Titel: | Variable Uebersetzungen für Fahrräder in hygienischer und technischer Beleuchtung. |
Autor: | A. Hoelken, Paul Richter |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 134 |
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Variable Uebersetzungen für Fahrräder in hygienischer und technischer Beleuchtung.
Von Ingenieur A. Hoelken in Charlottenburg und Dr. Paul Richter in
Berlin.
(Schluss von S. 121 d. Bd.)
Variable Uebersetzungen für Fahrräder in hygienischer und technischer Beleuchtung.
Auf einer anderen Grundlage als die Arbeit von Prof. F. v. Rziha in Wien, ist diejenige von Stabsarzt Dr. Sehrwald in Freiburg i. B.Archiv für Hygiene, 1898 Bd. 32 Heft 4 S. 353 bis 510. aufgebaut. Letzterer erörtert Versuche auf verstellbarer, einesteils glatter, anderenteils mit rauhem Kokoslaüfer bedeckter und verstellbarer Holzbahn, und welche
für jeden, der sich des Näheren für diese wissenschaftlichen Ergebnisse interessiert, von hohem Werte sind.
„Der Kraftverbrauch beim Radfahren. Diese Frage hat jetzt durch Sehrwald eine erschöpfende Beantwortung gefunden. Reibung, Luftwiderstand und Steigung des Weges sind die Hauptwiderstände bei der Fahrt. Um beim Zweirad die Reibung der Räder am Erdboden und den Achsen zu überwinden,
ist dieselbe Kraft erforderlich, die den 06. Teil der Gesamtlast von Rad plus Fahrer um die Länge der Fahrstrecke senkrecht
in die Lüfte heben würde. Wer samt Rad 100 kg wiegt, und in der Ebene 5 km fährt, hat somit allein für den Reibungswiderstand
eine Kraft aufwenden müssen, mit der er ein Gewicht von 1½ kg auf den Gipfel des Montblanc hätte heben können. Viel wichtiger
noch ist der Widerstand der Luft. Während dieser bei langsamster Fahrt von 1 m in der Sekunde nur 1/30 der für die Reibung erforderlichen Arbeit verlangt, ist für die schnellste Fahrt von
17 m in der Sekunde 289mal so viel nötig. Diese kolossale Zunahme rührt daher, dass der Luftwiderstand mit dem Quadrat
der Fahrgeschwindigkeit wächst. Bei einem Tempo von 1 m in der Sekunde braucht der erwachsene Fahrer zu einer Fahrstrecke
von 1 km allein für den Luftwiderstand eine Kraft, mit der er ein Gewicht von 62 kg auf einen Tisch von 1 m Höhe heben würde.
Fährt er die gleiche Strecke 5mal so schnell, so würde er mit der nur zum Durchbrechen der Luft aufgewandten Arbeit 1562 kg
auf den Tisch heben können, bei 10 m Geschwindigkeit steigt das entsprechende Gewicht auf 6250 kg und bei 15 m auf 14062 kg
oder 281 Zentner. Bei Wettfahrten benutzen die Rennfahrer deshalb andere Fahrer, wie Schrittmacher, die für sie die Luft durchbrechen
müssen und dem Fahrer so bis zu
⅔ seiner Arbeit abnehmen können. Gegenwind wirkt wie eine entsprechende Fahrtbeschleunigung (Vergrösserung des Arbeitsaufwandes. D. R.). Bergan muss die Last von Rad plus Fahrer natürlich auf die erreichte Höhe gehoben
werden, für 1 km von 2 % Steigung, also auf 20 m. Erst eine Steigung des Weges von 14 % würde die gleiche Mehrarbeit verlangen wie der Luftwiderstand bei 15 m schneller Fahrt. Der geübteste Fahrer24 Stundenrekord ohne Schrittmacher in der Bahn – 516 km 796 m – 1457587 mkg – ⅕ bis ¼ PS. 1
Stundenrekord ditto – 38220 km – 192082 mkg – ¾ PS. Zeitrekord ⅓ Minute
(Bahnrunde) 333 m – 2938 mkg – 1⅓ PS. entwickelt, wenner
24 Stunden durchfährt, dauernd ⅕ bis ¼ PS, bei einer Fahrt von nur 1 Stunde aber ¾ PS, und für die kurze Zeit von ⅓ Minute kann er seine Leistung sogar auf 1¾ PS steigern. Mit der
gleichen Kraftmenge, die ein Fusswanderer braucht, kann der Fahrer dieselbe Strecke 5- bis 7½mal schneller zurücklegen, oder bei mittlerer Fahrgeschwindigkeit etwa 3mal so weit kommen, oder endlich wenn er pro Kilometer die gleiche Kraft aufwenden will wie der Wanderer, könnte er noch 3 bis 4 gleich grosse Personen auf seinem Rade mitführen. Wegen der zur Berechnung nötigen Formeln und Tabellen und zahlreicher weiterer wertvoller Ergebnisse
und Anregungen müssen wir auf die Arbeit selbst verweisen.“ (Berl. Tagbl.)
