Titel: | Grundlagen zur Fluglehre. |
Autor: | F. Heinz |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 208 |
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Grundlagen zur Fluglehre.
Von F. Heinz-Sarajevo.
(Fortsetzung von Bd. 314 S. 76.)
Grundlagen zur Fluglehre.
Wird für die 1000 kg schwere dynamische Flugmaschine auch das Gewicht des Akkumulators in Rücksicht gezogen, so erleidet das
Verhältnis zwischen dem Gesamtgewicht und der Kraft der Flugmaschine (1000 : 400) eine wesentliche Verschiebung zu ungunsten
der Kraft. Wir haben aber gesehen, dass die Ladung des Akkumulators zum grössten Teil durch die Schwerkraft erfolgt, dass
die Betriebsmaschine nur einen geringen Teil dazu beiträgt und dass der eigentliche Zweck der Betriebsmaschine nur darin besteht,
den Akkumulator zur Entladung zu bringen.
Ist für diesen untergeordneten Zweck eine Betriebsmaschine nicht vielleicht ganz und gar entbehrlich, nachdem sie nur das
Gewicht des Flugapparates erheblich vermehrt, ihr Betrieb mit Kosten verbunden ist und öfteres Landen zur Aufnahme von Brennstoff
nötig macht; genügt zu diesem Zweck nicht die eigene bezw. die durch das Eigengewicht des Akkumulators verrichtete Arbeit,
d.h. ist ein Perpetuum mobile möglich?
Im nachstehenden sei der Versuch gemacht, dieses Problem der Lösung nahe zu bringenWir können uns zwar nicht in allen Punkten der Ansicht des Verfassers anschliessen und erheben insbesondere auch den Vorwurf,
dass in der Arbeit die thermodynamischen Vorgänge nicht berücksichtigt sind, glauben jedoch, den Ausführungen desselben die
Spalten unseres Journals nicht verschliessen zu sollen, da sie vielleicht nützliche Anregung im Gefolge haben können.D. R..
Wenn wir im Fliegeprozesse behufs Akkumulierung von Kraft die Schwerkraft, anstatt auf Deformation von elastischem Metall,
auf Pressung von Luft mittels Kolben in Cylindern wirken lassen, so ist uns in dieser gepressten Luft ein Mittel an die Hand
gegeben, das wir ähnlich wie gespannten Dampf verwerten und mit dem wir auf Ladung und Entladung des Akkumulators ebenso wirken
können, wie mit einer Dampfmaschine.
Textabbildung Bd. 315, S. 207
Fig. 1
Textabbildung Bd. 315, S. 207
Fig. 2
Wird also Luftpressung als Akkumulator für die Flugmaschine angeordnet, dann erhält dieselbe in ihrem Querschnitt beiläufig
die Form wie in Fig. 1 und 2. In den drei vertikal gestellten Luftcylindern fghi, fkji und lghm befinden sich die Kolben II I III, die mit den Kolbenstangen dd, ee und cc an der steifen horizontal gestellten Flugfläche
a b befestigt sind. Die Stellung in Fig. 1 entspricht dem Flügelniederschlage, die Stellung in Fig. 2 entspricht dem Flügelaufschlage des Vogels, in Fig. 1 ist die Luft in dem Cylinder
II ausgedehnt, in Fig. 2ist sie zusammengepresst. In dem grossen mittleren Cylinder befindet sich die gepresste Luft oberhalb des Kolbens, von wo
sie mit Röhren in die beiden kleinen Cylinder unter die Kolben geleitet wird.
Die Pressung der in den Cylindern befindlichen Luft geschieht auf folgende Weise:
Sofort nach dem Niederschlage (Stellung Fig. 1) sinken die Cylinder vermöge ihrer eigenen Schwere und des mit denselben verbundenen übrigen Apparatgewichtes an den Kolbenstangen
hinab, gelangen in die Stellung Fig. 2, wodurch zunächst die Luft in dem mittleren Cylinder mit einer Kraft zusammengepresst wird, die dem bezeichneten Gewicht
entspricht und die wir, wie oben erwähnt, wie gespannten Dampf verwerten können.
