Titel: | Elektrischer Antrieb mittels Zahnradübersetzung. |
Autor: | F. Mbg. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 177 |
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Elektrischer Antrieb mittels Zahnradübersetzung.
Elektrischer Antrieb mittels Zahnradübersetzung.
Bei elektrischem Antriebe von Arbeits- und Werkzeugmaschinen haben sich häufig Schwierigkeiten ergeben, die man, da die angetriebenen
Maschinen in derselben Ausführung sich sonst vorzüglich bewährt hatten, ohne weiteres dem Elektromotor schuld gab. Es stellte
sich jedoch in den weitaus meisten Fällen heraus, dass weder Motor noch Maschine zu irgend welchen Beschwerden Anlass gaben,
sondern dass allein die sie verbinbinden Zwischenglieder, und zwar namentlich Zahnradvorgelege nicht richtig konstruiert waren.
Es treten eben hier Geschwindigkeiten auf, welche sonst bei Zahnrädern ungewöhnlich sind; und deshalb wurde jede, auch geringe
Unvollkommenheit in Konstruktion oder Ausführung bedeutend stärker empfunden. In richtiger Erkenntnis dieser Thatsache übernahm
die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin selbst den Bau derartiger Zahnradvorgelege und beauftragte ihren Oberingenieur O. Lasche mit einer gründlichen Untersuchung der vorliegenden Frage. Die hierbei nötig gewordenen Studien und Versuche veröffentlichte
derselbe vor kurzem in der Zeitschrift des Vereins deutscher IngenieureVgl. Z. d. V. d. J. Bd. 43 Nr. 46, 48, 49, 50 vom 18. November, 2., 9. und 16. Dezember 1899 und Stahl und Eisen vom 1. Februar 1900 S. 151 ff. in einem Aufsatze, durch den für die Konstruktion solcher Zahnräder ganz neue Gesichtspunkte aufgestellt werden.
Indem er die einzelnen Begriffe, von deren Grösse die Stärke der Abnutzung zweier, zusammenarbeitender Zähne abhängt, eingehend
erläutert und dabei eine vergleichende Kritik der bis jetzt benutzten Cykloiden- und Evolventenverzahnung gibt, gelangt er
zu dem Begriffe der „Abnutzungscharakteristik“. Es ist ja die Abnutzung eines Zahnes an einer bestimmten Stelle bei einem während der ganzen Dauer der Berührung unverändert
angenommenen Reibungskoeffizienten 1. direkt proportional dem
„spezifischen Drucke“
p, mit dem die Zähne aufeinanderpressen, und wird 2. um so grösser, je mehr Punkte des ersten Zahnes über die betrachtete Stelle
des zweiten Zahnes hinwegarbeiten. Diese letztere Zahl nennt Lasche das „spezifische Gleiten“
γ. Er zeigt nun, wie p und
γ wenigstens in ihrer Veränderlichkeit zu bestimmen sind, und erhält, wenn er ihre Produkte für die einzelnen Punkte des betrachteten
Zahnes als Ordinaten in Funktion des Eingriffsbogens aufzeichnet, eine Kurve, welche die Veränderlichkeit der Abnutzung zeigt,
die „Abnutzungscharakteristik“. Nach dem Gesagten ist ohne weiteres klar, dass ein möglichst gleichmässiger Verlauf dieser Kurve anzustreben ist.
Es ergaben sich nun für gewöhnliche Evolventen- und Cykloidenverzahnungfür den treibenden und damit im allgemeinen der stärkeren Abnutzung unterworfenen Zahn die Abnutzungscharakteristiken Fig. 1 a und b, welche den grossen Vorzug der Cykloidenverzahnung in dieser Hinsicht zeigen.
