Titel: | Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin 1899. |
Fundstelle: | Band 314, Jahrgang 1899, S. 180 |
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Die Internationale Motorwagenausstellung zu
Berlin 1899.
(Schluss des Berichtes S. 161 d. Bd.)
Die Internationale Motorwagenausstellung zu Berlin
1899.
Hugo Mayer in Berlin hatte einen Motorwagen nach
eigenem System, einen Bellvalette-Motorwagen und ein Dreirad mit Anhängewagen
ausgestellt. Der kleine Benzinmotorwagen, den Hugo
Mayer auf ganz eigene Art gebaut hat, besitzt zwei Motoren mit Umschaltung;
ein grosser Vorteil bei diesem Wagen ist, dass entweder jeder Motor einzeln in
Anspruch genommen wird, oder beide zusammen benutzt werden. Das Gefährt ist
ausgezeichnet gefedert und bietet Platz für 3 Personen (inkl. Diener). Die Steuerung
ist bequem und sicher.
Der ganze Mechanismus ist vollständig auf der Vorderachse untergebracht, so dass die
Hinterachse nur den Wagen selbst zu tragen hat. Hieraus resultiert ein ruhiges und
auch sehr angenehmes stossfreies Fahren. Die Lenkung geschieht vom Sitz aus mittels
eines langen Hebelrohrs.
Textabbildung Bd. 314, S. 180
Fig. 102.Elektrischer „Vulkan“-Wagen der
Vulkan-Automobilgesellschaft.
Das ausgestellte Dreirad repräsentierte das gewöhnliche de
Dion und Bouton-System, während das Anhängefahrzeug durch elegante
Ausstattung auffiel.
Auch der „Vulkan“, Automobilgesellschaft m. b. H.
in Berlin, war gut vertreten. Die Gesellschaft setzt vor allem elektrische Sport-,
Luxus- und Geschäftswagen in Betrieb, ausserdem aber auch verschiedenartige
Motorwagen für 2 bis 20 Personen, Motoromnibusse, Motorgeschäfts- und Lastwagen,
sowie Motordreiräder mit Anhänge- oder Vorspannwagen.
Fig. 102 veranschaulicht einen elektrisch betriebenen
Luxuswagen der „Vulkan-Automobilgesellschaft“.
Derselbe ist im vornehmen Stil gebaut; die Akkumulatoren, sowie der Mechanismus sind
geschickt untergebracht worden, so dass dem Wagen ein leichtes, gefälliges Aeussere
gewahrt wurde. Die Steuerung ist vom Sitz aus in leichter Weise zu bewerkstelligen.
Der Wagen bietet Raum für 4 Personen.
Ungemein zierlich ist der „Vulkan“-Sportwagen,
der ebenfalls ohne Riemen und ohne Ketten hergestellt wird. Der Wagen besitzt drei
verschiedene Uebersetzungen, sowie eine Vorrichtung für die Rückwärtsfahrt; die
Zündung erfolgt auf elektrischem Wege. Die Lenkung erfolgt bequem vom Sitze aus
mittels eines Hebelrohrs; die Bremsung ist ebenfalls eine sichere und bequeme.
Der Wagen ist seiner Bestimmung gemäss leicht, aber doch solide gebaut und bietet
Raum für 2 Personen und eventuell ein Kind. Die übrigen Wagentypen der „Vulkan-Automobilgesellschaft“ sind den bereits
besprochenen Fahrzeugen ähnlich.
Die Nähmaschinen- und Fahrräderfabrik von Adam Opel in
Rüsselheim hat ebenfalls den Bau von Motorfahrzeugen in Angriff genommen und einen
patentierten Motorwagen (System Lutzmann, s. D. p. J. 1898 310 93 Fig. 5)
bereits auf der Ausstellung vorgeführt. Das Gefährt bietet für 4 Personen Platz. Die
Räder sind massiv und mit Vollgummireifen ausgerüstet. Die Federung ist eine ebenso
praktische als auch gediegene, die Bremsung und Steuerung sind praktisch und
zuverlässig. Der Antrieb erfolgt mittels Kettenübertragung auf die Hinterräder. Der
Mechanismus ist von dem hinteren Teile des Wagens aus leicht zugänglich und daher
bequem von allen Seiten zu erreichen.