Wollten wir nun den durch diese gepresste Luft gebildeten Akkumulator des mittleren Cylinders mittels einer Dampfmaschine
zur Entladung bringen, so müssten wir durch deren Kraft gegen den Cylinder abwärts und gegen den Kolben II aufwärts wirken, damit die Luft oberhalb dieses Kolbens noch weiter zusammengepresst, in ihr noch mehr Kraft aufgespeichert
wird, als sie bereits durch die Thätigkeit der Cylinder- und übrigen Apparatschwere erworben hat, so dass der Kolben in die
punktierte Linie oo gelangt, wenn er vor Anwendung der Maschinenkraft die Stellung nn eingenommen hat. In der Stellung nn des Kolbens beträgt nach dem Beispiel in D. p. J. 1899 814 76 die Kraft des Akkumulators 1000 kg, in Stellung
oo 1400 kg. So wie nun die 400 kg Druck ausübende Dampfmaschine ihre Thätigkeit einstellt, so dehnt sich die im mittleren Cylinder
vom Kolben bis zu o o zusammen gepresste Luft mit Heftigkeit aus, da ihre Expansivkraft 1400 kg, das zu hebende Cylinder- und Apparatgewicht aber
nur 1000 kg beträgt, und bewegt dadurch teils die Cylinder mit dem sonstigen Apparatgewicht aufwärts, teils die Kolben mit
den Kolbenstangen und der Flugfläche ab abwärts, d.h. sie bewirkt dasjenige, was wir beim Vogel unter Flügelniederschlag verstehen.
Wie bringen wir nun ohne Anwendung einer Dampfmaschine den Kolben II des mittleren Cylinders in die Stellung oo, d.h. wie ist es ohne eine Dampfmaschine möglich, die im Cylinder eingeschlossene Luft mit 1400 kg Kraft zusammenzupressen,
wenn das Cylinder- und Apparatgewicht nur 1000 kg beträgt und der Kolben mit diesem Gewicht nur bis in die Stellung nn zu bringen ist?
Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus der Erklärung der Funktion der Kolben I und III in den beiden kleinen Cylindern fkji und lghm (Fig. 1 und 2).
Zur grösseren Deutlichkeit unserer Darstellung werden wir die Dimensionen für die drei Cylinder und die drei Kolben bestimmen,
wie sie für die 1000 kg schwere Flugmaschine des gewählten Beispieles erforderlich sind.
Der
Durchmesser
des
mittleren
Kolbens
II
beträgt
36
cm
„
„
„
kleinen
„
I
„
14
„
„
„
„
„
„
III
„
14
„
Der
Flächeninhalt
des
mittleren
Kolbens
II
beträgt
1017
qcm
„
„
„
kleinen
„
I
„
154
„
„
„
„
„
„
III
„
154
„
Die Höhe jedes der drei Cylinder beträgt 100 cm.
Der Kubikinhalt beträgt danach f. d. mittleren Cylinder 101700 ccm
für jeden der beiden kleinen Cylinder
15400
ccm
für beide kleine Cylinder zusammen
30800
„
Wird die Luft im mittleren Cylinder auf die Hälfte ihres Volumens auf die obenbeschriebene Art zusammengepresst, so ist ihre
Spannung gleich 1 at Ueberdruck, übt also auf 1 qcm der Kolbenfläche einen Druck von 1,033 kg und auf die ganze Kolbenfläche
einen Druck von 1017 × 1,033 = 1050 kg aus, so dass bei dieser Spannung dem Gewicht der Cylinder- und der übrigen Apparatschwere
das Gleichgewicht gehalten wird.
Lassen wir die bis zu 1 at gespannte Luft des mittleren Cylinders ober dem Kolben, in die beiden kleinen Cylinder jedoch in dem Teile unter die Kolben I und III strömen, so wird die Spannung der Luft auch in den beiden kleinen Cylindern unterhalb der Kolben I und III sofort auf 1 at steigen, wobei, wenn wir uns die Fläche ab festgehalten denken, die Cylinder etwas sinken werden, um die im mittleren Cylinder durch das Ausströmen der Luft in die
beiden kleinen Cylinder verlorene Spannung der Luft wieder zu ersetzen.
