Titel: | Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin 1899. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 133 |
Download: | XML |
Die Internationale Motorwagenausstellung zu
Berlin 1899.
(Fortsetzung des Berichtes S. 121 d.
Bd.)
Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin
1899.
Der unbestrittene Mittelpunkt des allgemeinen Interesses war der Stand der Daimler-Motoren-Gesellschaft Cannstatt, Reiche in
geschickter Weise die ersten von Ingenieur Gottlieb
Daimler im Jahre 1883 hergestellten Versuchsobjekte neben den neuesten mit
allem erdenklichen Luxus ausgestatteten Motorwagen vorführte.
Auf keine andere Weise hätte man dem grossen Publikum überzeugender den jetzigen
hohen Stand der Automobilindustrie demonstrieren können, als gerade durch diese
allerersten Modelle. Für den Fachmann waren sie besonders interessant, da bei diesen
Motoren zum erstenmal höchste Kraftleistung und geringstes Eigengewicht zu
vereinigen gesucht und dieses Problem thatsächlich gelöst wurde. Durch ein neues
Lade- und Zündverfahren, welches die Anwendung einer fast unbegrenzten Tourenzahl
bei voll kommen geregelten Permanenzzündungen gestattete, hatte Daimler die lange schwebende Frage in verblüffender
Weise zu lösen verstanden, und der Welt für alle Zeiten den Kleinfahrzeugmotor
geschenkt, sowie mit der Ausführung der verschiedenen Arten der Kraftübertragung die
Wege vorgezeichnet, welche zur jetzigen Vollkommenheit der „Selbstfahrer“
geführt haben.
Es dürfte zweifellos allgemein interessieren, etwas über die ersten Motorfahrzeuge,
welche im Anfang des Jahres 1885 im öffentlichen Verkehrsleben erschienen, zu
erfahren.
Bereits im Jahre 1883 liess Ingenieur Daimler seinen
neuen Fahrzeugmotor (D. p. J. 1895 297 * 125) patentieren. Die vollkommen neue
„Permanenzzündung“ ohne Schieberorgan oder sonstig bewegte Teile, welche
bei demselben zum erstenmal praktische Verwendung fand, gestattete es, die
Umdrehungsgeschwindigkeit von Explosionsmotoren um das 8- bis 10fache zu erhöhen und
gleichzeitig im entsprechenden Verhältnis das Eigengewicht derselben zu ermässigen.
Die Entzündung der Ladung erfolgte durch das Zusammenwirken der Kompression mit
bestimmt gelagerten von aussen beheizten Glühflächen im toten Punkte. Diese neue Art der Zündung
war bei weitem einfacher und auch bedeutend zuverlässiger als alle bisher bekannten
Verfahren. Der neue Daimler-Motor besass einen
horizontalen Cylinder, der die Gasmenge komprimierte, bevor die Zündung erfolgte.
Letztere erfolgte durch eine glühende Röhre, eine sogen. Amorce, welche am Ende der
Kompressionskammer angebracht war. Der Motor setzte seine Thätigkeit auch nach
Wiedererlöschen der Amorce fort, da die hohe Temperatur der sogen. Culasse genügend
war, um die weiteren Explosionen herbeizuführen. Die Kühlung des Cylinders erfolgte
durch den Luftzug in einer metallischen Umhüllung, welche die Flügel dieses
Cylinders umgab.
Textabbildung Bd. 314, S. 134
Fig. 48.Niederrad von Daimler 1885.
Bereits im Jahre 1885 brachte Daimler dadurch eine
bedeutende Verbesserung seines Motors zuwege, dass er den ersten Spezialmischapparat
zur Vermischung der Benzingase mit atmosphärischer Luft an demselben zur Anwendung
brachte. Darauf vollendete er den ersten stehenden Motor mit einem Cylinder und
wandte das noch heute fast allgemein gebräuchliche System an, alle konstruktiven
Teile in einer festen Kapsel zu vereinigen.
Hiermit war der neue Krafterzeuger in seinen wesentlichsten Bestandteilen
fertiggestellt. Er ist zwar im Laufe der Jahre in einzelnen Teilen geändert und
verbessert worden, in seinen Hauptzügen ist jedoch der Daimler-Motor noch heute
allgemein gebräuchlich und in der ganzen Welt zu finden.
Nachdem Daimler seine Pläne verwirklicht sah, arbeitete
er nun daran, seinen allen Anforderungen genügenden Motor dem öffentlichen Verkehr
dienstbar zu machen. Er wandte ihn mit bestem Erfolg bei allen Arten Luxus- und
Lastfuhrwerken, kleineren und grösseren Booten, Strassenbahnen und Omnibussen u.s.w.
an.
Textabbildung Bd. 314, S. 134
Fig. 49.Daimler-Motorkutsche 1885/86.
Das erste mit einem Daimler-Motor ausgerüstete Fahrzeug war ein im Jahre 1885
erschienenes Niederrad (Fig. 48); dies war überhaupt
das erste Exemplar des damals noch ganz unbekannten Radsystems. Die Anordnung
des Mechanismus ist folgende.
Unter dem Sitz B befindet sich der Motor A von ½ ; er findet zwischen den Beinen des
Reiters bequem Platz. Derselbe saugt das zum Betriebe nötige Petroleum selbstthätig
aus dem Behälter b ein, und der Radfahrer braucht nur
die Menge des Zuflusses an dem Hahn ei zu regulieren.
Soll nun der Motor in Gang gesetzt werden, so wird die Lampe e angezündet und der Motor mittels der Kurbel einmal umgedreht. Diese
Vorbereitung ist in einer Minute geschehen; der Motor arbeitet ruhig, da zur
Dämpfung des Auspuffes der Topf F in die Auspuffleitung
f eingeschaltet ist. Das Stahlrad steht noch still.
Soll dieses in Bewegung gesetzt werden, so besteigt der Radfahrer dasselbe, ergreift
das Steuer G und bringt den Motor mit dem Velocipedrade
in Verbindung. Dies geschieht durch den Hebel H, die
Schnur i und die Spannrolle k. Durch diese wird nämlich der Treibriemen L
gegen die Scheiben M und N
angezogen. Die Riemenscheiben dienen zur Erzielung verschiedener Geschwindigkeiten.