Von den zehn Faktoren, welche die beim Radfahren aufgewandte Arbeit ergeben, nämlich
I. der Arbeit zur Ueberwindung der Reibung,
II. „ „ „ „ „ Steigung des Weges,
III. der Arbeit zur Ueberwindung der Trägheit oder des Beharrungsvermögens des (belasteten) Rades,
IV. der Arbeit zur Ueberwindung des Luftwiderstandes,
V. „ „ „
„ „ Gegenwindes,
VI. der zum Bremsen erforderlichen Arbeit,
VII. anderen Momenten, die beim Radfahren die Arbeit erhöhen,
VIII. dem Kraftaufwand der Beine,
IX. der Gesamtarbeit beim Radfahren und ihr Vergleich mit der Leistung des Fussgängers,
X. der maximalen Arbeitsleistung beim Radfahren,
bilden die vier ersten die zunächst in Betracht kommenden Hauptfaktoren.
Um nicht zu sehr aus dem Rahmen dieser Abhandlung hinauszugehen, möge aus den der Berechnung der einzelnen Formeln zu Grunde
gelegten Betrachtungen nur das folgende herausgegriffen sein.
II . . . . „Da mit dem Dreirad nur geringere Fahrgeschwindigkeiten möglich sind, werden für den Dreiradfahrer auch die Höhen relativ
anstrengender, als für den Fahrer auf dem Zweirad, weshalb es sich empfiehlt, stets bergauf langsam zu fahren. Etwas anderes ist es, wenn man in der Ebene bis an den Fuss der Anhöhe einen kräftigen Anlauf nimmt. Man speichert
dadurch eine gewisse Menge lebendiger Kraft in dem Rade auf, die beim Verlangsamen des Fahrtempos bergan zum Nehmen der Höhe
mit zur Verwendung kommt.
Welche Steigung sich ein Fahrer noch zumuten darf und welches Tempo er bei einer bestimmten Steigung einhalten muss, um sich nicht zu überanstrengen, kann er aus dem Schema
am Schluss leicht ersehen. Vermag er in der Ebene längere Zeit ohne Beschwerde noch ein Fahrtempo von 6 m in der Sekunde einzuhalten,
so ergibt das Schema A, dass er pro Kilometer 3750 mkg längere Zeit aufzubringen vermag. Die Zahlen für die Steigung sagen
ihm, dass eine Steigung von 4 %, die allein schon ein Plus von 4500 mkg pro Kilometer erfordert, für ihn nicht mehr bezwingbar ist. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 1 m, die für die Reibung allein 1562 mkg
pro Kilometer verlangt, bleibt ihm für die Steigung noch ein Arbeitsvorrat von
2118 mkg. Mit diesen kann er nur knapp noch 2 % Steigung bewältigen. Bei einem Tempo von 4 m, das in der Ebene 2200
mkg beansprucht, bleiben ihm 1250 mkg. Diese genügen aber nur für eine Steigung von 1 % und wenig mehr. . . .
. . . . Der Gegenwind kann in Rücksicht auf den Arbeitszuwachs auch einer Steigung des Weges gleich gesetzt werden. Eine Steigung von 1 % erfordert ungefähr die gleiche Mehrarbeit, wie ein Gegenwind (oder eine Fahrbeschleunigung)
von 4 m in der Ebene und bei aufrechter Haltung des Fahrers. Folgende Tabelle gibt die Stärke des Gegenwindes an, der einer Steigung von 1 bis 10 % entspricht (Schema D).
12345678910
%%%%%%%%%%
Steigung„„„„„„„„„
4,06,07,58,59,510,311,012,013,013,5
mmmmmmmmmm
Geschwindigkeitdes Gegenwindesoder Fahrbeschleu-nigung bei auf-rechter Haltung.
Stärkere Steigungen als 3 % sind für die Mehrzahl der Fahrer schon recht anstrengend. Dementsprechend sollte daher auch nicht gegen einen stärkeren Wind als von 7,5 m gefahren werden. Gute Fahrer zwingen noch eine Steigung von 7 % oder einen Gegenwind von 11 m. Das entspricht schon der Arbeit bei der besten Rekordleistung, aufrechten Sitz angenommen. Ausnahmsweise werden noch Steigungen von 10 % bewältigt. Das kommt einem Gegenwind oder einer
Fahrbeschleunigung von 13,5 m gleich. Bei aufrechter Haltung würde das über 2 PS erfordern, wäre also unmöglich, und kann
nur noch bei Rennhaltung geleistet werden. Meist wird eine solche Steigung aber in Zickzacklinien gefahren und dadurch der
relative Betrag der Steigung bedeutend vermindert. . . .