Die Spannung der Luft würde auf diese Weise mit dem Cylinder- und übrigen Apparatgewicht wieder in Gleichgewicht gelangen,
wenn die Kolben ihren Weg vom unteren zum oberen Cylinderende bis zu 4/6 zurückgelegt haben würden, wenn die Wirkung der beiden kleinen Kolben I und III gleich Null wäre; denn bei 4/6 dieses Weges beträgt der Raum für die gepresste Luft im mittleren Cylinder ober dem Kolben II
2/6 × 101700 =
33900 ccm und in den beiden kleinen Cylindern unter den Kolben I und III
4/6 × 30800 =
20532 ccm, in allen drei Cylindern zusammen also 33900 + 20532 = 54432 ccm, d. i. beiläufig die Hälfte von dem Kubikinhalt
des mittleren Cylinders allein, mithin ist auch die Luft wieder bis zu 1 at gespannt.
Nun gelangen wir zu dem kritischen Punkt unserer Darstellung.
Wie die drei Kolben I, II und III mittels des Teiles ec der Fläche ab miteinander verbunden sind, so sind auch die drei Cylinder miteinander verbunden; die beiden kleinen Cylinder sind an ihren
oberen Enden geöffnet, damit der Bewegung der Cylinder gegen abwärts durch Pressung von Luft ober den Kolben I und
III kein Hindernis entgegengestellt wird und die Pressung der Luft bloss im grossen Cylinder erfolgen kann.
Und nun erwägen wir: Unterhalb der Kolben I und III befindet sich gepresste Luft von 1 at Spannung, die sowohl aufwärts gegen diese Kolben, als auch abwärts gegen die unteren
Cylinderdeckel der beiden kleinen Cylinder einen Druck ausübt von (154 + 154 = 308 ×
1,033=) 318 kg. Diese 318 kg Kraft wirken demgemäss und vermöge der erwähnten Kolben- und Cylinderverbindung auf
eine weitere Zusammenpressung der Luft im mittleren Cylinder.
Nun tritt ein merkwürdiger Vorgang ein: Durch die Erhöhung der Spannung der Luft im mittleren Cylinder wächst auch die Spannung
in den beiden kleinen Cylindern und wird somit auch die Kraft von 318 kg grösser. Nimmt aber diese Kraft von 318 kg an Grösse
zu, dann wird auch wieder die Spannung im mittleren Cylinder grösser u.s.f. Auf den ersten Blick wären wir versucht, zu glauben,
für das Wachsen dieser Spannung gäbe es gar keine Grenzen. Dem ist aber nicht so, wie wir gleich sehen werden.
Sind nämlich die drei Kolben nur noch ⅙ der Cylinderlänge von den oberen Enden der Cylinder entfernt, dann beträgt der Raum
für die eingeschlossene gepresste Luft
im mittleren Cylinder ⅙ × 101,700
=
16950
ccm
in den beiden kleinen Cylindern ⅚ × 30,800
=
25650
„
–––––––––––
in Summa
42600
ccm.
Im ausgedehnten Zustande nahm die Luft im mittleren Cylinder einen Raum ein von
101700 ccm, so dass sie bei der Zusammenpressung auf einen Raum von nur 42600 ccm eine Spannung von beiläufig 1,4
at erhält.
Bei einer Spannung von 1,4 at beträgt aber der Druck der gepressten Luft
gegen den Kolben des mittleren Cylinders 1,4 × 1,033
× 1017
=
1470
kg
gegen die Kolben I und III der beiden kleinen Cylinder aber nur 1,4 × 1,033 × 308
=
445
„
so dass also diese letztere Kraft per 445 kg mit der im gleichen Sinne wirkenden Cylinder- und übrigen Apparatschwere von
1000 kg, zusammen nur eine Kraft von 1445 kg ergibt, die somit schon um einen geringen Betrag geringer ist, als die im entgegengesetzten
Sinne wirkende Kraft von 1470 kg der im mittleren Cylinder eingeschlossenen gepressten Luft.