Wird der Treibriemen in die punktierte Lage gebracht, so fährt das Fahrrad langsam,
wird er dagegen in die dick ausgezogene Lage gebracht, so wird ein schnelleres
Fahren erzielt. Die Bremse p wird durch die Schnur o angezogen. Durch Zurücklegen des Hebels H wird der Treibriemen wieder los und die Bewegung des
Fahrzeuges erreicht ihr Ende.
Textabbildung Bd. 314, S. 134
Fig. 50.Konstruktion der Daimler-Motorkutsche.
Der erste erfolgreiche Versuch mit dieser Fahrmaschine wurde am 10. November 1885 in
Cannstatt angestellt. Für die praktische Verwendung derselben ist besonders zu
betonen, dass sie, wenn eine entsprechende leicht auszuführende Konstruktion des
Sitzes wie des Radgestelles angebracht wird, auch als selbst lenkbarer Krankenwagen
für Gelähmte verwendet werden kann.
In kurzer Zeit folgten bald andere Versuche und zwar mit grösseren Wagen, welche die
Beförderung mehrerer Personen mittels der Daimler'schen
Motoren bewerkstelligen sollten. Die Zeit, in welcher der Erfinder mit seinen
Motorwagen an die Oeffentlichkeit trat, war um 1885/1886. Den allerersten in
Deutschland gebauten Motorwagen veranschaulicht Fig.
49. Bei diesem Motorwagen, dessen Konstruktion Fig. 50 zeigt, erfolgt der Betrieb ähnlich wie beim Niederrade. Auf der
Achse des Motors A sitzen zwei Riemenscheiben b und c, die durch den
Handhebel d bequem ein- oder ausgerückt werden können,
wobei sie entweder fest oder lose auf der Achse sitzen. Die eine (b) ist für den Schnellgang, die andere (c) für den Langsamgang bestimmt, während für den
Stillstand der Kutsche beide Scheiben ausgerückt werden. Diese Riemenscheiben stehen
durch je einen Riemen mit den Scheiben e und f in Verbindung, e und f sitzen auf der Achse g,
welche am Hinterteil des Wagens unter den Federn gelagert ist. Diese Achse trägt die
Zahnräder h, welche in die Zahnkränze i eingreifen, die an den Speichen der hinteren Räder
angebracht sind. Wird nun durch die Drehung der Riemenscheiben auch die Achse
gedreht, so drehen sich die Räder vorwärts und die Kutsche wird fortbewegt. Der Kutscher, der wie
üblich vorn sitzt, lenkt den Wagen mit dem Steuer k,
das zu seiner Linken liegt. Der Lenkapparat ist an dem Vordergestell durch den
Zahnkranzbogen l angebracht, in den das Zahnrad m eingreift. Der Hebel d,
durch den die Kutsche in Gang gesetzt wird, befindet sich zur Rechten des Kutschers,
ausserdem ist an der Kutsche eine gewöhnliche Bremse angebracht.
Textabbildung Bd. 314, S. 135
Fig. 51.Daimler's „Stahlrad“ vom Jahre 1889.
Diesem ersten Versuch folgten sehr bald andere, die ebenfalls glückten. Inzwischen
wurden viele Neuerungen an dem noch schwerfälligen Mechanismus vorgenommen und
bereits im Jahre 1889 konnte Daimler einen leichten und
praktischen, „Stahlrad“ benannten, Motorwagen für zwei Personen auf den Markt
bringen (Fig. 51).
Aber nicht nur auf dem Lande, sondern auch auf dem Wasser verstand es Daimler, seine Erfindungen auf das beste zu verwerten.
Bereits im Jahre 1886 stattete er zum erstenmal ein Boot mit seinem Petroleummotor
aus (Fig. 52). Seitdem ist gerade dieser Verkehrszweig
zu einem ausserordentlich grossen Feld des Automobilismus geworden. Das Motorboot
hat jetzt in den grösseren Hafenstädten, in den Seebädern und auf den Müssen die
Dampfjollen fast vollständig verdrängt und sich nicht nur für den Personenverkehr,
sondern auch für den Transport von Waren ganz besonders geeignet gezeigt.
Textabbildung Bd. 314, S. 135
Fig. 52.Erstes Daimler-Motorboot vom Jahre 1886.
Das erste Daimler'sche Motorboot hatte eine Länge von 6
m und erreicht mit seinem kleinen 1- bis 2pferdigen Petroleummotor bei einer
Besetzung von elf Personen eine konstante Fahrgeschwindigkeit von 10 km pro
Stunde.
Das Daimler'sche System hat sich seitdem auch auf
dem Wasser mit bestem Erfolge zu behaupten gewusst. Seit längerer Zeit werden diese
praktischen Fahrzeuge von den deutschen Reichsbehörden stark in Anspruch genommen.
So sind mehrere Boote dieser Art bei den Behörden des Strom- und Wasserbaues, der
Kaiserl. Kanalkommission des Nordostseekanals u.s.w. vornehmlich zu Kontrollzwecken
zur grössten Zufriedenheit eingeführt.
Wir wenden uns nunmehr dem modernen Teile der äusserst reichhaltigen
Daimler-Abteilung auf der Berliner Internationalen Motorwagenausstellung zu.
Betrachten wir uns zunächst den Daimler'schen Motor,
Vergaser „Phönix“ (Fig. 53 und 54). Derselbe arbeitet im Viertakt, wird durch
regelmässige Benzinexplosionen in Bewegung gesetzt und hat zur Kühlung des
Arbeitscylinders einen Wassermantel.
Zum Betriebe des Motors, der bei den Daimler-Automobilen gewöhnlich am
Wagenvorderteil in einem dicht geschlossenen Gehäuse angeordnet ist, wird Benzin von
0,68 bis 0,70 spez. Gew. angewandt. Das Benzin wird in einem Reservoir mitgeführt,
das ungefähr 18 1 enthält, und sich ziemlich tief unter dem Wagenboden parallel zur
Hinterachse befindet. Das Benzin wird mittels eines Leitungsrohres, von welchem eine
Abzweigung zu dem Brenner der Glührohrzündung führt, in den Karburator durch die
Oeffnung d geleitet (Fig.