Bei langsamster Fahrt von 1 m würde sich der beste Rennfahrer gegen einen OrkanDr. Sehrwald bezeichnet (in Schema A)mitOrkan:Gegenwindvonca.40m p. Sek.(entwurz. gr. Bäume)„Sturm:„„„25-30m p. Sek.( „ kl. „ )„stark:„„„20m p. Sek.(bewegt schwacheStämme)„frisch:„„„15m p. Sek.(bewegt grössereZweige)„mässig:„„„10m p. Sek.(bewegt kl. Zweige)„schwach:„„„3-6m p. Sek.( „ Blätter)„Windstille:„„„0-2m p. Sek. noch eben einige Minuten mühsam vorwärts arbeiten können. . . .
Treibender Wind kann dem Fahrer die gesamte Arbeit abnehmen. Wird der treibende Wind übersehen, so hält sich der Fahrer an
diesem Tag meist für besonders leistungsfähig, dehnt die Fahrt ungewöhnlich aus und hat auf der Rückfahrt dann die ungewöhnlich grosse Strecke gegen einen kräftigen Wind zu fahren. Das mag eine ebenso häufige Ursache für die Ueberanstrengungen gerade auf der Rückfahrt sein, wie der Alkoholgenuss
am Ziel der Fahrt, der die Leistungsfähigkeit der Herz- und Körpermuskulatur stark herabsetzt. . . .
IX. . . . Der Radfahrer kann eine viel grössere Last an Gepäck mit sich befördern, als der Fussgänger. Will der Fahrer pro Kilometer die gleiche Arbeitsmenge aufwenden, wie der Wanderer, 6000 mkg, so hat er bei gleicher Geschwindigkeit
noch einen Ueberschuss von 4315 mkg und kann mit diesen noch ein Mehrgewicht von 570 Pfund transportieren. Er würde also noch
3 bis
4mittelgrosse erwachsene Personen auf seinem Rad mit fortbewegen können, wenn diese so hintereinander sitzen, dass sie den
Luftwiderstand nicht wesentlich erhöhen. Eine Ausrüstung des Rades mit einer kleinen Schnellfeuerkanone von 20 kg, wie man sie in Amerika versucht hat, oder mit anderer kriegsmässiger Ausrüstung stellt also noch gar keine ungebührlichen Anforderungen an den Fahrer.
. . . Wiegt der Fussgänger, wie der Fahrer, 80 kg, so braucht der Fussgänger bei einer Steigung von 3 % bergauf für 1 km 8400
mkg, während der Fahrer bei gleicher Geschwindigkeit und Arbeitsgrösse eine Steigung von 6 % nehmen könnte. Erst bei einer Steigung von 13 ⅓ % wird die Arbeit des gleichschweren
Fahrers und Fussgängers gleich.
Demgegenüber hat der Fussgänger den Vorteil, dass er sein Tempo in jedem gewünschten Grad verlangsamen kann, wozu der Radfahrer nicht im stände ist, da bei zu langsamer Fahrt das Bad umstürzen würde. Der Rekord der langsamsten Fahrt beträgt jetzt
600 m in 28 Minuten. . . .“
Bei Fahrt mit erhöhtem Widerstände (bergan oder bei starkem Gegenwind) lässt sich mit normaler Uebesetzung dieses Minimum von Fahrgeschwindigkeit natürlich nicht erreichen, weil einesteils die Anforderungen an den Kraftverbrauch noch höhere sind, und daher weniger Kraft zum Balancieren
und Lenken verwandt werden kann; andererseits die Ueberwindung des toten Punktes, d. i. die Stellung der Tretkurbeln, in welcher diese nahezu in gleicher Richtung mit den Füssen des Fahrers
stehen, dem erhöhten Widerstände entsprechend erschwert wird, weil bei solchen die den sich drehenden Laufrädern und dem sich fortbewegenden Fahrrade innewohnende lebendige Kraft
weniger zur Ueberwindung der toten Punkte beitragen kann. Die untere Grenze der niedrigsten Fahrgeschwindigkeit wird also,
zumal bei erhöhtem Widerstände, um so höher liegen, je höher die Uebersetzung ist, so dass auch rein praktisch die Uebersetzung um so kleiner zu wählen ist, je grösser der Widerstand ist. Auch aus dieser Betrachtung beweist sich also infolge der stets wechselnden Grösse des Fahrwiderstandes der Wert einer
variablen Uebersetzung – wie derselbe oben auch schon theoretisch im Anschluss an die Berechnungen des Prof. Ritter Fr. v. Rziha in Wien erwiesen wurde.
Stabsarzt Dr. Sehrwald sagt weiter unter IX. . . .