Wenn wir nun die Kommunikation für das Strömen der Luft zwischen dem mittleren Cylinder und den beiden Seitencylindern abschliessen
und die gepresste Luft aus diesen zwei Cylindern ausströmen lassen, wenn die Kraft der im mittleren Cylinder akkumulierten
Luft 1470 kg, die gegen diese Luft wirkende Schwere der Cylinder und des übrigen Apparates aber nur 1000 kg beträgt, dann
muss sofort beim Eintritt dieses Verhältnisses die Entladung des Akkumulators erfolgen, der Apparat muss aus der Stellung
Fig. 2 in die Stellung Fig. 1 (Flügelniederschlag des Vogels) übergehen, um nach der Entladung und Zuführung von so viel Luft in den grossen Cylinder,
als derselbe vorher an die beiden kleinen Cylinder abgegeben hat, wieder aus der Stellung Fig. 1 in die Stellung Fig. 2 (Flügelaufschlag des Vogels) zurückzukehren und das gleiche Spiel zu wiederholen.
Damit erscheint die eingangs aufgestellte Vermutung, ob das Problem eines Perpetuum mobile für dynamische Luftschiffe lösbar
ist, in genügendem Masse begründet, und es ist gleichzeitig auch die so lange ersehnte, beinahe gewichtslose Maschine gefunden,
für die einige Stahlblechcylinder von geringem Gewichtgenügen und die zu ihrem Betriebe keinen Brennstoff mitzuführen braucht, da sie dazu die Schwerkraft benutzt.
Es erhebt sich nun auch noch eine andere Frage: Ob nämlich ein Perpetuum mobile von der beschriebenen Art nicht bloss für
dynamische Luftschiffe, ob ein solches auch zum Antrieb von Arbeitsmaschinen in Fabriken u.s.w. möglich ist.
Diese Frage lässt sich nach der obigen Darlegung sehr leicht, und zwar im günstigen Sinne beantworten.
Wir haben nur nötig, den Prozess umzukehren und das treibende Gewicht aus den Cylindern in die Kolben zu verlegen, die Teile
ae und
bc der Tragfläche ab wegzulassen, die Verbindung der Kolbenstangen edc beizubehalten, die Cylinder auf ein festes Postament zu stellen und die Kolben auf- und abbewegen zu lassen, während sich
in dem vorher besprochenen Falle die Cylinder auf- und abbewegt haben.
Werden die Kolben mit einem Gewicht von 1000 kg hergestellt und in die Cylinder mit Hebevorrichtung langsam hineingelassen,
so wird bei Abschliessung der Kommunikation für das Strömen der Luft aus dem mittleren in die beiden kleinen Cylinder und
bei derselben Kolbenflächengrösse des Kolbens II wie oben, also von 1017 qcm die Luft um die Hälfte ihres Volumens durch das Gewicht der Kolben, und zwar diesesmal unter
dem Kolben II zusammengepresst werden und dadurch eine Spannung von 1 at erhalten.
Wird nun die Kommunikation aus dem grossen in die beiden kleinen Cylinder geöffnet, und diese gespannte Luft, diesesmal in
den Teil ober den Kolben I und III geleitet, so wird durch das gleiche Kräftespiel ebenfalls das Gleichgewicht erst dann eintreten, bis die Kolben nur noch
⅙ der Cylinderlänge vom unteren Ende der Cylinder entfernt sein werden und die Spannung der gepressten Luft von 1 auf 1,4
at gestiegen sein wird, d.h. bis der Druck der gepressten Luft im mittleren Cylinder aufwärts gegen die Kolbenfläche II dieselbe Grösse erreicht hat, als der Druck derselben Kolbenfläche abwärts gegen die gepresste Luft im mittleren Cylinder
beträgt, der sich aus dem Gewichte der Kolben von 1000 kg und dem Drucke der Expansivkraft der Luft von 445 kg in den beiden
kleinen Cylindern zusammensetzt.