53) und durch ein feines Sieb f gründlich von
allen Unreinigkeiten befreit. Sodann tritt es durch das Körnerventil in den
Nivelliertopf a. Hat es nun hier einen bestimmten Stand
erlangt, so drückt der Schwimmer die beiden Gewichtshebel h, die um den Zapfen r am Winkel s drehbar gelagert sind, in die Höhe und die kurzen
Winkel der Hebel h, die zwischen den beiden Ringen t der Körnerventilstange i
Widerlager finden, drücken die Stange nach unten und sperren so den Benzinzufluss
ab.
Textabbildung Bd. 314, S. 135
Fig. 53.Halb aufgeschnittener Phönix-Karburator.
Da nun das Benzin hier immer den gleichen Stand behält und es durch das Rohr u auch mit der Düse k
verbunden ist, muss das Benzin auch hier stets auf demselben Niveau bleiben. Die
Düse k
ist wieder von dem
Mantel r umgeben, welcher bis ziemlich auf den Grund
des Gefässes b reicht. Saugt nun der Kolben an, so
spritzt das Benzin durch die Verdünnung der Luft im Gefässe c und den entsprechenden Ueberdruck im Gefässe a in ganz feinem Strahle gegen die Spitze des Schwammes oder Pilzes l, befeuchtet diesen und verteilt sich im Raume c in zerstäubtem Zustande.
Textabbildung Bd. 314, S. 136
Fig. 54.Aeussere Ansicht des Phönix-Karburators.
Textabbildung Bd. 314, S. 136
Fig. 55.Neuer Daimler-Motor Phönix.
Da nun in dem Raume b auch der Frischluftkanal m, dessen Querschnitt durch die Scheibe o mittels des Hebels p
reguliert wird mündet, so wird beim Ansaugen des Kolbens auch ein entsprechendes
Quantum Luft zwischen Mantel r und Düse k gegen den Schwamm l
geleitet und diese vermischt sich hier auf das innigste mit dem zerstäubenden Benzin
und bildet das explosible Gemisch. Durch die Nivelliervorrichtung wird nun erreicht,
dass das Benzin in der Düse k immer in gleicher Höhe
steht, beim Ansaugen also immer genau dasselbe Quantum Benzin vergast wird. Die
Luftzufuhr muss je nach ihrem Feuchtigkeitsgehalte durch die Scheibe o reguliert werden. Am Oberteil des Topfes a befindet sich noch die Probiernadel n. Mittels derselben kann man sich überzeugen, ob der
Schwimmer gut funktioniert und andererseits, wenn man das Benzinniveau beim Anfahren
etwas erhöhen will, den Schwimmer etwas länger nach unten drükken und dadurch mehr
Benzin einlaufen lassen. Die Ablassvorrichtung e ist am
tiefsten Punkt der Kammer a angebracht. Diese
Ablassvorrichtung ist durchaus notwendig, da das Benzin, nachdem es längere Zeit
gestanden hat, seine flüchtigen Bestandteile verliert und nicht weiter zur Vergasung
gebraucht werden kann. Ferner muss sie auch, um die sich ansammelnden
Unreinigkeiten zu entfernen, ab und zu geöffnet werden.
Um das sonst beim Ansaugen auftretende Zischen zu vermeiden, hat man eine
trichterförmige Anordnung des Luftzuführungsraumes vorgesehen. Dieser Trichter wird
ausserdem durch eine Lederkappe gegen Schmutz und Staub fest abgeschlossen. Die
Zufuhr kann beim Stillstand der Maschine ganz abgestellt werden, und zwar mittels
eines einfachen Absperrventils, das sich am Benzinreservoir befindet.
Die Zündung des Motors ist bisher die bekannte Glührohrzündung gewesen, welche von
Daimler übrigens zuerst angewandt wurde, doch
sollen, wie verlautet, die neueren Automobilen mit der bereits von uns in D. p. J. 1899 314 * 108
besprochenen elektromagnetischen Zündung von Robert
Bosch, Stuttgart, ausgestattet werden.
Interessant bei den Daimler-Motoren ist vor allem die Kühlwassertrommel, die sich in
der Regel ebenfalls vorn am Wagen befindet. Mit Hilfe einer kleinen Rotationspumpe
tritt das Kühlwasser aus der Trommel in den Cylinder; von hier aus strömt das Wasser
wieder nach der Kühltrommel zurück. Letztere besteht aus vielen Hunderten kleiner
Röhren und an ihrem hinteren Boden vorbei werden, wie bei den bekannten
Ventilatoren, einige Windflügel durch die Motorwelle gedreht. Je rascher nun sich
der Motor bewegt, desto bedeutender wird die Schnelligkeit der Windflügel und desto
erheblicher natürlich ihre Kühlwirkung auf das die Kühlröhrchen umgebende Wasser, da
der scharfe Zug der Flügel die kalte Luft sehr schnell durch die Röhrchen leitet.
Die Kraftübertragung des Motors erfolgt durch Zahnräder auf die Vorgelegewelle (in
vier leicht auswechselbaren Geschwindigkeiten) und wird von da durch Ketten auf die
Hinterradachse bewirkt.
Textabbildung Bd. 314, S. 136
Fig. 56.Boot mit Daimler-Motor.
Von Interesse waren auch die stationären Daimler-Motoren (Fig. 55), D. p. J. 1896 301 * 208, welche für Gas-, Acetylen-, Spiritus-, Benzin-
und Petroleumbetrieb eingerichtet sind. Seine Vorzüge bestehen in höchster
Einfachheit und Uebersichtlichkeit des Baues, Fortfall aller komplizierten bewegten
Teile, geschlossene und besonders auf Grund langjähriger Erfahrungen im Motorenbau
herausgebildete Form, grösste Gleichmässigkeit des Ganges, sparsamster Betrieb,
geringster Material- und Schmierölverbrauch, ausserordentlich ruhiger und
geräuschloser Gang, kompendiöse, typische Form und stete Betriebsbereitschaft.
Als Betriebsmaterial dient in der Regel Leuchtgas oder Benzin vom spez. Gew. 0,68 bis
0,70 oder auch ganz gewöhnliches Lampenpetroleum. Der Verbrauch ist natürlich je
nach Grösse des Motors bei Gasmotoren durchschnittlich 0,8 cbm, bei Benzin- oder
Petroleummotoren 0,36 bis 0,45 kg pro Stunde und Pferdekraft, was einem
Kostenaufwande von ungefähr 12 Pf. entspricht; ein 4pferdiger Motor verbraucht also,
wenn er dauernd mit voller Kraft arbeitet, in der Stunde für 48 Pf. Betriebsmaterial.