„Selbstverständlich darf der Arzt nur die Fahrt bei aufrechter Haltung erlauben, und gestattet am besten anfangs überhaupt nicht die Fahrt bergan. Will oder muss er aber doch Steigungen mit zulassen, so berechnet man die Steigungen am einfachsten als Gegenwind. In Schema
D (s. oben) ist für die Steigung von 1 bis 10 % die Geschwindigkeit des Gegenwindes angegeben, die die gleiche Mehrarbeit
wie die betreffende Steigung verlangt. Will man den Fussmarsch von 18 km in 3 Stunden = 108000 mkg oder 0,133 PS in eine Radfahrt
umrechnen, deren Weg 2 % bergan führt, so ersieht man aus D, dass
2 % Steigung einem Gegenwind von 6 m gleichkommen. Bei einem Gegenwind V von 6 m entspricht in Schema A (Kraftverbrauch pro Kilometer bei aufrechter Haltung) die Arbeit von 0,133 PS etwa der Fahrgeschwindigkeit
von 2 m (genau ist 0,14 PS = 2 m). Der Kilometer erfordert bei v (Fahrgeschwindigkeit) = 2 m, V (Gegenwind) =6 m 5500 mkg, die 108000 mkg reichen daher zu 19,6 km.“ Rechnet man denselben Fussmarsch von 18 km in 3 Stunden = 108000 mkg oder 0,133 PS in eine Radfahrt um mit Windstille (V = 2 m, nach Schema A), so ergäbe dieselbe Leistung von 0,14 PS eine Fahrgeschwindigkeit v = 4 m bezw. einen Kraftaufwand von 2625 mkg pro Kilometer, so dass dieselben 1080000 mkg in 3 Stunden zu 40 km reichen würden.
Nun entsprechen 19,6 km bei 72''-Uebersetzung = 5,743 m Entwickelung \frac{19600}{5,743}=3410 Kurbelumdrehungen, 40 km dagegen \frac{40000}{5,743}=3410 Kurbelumdrehungen. In dem einen Falle entspräche also eine Kurbelumdrehung, d.h. eine 1malige Kraftäusserung mit dem rechten
und mit dem linken Bein \frac{108000}{3410}=31\mbox{ mkg}, im anderen \frac{10800}{6960}
= 16 mkg. Es werden also in dem einen Falle zweifellos unverhältnismässig viel höhere Anforderungen an die Muskelkraft der
Beine gestellt; im Mittel würde der Kraftaufwand pro Kurbelumdrehung \frac{31-16}{2}=23,5\mbox{ mkg} betragen, was \frac{10800}{23,5}=4595 Kurbelumdrehungen für die Gesamtleistung von 108000 mkg entspräche. Nehmen wir nun abermals an, dass der Aufwand an Muskelkraft
der Beine pro Kurbelumdrehung das eine Mal bei bedeutend erhöhtem Widerstände um 20 % höher sein darf, als das andere Mal,
dass also auch die Tretgeschwindigkeit um etwa 20 % differiere, so ergäbe dies für das eine Mal 4595
(statt 3410), das andere Mal 4595 – 20 % = 5519 (statt 6960) Kurbelumdrehungen, was in einem Falle bei grösserer Kraftanforderung an die Beine einer Entwickelung von \frac{19600}{4595}=4,27\mbox{ m} oder einer Uebersetzung von 53,5 Zoll, im anderen Falle einer Entwickelung von \frac{40000}{5514}=7,25\mbox{ m} oder einer Uebersetzung von 91 Zoll entspräche.
Auch aus dieser an die Ausführungen und Zusammenstellungen des Stabsarztes Dr. Sehrwald angelehnte Betrachtung springt der Vorteil einer variablen Uebersetzung in die Augen zum Zwecke, die von den Beinen abzugebende Muskelkraft soweit thunlich dem Fahrwiderstande anzupassen.
Dieselben Vorteile wie oben bietet eine veränderliche Uebersetzung natürlich auch bei starkem Gefälle, wo die treibende Kraft (Anziehungskraft der Erde) so gross wird, dass die Fahrgeschwindigkeit trotz Bremsen und Gegentreten mit zu hoher Uebersetzung nicht in vernünftigen Grenzen gehalten werden kann, und weist die Statistik ja viele Fälle auf, in denen Unvorsichtigkeit
in solchen Fällen, zumal bei nicht zu übersehendem Gelände, den Tod des betreffenden Fahrers zur Folge hatte.
Das Ideal für den Tourenfahrer wäre nun natürlich eine zwischen einer höchsten und einer niedrigsten Grenze beliebig zu variierenden Uebersetzung, und ist eine solche ja auch konstruktiv in einfachster Weise auszuführen durch Friktions-(Reibungs-)
antrieb mit einer in der Achsenrichtung verschiebbaren, von einer Reibungsscheibe der Tretkurbelachse aus betriebenen Holle.
Es sind daher auch wiederholt derartige Konstruktionen vorgeschlagen worden, doch leuchtet es sofort ein, dass ein derartiger Antrieb praktisch unausführbar ist, indem bei der stossweisen Kraftäusserung auf die Tretkurbelachse die Dimensionen ausserordentlich gross sein müssten, ausserdem müsste – bei bedeutend
stärkerem Rahmenbau bezw. Gewichtsverdoppelung – die Reibungsrolle so stark an die Scheibe angepresst werden, dass – selbst
bei denkbar bester Kugellagerung – eine enorme Kraftverschwendung durch die bei Uebertragung der Kraft auf das Laufrad entstehende Reibung entstehen würde. Während so dieser Idealreibungsantrieb
also von vornherein zu verwerfen ist, dürfte die gestellte Aufgabe praktisch eher zu lösen sein mit einer Konstruktion, die
etwa zwei verschiedene Uebersetzungen aufweist, und zeigen die obigen Berechnungen ja auch, dass die grössten bezw. praktisch
am meisten wiederkehrenden Unterschiede in den Fahrwiderständen bezw. der pro Kurbelumdrehung abzugebenden Muskelkraft mit
zwei verschiedenen Uebersetzungen in der Hauptsache auszugleichen sind.