Die Firma G. Kliemt in Berlin brachte einen elektrisch
betriebenen Geschäftswagen, welcher für die Berliner Firma N. Israel hergestellt wurde, um den Pakettransport nach den Vororten der
Reichshauptstadt zu vermitteln. Bei diesem Elektromobil ist der gesamte Mechanismus,
sowie die Elektromotoren vorn an der Vorderradachse angebracht. Der Fahrschalter
funktioniert in derselben Weise wie der auf S. 165 dieses Bandes besprochene von der
Aktiengesellschaft von Siemens und Halske. Die
Steuerung erfolgt mittels eines Handrades und wirkt höchst zuverlässig auf die
Vorderräder, dagegen wirkt eine starke Bremse auf die Hinterräder. Der Wagen ist
elektrisch beleuchtet und erfüllt seit längerer Zeit die ihm gestellten Aufgaben in
zufriedenstellender Weise. Die Räder dieses Elektromobils sind des schweren Gewichts
des Fahrzeuges wegen mit Eisenreifen belegt.
Die Elektrotechnische Fabrik und Bauanstalt von Hladik,
Grunewaldt und Comp. in Berlin hatte einen elektroautomobilen Wagen für
Luxus- und Geschäftszwecke ausgestellt. Aehnlich wie bei der Henschell'schen Taxameterdroschke (siehe Fig. 41 S. 122 dieses Bandes)
sind die Akkumulatoren in einem besonderen Kasten unterhalb der Droschke
untergebracht und können in wenigen Minuten befestigt resp. entfernt werden, um
gegen einen neuen Kasten mit ganz frischer Batterie ausgewechselt zu werden. Dieser
Umstand ist natürlich von grosser Wichtigkeit. Der Antrieb auf die Hinterräder
erfolgt mittels Ketten. Die Lenkung wird durch ein Handrad bewerkstelligt, welches
den Zahnkranz des Drehschemels am Vorderrade bethätigt. Die Bremsung des
Elektromobils ist, wie auch verlangt werden muss, eine durchaus zuverlässige und
erfolgt sowohl auf mechanischem, wie auch elektrischem Wege. Der Wagenkasten selbst
bietet Platz für 6 Personen.
Die Akkumulatorenwerke Zinnemann und Go. in Berlin
hatten eine transportable neuartige Akkumulatorenbatterie (Fig. 103) zur Auslage gebracht. Dieselbe besteht aus sechs Zellen und hat
eine Kapazität von ungefähr 50 Ampère-Stunden. Im übrigen genügt sie den höchsten
Anforderungen.
Ausserdem brachte die Gesellschaft eine praktisch eingerichtete Normalzelle für
Traktionszwecke; die Kapazität beträgt ungefähr 56 Ampère-Stunden bei 18 Ampère
Entladestrom resp. 78 Ampère-Stunden bei 8 Ampère Entladestrom. Hierzu hatte die
Firma mehrere Platten von verschiedenen Grössen für transportable Akkumulatoren
ausgestellt.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 103.Transportable Akkumulatorenbatterie von Zinnemann und Co.
Ferner führten die Akkumulatorenwerke von Zinnemann und
Co. eine höchst interessante und neue Sicherheitslampe mit festem
Elektrolyt, sowie Isoliermasse zum Verdichten transportabler Zellen und verschiedene
Isolierbänder vor.