(Bei den Bootsmotoren stellt sich der Kostenaufwand etwas geringer.)
Der Daimler-Motor ist eine Gaskraftmaschine, welche das zum Betrieb erforderliche Gas
aus Benzin- bezw. Petroleum selbstthätig erzeugt oder einer vorhandenen Gasleitung
entnimmt. Die Art und Weise, wie das Gas im Motor wirkt und arbeitet, schliesst jede
Gefahr aus; das Gas wird direkt der Leitung entnommen, während das Benzin oder
Petroleum sich in geschlossenen metallenen Behältern befindet, aus denen sich der
Motor automatisch versorgt; eine Explosionsgefahr kann nicht eintreten.
Textabbildung Bd. 314, S. 137
Fig. 57.Daimler-Motorwagen mit Kindersitz.
Die Entzündung der Gase erfolgt durch einen in glühendem Zustande erhaltenen Zündhut.
Sobald der Zündhut rotglühend, und beim Petroleummotor ausserdem der Vergaser
genügend vorgewärmt ist, kann der Motor in Gang gesetzt werden. Man rückt die
Steuerstange ein, dreht an einer Handkurbel und nach einigen Umdrehungen erfolgt die
erste Zündung und der Motor läuft weiter, die Kurbel von selbst auslösend.
Die zur Inbetriebsetzung erforderliche Zeit beträgt beim Gas- und Benzinmotor 2 bis
3, beim Petroleummotor etwa 10 Minuten. Das Abstellen des Motors geschieht durch
Ausrücken der Steuerstange, worauf nach einigen Sekunden der Motor zum Stillstand
kommt.
Fig. 56 veranschaulicht ein mit dem Daimler-Motor
versehenes Boot. Dieselben sind in der Regel auf Kiel gebaut, durchweg kräftig und
solid gearbeitet, kravel oder geklinkert und kupfergenietet, offen oder mit Kajüte,
und mit Sitzbänken versehen (gepolstert oder ungepolstert). Der Motor befindet sich
in der Regel in der Mitte des Fahrzeuges, so dass vor und hinter demselben
Sitzplätze angeordnet werden können. Der Führer hat seinen Stand dicht hinter dem
Motor und bedient diesen sowohl als auch das Steuer; der Motor lässt beiderseitig
genügend Raum für Passage frei. Die Boote werden in Eichenholz oder Stahlblech und
in verschiedenartiger Ausstattung je nach Wunsch gefertigt; Boote mit Schaudeck und
Setzbord sind wegen ihrer grösseren Festigkeit und Steifigkeit stets da zu
empfehlen, wo eventuell starker Wellenschlag eintreten kann. Auf eine gute und
elegante Form der Bootskörper ist äusserste Sorgfalt gelegt, ebenso auf
Solidität der Ausführung.
Die Geschwindigkeit beträgt je nach Bauart des Bootes durchschnittlich 4 bis 8 Knoten
pro Stunde oder 3 bis 4 m in der Sekunde.
Der Tiefgang ist von etwa 60 cm bis 1 m, je nach dem verlangten Zweck. Für seichte
Gewässer und andere spezielle Fälle, wobei es sich um Boote von sehr geringem
Tiefgang, von etwa 30 bis 50 cm handelt, baute die Gesellschaft besonders geeignete
Turbinenschraubenboote.
Die Dimensionen der Daimler-Motorboote sind folgende: äusserste Länge 6 bis 20 m,
äusserste Breite 1,6 bis 4,0 m, Höhe des Bootes 0,71 bis 1,5 m; die äussersten
Raumdimensionen des Schutzgehäuses sind:
1. Für Eincylindermotor (1 ): Länge etwa 580 mm, Breite 500 mm und Höhe 800
mm; Gewicht des kompletten Motors ohne Antrieb 150 kg, Gewicht des Antriebes etwa 45
kg.
2. Für Zweicylindermotor (2 bis 20 ): Länge 660 bis 1450 mm, Breite 480 bis
900 mm, Höhe 720 bis 1500 mm; Gewicht des kompletten Motors ohne Antrieb 180 bis
1100 kg; Gewicht des Antriebes 60 bis 320 kg.
3. Für Viercylindermotor (5 bis 20 ): Länge 1000 bis 1600 mm, Breite 530 bis
870 mm, Höhe 750 bis 1150 mm; Gewicht des kompletten Motors ohne Antrieb 335 bis
1000 kg; Gewicht des Antriebes 120 bis 280 kg.
Diese Motorboote bieten bei bequemer Einrichtung Raum für 6 bis 120 Personen.
Von besonders bequemer Ausstattung sind Daimler's
Bereisungsboote, welche alle für längere Reisen erforderlichen Annehmlichkeiten
besitzen. Bei den grösseren Booten sind noch Damenkabinen eingerichtet; im
Vorderraum befinden sich die Schlafräume und Küche für die Bedienungsmannschaft,
während der offene Maschinenraum den Vorderraum von den hinteren Kajüten trennt.
Textabbildung Bd. 314, S. 137
Fig. 58.Daimler-Vis-à-Vis-Wagen.
Die Daimler-Motorkutsche ist seit den ersten vor 15 Jahren erfolgten Ausführungen in
ihrer jetzigen Konstruktion zur vollkommensten und besten Type dieser Art von
automobilen Strassenfahrzeugen gediehen. Diese und die sonstigen
Daimler-Motorfahrzeuge vereinigen in sich, sowohl was die Gesamteinrichtung wie auch
die Detailkonstruktion, die äussere elegante Form, die vollkommene Stabilität bei
geringem Eigengewicht, höchste Leistungsfähigkeit bei jeder Beanspruchung auf allen
vorkommenden Strecken betrifft, alle Annehmlichkeiten, Vorzüge und Vollkommenheiten,
welche an Fahrzeuge dieser Art gestellt werden können.