Wird dann die Kommunikation zwischen dem grossen und den beiden kleinen Cylindern abgeschlossen, die gepresste Luft aus den
Seitencylindern entleert, so werden die nur 1000 kg schweren Kolben von der im grossen Cylinder eingeschlossenen gepressten
Luft, deren Kraft bei 1,4 at 1470 kg oder 1445 kg beträgt, zum oberen Ende des Cylinders emporgetrieben, worauf dieselben
wieder herabsinken und das Spiel wiederholen, wenn in dem mittleren Cylinder zuvor wieder so viel Luft eingeführt wurde, als
aus demselben in die beiden kleinen Cylinder abgeströmt ist.
Die Expansivkraft der Luft von 1470 kg ist nach Abschlag des üblichen Prozentsatzes auf Kolbenreibung noch bedeutend grösser,
als zur Hebung des Kolbengewichtes von
1000 kg bis zum oberen Ende der Kolbenspielhöhe (100 cm) erforderlich ist. Dieser Ueberschuss kann zur Leistung von
mechanischer Arbeit benutzt, oder wenn solche nicht zu verrichten ist, dadurch unschädlich gemacht werden, dass ein entsprechender
Teil gespannter Luft in den kleinen Cylindern behufs Hemmung der Kolbenaufwärtsbewegung zurückgehalten wird. Die Regulierung
der Ausströmung der komprimierten Luft aus den zwei kleinen Cylindern ist für die Gangart der Maschine dasselbe, wie die Regulierung der
Dampfeinströmung in die Cylinder für die Gangart einer Dampfmaschine.
Aus der vorstehenden zahlenmässigen Begründung der Ansicht von der Lösbarkeit des Perpetuum mobile-Problems dürfte jedoch der ganz einfache Grundgedanke nicht mit genügender Klarheit hervortreten und es dürfte daher erwünscht sein, diesen Grundgedanken selbst mit Hinweglassung
aller Zahlen in einer möglichst kurzen Form zur Darstellung zu bringen. Diese Darstellung dürfte auch dadurch an Deutlichkeit
gewinnen, wenn in derselben, statt der drei nebeneinander gestellten, zwei übereinander gestellte Cylinder der Betrachtung
unterzogen werden.
Fig. 3 zeigt also zwei übereinander gestellte Cylinder, von welchen der Cylinder A einen grösseren Durchmesser hat als der Cylinder B. Der Cylinder A ist nach oben, der Cylinder B nach unten geöffnet, beide Cylinder sind voneinander durch die Wand ab getrennt.
Durch beide Cylinder und die Wand ab führt die Kolbenstange cd, an welcher die Kolben e und f befestigt sind, die sich zwischen gg und hh bezw. ii und jj auf- und abbewegen sollen.
Diese Auf- und Abbewegung der Kolben e und f soll durch die Wirkung der Schwerkraft und der Expansivkraft der Luft auf folgende Weise möglich sein.
Wenn die beiden Kolben von gg nach hh bezw. von ii nach jj von der Schwerkraft hinabgezogen werden, dann wird die im Cylinder A eingeschlossene gewöhnliche atmosphärische Luft mit einer Kraft zusammengepresst, welche gleich ist dem Gewichte der Kolbenstange
cd und der Kolben e und f, und erlangt dadurch eine höhere Spannung als die ausserhalb der Cylinder befindliche Luft besitzt.
