbstthätig im geeigneten
Augenblick in Funktion tritt. Beginnt sie infolgedessen zu sinken, so wird eine
elektrische oder mechanische Alarmvorrichtung in Thätigkeit gesetzt, wodurch man
darauf aufmerksam gemacht wird, dass der Apparat aufs neue in Betrieb gesetzt werden
muss. Diese Reserveglocke wirkt gleichzeitig als Druckregulator.
Der Apparat fand in Budapest lebhafte Beachtung und wurde mit der goldenen Medaille
prämiiert. Neu dürfte unseres Wissens die Verwendung von Ketten für den oben
beschriebenen Zweck sein, weshalb der Apparat einen etwas ungewöhnlichen Eindruck
machte. Seine Funktion war eine vollkommen tadellose und konnte durchaus
befriedigen. An Einfachheit lässt der Apparat allerdings zu wünschen übrig und ist
in dieser Beziehung kein Koh-i-noor der Acetylentechnik. Unbedingte Anerkennung
fordert jedoch die sorgfältige konstruktive Durcharbeitung der Grundidee und die
solide Ausführung des Apparates.
Hiermit wollen wir die Vorführung von Acetylenapparaten dieser Ausstellung
beschliessen. Der Eindruck, den die Ausstellung hinsichtlich der Apparate machte,
war im allgemeinen erfreulich, denn es waren manche vortrefflichen Apparate
vorhanden, wie man aus den Erläuterungen, die während dieses Berichtes gegeben
wurden, entnommen haben wird. Ausser den Apparaten für stationäre Beleuchtung waren
eine grosse Anzahl mobiler Apparate in Form von Lampen, Laternen, Handapparaten
u.s.w. ausgestellt, die, namentlich was die Fahrradlaternen anlangt,
ein vorzügliches Aussehen mit sicherer Funktion verbanden; Wir glauben kaum, dass
hinsichtlich dieser kleinen Acetylenapparate noch wesentliche Verbesserungen
ausführbar sind. Was in Acetylentischlampen ausgestellt
war, sah sehr prächtig aus und die Lampen brannten auch fast ohne Unterbrechung,
aber man hatte dennoch das Gefühl, als wenn die Eigentümer der Lampen diese selbst
mit einigem Misstrauen betrachteten und die Tücken derselben durch die äusserliche
Schönheit verbergen wollten. Man darf sich Dicht darüber täuschen: Eine
Acetylentischlampe im Sinne unserer Petroleumlampen gibt es noch nicht und wird es
Wohl kaum jemals geben. Die Illusionen, denen man sich hierüber hingibt, werden
immer solche bleiben.
Textabbildung Bd. 314, S. 59
Specksteinbrenner von v. Schwarz.
Abgesehen von den Acetylentischlampen zeigte sich das neue Gas hier wieder so recht
als ein Universalleuchtstoff. Auf der einen Seite Apparate zur Speisung der
Beleuchtung für ganze Städte, auf der anderen Seite Fahrradlaternen mit dem winzigen
Generator; dort wie hier eine Gasanstalt, dort wie hier genau derselbe Vorgang bei
der Gasbereitung, dort wie hier genau dasselbe ausgezeichnete Licht mit seiner
unvergleichlichen Weisse und Helligkeit. Ein schärferer Kontrast ist kaum denkbar!
Dass mit der praktischen Verwertung dieses vor nunmehr 63 Jahren entdeckten
Leuchtstoffes das scheidende Jahrhundert abschliesst, um gewissermassen unter dem
Glänze dieses Lichtes, gleichwie der scheidende Tag unter den Strahlen der
Abendsonne, zu entschwinden, ist auch ein Stück Idealismus in der Geschichte der
Technik.
Textabbildung Bd. 314, S. 59
Specksteinbrenner von v. Schwarz.