Die Triebkraft für die Motorkutschen liefert der oben ausführlich besprochene
„Daimler-Motor“, dessen besonders zweckmässige Konstruktion für
Fahrzeugbetrieb ausserordentlich geeignet ist; seine Einrichtung ist von der Art, dass sich der
Benzinverbrauch ohne die bei anderen Motoren so lästige Nachregulierung stets
selbstthätig der jeweiligen Kraftbeanspruchung anpasst, wodurch ein möglichst
billiger Betrieb erzielt wird.
Der Verbrauch des Benzins (spez. Gew. 0,68 bis 0,70) stellt sich je nach Grösse des
Motors durchschnittlich auf 0,36 bis 0,45 kg pro Stunde und Pferdekraft, was einen
Kostenaufwand von etwa 10 Pf. für die Fahrstunde pro Pferdekraft entspricht.
Textabbildung Bd. 314, S. 138
Fig. 59.Daimler-„Viktoria“-Motorwagen.
Da der Motor aber nur bei Steigungen voll in Anspruch genommen wird, während er im
Gefälle ganz abgestellt werden kann oder leer läuft, so wird dadurch der
durchschnittliche Verbrauch entsprechend verringert.
Die Art und Weise, wie die Gemischladung in der Maschine wirkt und arbeitet,
schliesst jede Gefahr aus: das Betriebsmaterial bleibt in geschlossenen metallenen
Behältern, von welchen aus die Maschine sich selbstthätig versorgt; eine
Explosionsgefahr ist nicht vorhanden.
Das Benzinreservoir ist in geschützter Lage angebracht; sein Fassungsraum ist
ausreichend für eine Fahrzeit von mindestens 10 Stunden ohne Nachfüllung. Die
Vorrichtung zur Zirkulation und Kühlung des Kühlwassers ist so eingerichtet, dass
täglich nur einige Liter Wasser zur Nachfüllung erforderlich sind. Dieselbe
gestattet auch im Winter den Betrieb in durchaus sicherer Weise.
Eine besondere Annehmlichkeit bei den Daimler-Motoren ist die Heizeinrichtung, welche
bei kalter und feuchter Witterung zur Warmhaltung der Füsse dient.
Mittels des patentierten Daimler-Antrieb es wird die Kraft vom Motor aus auf die
Lauf- bezw. Triebräder übertragen und ist die Einrichtung getroffen, dem Wagen vier
verschiedene Geschwindigkeiten zu geben. Hierzu dient ein vierfaches
Wechselgetriebe, welches durch einfache Manipulation mit dem Handhebel bethätigt
wird; dabei ist die wichtige Anordnung getroffen, dass der Wechsel der
Fahrgeschwindigkeiten sich in ganz sicherer Weise vollzieht, da nämlich erst eine
Geschwindigkeit ausgerückt werden muss, ehe eine andere eingerückt werden
kann.
Der Vorzug dieser neuen Art der Kraftübertragung besteht in der damit erreichten
Geräuschlosigkeit, sowohl beim Geschwindigkeitswechsel, als auch bei der Arbeit
selbst und namentlich noch in dem damit erzielten ganz stossfreien Anfahren.
Die Lenkvorrichtung, bestehend aus dem Handhebel der Steuerachse und den auf die
Vorderräder wirkenden, mit Scharnieren versehenen Zugstangen, ist ebenso bequem als
einfach und sicher wirkend.
Die Bremsvorrichtung entspricht ebenfalls den höchsten Ansprüchen. Die Motorkutschen
sind sämtlich mit zwei Bremsen ausgerüstet, und zwar einer Handbremse und einer
Fussbremse; der Gebrauch der letzteren allein genügt in den meisten Fällen, um die
Geschwindigkeit des Fahrzeuges auch bei rascher Fahrt, sowohl in der Ebene als bei
Gefällen und Steigungen, sofort nach Belieben zu verlangsamen, zu hemmen und das
Fahrzeug auch schnell und sicher zum Stillstand zu bringen; man kann in den meisten
Fällen die Handbremse entbehren, welch letztere hauptsächlich nur bei beabsichtigtem
gänzlichem Stillstand und nach Beendigung der Fahrt eingerückt wird. Die Bethätigung
der Fussbremse geschieht ebenfalls sehr leicht.
Die Reversiervorrichtung, mit welcher die Motorwagen ausgerüstet sind, dient dazu,
das Fahrzeug erforderlichenfalls in Rückwärtsgang zu versetzen und wird mittels
eines Hebels ein- und ausgerückt. Jeder Daimler-Wagen ist jetzt mit dieser
praktischen Vorrichtung ausgestattet.
Textabbildung Bd. 314, S. 138
Fig. 60.Daimler-Kutschierwagen.
Die Leistungsfähigkeit dieser Motorwagen variiert in der Regel zwischen 5 und 25 km
Fahrgeschwindigkeit in der Stunde. Auch sind diese Fahrzeuge derart eingerichtet,
dass damit Steigungen bis zu 15% genommen werden können.
Uebrigens werden für grössere Geschwindigkeiten Rennwagen konstruiert, die sich an den grösseren
sportlichen Konkurrenzen mit grossem Erfolg beteiligt haben. So wurden u.a. mit den
Daimler-Rennwagen erste Preise erzielt auf der grossen internationalen Wettfahrt Paris-Rouen im Juli 1894, auf der internationalen
Wettfahrt Turin-Asti der „Exposizione
internationale“ im Mai 1895, auf der bekannten internationalen Wettfahrt Paris-Bordeaux im Juli 1895, bei dem grossen
internationalen Wettrennen Paris-Marseille
und zurück im Oktober 1896, wobei die drei ersten Preise auf Daimler – Wagen
fielen. Der erste Daimler – Motorwagen legte die Strecke von 1728 km in 67 Stunden
und 42 Minuten zurück, eine Leistung, wie sie bis dahin mit einem Strassenfahrzeuge
nicht erzielt worden war. Auch auf den neueren grossen Rennen haben die
Daimler-Wagen mit grossem Erfolg abgeschnitten.
Textabbildung Bd. 314, S. 139
Fig. 61.Daimler-Landauer.
Die Motorwagen werden meist mit Gummirädern ausgerüstet; der zweisitzige Wagen mit
Kindersitz (Fig. 57) hat 3 , der viersitzige
Wagen Vis-à-Vis (Fig. 58) hat 4 , ebenso der
viersitzige Viktoriamotorwagen (Fig. 59), dagegen hat
der Daimler-Motorkutschierwagen (Fig. 60) einen 6
-Motor, ebenso der sechssitzige Landauer (Fig.
