Titel: | Ueber die Benutzbarkeit elektrischer Akkumulatoren zum Betriebe von Fährbooten. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 125 |
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Ueber die Benutzbarkeit elektrischer
Akkumulatoren zum Betriebe von Fährbooten.
Ueber die Benutzbarkeit elektrischer Akkumulatoren zum Betriebe von
Fährbooten.
Im Engineering Magazine vom Juni 1899 stellt der
bekannte amerikanische Elektrotechniker Childs,
Vizepräsident und Schatzmeister der Gesellschaft für die
Lieferung von Licht, Wärme und Kraft, eingehende Betrachtungen über die
Möglichkeit an, Akkumulatoren nicht nur für die Torpedoboote, sondern auch für alle
jene Boote mit Vorteil in Verwendung zu nehmen, welche wie die „Fährboote“
häufig ihre Fahrt zu unterbrechen oder wiederholt längere Zeit anzuhalten
haben. Namentlich, was die letztangeführte Gattung Boote anbelangt, scheinen in der
That bei Ersatz des Dampfes durch Elektrizität wirtschaftliche Vorteile leicht
erreichbar zu sein. Bei den Dampfbooten erwächst ja ein ganz nennenswerter Aufwand
an Brennstoff lediglich für die Erhaltung des Dampfdruckes im Kessel während der
Aufenthalte, deren Dauer im allgemeinen einen bedeutenden Bruchteil der Betriebszeit
ausmacht. Nebstdem
kann das Boot, da, wie gesagt, die Anhaltestellen gewöhnlich sehr zahlreich sind und
verhältnismässig nahe aneinander liegen, seine Maximalgeschwindigkeit nur während
eines geringen Teiles seiner Fahrt aufnehmen, so dass also die Maschine zumeist mit
nur geringer Beanspruchung arbeitet. Endlich ist auch noch in Rechnung zu ziehen,
dass insbesondere schwächere Maschinen, wie sie zum Antriebe von Fährbooten benutzt
werden, fast immer eine ziemlich geringe Nutzleistung aufweisen. Mit einem
elektrischen Motor hingegen, der durch eine Akkumulatorenbatterie gespeist wird,
würde jede Vergeudung von Brennstoff während der Aufenthalte vermieden bleiben, da
ja der Elektromotor immer zur Arbeit bereit wäre. Ueberdies würde der Verbrauch an
Kraft beständig der für den Antrieb des Bootes aufgewendeten Kraft nahezu
proportional bleiben, wie gross dieselbe auch sein möge.
Nach Feststellung dieser für den elektrischen Betrieb ausgesprochen günstigen
Umstände erübrigt nur noch zu untersuchen, ob nicht etwa das grosse Gewicht der
Akkumulatoren oder die bedeutenden Anschaffungskosten der Einrichtung der Erzielung
von wirklichen Ersparnissen im Wege stehen? In dieser Beziehung kommt zuförderst in
Betracht, dass das Gewicht der Akkumulatoren notwendigerweise von der Zeitdauer
abhängt, welche man der Entladung geben will. Versuche, die auf Motorwagen mit
Akkumulatorenbetrieb durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass für eine 5 Stunden
dauernde Entladung ungefähr 32 bis 37 kg Akkumulatoren erforderlich sind, und indem
sich Childs auch noch auf weitere Versuche stützt, die
vor kurzem in London mit einer 600 kg schweren Batterie eines automobilen Lastwagens
angestellt worden sind, gelangt derselbe hinsichtlich des Gewichtes pro und
pro -Stunde bei verschiedenen Batterieentladungszeiten zu nachstehenden
Zahlen:
Dauer der Entladung
Gewicht pro
Gewichtpro -Stunde
20
Stunden
400,0
kg
20,0
kg
10
„
275,0
„
27,5
„
6
„
206,0
„
34,3
„
3
„
140,0
„
46,3
„
1
„
77,5
„
77,5
„
Wird ausser dem Akkumulatorengewichte das Eigengewicht der sonstigen zugehörigen
Einrichtung (Motor, Stromleitungen, Kontrollers u.s.w.) mit 9 kg pro
angenommen und für die Anlage eine Nutzleistung von 80% vorausgesetzt, so verwandeln
sich die oben berechneten Ziffern in folgende:
Dauer der Entladung
Gewicht pro
Gewichtpro -Stunde
20
Stunden
510
kg
25,5
kg
10
„
353
„
35,3
„
6
„
266
„
44,3
„
3
„
184
„
61,3
„
1
„
106
„
106,0
„
Dieser Berechnung würden sich die auf die Einheit der Kraft bezogenen Gewichte der
maschinellen Einrichtungen der Dampffährboote mit nachstehenden, allerdings weit
niedrigeren Ziffern entgegenstellen:
Dauer des Betriebes
Gewicht pro
Gewichtpro -Stunde
20
Stunden
47
kg
2,4
kg
10
„
36
„
3,6
„
6
„
33
„
5,2
„
3
„
28
„
9,3
„
1
„
26
„
26,0
„
Wollte man nun beispielsweise eine 6stündige normale Entladungsdauer der
Akkumulatorenbatterie voraussetzen, so zeigt sich, dass für dieselbe Leistung das
Gewicht der Motoreinrichtung für Elektrizität ungefähr 8mal so gross sein würde als
für Dampf. Dieses Verhältnis ist mithin für den elektrischen Betrieb anscheinend
sehr ungünstig, allein in Wirklichkeit stellt sich dasselbe wohl nicht so grell,
weil die Fährboote, die zwischen New York und Jersey City in Verkehr stehen, und
welche Childs seinen Berechnungen zu Grunde gelegt hat,
sehr geringe effektive Leistungen aufweisen; deshalb glaubt er denn auch annehmen zu
dürfen, dass ein derartiges Fährboot mit einer Dampfmaschine von etwa 1500
i und einem Maschinengewichte von 60 bis
70 t nicht ohne Vorteil durch eine elektrische Motoreneinrichtung von 80 t
Gesamtgewicht – davon 72 t Akkumulatoren und 8 t das übrige Zubehör – betrieben
werden könnte. Was ferner den Kostenpunkt eines derartigen elektrisch ausgerüsteten
Fährbootes betrifft, so schätzt Childs den
Anschaffungspreis auf 200000 bis 250000 M., d.h. ungefähr um die Hälfte höher als
den Preis eines Dampffährbootes. Allein diese Mehrkosten würden sich wohl sehr bald
durch Ersparnisse amortisieren, die sich aus der Verminderung der
Unterhaltungskosten für das Schiff ergeben, dessen Rumpf nicht mehr schädlichen
Erschütterungen ausgesetzt wäre, hauptsächlich jedoch durch die Ersparnisse im
Kohlenverbrauch, der sich mindestens auf 4 t im Tage belaufen würde, wenn man
annimmt, dass die zur Ladung der Akkumulatoren nötige Elektrizität durch eine
Zentrale erzeugt würde, die immer mit voller Beanspruchung arbeitet.
