Titel: | Mechanische Transportanlage für Gaskoks im Gaswerk zu Rouen. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 101 |
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Mechanische Transportanlage für Gaskoks im
Gaswerk zu RouenNach Le Génie civil, 14. Oktober
1899..
Mechanische Transportanlage für Gaskoks im Gaswerk zu
Rouen.
Schon lange wendet man in technischen Kreisen der Frage der Beförderung von
Massengütern, insbesondere der Kohlenzufuhr zu den Dampfkesseln nebst Beseitigung
von Schlacke und Asche, besondere Aufmerksamkeit zu. Namentlich in Amerika hat man
es verstanden, die stetige Zufuhr des Brennstoffes zu den grossen Kesselbatterien,
die prompte Erneuerung des Kohlenvorrates der Lokomotiven auf mechanischem Wege
durchzuführen, wobei es sich bei günstiger Oertlichkeit erreichen liess, dass die
Kohle direkt vom Waggon bezw. Schiff bis vor die Heizthür befördert wird, ohne
weitere Menschenkraft in Anspruch zu nehmen, als für den Betrieb der Maschinen
erforderlich ist.
Textabbildung, Bd. 314, S. 101
Fig. 1.
Textabbildung, Bd. 314, S. 101
Fig. 2.
In Frankreich – und überhaupt auf dem Kontinent – ist man auf diesem Gebiete noch
weit zurück, und bis vor kurzem war, wenn man von einer Anzahl Drahtseilbahnen in
Grubenbezirken und für einige grössere Heizanlagen absieht, die Umladung der Kohlen
mit der Schaufel, die Beförderung mittels Schubkarrens das einzig gebräuchliche
Verfahren.
Neuerdings aber hat ein für den Arbeiter ausserordentlich anstrengender, dazu
zeitraubender und kostspieliger Arbeitsvorgang auf dem Gebiet der Gasfabrikation den
Anstoss zur Einführung mechanischer Transportmittel gegeben; bisher wurde nach
erfolgter Destillation der Steinkohle der in den Retorten zurückbleibende glühende
Koks, nachdem er mittels Brechstangen gelöst und aus dem Ofen herausgezogen war,
zunächst in eisernen Karren fortgeführt, sodann durch Uebergiessen mit Wasser
abgelöscht und schliesslich nochmals weiterbefördert, um auf Haufen aufgespeichert
zu werden.
Dieses umständliche Verfahren wurde durch Brouwer,
Rektor des Gaswerks in Brügge, in der folgenden Weise für rein mechanische
Beförderung umgewandelt. Der aus dem Ofen gezogene glühende Koks wird in eine Rinne
fallen gelassen, in dieser durch eine Förderkette fortbewegt und gleichzeitig durch
Berührung mit Wasser allmählich abgelöscht, sodann auf schiefer Ebene gehoben und
den Silokästen bezw. Sieben und Koksbrechern zugeführt.
Als Beispiel diene im folgenden die durch die Compagnie
Continentale pour la fabrication des compteurs à
gas nach Brouwer's System eingerichtete
Kokslösch- und Transportanlage im Gaswerk Rouen.
Textabbildung, Bd. 314, S. 101
Fig. 3.Fig. 4.
Es sind zwei Ofenbatterien (Fig. 2) mit im ganzen 16
Retortenöfen vorhanden; je zwei der letzteren sind mit der Hinterwand derart
aneinander gebaut, dass sie sich nach entgegengesetzten Seiten öffnen. Jederseits
liegt vor den Ofenmündungen eine Rinne c und d, in der sich ein endloses Förderband bewegt, während
ihr Boden mit einer Schicht Wasser bedeckt ist, welches am hinteren Rinnenende in schwachem Strahl
kontinuierlich zufliesst und durch die Kette gleichzeitig mit dem Koks nach vorn
weggeführt wird. Die anfangs horizontal gelegte Rinne senkt sich bei f (Fig. 1) und bildet
dort eine Art Reservoir, aus welchem sie sich schliesslich mit einer Steigung von
22° bis zu einer Höhe von etwa 5 m über Flur erhebt.
So werden in geschickter Weise die beiden Hauptoperationen zeitlich vereinigt. Der in
glühendem Zustand in die Rinne eingeworfene Koks wird sofort weiter befördert, kommt
aber dabei dauernd mit Wasser in Berührung und kühlt sich ab; das vollständige
Ablöschen wird in den Behältern f herbeigeführt,
woselbst sich infolge der oben besprochenen Anordnung das Wasser in grösserer Menge
ansammelt. Schliesslich bringt derselbe Bewegungsvorgang das Material mit Hilfe der
schiefen Ebenen noch auf solche Höhe, wie sie für die weiteren Operationen
erforderlich ist.