61).
Textabbildung Bd. 314, S. 139
Fig. 62.Geschlossener Viktoriawagen der
Daimler-Motorengesellschaft.
Eine vielversprechende Neuheit der Daimler-Motorwagengesellschaft ist der geschlossene Viktoriamotorwagen
(Fig. 62), welcher in Stuttgart und anderen
Städten seit einiger Zeit als Taxameterdroschke eingeführt ist, und sich recht gut bewährt hat. Der
Wagen ist bequem gepolstert und lackiert und mit rückschlagbarem Halb verdeck
versehen. Er besitzt einen zweicylindrigen 4 -Benzinmotor, welcher in
einfacher und leicht zugänglicher Weise am hinteren Teile des Wagengestells
angebracht ist. Er befindet sich auf elastischen Armen ruhend, wodurch die bei den
bisher angewandten Petroleummotoren so empfindlich fühlbaren Vibrationen fast
gänzlich vermieden werden.
Textabbildung Bd. 314, S. 140
Fig. 63.Daimler-Motoromnibus.
Der Verbrauch an Benzin ist ebenso wie bei den anderen Daimler-Wagen und beträgt also
bei voller Fahrt 10 Pf. pro Stunde. Das Benzin befindet sich in einem fest
verschlossenen Behälter, der für 10 Stunden Fahrt genügend Benzinvorrat fasst. Auch
diese Wagen sind mit einer Heizeinrichtung ausgestattet, welche den Innenraum des
Wagens vom Boden aus erwärmt.
Die Fahrgeschwindigkeit kann mit Hilfe des vierfachen Wechselgetriebes nach Belieben
geändert werden. Die höchste Geschwindigkeit beträgt 25 km pro Stunde. Die Funktion
der Lenk- und Bremsvorrichtungen ist absolut zuverlässig.
Im Gegensatz zu dem Viktoriamotorwagen Fig. 62 ist bei
der nach dem Daimler'schen System ausgerüsteten
Berliner Taxameterdroschke der patentierte Daimler-Motor „Phönix“ in einem
Kasten vor dem Führersitz untergebracht. Die Bedienung ist eine überaus leichte und
einfache; er ist stets betriebsfertig und nur wenige Handgriffe sind zur Bedienung
notwendig. Der Motor überträgt seine Kraft mittels der bereits besprochenen
patentierten Vorrichtungen auf eine Welle, die ihrerseits durch
Kettenübertragungen die Hinterräder in Bewegung setzt. Die Droschke ist, wie
alle Daimler-Motorwagen, mit vier Geschwindigkeiten ausgerüstet und durchläuft die
Strassen der Reichshauptstadt seit längerer Zeit zur allgemeinen Zufriedenheit in
der erlaubten Höchstfahrgeschwindigkeit von 14 km pro Stunde; ausserhalb der Stadt
kann die Schnelligkeit bedeutend erhöht werden und zwar bis auf 25 km. Der Wagen
entspricht in Form und Dimensionen, trotzdem die Type an und für sich eine neue ist,
den polizeilichen Vorschriften. Im Sommer besitzt er Halbverdeck, während er im
Winter zugebaut wird und als Coupe läuft.
Textabbildung Bd. 314, S. 140
Fig. 64.Daimler-Geschäftswagen.
Die Daimler-Motorengesellschaft in Cannstatt legt ganz
besondere Sorgfalt auf die Herstellung tadelloser, allen Anforderungen genügender
Last- und Gesellschaftswagen und hat gerade auf diesem Gebiete ausserordentliche
Erfolge erzielt. Bevor wir jedoch auf eine nähere Besprechung der Lastwagen
übergehen, müssen wir den Daimler-Omnibus erwähnen, der gewissermassen den Uebergang
zwischen den Motorkutschen und den Motorlastwagen bildet.
Der Motoromnibus (Fig. 63) kommt in verschiedenen
Grössen zur Ausführung und werden dieselben je nach den verschiedenen örtlichen
Verhältnissen mit Motoren verschiedener Stärke ausgestattet. Für ebene Wege genügen
die schwächeren Motoren, wogegen bei Strecken, aufweichen Steigungen vorkommen, die
Wagen mit den stärkeren Motoren ausgerüstet sein müssen.
Textabbildung Bd. 314, S. 141
Fig. 65.Daimler-Motorlastwagen mit 12 .
Textabbildung Bd. 314, S. 141
Fig. 66.Daimler-Biertonnenwagen.
Die Motoren werden in Stärken von 4 bis 12 gebaut (ausserdem noch
viercylindrige Motore von 10 bis 16 ). Das Gewicht des unbesetzten Wagens
variiert von 1350 bis 3500 kg; die Zahl der zu befördernden Personen zwischen 6 und
30; ausserdem kann Gepäck im Gewicht von 200 bis 450 kg mitgeführt werden.
Als Betriebsmaterial dient Benzin vom spez. Gew. 0,68 bis 0,70; der Verbrauch
ist je nach Grösse des Motors auch hier durchschnittlich 0,36 bis 0,45 kg pro
Stunde, was einem Kostenaufwand von etwa 10 Pf. entspricht.
Die Leistungsfähigkeit dieser Motoromnibusse wird in der Regel für Geschwindigkeiten
von 4 bis 16 km pro Stunde eingerichtet und können damit Steigungen bis zu 12%
genommen werden.
Die Heizeinrichtung wirkt über den ganzen Boden des Fahrzeuges, sowie des
Führersitzes; zur Heizung wird das zirkulierende Mo torkühl wasser benutzt, welches
stets die zur Warmhaltung des Wagenfussbodens notwendige Temperatur besitzt. Zur
Inbetriebsetzung ist lediglich nur das Umstellen eines Hahnes erforderlich, wodurch das
warme Wasser durch den Heizkörper geleitet wird.
Vom Motor wird die Kraft mittels des patentierten Antriebes auf die Lauf- bezw.