Eine sehr einfache Lösung des Problems war daher der von
Hugo Exner in Wien erfundene Antrieb mit zwei oder gar drei verschieden grossen Kettenkränzen vorn an der Kurbelachse und hinten an
der Laufradnabe; um die Kette von einem Radkranz auf einen anderen zu legen, wurde das
auf einen Excenter befestigte Kettenrad gelockert, die Kurbelachse etwas gedreht, wodurch die Kettenspannung aufgehoben war. Immerhin erforderte die Manipulation ½ Minute Arbeit bei stillstehendem Fahrrade, so dass einin Gesellschaft mit dieser Vorrichtung Fahrender stets 150 bis 200 m zurückblieb, wenn er von dem Vorteile derselben Gebrauch
machen wollte, so dass dies 1895 bei Dürkopp
(Bielefeld) hergestellte System keine weitere Verbreitung fand. An eine zweckentsprechende variable Uebersetzung
muss also auch die Anforderung gestellt werden, dass sie im Augenblick
– wenn nicht durch ein blosses Augenzwinkern, so doch durch Umlegen bezw. Niederdrücken eines in der Nähe der Lenkstange befindlichen
Hebels – bei schnellster Fahrt geändert werden kann.
Auch dieser Anforderung lässt sich genügen durch Verwendung von zwei abwechselnd zu kuppelnden Treibketten und zwei Kettenräderpaaren, so dass immer ein Antrieb leer mitläuft. Derartige Konstruktionen wurden auch ausgeführt, so von der K. und K. priv. Maschinenfabrik M. Bernhardt's Söhne in Wien, welche vor einigen Jahren ihr „Herkules“-Kraftrad mit Klauenkuppelung zum abwechselnden Kuppeln der einen oder anderen Kette ausführte; in verbesserter Form brachten dann 1897 die Duplex-Fahrradwerke in Berlin das Zweikettenrad, System Schweers (vgl. D. p. J. 1898 308 234 Fig.
38 bis 43), mit sich drehenden Kuppelbolzen auf den Markt. Dass dies nicht noch grössere Erfolge aufzuweisen hat,
liegt wohl – abgesehen von der unzweckmässigen Ausbeutung der Sache vom kaufmännischen Standpunkte (Anbringung der Neuerung
nur an eigener Marke), welcher weiter unten noch erörtert werden soll – zumeist an dem unschönen Aussehen des sich mit dem
ziemlich komplizierten Umschalteapparat drehenden Hinterrade, und besonders daran, dass zwei Ketten vorhanden und stets beide
im Betrieb sind.
Textabbildung Bd. 315, S. 135
Variable Uebersetzung „La Montaignarde“ von Gheyseus.
Zur Konstruktion einer variablen Uebersetzung mit nur einer Kette ist es das Nächstliegende, auf die Drehbank zurückzugreifen
bezw. eine zweite Vorgelegeachse neben der Tretkurbelachse anzuordnen, welche durch Zahnräder die Bewegung von letzterer erhält
und die Kraft ebenso auf das Kettenrad weiter bezw. zurück überträgt. Doch ist das Prinzip schon aus dem Grunde zu verwerfen,
weil die Zähne der bei starker Vibration und Kraftäusserung in und ausser Eingriff gebrachten Zahnräder sehr bald brechen – von der steten Vermehrung reibender Teile abgesehen. Nach diesem Prinzip ist auch das in Fig. 1 und 2 abgebildete System
„La Montaignarde“ von Hektor Gheyseus konstruiert. Nach einer seiner Zeit im Fahrrad-Export wiedergegebenen Beschreibung sind drei Achsen vorhanden, von welchen die Kurbelachse
a ausser dem Kettenrad d, welches sich auf Hülse c dreht und einer durch Ring m achsial verschiebbaren Kuppelung noch zwei Zahnräder bb trägt.
Die beiden anderen Achsen tragen Zahnräderpaare, welche mit diesen Zahnrädern bb und den auf der Kettenradbüchse befestigten Stirnrädern ee in Eingriff gebracht werden, und so zwei verschiedene Uebersetzungen erzeugen. Eine dritte Uebersetzung kann dadurch erzielt
werden, dass die Kettenradbüchse c durch Kuppelung f direkt mit Achse a verbunden wird, in welchem Fall natürlich die Stirnräder ausser Eingriff gebracht sein müssen. Die drei Stellungen der Vorgelegeachsen können durch Hebel k und Sperrstück i festgestellt werden, während das Kuppelstück f durch den damit mittels Sondermechanismus verbundenen Hebel k verschoben wird. Durch Versagen desselben, wenn z.B. Kuppel f und gleichzeitig eines der Stirnräderpaare in Eingriff kommen, was einen sofortigen Stillstand des Rades oder Kettenbruch
zur Folge haben müsste, können die alten Hochradkopf stürze unfreiwillig imitiert werden.