Haben wir bisher nur von den Apparaten zur Herstellung des Acetylens gesprochen, so
dürfen wir nicht vergessen, dass zur geeigneten Verbrennung des Acetylens nächstdem
ein geeigneter Brenner erforderlich ist. Die
Acetylenbrenner weichen insofern von den Kohlengasbrennern ab, dass sie eine
bedeutend kleinere, engere Gasausströmungsöffnung besitzen müssen, wie die
letzteren. In der ersten Zeit der Acetylenindustrie änderte man dementsprechend die
bisherigen Kohlengasbrenner um, aber es Achten sich dennoch so viele Missstände
bemerkbar, dass man heute diese Brennertypen für Acetylen vollständig ausser acht
lässt. Eine rationelle Behebung der diesen Brennern anhaftenden Mängel war nur
dadurch zu ermöglichen, dass man die Flamme von den Brennern entfernte. Man
erreichte dies, indem man zwei Gasstrahlen in einer beliebigen Entfernung von dem
Brenner aufeinander stossen liess. Die Flamme wird dann nicht direkt an der
Brennermündung haften und, getragen von den beiden Gasstrahlen, ihre Temperatur dem
Brenner weniger mitteilen. Da die Verstopfungen der Brennermündungen um so eher
eintreten, je höher die Temperatur ist, die auf dieselben einwirkt, so ist durch
dieses Brennersystem ein ganz bedeutender Schritt vorwärts gethan und man kann mit
den heutigen Acetylenbrennern im allgemeinen zufrieden sein, natürlich exakte
Herstellung derselben vorausgesetzt.
Textabbildung Bd. 314, S. 59
Specksteinbrenner von Stadelmann.
Textabbildung Bd. 314, S. 59
Fig. 27.Specksteinbrenner von Stadelmann.
In Budapest waren, wie fast auf allen gleichartigen Ausstellungen, die beiden
Beherrscherinnen der gesamten Specksteinbrennerindustrie, die Nürnberger Firmen J. v. Schwarz und Jean
Stadelmann und Co. vertreten. Die Acetylenbrennertypen der ersteren Firma
stellen die Fig.
17 bis 23, diejenigen der letzteren die Fig. 24 bis 27 dar. Bei sämtlichen Brennern bildet Speckstein den
hauptsächlichsten Bestandteil und nur die das Gewinde tragenden Sockel sind aus
Messing gefertigt. Sämtliche Brenner, ausser dem in Fig. 23 abgebildeten,
sind ferner mit Luftlöchern versehen, damit dem Gase vor seiner Verbrennung ein
gewisses Quantum Luft zur Erzielung einer besseren Verbrennung zugeführt wird. Bei
dem Brenner Fig.
23 sind an Stelle der Luftlöcher Metallkappen über den
Gasaustrittsöffnungen angeordnet, wodurch gleichfalls eine Mischung von Acetylen und
Luft herbeigeführt wird, ehe die Verbrennung eintritt. Auf ähnliche Weise suchte man
den Effekt bei der Brennerform Fig. 17 und 18 zu
erreichen, indem man den Brennerköpfen im rechten Winkel zur Gasausströmung einen
Einschnitt gibt, durch den die Luft streicht. Das ausströmende Gas reisst die Luft
mit und mischt sich mit ihr ebenso wie bei den übrigen Luftzugbrennern. Bei dem
Brenner Fig.
22 befinden sich die Luftlöcher unterhalb der konischen Specksteinköpfchen
und münden im spitzen Winkel in den Gaskanal, um hier die Mischung von Acetylen und
Luft zu ermöglichen. Bei den Brennern Fig. 18 bis 20 ist, wie
ersichtlich, der Einschnitt zur Luftzuführung in der Achsenrichtung der
Gasausströmung angebracht. In von den bisher bezeichneten Brennern etwas abweichender
Form repräsentieren sich die Brenner Fig. 26 und 27. Die Specksteinarme haben an ihrem Kopf im rechten
Winkel zur Ausströmungsöffnung cylindrische Eindrehungen für Luftzufuhr, so dass ein
Kern gebildet ist, der von dem Specksteinmantel umgeben und von der Luft umspült
wird. Die Eindrehung reicht natürlich bis unter die Gasausströmungsöffnung.
Von den ausgestellten Karbidproben ist wenig zu
sagen; sie waren in allen Arten, in Stücken und granuliert vorhanden.
Zeichnungen verschiedener Karbidöfen, einige von Ganz und
Co. in Budapest gebaute Zerkleinerungsmaschinen in bekannten Typen,
Photographien und zeichnerische Abbildungen der Karbidfabrik
Meran, sowie sehr sauber und dauerhaft gearbeitete Karbidfässer von Emil Neher in Seebach bei
Villach – das war alles, womit die Karbidindustrie vertreten war.