Triebräder übertragen und ist die Einrichtung getroffen, dem Wagen drei bezw. vier
verschiedene Geschwindigkeiten zu geben. Hierzu dient ein Wechselgetriebe, welches
durch einfache Manipulation mit dem Handhebel bethätigt wird; dabei ist die wichtige
Anwendung getroffen, dass der Wechsel der Fahrgeschwindigkeiten sich in ganz
sicherer Weise vollzieht, da nämlich erst eine Geschwindigkeit ausgerückt werden
muss, ehe eine andere eingerückt werden kann. Der Vorzug der neuen Art der
Kraftübertragung besteht in der damit erreichten Geräuschlosigkeit sowohl beim
Geschwindigkeitswechsel, als auch bei der Arbeit selbst und namentlich noch in dem
damit erzielten ganz sanften stossfreien Anfahren.
Die Bethätigung der Lenk- und Bremsvorrichtungen erfolgt auf ganz leichte und sichere
Weise. Binnen 3 Minuten können die Omnibusse in Betrieb gesetzt werden.
Textabbildung Bd. 314, S. 142
Fig. 67.Leichter Sport- und Luxusmotorwagen der Motorfahrzeugfabrik
„Falke“.
Eine besondere Spezialität unter den Daimler-Motorwagen bildet der Geschäftswagen
(Fig. 64). Derselbe kann so eingerichtet werden,
dass der obere Teil des Kastens abgenommen und an seiner Stelle zwei Sitzbänke
angeschraubt werden, so dass der Geschäftswagen in ein Break, welches zu
Spazierfahrten, sowie überhaupt zum Personenverkehr benutzt werden kann, umgewandelt
ist.
Diese Wagen kommen in fünf verschiedenen Grössen zur Ausführung und zwar mit Motoren
von 3, 4, 6, 8 und 10 zur Beförderung von 500, 800, 1200, 1500 und 2000 kg.
Die Länge des Wagens beträgt 3400 bezw. 4000 und 4600 mm, die Höhe 1700 bezw. 1800
mm. Das Gewicht des kompletten Wagens stellt sich auf 1000 bezw. 1350, 1600, 2000
oder 2500 kg. Die Einrichtung des Mechanismus u.s.w. ist im übrigen wie bei den
besprochenen Motorkutschen und bei dem Omnibus. Jedoch erhalten die Räder statt
Pneumatiks Eisenreifen.
Im Anschluss an die dem Personenverkehr dienenden Daimler – Motorwagen werden auch
Daimler-Lastwagen (Fig. 65) angefertigt, welche
bestimmt sind, den Frachtverkehr zu vermitteln. Diese Wagen kommen in folgenden
Grössen zur Ausführung: Stärke des Motors 4 bis 16 (darunter
viercylindrige 12/16 -Motore). Diese Wagen vermögen Lasten von 1550 bis 5000
kg bequem zu befördern. Das Gewicht dieser Lastwagen beträgt je nach der Grösse 1500
bis 3500 kg. Die Länge des Fahrzeuges ist zwischen 4500 und 6000 mm, die Breite
zwischen 1500 und 1800 mm. Die Konstruktion ist genau wie bei den anderen bereits
besprochenen Daimler-Motorwagen. Die Geschwindigkeit des Lastwagens beträgt 2,5 bis
10 km; derselbe kann Steigungen bis zu 12% leicht nehmen. Die Räder erhalten eiserne
Reifen.
Der Daimler-Biertonnenmotorwagen (Fig. 66) erfreut
sich in den betreffenden Kreisen grosser Beliebtheit. Er ist äusserst zweckmässig
eingerichtet, leicht zu handhaben und auch sehr zuverlässig. Im übrigen entspricht
seine Konstruktion der des Lastwagens. Auch bei diesem Wagen werden eiserne Keifen
angewandt.
Die „Falke“-Motorfahrzeuge der Motorfahrzeugfabrik
„Falke“ (Albert Falke und Co.), M.-Gladbach, Rheinpr., sind durchweg praktisch und
elegant gebaut. Auf den Wettfahrten bewährten sie sich aufs beste. Zur Ausstellung
gelangten Motordreiräder mit Anhängewagen, Motorquadricycle mit Vorspannwagen, sowie
verschiedene zierliche Motorwagen.
Der leichte Sport- und Luxuswagen Modell A (Fig. 67)
bietet Raum für zwei bis drei Personen, ist 2 m lang, 1,25 m breit. Sein Gewicht
beträgt 220 kg.
Das Gestell des Motorwagens besteht aus nahtlosen Stahlrohren und sind die
Verbindungsstücke aus Schmiedeeisen hergestellt. Die Räder, welche einen Durchmesser
von 650 mm haben, sind mit 65 mm breiten Pneumatiks montiert. Der Wagenkasten ruht
auf elastischen und dennoch stabilen Federn und sind die gepolsterten Sitze mit
Federung versehen. Der hintere Sitz bietet Platz für zwei Personen, während vorn
eine leichte Person oder ein Kind sitzen kann.
Unter dem Vordersitz befindet sich ein verschliessbarer Kasten, worin sich die
Akkumulatoren, die Oelflasche, sowie Werkzeuge befinden, und kann man darin
ausserdem noch etwa 15 l Benzin zur Reserve aufbewahren. Der Wagen ist mit drei
während der Fahrt wechselbaren Geschwindigkeiten versehen und kann infolgedessen in
einem Tempo von 12, 24 und 36 km pro Stunde fahren. Natürlich sind diese
Schnelligkeiten, welche mittels einer mit dem Fuss regulierbaren Friktionsscheibe
unabhängig von dem Gang des Motors gemacht werden können, unter sich wiederum durch
die Zündverstellung zu verändern.
Der Motor ist ein Zwillingsmotor von 3 und wird mit Benzin betrieben. Er ist
mit Luftkühlung, sowie elektrischer Zündung versehen. Ausserdem hat der Konstrukteur
eine zum Patent angemeldete Vorrichtung angebracht, Wodurch sich der Motor selbst
abkühlt, was hierdurch erreicht wird, dass der Motor sich nicht erhitzt, selbst wenn
man im langsamsten Tempo fährt.
Mittels einer kleinen Kurbel erfolgt die Inbetriebsetzung des Motors und dessen
Geschwindigkeit durch Einschalten von gut gehärteten Zahnrädern auf die Achse, an
der die Antriebräder befestigt sind, übersetzt.