Die Firma Siecke und Schultz in Berlin hatte eine ebenso
reichhaltige als interessante Kollektion von Zubehörteilen zum Motorwagenbau zur
allgemeinen Kenntnisnahme zusammengestellt. Eine Spezialität dieser Firma sind die
nahtlosen Stahlrohre, die bekanntlich einen überaus wichtigen Bestandteil der
Motorfahrzeuge bilden. Dieselben sind durchweg deutsches Fabrikat und fanden sich in
verschiedenster Ausführung: im Ziehen abgesetzt, Rohr in Kantenform, achtkantig,
rund u.s.w., von ¾ bis 60 mm lichter Weite. Unter der Fülle und Mannigfaltigkeit des
Gebotenen fiel eine umfangreiche Kollektion von Stahltreibketten in den
verschiedensten Systemen, Grössen und Breiten auf, einige von bedeutenden
Dimensionen, dazu gehören dann wieder die passenden Kettenräder, die in Stahl- und
Bronzeguss ebenfalls vorhanden waren.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 104.Ablasshahn von Schubert und Comp.
Die Berliner Massstabfabrik von Oskar Schubert und Comp.
in Berlin führte einen Ablasshahn mit Flansche, Holzoder Gasgewinde, zum Ablassen
aller Flüssigkeiten vor. Dieser Ablasshahn (Fig. 104)
ist auch für den Motorwagen eine recht angenehme Verbesserung.
Der Ablasshahn besitzt vorn einen Verschlussschieber, der durch einen sauberen
glatten Schliff derartig auf den Hahn auf geschliffen ist, dass derselbe gegen alle
Flüssigkeiten dicht hält. Den Kükenhahnen haftet der Uebelstand an, dass durch das
Abtropfen der Flüssigkeiten, das auch immer ein lästiges Warten bedingt, Verluste
entstehen. Bei diesem Hahn ist das vollständig ausgeschlossen, da der
Verschlussschieber die Flüssigkeit sofort dicht abschneidet.
Vermöge der grossen Oeffnung des Hahnes kommt die abzulassende Masse sofort schnell
in Fluss. Die Firma liefert diese Hähne in Oeffnungen von 20 bis 215 mm für hölzerne
und eiserne Behälter mit Flansch oder Gewinde in jeder gewünschten Form und Grösse.
Unter anderen haben die Hähne auch schon verschiedentlich für Acetylenapparate
Verwendung gefunden, um das verbrauchte Karbid abzulassen.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 105.Elektromotor mit Riemenspannvorrichtung von Möhrlin.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 106.Elektromotor mit Reibradvorgelege von Möhrlin.
E. Möhrlin in Stuttgart hatte verschiedene Arten von
Kapselgleichstrom-Elektromotoren (Type N. G.) ausgestellt. Unsere Fig. 105 veranschaulicht einen Elektromotor mit
Riemenspannvorrichtung, Fig. 106 einen Elektromotor
mit Reibradvorgelege, und Fig. 107 einen Motor
speziell für elektrisch betriebene Fahrzeuge.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 107.Motor für elektrisch betriebene Fahrzeuge von Möhrlin.
Besonderes Interesse für die Automobilindustrie dürfte die kleinste Type der
ausgestellten Elektromotoren besitzen, ein ¾ , in Verbindung mit nur einem
Reibradvorgelege, eine Konstruktion, die bisher nur wenig bekannt und angewendet
wurde. Das Prinzip dieser Konstruktion ist für elektrisch zu betreibende Fahrzeuge
deshalb von Wert, da hierdurch die Anwendung des Zweimotorensystems entbehrlich
wird. Der Motor wird dann auf jeder Seite in einfachster Weise nur mit je einem
Trieb ausgerüstet.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 108.Taschenvoltmeter des Elektrotechnischen Institut Frankfurt,
Gesellschaft m. b. H.
Die beiden anderen Motoren von 3 und 1½ wollen nicht als Spezialkonstruktion
aufgefasst sein, sondern sollen nur beweisen, dass sich geschlossene Motorensysteme
für alle möglichen Antriebsarten bewähren.
Textabbildung Bd. 314, S. 181
Fig. 109.Kombinirtes Volt-Ampèremeter des Elektrotechnischen Institut
Frankfurt, Ges. m. b. H.