Besser schon war das Collier two-speed-gear mit exzentrischer Anordnung der Achse zum Kettenrade und abwechselnder Kuppelung
beider Teile oder Arretierung der grossen das Kettenrad tragenden Büchse mit Uebertragung von der Achse auf das Kettenrad
durch Bolzenrad und Innenzahnung, ausgeführt von der Crypto-Gear Company in London (vgl. D. p. J. 1896 301 176 Fig. 5 bis 7). Durch sein riesiges Gewicht, fünf Kugelreihen, Anordnung des Kettenrades auf einem separaten Aeoluslager
und wohl durch das starke Klappern konnte auch dies System nicht die genügende Verbreitung finden, um sich dauernd auf dem
Markt zu halten.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Fahrzeugfabrik Eisenach, Baurat H. Erhardt in Düsseldorf, konstruierte ebenfalls eine sehr einfache auswechselbare Uebersetzung für kettenlose Fahrräder mit Triebstockübertragung
(vgl. D. p. J. 1898
308 234 Fig. 32 und 235 Fig. 44); derselben gelang es
jedoch nicht, sich eine grössere Verbreitung zu schaffen, wegen der der genannten Bewegungsübertragung anhaftenden bekannten
technischen Fehler (Kraftverlust und geräuschvolles Arbeiten).
Glücklicher war der Gedanke der Verwendung des Differentialgetriebes zur Erzielung zweier Uebersetzungsverhältnisse mit einer
Kette. Mit konischen Rädern ist ein solches an allen besseren Dreirädern zu finden, und zwar in dem hinteren kleinen Kettenrade,
und dient dasselbe hier zur Ermöglichung des Kurvenfahrens, da bei solchen doch das eine Hinterrad einen grösseren Kreisbogen
zu beschreiben, d. i. mehr Weg zurückzulegen hat, als das andere. Ganz ähnlich wirkt das Crypto-Gear, mit dem Unterschiede,
dass keine konischen Räder, sondern Stirnräder vorhanden und die beiden Haupträder (ein Stirnrad und eines mit Innenzahnung)
ungleich gross sind.
Clough, Illingworth und Bush in Coventry machten sich dies Getriebe auch nutzbar zur Erreichung des vielgesuchten Problems (vgl. D. p. J. 1895 296 135 Fig.
44). Das später von Figini in Mailand und von Cohendet, Paris, etwas abgeänderte System wies jedoch neben dem Umstände, dass die sehr komplizierte Umschaltevorrichtung aussen angebracht
und so dem Schmutz und Staub ausgesetzt war, wodurch der Gang der Maschine sehr erschwert wurde, noch den Nachteil auf, dass beide Uebersetzungen einen Augenblick während des Umschaltens zugleich verbunden waren, was natürlich einen starken Ruck bezw. Schädigung der Bewegungsmechanismen zur Folge hatte. Ausser diesen
Uebelständen wiesen auch sowohl Kettenrad als Umschaltevorrichtung ein für ein Fahrrad unverhältnismässig grosses Gewicht
auf, und suchte diesem Uebelstande dem Drange der Zeit entsprechend die J. und R. two speed hub der Cleveland Cycle Works durch Anwendung des Differentialgetriebes der Hinterradnabe abzuhelfen
– jedoch auf Kosten der Stabilität. Denn abgesehen von dem Umstände, dass die Zähne des in der Achsenrichtung verschiebbaren Mittelrades des Getriebes selbst in und ausser Eingriff entweder mit dem rotierenden Teil oder der Achse gebracht wurden, was bei der Nabengeschwindigkeit
von etwa 200 minutlichen Umdrehungen und dem damit verbundenen Ruck schnellen Verschleiss und Bruch dieser Zähne zur Folge
haben musste, waren auch die übrigen Teile nicht genügend gegen Staub geschützt und nicht widerstandsfähig genug. Theoretisch kann man zwar die
Dimensionen bei Anwendung an der Laufradnabe infolge der schnelleren Rotation kleiner bemessen, doch spielen beim Fahrrade andere Faktoren eine grössere Rolle als die theoretische Kraftübertragung, nämlich die ungeheure Inanspruchnahme der Einzelteile
durch das fortwährende Vibrieren, Aufstossen u.s.w., und schlägt man z.B. selten mit einer Tretkurbel auf einen Stein auf, ohne irgend einen Konus oder eine Kugellagerschale
zubrechen, was sich allerdings oft erst später bemerkbar macht.