Textabbildung Bd. 315, S. 177
Fig. 1
Da aber die Evolventenverzahnung sonstige grosse Vorteile besitzt, die man nicht gern aufgeben wollte, so half man sich durch
folgendes Mittel
(vgl. Fig. 1 c): man vermied den ungünstigen Teil der Kurve beim Beginn des Eingriffes, indem man denselben von A nach A1 verschob, also erst später eintreten liess. Um aber die Eingriffsdauer nicht zu verkürzen, liess man den Eingriff noch über
C hinaus fortdauern bis C1, so dass CC1 = AA1 wurde. Das erreichte man unter Beibehaltung der üblichen Zahnhöhe, indem man für den treibenden Zahn den Abstand des Fusskreises
vom Teilkreise zu 0,7, den des Kopfkreises vom Teilkreise zu 1,5 der ganzen Zahnhöhe annahm, während man ja sonst hierzu 1,2 bezw. 1,0 der Zahnhöhe zu wählen pflegt (vgl. Fig. 2)Lasche teilt für gewöhnliche Evolventenverzahnung die Zahnhöhe im Verhältnis 6 : 5, während sonst die Teilung im Verhältnis 4 :
3 die übliche ist.. Dadurch entsteht eine ganz neue Zahnform, welche ausser dem angegebenen noch einige andere Vorzüge in sich vereinigt. So
wird der Fuss der Zähne verbreitert und damit die Festigkeit derselben erhöht, die Form des Zahnes wird annähernd die eines
Körpers gleicher Biegungsfestigkeit, die Fräser sind leichter herzustellen, da jedes Unterschneiden der Flanken fortfällt
u.s.f.
Textabbildung Bd. 315, S. 178
Fig. 2
Der Verfasser geht darauf im weiteren Verlaufe seines Aufsatzes auf die Bemessung der Zähne, einerseits in Rücksicht auf Abnutzung,
andererseits in Rücksicht auf Festigkeit ein und gibt dabei die in beiden Beziehungen massgebenden Grössen für die hauptsächlichsten
Materialien ihrem Zahlenwerte nach mit Hilfe graphischer Darstellungen an.
Dann geht er zur Herstellung der Zähne über. Die genaueste Art der Herstellung ist die mit Hilfe von Spezialfräsern, diemit grösster Sorgfalt angefertigt werden:
„Die Zahnform wird in stark vergrössertem Massstabe scharf aufgezeichnet und sodann photographisch auf Naturgrösse verkleinert.
Zur Ermöglichung und zur Kontrolle der richtigen Verkleinerung wird im Original ein Kreis eingezeichnet, der, verkleinert,
wieder einen Kreis und zwar einen Kreis von vorgeschriebenem Durchmesser ergeben muss. Mittels des photographischen Negativs
wird die Zeichnung unmittelbar auf eine auf Hochglanz polierte Stahlplatte übertragen und eingeätzt; aus dieser Platte wird
der Rapporteur herausgeschnitten und damit die Gegenlehre und der zur Herstellung des Fräsers erforderliche Drehstahl angefertigt.
Mit diesem Formstahl wird der vorgedrehte und geschlitzte Fräser auf das richtige Profil abgedreht und ihm gleichzeitig durch
das Hinterdrehen der Schnitt gegeben.“ Die eigentliche Anfertigung der Zahnräder mit Hilfe dieses Fräsers ist mit peinlichster Sorgfalt auf einer Maschine vorzunehmen,
die den höchsten Anforderungen in Bezug auf Genauigkeit des Teilmechanismus, der Aufspannvorrichtung u.s.w. gewachsen ist.
Rufen doch Teilungsfehler ebenso wie Fehler in der Zahnform Beschleunigungen und Verzögerungen des getriebenen Rades hervor,
die bei den hier vorkommenden Geschwindigkeiten leicht verhängnisvoll werden können. So ergibt z.B. eine Ueberschlagsrechnung
für ein Räderpaar, bei dem man einen Teilungsfehler von 0,5 mm beobachtete, dass der Beschleunigungsdruck bei 3 m/Sek. Umfangsgeschwindigkeit 730 kg, bei 12,5 m/Sek. Umfangsgeschwindigkeit aber schon 12700 kg betragen würde.
Es folgen hierauf Angaben über die konstruktive Durchbildung der Zahnräder selbst, ihre Befestigung auf der Welle, namentlich
für Rohhauttriebe, sowie über die Lagerung und den Zusammenbau. Den Schluss der wertvollen Arbeit bildet die Darstellung einer
Reihe von ausgeführten Anlagen, der an ihnen gemachten Erfahrungen und eine Kritik derselben auf Grund der erläuterten Gesetze.
F. Mbg.