Das momentane Stillstehen des Wagens vermittelt eine energisch wirkende
Fussbandbremse, sowie eine nach Belieben verstellbare, doppeltwirkende
Handbandbremse.
Textabbildung Bd. 314, S. 143
Fig. 68.Leichter Motorwagen für Sport- und Geschäftszwecke der
Motorfahrzeugfabrik „Falke“.
Die Lenkung erfolgt mittels einer in Kugellagern laufenden, geraden Stange, die mit
zwei Handgriffen versehen ist, und befindet sich daran ausserdem ein Unterbrecher,
wodurch man die elektrische Leitung zu jeder Zeit unterbrechen kann. Sämtliche Lager
werden automatisch geölt und hat man sich vor der Abfahrt nur zu vergewissern, ob
der Oeler gefüllt ist, um dann unbekümmert hierum seine Tour zu unternehmen.
Der Benzinbehälter fasst 15 l, doch kann man, wie oben erwähnt, ausserdem 15 l in
Reserve bei sich führen, so dass man für Tage hinaus reichlich mit Betriebsmaterial
Ersehen ist.
Zu Geschäftszwecken eignet sich besonders der leichte Motorwagen Modell B (Fig. 68). Derselbe ist ebenfalls 2 m lang, dagegen
1,30 m breit; sein Gewicht beträgt etwa 225 kg. Er ist also nur unwesentlich
schwerer wie Modell A (Eig. 67). Das Fahrzeug nimmt Steigungen bis zu 15% in
bequemer Weise.
Der Wagensitz gewährt genügend Raum für zwei Personen und ist der ganze Kasten auf
vier kräftigen und elastischen Federn gelagert.
Der Motor von 4 arbeitet wie bei den anderen Motorwagen im Viertakt,
wird mit Benzingas betrieben und ist mit elektrischer Zündung und Wasserkühlung
versehen. Derselbe ist vorn am Wagen in horizontaler Stellung angebracht.
Das Benzinreservoir, welches etwa 20 l fasst, befindet sich im Wagenkasten selbst,
und kann die Zufuhr des Benzins zum Vergaser leicht reguliert werden. Der Vergaser
selbst besitzt den Vorteil, dass er das Benzin stets auf gleichem Niveau erhält.
Hierdurch ist ein vollkommenes Gasgemisch gewährleistet, und ist man ausserdem des
lästigen Nachstellens des Schwimmers, wie bei vielen anderen Motoren, enthoben.
Wie schon gesagt, wird der Motor mittels Wasser abgekühlt, und ist das
Wasserreservoir von ungefähr 15 1 Inhalt hinten am Wagen angebracht. Mittels einer
Zentrifugalpumpe, die durch den Motor selbst getrieben wird, wird das Wasser nun um
den Cylinder geleitet. Nachdem der Motor abgekühlt ist, läuft das Wasser in den
Behälter zurück, zirkuliert dann, da es warm geworden ist, zur Abkühlung durch
Rohre, welche ihrerseits wiederum mit Kühlrippen versehen sind, die den Zweck haben,
die Abkühlung zu beschleunigen, und wird dann wieder dem Motor zugeführt. Da bei 100
km etwa 2 l Wasser durch Verdampfen verloren gehen, kann man ungefähr 700 km fahren,
ohne von neuem Wasser einnehmen zu müssen.
Der Motor selbst wird durch eine mit einem Schnepper versehene Kurbel, welche sich
vorn am Wagen befindet, direkt in Betrieb gesetzt; seine Geschwindigkeit wird durch
eine gegliederte Achse (sogen. Gardan-Achse) auf die Hinterradachse des Wagens
übertragen. Auf derselben befindet sich das Differentialgetriebe, sowie die
Zahnräder, durch deren Einschalten die Geschwindigkeiten verändert werden; dieselben
sind luftdicht eingeschlossen, so dass keinerlei Staub eindringen, noch sonst etwas
daran passieren kann.
Mittels einer mit dem Fuss regulierbaren Friktionsscheibe kann man den Gang des
Motors ganz unabhängig von dem sonstigen Getriebe machen, wodurch das ruckweise Ein-
und Ausschalten der Geschwindigkeiten durch ein allmähliches, sanftes
Ineinandergleiten der Zahnräder ersetzt wird. Eine Fussbandbremse bewirkt das
momentane Stillstehen des Wagens und ist ausserdem an der Seite noch eine
doppeltwirkende Handbandbremse angebracht.
Die elektrische Zündung wird von Akkumulatoren, welche für 2000 km ausreichen, bevor
sie neu geladen werden müssen, in Verbindung mit einer Zündspule geliefert, und sind
die sämtlichen Hebel zur Unterbrechung der Zündung, Regulierung der Benzinzufuhr,
sowie Ein- und Ausschalten der Geschwindigkeiten am Steuerrohr in nächster Nähe des
Fahrenden angebracht.
Die Lenkung erfolgt mittels einer in Kugellagern laufenden, geraden Stange, die mit
zwei Handgriffen versehen ist.
Der Motorwagen ist mit zwei Geschwindigkeiten ausgerüstet, und zwar zu 12 und 24 km
pro Stunde; der Benzinvorrat kann in genügender Menge mitgeführt werden. Der
Benzinverbrauch beziffert sich auf etwa 1½ l pro Stunde bei schnellster Fahrt.
Sämtliche Lager werden auch hier automatisch geölt.
Auf Wunsch des Käufers wird dieser Wagen auch mit drei Geschwindigkeiten (12, 24 und
36 km) geliefert. Auch wird das Gefährt auf Verlangen mit dickeren Pneumatiks und
Verdeck ausgestattet.
Ausser diesen beiden Motorwagen fabriziert die Motorfahrzeugfabrik „Falke“ noch Motordreiräder mit Anhänge- und
Vorspannwagen (Quadricycle). Bei diesen Fahrzeugen findet der in D. p. J. 1898 308 * 215
ausführlich besprochene französische Motor der Firma de Dion
et Bouton Verwendung. Im übrigen ist die Konstruktion dieser Fahrzeuge
sowie die Bethätigung derselben in den hauptsächlichsten Punkten den bereits
erwähnten Cudell'schen u.s.w. (D. p. J. 1899 311 * 140. * 141) Motordrei-
bezw. -vierrädern sehr ähnlich.
(Fortsetzung folgt.)