Von diesem Standpunkt aus weist die vor 2 bis 3 Jahren von der Cormully und Jeffery Mfg. Co. auf Wunsch an ihren Rambler Cycles angebrachte und in letzter Zeit auch von den Attila-Fahrradwerken aufgenommene Konstruktion dieselben technischen Mängel durch zu schwache Dimensionierung der Einzelteile auf, abgesehen von
dem Umstände, dass beim Umschalten das kleine Kettenrad um etwa 10 mm seitlich verschoben und dem Staub hierbei freier Einlass
geboten wird, wie aus beifolgender, dem Cycle-Trader entnommenen Fig. 3 bis 8 ersichtlich. Das Kettenrad ist nicht mit der Nabe 12 fest verbunden, sondern mit einer Scheibe 2 und einem Zahnrad 3. Es ist auf einer Büchse 6 in Kugeln gelagert, welch letztere exzentrisch auf der Büchse 7 angeordnet ist. Durch Zahnrad 5 und durch eine in dieses greifende Zahnstange kann Büchse 6 von Hand nach oben (Stellung Fig.
6) und nach unten (Fig. 8) eingestellt werden; dadurch wird auch das Kettenrad 1 mit Zahnrad
3 und Scheibe 2 exzentrisch und gleichzeitig seitlich bewegt, letzteres durch ein in Furche 13 14 15 gleitendes Stück 11. In der Stellung nach oben (Fig. 3 und 6) dreht sich das Kettenrad auf besonderer Lagerung neben der Nabe aber ebenso schnell wie diese, weil die gezahnte Scheibe
2 desselben in eine Innenverzahnung 4 der Nabe 12 eingreift. In der Stellung Fig.
5 und 8 greift das mit dem Kettenrad 1 verbundene Zahnrad 3 in die Innenverzahnung der Nabe 12, letztere dreht sich langsamer als das Kettenrad, welches jetzt etwas aus der Kettenlinie rechts herausgerückt ist, und ist
dem Staub dadurch leider Einlass in die Zähne der Scheibe 2 und die Innenzahnung geboten. In der Stellung Fig. 4 ist das Kettenrad noch mehr aus der Kettenlinie nach rechts gerückt, und dem Staub vollends Zutritt in das Innere des Mechanismus
geboten.
Textabbildung Bd. 315, S. 136
Variable Uebersetzung von der Cormully und Jeffery Mfg. Co.
Der Konstrukteur darf also in dem Drange nach Gewichtsersparnis nicht zu weit gehen, und erübrigen sowohl die Ausführungen
und die raumhalber nicht mit citierten Formeln u.s.w. in der Abhandlung von Stabsarzt Dr. Sehrwald, als auch frühere Aufsätze (erwähnt seien nur „1 kg Unterschied“Nr. 7 vom 23. Januar
1897 des Deutscher Radfahrer-Bund., Techn. Plauderei von Ing. Herrn. Thümecke v. Berl. R. C. Borussin, und daran anschliessend „Welchen Wert hat
ein geringes Gewicht des Fahrrades für die Verminderung der Kraftanstrengung?“Deutscher Radfahrer-Bund vom 15. und 16. April
1897. von Ing. Thusius, Darmstadt),
auf die zuweilen auftauchende und von gewissenlosen Fabrikanten auf Kosten der Knochen ihrer Abnehmer ausgebeutete Ansicht
näher einzugehen, dass bei einem Gewichtsunterschiede von 14 und 15 kg wirklich l/15 Arbeitsersparnis vorliege. Citiert seien nur die folgenden beiden bezeichnenden Sätze aus dem ersteren der beiden Aufsätze.
„Mit gleichem Kraftaufwand legt er zurück auf der
15
kg-Maschine
84 km
14
„ „
85 km;
also doch einen ganzen Kilometer mehr geschunden auf einer ganz netten Tagesfahrt von 84 km und für diesen einen einzigen Kilometer riskiert er höchstens einen Arm- oder Beinbruch! . . .
. . . Ferner nimmt er bei gleichem Kraftverbrauch und gleicher Strecke
mit
dem
20
kg-Rad
eine
Steigung
1 : 8400
„
„
19
„ „
„
„
1 : 8465.
Glaubst du, den Unterschied fühlen zu können? Ganz gewiss nicht.“
Die geringe Gewichtserhöhung von 500 bis 1500 g der bisher auf den Markt gebrachten Konstruktionen – von den nur auf dem Papier
bezw. in Patentschriften vorgeschlagenen gänzlich abgesehen – kann also nicht allein der Grund sein, dass dieselben keine
weitere Verbreitung gefunden haben, als dies thatsächlich der Fall ist. Ausser der oben geschilderten hygienischen Bedeutung
beweist auch das Bestreben der Fahrradtechnik nach Schaffung einer brauchbaren variablen Uebersetzung den Wert einer solchen, und geht sowohl die Meinung
einzelner, als die der Gesamtheit hiermit konform, indem bei einer vor einigen Jahren von einer englischen Zeitschrift angestellten Rundfrage die weitaus grösste Mehrheit eine gute veränderliche Uebersetzung als die wünschenswerteste Neuerung für die Fahrradindustrie bezeichnet hat.