Die konstruktiven Einzelheiten von Rinne und Förderband ergeben sich aus den Fig. 3 und
4. Auf
den 8 mm starken Blechboden der Rinne sind als seitliche Wände zwei Winkeleisen
genietet. Zwei neben diese Winkel gelegte Flacheisen dienen den beiden Gliederketten
zur Auflage, aus denen das Förderband besteht, und sind durch zwischengenietete,
hochkant gestellte Flacheisen verbunden, durch die der Koks gefasst und fortbewegt
wird.
Sobald das bewegte Material das obere Ende der schiefen Ebene erreicht hat, fällt es
durch dort vorgesehene Oeffnungen in eine zweite Rinne c, welche rechtwinklig zur Richtung von c und
d horizontal verläuft und ganz ähnlich wie jene
konstruiert ist. Sie bildet die obere Gurtung eines Gitterträgers (Fig. 5), dessen untere Gurtung aus zwei getrennten
Winkeln mit nach innen gerichteten Schenkeln besteht, die den Gliederketten beim
Rückgang zur Auflage dienen. In ähnlicher Weise vollzieht sich der Rückgang der
Förderketten für die Rinnen c und d, sie gleiten auf Winkeleisen, welche längs der oberen
Ofenkante von einfachen Konsolen getragen werden (Fig.
1). Der Antrieb erfolgt durch Elektromotoren mittels fünfseitiger
Trommeln, deren Seitenlänge den Kettengliedern entspricht.
Die horizontale Förderrinne e schafft schliesslich den
abgelöschten Koks zu den Apparaten, welche zur Zerkleinerung, Sortierung und
Aufspeicherung des Materials dienen. Hierbei sind zwei Möglichkeiten vorhanden:
entweder lässt man den Koks so, wie er aus den Retorten kommt, durch Oeffnungen im
Rinnenboden über g und h
in den Vorratsbehälter o fallen, oder man führt das
Material, indem man jene Oeffnungen durch Klappen schliesst, zur
Zerkleinerungsanlage imn (Fig.
5 und 6). Bei i scheidet zunächst ein Schüttelsieb die feinen Teile aus, welche
direkt in den Elevatortrog k fallen. Die grösseren
Stücke gelangen durch den Trichter m in den Koksbrecher
n und von hier gleichfalls in den Trog k, sodann mittels des Becherelevators auf die
Sortiersiebe l, welche das fertige Produkt nach den
gangbaren Korngrössen in die siloartigen Vorratskasten pqrs verteilen, aus deren Füllklappen der Koks direkt in untergefahrene
Wagen bezw. in Säcke gefasst werden kann. Zum Antrieb der Zerkleinerungsanlage dient
der Elektromotor t, welcher 10 leistet.
Textabbildung, Bd. 314, S. 102
Fig. 5.
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Fig. 6.
Besonders hervorzuheben ist das Fernhalten des Grieses von dem Koksbrecher; dies
bedeutet, da es sich um etwa 40% der gesamten Koksausbeute handelt, ausser einer
wesentlichen Vergrösserung der Leistungsfähigkeit der Maschine eine entsprechende
Verminderung in der Stauberzeugung.
Die Oekonomie der Anlage ist eine sehr befriedigende. An motorischer Kraft werden
verbraucht: 6 für die beiden Förderketten c
und d, 2 für e,
10 zeitweise für die Zerkleinerungsanlage. Jeder Ofen besitzt 9 Retorten,
welche in 24 Stunden je 6mal neu beschickt werden mit jedesmal 150 kg Kohle, welche
112 kg Koksrückstand ergeben; das sind bei 16 Oefen 16 . 9 . 6 . 112 = 97000 oder
rund 100000 kg pro Tag. An Bedienung erspart man zur Zeit des stärksten Gasbedarfs 4
Mann pro Halbtagsschicht ohne Berücksichtigung der Zerkleinerungs-, Sortier- und
Verladearbeit. Rechnet man auch dies mit ein, so kann man nach sorgfältigen
Erhebungen die Ersparnis pro Jahr im Mittel auf etwa 20000 Fr. bewerten.