Strömt nun diese so gespannte Luft durch die Oeffnung k
der Wand
ab aus dem Cylinder A in den Cylinder B, so wird sich dieselbe wieder auszudehnen suchen, bleibt dabei aber trotzdem gespannt, weil Cylinder B kleiner ist als Cylinder A, sie wird also infolgedessen auch einen Druck abwärts gegen den Kolben
f ausüben und damit die Wirkung des Kolben- und Kolbenstangengewichtes gegen die im Cylinder A befindliche Luft verstärken. Wird aber die Luft im Cylinder A stärker gepresst, ihre Spannung erhöht, dann wächst auch vermöge der Oeffnung k die Spannung der Luft im Cylinder B und der Druck derselben abwärts gegen den Kolben f, was so lange dauert, bis durch diese Wechselwirkungen Gleichgewicht eintritt. Gleichgewicht tritt deshalb ein, weil, obzwar
der Druck der Expansivkraft der Luft gegen die Kolben in beiden Cylindern wächst, der Druck der Expansivkraft der Luft gegen
den Kolben im Cylinder A wegen seines grösseren Durchmessers schneller wächst, als gegen den Kolben im Cylinder B.
Textabbildung Bd. 315, S. 209
Fig. 3
Durch die Mitwirkung der Expansivkraft der Luft im Cylinder B wird auf die beschriebene Weise die Luft im Cylinder A entschieden auf eine höhere Spannung gebracht als mit dem Kolben- und Kolbenstangengewichte allein.
Soll nun das Gleichgewicht zwischen dem Kolben- und Kolbenstangengewichte und dem Drucke der Expansivkraft der Luft gegen
den Kolben f abwärts einerseits und dem Drucke der Expansivkraft der Luft gegen den Kolben e aufwärts andererseits aufgehoben werden, dann genügt es offenbar, wenn wir den Druck der Expansivkraft der Luft abwärts gegen
den Kolben
f vernichten, indem wir bei gleichzeitigem Abschluss der Oeffnung k durch eine ins Freie führende Oeffnung die komprimierte Luft aus dem Cylinder B entweichen lassen.
Da sodann die Expansivkraft der Luft gegen den Kolben e aufwärts grösser ist als das nunmehr allein abwärts wirkende Kolben- und Kolbenstangengewicht, so müssen die Kolben samt Kolbenstange von jj nach ii bezw. von hh nach gg von der Expansivkraft der Luft emporgetrieben werden, falls die bei der Abwärtsbewegung der Kolben durch die Expansivkraft
der Luft gegen den Kolben f verrichtete und in Form erhöhter Expansivkraft der Luft im Cylinder A aufgespeicherte mechanische Arbeit gross genug war.
Wie die Fig. 3 zeigt, hebt sich der Kolben e ganz aus dem Cylinder A heraus, was deshalb geschieht, damit in denselben rasch wieder so viel Luft einströmt, als derselbe bei Abwärtsbewegung der
Kolben an den Cylinder B abgegeben hat.
So wie die beschriebene eine Abwärts- und Aufwärtsbewegung der Kolben sollen auch die folgenden Abwärts- und Aufwärtsbewegungen der Kolben erfolgen.
Das wäre also ein Perpetuum mobile, aber freilich ein solches, das nicht Arbeit aus
„Nichts“ gewinnen will, wie dies den Perpetuum mobile-Erfindern oft genug höhnend vorgehalten wurde, sondern ein solches, das Arbeit
aus zwei Naturkräften erzeugen will: aus der Schwerkraft, die den Brennstoff, und aus der Expansivkraft der Luft, welche die
Kraft des Dampfes ersetzen soll.
Ich habe bei der schärfsten Selbstprüfung nicht herausfinden können, was sich in theoretischer Hinsicht gegen die Richtigkeit
des entwickelten Grundgedankens einwenden lässt, ja ich habe eine gewisse Beruhigung darin gefunden, dass der Gedanke für
die Lösung des Perpetuum mobile-Problems nun mindestens ein vollkommen neues Prinzip aufstellt, indem ein ganz gleiches Prinzip
z.B. in dem Werke „Das Perpetuum mobile“ von A. Daul vom Jahre 1900 nicht behandelt erscheint.
Allein die schönste Theorie bleibt ohne Praxis unzuverlässig und darum wäre es im Interesse der Sache erwünscht, wenn der
entwickelte Gedanke von kompetenter Seite nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch in Bezug auf seine Richtigkeit eingehend
untersucht werden würde.
(Siehe Anmerkung 1 auf S. 207. D. R.)