Auch Geh. Reg.-Rat Prof. Riedler von der Königl. Techn. Hochschule Berlin-Charlottenburg äusserte sich seinerzeit in einem Vortrag über Fahrradbau im Verein
deutscher Ingenieure dahin, dass Fahrräder mit veränderlicher Uebersetzung einem grossen Bedürfnis abhelfen würden, und der berühmte Hospitalier in Paris spricht in der Wiener Allgemeinen Sportzeitung im Jahre 1895 den Fahrrädern mit veränderlicher Uebersetzung die Zukunft zu.
Die oben angeführten Mängel scheinen also einer weiteren Verbreitung eines der bisherigen Systeme hindernd im Wege gestanden zu haben, im Verein mit einem anderen Umstände – dem zu hohen Preise.
Um diesen in annehmbaren, möglichst allgemeine Einführung nicht behindernden Grenzen zu halten, ist es zunächst erforderlich,
dass die betreffende Konstruktion
nicht zu viele Einzelteile aufweist, sodann müssen diese automatisch herstellbar sein; sollen nun die dazu erforderlichen Spezialeinrichtungen und Werkzeugmaschinen voll und ganz ausgenutzt werden, so müssen die betreffenden Teile in möglichst grossen Mengen hergestellt werden, und dies bedingt wiederum, dass nicht eine einzelne Fabrik das betreffende System ausführen und nur an
ihrer eigenen „Marke“ anbringen darf, sondern die betreffende Fabrik oder Gesellschaft muss auch anderen Fabriken die fraglichen Teile abgeben und denselben so eine Beteiligung an der Ausbeutung des betreffenden Patentes ermöglichen.
Bei seinen Recherchen stiess nun (erstgenannter) Verfasser dieses (welcher einige Erfahrung auf diesem Gebiete besitzt, insofern
er sich selbst ebenfalls längere Zeit mit der technischen Lösung des Problems beschäftigte) auch auf einen Artikel
„Veränderliche Uebersetzungen“, welchen der Radmarkt seinerzeit nach Veröffentlichung der Deutschen Patentschrift Nr.
94797 brachte; wie er weiter erfährt, haben kürzlich die Neckarsulmer Fahrradwerke A.-G. in Neckarsulm dies
„Variand“-Kurbellager Patent Küster in grossem Stile auf den Markt gebracht, nachdem dasselbe Dauer- und Kraftproben bestanden hat und fand dasselbe sofort grössten
Beifall in der Sportpresse und beim Publikum (vgl.
D. p. J. 1899 313 *
125).
Textabbildung Bd. 315, S. 137
Variable Uebersetzung von Küster.
Ausser dieser in 1899 313 bereits eingehend beschriebenen, von den Neckarsulmer Fahrradwerken A.-G. adoptierten Konstruktion mit Arretierung des mittleren Differentialrades durch Klauenkuppelung enthält das Patent Küster auch eine Konstruktion mit Arretierung durch Konuskuppelung (Fig. 9 bis 12).
In der gezeichneten Stellung ist die normale hohe Uebersetzung eingeschaltet, indem die Klauen d des durch Winkelhebel e verschiebbaren Kuppelstückes und durch eine Spiralfeder mit entsprechenden Klauen der Kurbelachse in Eingriff gehalten werden.
Das Differentialgetriebe dient also in dieser Stellung nur zur Befestigung des Kettenrades. Wird durch Anziehen des Winkelhebels
e der Konus in einen entsprechenden Lederkonus des Lagergehäuses hineingepresst, so steht Zahnrad c still, und das Kettenrad muss sich durch Abrollen von a an der sich weiter drehenden Innenzahnung b und an c langsamer weiter drehen als die Achse, d.h. die Uebersetzung ist verkleinert. Würde man durch geringeres Anziehen von c das Kuppelstück in der Mittelstellung halten, so kann man beim Bergabfahren die Füsse ruhig auf den Pedalen halten, indem sich die Achse nicht mehr mitdreht. Dieses Prinzip ist
in England unter der Bezeichnung „free wheel“ (freilaufendes Rad) sehr gesucht, weshalb sich auch neuerdings die Neckarsulmer Fahrradwerke A.-G. entschlossen haben, die Fabrikation dieses „free wheel“ in Deutschland aufzunehmen.
Auch die Umschaltung des Variandkurbellagers vereinfachte der Erfinder neuerdings durch Anwendung von in den Gestellrädern
angeordnetem Spiraldraht.
In Bezug auf Stabilität, Einfachheit und Anpassung an die bestehenden bewährten Formen des heutigen Niederradessteht die Konstruktion also jedenfalls einzig da, da sie auch in kaufmännischer Beziehung den oben geschilderten Anforderungen
genügt (d.h. von den oben genannten Fabrikanten der N. S.U. Teile als Variandkurbellager abgegeben wird). So dürfte die Konstruktion in Deutschland bald grössere Verbreitung finden. Es wäre dies insofern wünschenswert
für den Radfahrsport, als durch allgemeine Einführung einer brauchbaren variablen Uebersetzung den Anforderungen jener Pessimisten
begegnet werden kann, welche im allgemeinen Gefahren für Lunge und Herz beim Radfahren erblicken wollen.