Es bietet seine Schwierigkeiten über die obigen Zahlen, vornehmlich insoweit sie sich
auf die New Yorker Fährboote beziehen, ein genaues Urteil zu gewinnen, trotzdem
glaubt auch der Berichterstatter der Zeitschrift L'Eclairage
électrique, welche die Childs'schen
Berechnungen wiedergibt, sich der Anschauung des letztgenannten ohne weiteres
anschliessen und überzeugt sein zu dürfen, dass unter gewissen Voraussetzungen bei
Fährbooten der Akkumulatorenbetrieb wirtschaftlich günstiger sein könne als der
DampfbetriebDiese Möglichkeit
erscheint uns vorläufig noch nicht im gleichen Masse als ausgemacht, es wäre
denn, dass es sich um den Ersatz alter, ganz besonders unwirtschaftlicher
Dampfmaschinen handelte.Anmerk. d. Red.. Die Gründe aber, auf welche
sich dieses Kalkül stützt, sind leider auch hier nicht näher angegeben und können
sonach ebensowenig auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden als die
Ursprungsangaben. Uebrigens ist die Frage der Einführung des elektrischen Betriebes
an Stelle des Dampfbetriebes auf den Pariser Seinedampfern (bateaux mouches) bereits ernstlich untersucht worden, und die betreffenden
Ergebnisse waren so weit befriedigend, dass sich auf Grund derselben eine
Gesellschaft veranlasst gefunden hat, die behördliche Genehmigung zur Errichtung
einer stromabwärts von Paris mittels Akkumulatoren betriebenen Fährbootslinie
anzusuchen. Allerdings darf dabei nicht verschwiegen werden, dass die besagte
Gesellschaft darauf rechnet, den Hauptteil ihrer Einkünfte aus ihrer elektrischen
Zentrale, d.h. aus der Abgabe elektrischer Energie an die elektrische
Vergnügensschiffahrt zu ziehen, die ins Leben gerufen werden soll und sich
zweifelsohne lohnend zu entwickeln verspricht, sobald dieser Sport durch leichten,
bequemen und auch sonst günstigen Bezug von Kraft entsprechend gefördert wird.
Anlässlich des Childs'schen Vorschlages und seiner
Vorausberechnungen darf wohl auf eine etwas andere Lösung derselben Frage erinnert
werden, welche vor etwas mehr als einem Jahre in The
electrical World angeregt worden ist. Das betreffende Projekt lautete
dahin, es sollen behufs wirtschaftlicher Verbesserung des Fährbootbetriebes in
diesen Fahrzeugen nur halb so grosse Dampfmaschinen zur Verwendung kommen als
gewöhnlich, und zwar gemeinschaftlich mit einem gleich starken, von einer
Akkumulatorenbatterie gespeisten Elektromotor. Davon sollte die Dampfmaschine
unausgesetzt unter voller Beanspruchung arbeiten, nämlich während der Fahrt zwecks
Antriebes des Bootes und während der Aufenthalte behufs Ladens der Batterie. Der
Elektromotor aber hätte lediglich den Krafftzuschuss zu leisten, welcher während der
mit voller Geschwindigkeit im offenen Fahrwasser zu bewerkstelligenden Fahrt
erforderlich wird. Hierzu bemerkt wieder der weiter oben erwähnte Berichterstatter
des L'Eclairage électrique, dass die wirtschaftlichen
Vorzüge eines solchen gemischten Betriebes ohne weiteres auf der Hand lägen; die
gemischte Betriebsform habe ausserdem gegenüber dem ausschliesslich elektrischen
Antrieb den Vorteil nur eine Batterie von geringem Gewichte zu erfordern, da die
Akkumulatoren doch lediglich mit Unterbrechung und unter ganz besonders günstigen
Bedingungen beansprucht würden. Es ist kaum anzuzweifeln, dass infolgedessen der
Verbrauch an Kohle pro nutzbare Krafteinheit beim gemischten Betriebe kleiner sein
wird als beim rein elektrischen, wie ihn Childs
vorschlägt.