Das Elektrotechnische Institut Frankfurt, Gesellschaft
m. b. H. in Frankfurt a. M., Fabrik elektrischer
Messinstrumente, hatte verschiedene interessante Objekte, die für den Motorfahrer
von Wichtigkeit sind, vorgeführt. Darunter ein neuartiges und praktisches
Taschenvoltmeter zum Prüfen von Elementen und Akkumulatoren (Fig. 108); ferner ein kombiniertes, ebenfalls sehr
bequemes Volt-Ampèremeter zum Montieren an Akkumulatorenwagen (Fig. 109), ausserdem Taschen-Ampèremeter, kleine
transportable Volt- und Ampèremeter und Schraubenzieher für Automobilfahrer.
Textabbildung Bd. 314, S. 182
Fig. 110.System des schlangenförmigen Abkühlers von Loyal.
A. Loyal in Paris hatte schrauben- und schlangenförmige
Abkühler mit ovalen und geriffelten Flügeln ausgestellt (Fig. 110). Die Abkühler Loyal (Marke Acalor)
sind von allen grösseren Firmen der Motorwagenbranche Frankreichs und des Auslandes,
namentlich Deutschlands, zur Verwendung gebracht worden.
In ihren Abmessungen sind dieselben infolge längerer Versuche festgesetzt worden,
namentlich durch die Erfahrungen des grossen Kennens Paris-Bordeaux hat man
konstatieren können, dass auf 800 km nur ein Verlust von 3 l stattfand. Dies ist von
Renéde Kniff gemessen worden, und bei dem letzten
grossen Automobilrennen, dem sogen. Tour de France, hat sich diese Angabe vollauf
bestätigt.
Um einen regelmässigen Gang des Motors zu erzielen, ist es von der grössten
Wichtigkeit, die Motorwagen mit den Abkühlern zu versehen; dadurch wird ferner auch
die rasche Wasserergänzung des Reservoirs vermieden.
Die Abkühler Loyal sind aus rotem reinen Kupferrohr
gebaut, und die aus gezogenem Stahl angefertigten Flügel sind auf diese Röhren in
solcher Weise gelötet, dass sie die Hitze sofort entfliessen lassen.
Ein Entweichen des Wassers ist völlig ausgeschlossen, da die Serpentins aus einem
einzigen Stücke konstruiert und auf 25 at Druck geprüft sind.
Der Abkühler muss zwischen dem Reservoir und der Pumpe eingesetzt werden; das warme
Wasser tritt von oben herein und das abgekühlte Wasser verliert sich nach unten.
Je schneller die Fahrgeschwindigkeit ist, desto stärker wird die Abkühlung, da der
Abkühler immer so placiert wird, dass seine Flügel parallel der Achse des Wagens
funktionieren, so dass nichts den Durchgang der Luft hindert.
Von 8 an ist es vorzuziehen, die Modelle a 18 mm Durchmesser innerhalb zu
gebrauchen. Der Wasserverlust kann ungefähr zwischen ½ bis 1 l pro Stunde variieren.
Die schraubenförmigen Modelle sollen soviel als möglich unterhalb des Reservoirs
placiert werden; diese Modelle werden in 16 cm, 20 cm und 22 cm äusserer Durchmesser
gebaut.
Diese Abkühler können übrigens als Dampfkondensatoren für Dampf automobilen u.s.w.
benutzt werden.
Unter den ausländischen Firmen, die sich an der Motorwagenausstellung beteiligten,
ist zunächst „Etablissement Pieper, Société anonyme,
Vertreter H. Pieper in Berlin, welche einen
eleganten Motorwagen ausgestellt hatten.
Bei Konstruktion des Pieper-Doppelmotorwagens war es
zunächst die Aufgabe, in demselben alle Vorteile eines wirklich praktischen
Motorwagens zu vereinigen, und alle zweifelhaften, überflüssigen oder im
praktischen Gebrauche als unzuverlässig erwiesenen Faktoren wegzulassen.
Die Vorderachse ist auf Zapfen montiert, wodurch die Stösse auf unebenen Wegen
erheblich abgeschwächt werden; sie trägt den Petroleummotor.
Die Hinterradachse ist in direkter Verbindung mit den Kugelachsen der beiden
Laufräder und trägt die Motorwelle. Zwei starke Stahlrohre verbinden die
Vorderradachse mit der Hinterradachse; zur weiteren Verstärkung des Rahmenbaues sind
vier Verbindungsstäbe aus Stahl angebracht und diese tragen das grosse Triebrad.
Letzteres wird durch ein kleines, konisches Zahnrad getrieben.
Um das Auseinandernehmen des elektrischen Motors zu erleichtern und, um die Welle
vorkommendenfalls regulieren zu können, ist eine bewegliche Verkuppelung
vorhanden.
Das Auswechseln der Schnelligkeit wird durch den elektrischen Motor bewirkt, welcher
mit dem Petroleummotor durch eine Welle verbunden ist. Um eine schnelle Veränderung
des Doppelmotorwagens in einen elektrischen Automobilwagen vornehmen zu können, ist
eine eigenartige Kuppelung angebracht. Der Doppelmotorwagen arbeitet ohne jegliche
Ketten und Riemen, und es wird daher ein wesentlicher Vorteil durch Ersparnis sowohl
an Geld wie an Kraft und durch Vermeidung des Geräusches erzielt. Der vorn
angebrachte Petroleummotor ist mittels einer Welle mit dem elektrischen Motor
verbunden, welcher den Strom von einer sehr leichten und äusserst wirksamen
Akkumulatorenbatterie erhält.
Dieser elektrische Motor ist mit einer Geschwindigkeitsänderungsvorrichtung
verbunden, und überträgt mittels eines konischen Zahnrades die Bewegung auf die
Hinterachse. Die Kraft des Petroleummotors ist so berechnet, dass die
Akkumulatorenbatterie sich allmählich auf flachen Wegen, selbst bei schnellstem
Gange des Wagens, ladet. Bei Bergfahrten vergrössert sich der Ladestrom bedeutend
und der Motor arbeitet als Bremse.
In dem Falle, dass durch irgend eine Beschädigung der Petroleummotor ausser
Thätigkeit gesetzt würde, und man Gefahr liefe, irgendwo sitzen bleiben zu müssen,
genügt es, den Petroleummotor von dem elektrischen Motor abzukuppeln.
Der Wagen funktioniert alsdann als einfacher elektrisch betriebener Wagen, und ist im
stände, ungefähr 40 km auf ebenen Wegen zurückzulegen.
Der 3 Benzinmotor ist vertikal angeordnet, mit einem Cylinder ausgerüstet,
arbeitet im Vierteltakt und hat elektrische Zündung.
Er ist einfach, leicht und haltbar, alle Teile sind zugänglich und leicht
auseinandernehmbar.
Die Oelung geschieht automatisch. Dank einer neuen Erfindung hinterlassen die
Karburatoren und die Zündung weder Rauch noch Geruch.
Die Abkühlung des Cylinders erfolgt durch Kühlrippen, während die Abkühlung des
Bodens und der Ventilgehäuse durch fliessendes Wasser bewirkt wird.
Das Wasser zum Abkühlen befindet sich in einem Behälter oberhalb des Motors und wird
durch einen Radiator abgekühlt, so dass die Verdunstung des Wassers wesentlich
vermindert wird.
Der elektrische Motor befindet sich in einem luftdicht verschlossenen Behälter.
Der Motor kann bis 2½ entwickeln und es können bei starken Steigungen die
beiden Motoren vereinigt die Kraft von 5 bis 6 leisten.
Die Akkumulatorenbatterie hat ein Gewicht von 125 kg und setzt sich aus 40 Elementen
zusammen, die sich in Ebonitkästen mit Doppeldeckeln befinden, wodurch das
Herauslaufen von Säure verhindert wird.
Das Triebwerk der Geschwindigkeitsänderung befindet sich in einem mit Oelbad
versehenen Kasten und dreht sich ohne Geräusch. Der belastete Wagen macht auf ebenen
Wegen im Durchschnitt 25 bis 30 km pro Stunde und 12 km bei Steigungen bis zu 12%.
Anhöhen über 12% nimmt der Wagen noch leicht, nur mit einer etwas geringeren
Geschwindigkeit.
Die Bremsen lassen sich mittels der Pedale in Bewegung setzen; die erste wirkt auf
die Motorachse, die zweite und stärkere wirkt als Sicherheitsbremse auf die Naben
der Räder, letztere bewirkt ein fast augenblickliches Stillstehen des
Motorwagens.
Die Rückfahrtbewegung wird mittels des Rheostaten bewirkt, wodurch der Zutritt der
Gase geschlossen wird. In diesem Falle arbeitet der elektrische Motor allein.
Die Benzinbehälter enthalten einen Vorrat, um ungefähr 250 km fahren zu können.
Das Gesamtgewicht des betriebsfertigen Motorwagens beträgt etwa 550 kg.
Die Fabrique Nationale d'Armes de Guerre in Herstal bei
Lüttich liess durch ihren Generalvertreter Max Müller
in Berlin einen hocheleganten und bequemen Motorwagen für 2 bis 3 Personen (Fig. 111) vorführen.
Ein durch Petroleumessenz getriebener, vollständig im Gleichgewicht stehender,
erschütterungsloser 3 Motor setzt diesen Motorwagen in Bewegung, und wurde
der Herstellung dieses so wesentlichen Teiles des Fahrzeuges in allen seinen Details
die weitgehendste Aufmerksamkeit geschenkt.
Textabbildung Bd. 314, S. 183
Fig. 111.Motorwagen von der Fabrique Nationale d'Armes de Guerre.
Das Gewicht des vollständig ausgerüsteten Wagens beträgt etwa 250 kg und lassen
sämtliche Teile des Fahrzeuges sich mit der grössten Leichtigkeit montieren und
demontieren.
Die Uebertragung auf die Hinterräder erfolgt mittels Riemen mit innerer
Drehungsvorrichtung und kann eine Fahrgeschwindigkeit bis zu 40 km pro Stunde
erreicht werden.
Das unter dem Sitze angebrachte Petroleumreservoir nimmt 25 l Petroleumessenz auf und
ist die ganze Ausrüstung des Gefährtes auf Dauertouren berechnet. Auf Wunsch des
Käufers kann noch ein leicht abnehmbarer Dienersitz an diesen Wagen oder auch ein
Sommerdach angebracht werden.
Der Wagen vermag bis 45 km in der Stunde zu fahren, sowie alle Steigungen bis zu 18%
zu nehmen.
Automobil „Union“ in Paris hatte verschiedene
Wagen und Coupés, einen „Mors“-Jagdwagen, sowie von der Carrosserie Rothschild-Fils in Paris einen 6
Benzinmotorwagen ausgestellt. Letzterer Motorwagen ist mit elektrischer Zündung und
einer Vorrichtung, wodurch sich der Akkumulator selbstthätig wieder laden kann,
versehen. Der Wagen kann in einer Stunde bis zu 52 km bei voller Belastung
zurücklegen; das Gewicht des kompletten Automobils beläuft sich auf etwa 650 bis 700
kg.
Die Société Industrielle et Commerciale de Fabricants
de Cycle (Direktor E.
Pernoo) in Paris hatte ein eigenartiges Motorzweirad „Pernoo“ zur Schau gestellt.
Dasselbe vermag eine Fahrgeschwindigkeit von über 40 km zu entwickeln und hat in
verschiedenen Motorrennen auf leichte Weise gesiegt.
Phébus-Aster in Paris hatte durch ihre Vertreter Kraus und Co. in Berlin ihre hervorragenden Erzeugnisse
vorführen lassen. Der Aster-Motor vermag eine Kraft von
2¼ zu liefern und zeichnet sich durch einfache und gediegene Konstruktion
vorteilhaft aus. Bei den Wettfahrten, welche während der Ausstellungsdauer
veranstaltet wurden, schnitten die mit diesem Motor ausgerüsteten Fahrzeuge recht
gut ab.
Die Patentmotorwagenfabrik „Rapid“ zu Zürich
hatte einen zweisitzigen Motorwagen ausgestellt, der im Gegensatz zu dem soeben
besprochenen Phebus-Aster-Wagen zwei Räder vorn und ein
Rad hinten hatte. Der Betrieb ist bei diesem Wagen ein sicherer und billiger, die
Steuerung und Bremsung eine zuverlässige. Der Motorwagen ist stabil und doch
zierlich gebaut, bequem ausgepolstert, mit Halbverdeck ausgerüstet und bietet Platz
für 2 Personen. Die Schweizerische Motorwagenfabrik
Aktiengesellschaft Wetzikon (Schweiz) brachte einige recht ansprechende
Modelle. Der dreisitzige Motorwagen „System Abees“ ist ein Fahrzeug, das allen Ansprüchen gerecht werden sollte.
Es besitzt einen Balancemotor von 6 und weist sorgfältige Ausführung und
solide, kräftige Bauart auf. Vibrationen, Geräusch und Geruch werden vermieden und
grosse Geschwindigkeiten erzielt. Die Aenderung der Geschwindigkeit erfolgt auf
praktische Weise ohne Stoss und ohne vorheriges Ausrücken des Motors. Die Wagen
überwinden alle vorkommenden Steigungen bis 15% und darüber. Die Führung, Steuerung
und Bremsung ist eine leichte, einfache und zuverlässige. Dieser Wagen wird auf
Wunsch mit zwei gegenüberliegenden Sitzen (vis-à-vis) für 4 Personen geliefert.
Der kleine Wetzikon-Wagen für 2 Personen ist ein
leichtes, elegantes Fahrzeug, welches die entsprechende Konstruktion, wie bei den
grossen Wagen aufweist; er bietet Platz für 2 Personen und ist ebenso, wie der
grössere Wagen, mit Vollgummireifen ausgerüstet.
Reichlich beschickt wurde auch die Motorwagenausstellung von der „Motorfahrzeug- und Motorenfabrik Berlin,
Aktiengesellschaft Marienfelde“. Die Firma führte neben
Benzinmotorfahrzeugen für Privat- und Geschäftszwecke, sowie für Lastverkehr
hauptsächlich elektrisch betriebene Fahrzeuge für Personenverkehr vor.
Während die Motorfahrzeuge mit Benzin-, Dampfbetrieb u.s.w. gleichsam den
bürgerlichgewerblichen starken und kräftigen Typus derjenigen Beförderungsmittel
repräsentieren, die gebaut werden, um wiederholten und starken Stössen widerstehen
zu können, um schwere Lasten zu transportieren, lange Strecken auf Landsträssen mit
mehr oder minder gutem Pflaster zurückzulegen, haben die elektrisch betriebenen
Fahrzeuge die vornehmere Aufgabe zu erfüllen, in verkehrsreichen Strassen grösserer
Städte geräusch- und geruchlos zu verkehren, angenehmer, bequemer und schneller, als
es das beste Pferdegespann im Luxuswagen zu leisten im stände wäre.
Wir wollen unsere Besprechung nicht schliessen, ohne nochmals den grossen Erfolg
hervorzuheben, den die Internationale Motorwagenausstellung erzielt hat. Nicht
weniger als 100000 Personen besuchten während der 25 Tage die Ausstellungshalle, und
wenn das Wetter während der ganzen Zeit nicht so sehr schlecht gewesen wäre, wäre
diese Zahl zweifellos eine grössere geworden.
Aber auch unsere heimische Automobilindustrie hat sich auf der Ausstellung im
glänzendsten Licht gezeigt, und wohl stark genug, auch gegen die stärkste
internationale Konkurrenz in die Schranken zu treten. Hoffen wir, dass sie auf diese
Weise weiter blühen und gedeihen möge, und die Erfahrungen, die sie auf der
Ausstellung zu sammeln reichlich Gelegenheit hatte, zum Wohle des Automobilismus
verwerten wird.