Titel: | Was ist als wirkliche Heizfläche eines Dampfkessels anzusehen? |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 232 |
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Was ist als wirkliche Heizfläche eines Dampfkessels anzusehen?
Von Prof. Fr. Freytag.
Was ist als wirkliche Heizfläche eines Dampfkessels anzusehen?
Sehr häufig findet sich in industriellen Kreisen die Meinung vertreten, dass als Heizfläche eines Dampfkessels nicht der von
den Heizgasen umspülte Teil desselben, sondern derjenige Teil des Kessels anzusehen ist, der vom Wasser berührt wird. Handelt
es sich in einem gegebenen Falle um die Berechnung der Heizfläche eines Kessels, so werden die erhaltenen Werte sonach unter
Umständen erheblich von einander abweichen.
Um diesem Uebelstande zu begegnen, versuchte Charles Whiting Baker in New York die Grundprinzipien, auf welche sich die von ihm behauptete Thatsache stützt, dass nur die dem Feuer ausgesetzte
Heizfläche als wirkliche Heizfläche des Kessels, von der die Leistungsfähigkeit desselben abhängt, anzusehen ist, auf einfache
Weise festzustellen. Die bezügliche Abhandlung, welche auch unseren Lesern einiges Interesse bieten dürfte, ist in den Transactions of the American Society of Mechanical Engineers, Bd. XIX, veröffentlicht.
Es ist eine jedem Fachmanne, wie allen denjenigen, welche mit Dampfkesselanlagen zu thun haben, bekannte Thatsache, dass die
Leistung eines Dampfkessels bezw. die von demselben innerhalb einer gegebenen Zeit erzeugte Dampfmenge der Heizfläche des
Kessels proportional ist. Allerdings schwankt die auf 1 qm Heizfläche erzeugte Dampfmenge, da sie von vielen Umständen abhängig
ist, innerhalb weiter Grenzen. Insbesondere spielen in Bezug hierauf die Abmessungen des Feuerraumes bezw. diejenigen des
Rostes, auf der die Kohle verbrannt wird, ferner die Abmessungen des Schornsteines, der einen genügenden Zug hervorbringen
muss, damit der zur vollkommenen Verbrennung der Kohle nötige Sauerstoff in ausreichender Menge vorhanden ist, eine wesentliche
Holle.
Feuerraum und Schornstein sind aber nicht als eigentliche Zubehörstücke des Kessels zu betrachten; beide Vorrichtungen dienen
nur dazu, die erforderliche Wärme zu entwickeln, während die Aufgabe des Kessels selbst darin besteht, dem Wasser, welches
er enthält, so viel als möglich von dieser Wärme zuzuführen. Sowohl der Wärmebetrag, welchen der Kessel innerhalb einer gewissen
Zeit in das Wasser überzuführen vermag, wie auch derjenige Teil der gesamten auf dem Roste erzeugten Wärmemenge, welcher dem
Wasser mitgeteilt werden kann, ändern sich mit der Grösse der von den Heizgasen umspülten Kesselfläche, oder in anderen Worten,
die Leistung wie auch der Wert eines Dampfkessels in wirtschaftlicher Beziehung sind von der Grösse seiner Heizfläche direkt
abhängig.
Hieraus folgt, dass die Grösse der Heizfläche eines zu erbauenden Kessels von vornherein bekannt sein muss. Der Konstrukteur
hat mit dieser Heizfläche zu rechnen, um die Abmessungen des Kessels der von demselben zu verrichtenden Arbeit anzupassen.
Dem Verkäufer muss die Grösse der Heizfläche bekannt sein, damit er zuverlässige Angaben über die Leistung und den wirtschaftlichen
Wert des Kessels machen kann, und auch dem Käufer desselben sind bezügliche Angaben von Interesse, damit er beurteilen kann,
was er für sein Geld erhalten hat.
Thatsächlich werden denn auch die Dampfkessel in den meisten Fällen unter Zugrundelegung ihrer Heizflächen erbaut und bezahlt.
Seltener richtet sich der Verkaufspreis nach der Leistung des betreffenden Kessels in Pferdestärken; diese Leistung ist aber
direkt von der Grösse der jedesmaligen Heizfläche abhängig. Je nach dem Kesselsystem lässt sich für 1 PS eine Heizfläche von
5 bis 14 Quadratfuss
(engl.) annehmen. Vergleicht man die Leistungen verschiedener Kesselsysteme miteinander, so werden auch stets die
bezüglichen Heizflächen derselben in Betracht gezogen.
Es ist dennoch mit der genauen Bestimmung der Heizfläche eines Dampfkessels eine wunderbare Sache! Selbst sachkundige Ingenieure
und Kesselfabrikanten kommenhierbei auf Werte, die unter Umständen 7 bis 17 % voneinander abweichen. Dies hat seinen Grund darin, dass häufig nicht der
von den Heizgasen umspülte Teil des Kessels, sondern der vom Wasser berührte Teil desselben als Heizfläche in Rechnung gestellt
wird. Bei ebenen Heizflächen sind die bezüglichen Werte einander gleich. Wenn aber behufs Erzielung einer möglichst grossen
Heizfläche der betreffende Kessel noch mit einer Anzahl von Rohren ausgerüstet ist, so ergeben sich, je nachdem die inneren
oder äusseren Umflächen derselben als Heizflächen angesehen werden, Unterschiede, die z.B. bei Rohren von 25 bezw. 100 mm
Durchmesser um etwa 17 bezw. 7 % voneinander abweichen.
Dieser Irrtum erklärt sich in einer Verkennung der Thatsache, dass nur die dem Feuer ausgesetzte Fläche als wirkliche Heizfläche
des Kessels anzusehen ist, von dem seine Leistungsfähigkeit abhängt.
Textabbildung Bd. 315, S. 232
Denken wir uns eine schmiedeeiserne Platte (s. Fig.) von 1 Zoll (engl.) Stärke, die auf der einen Seite mit heissen Gasen,
deren Temperatur etwa 538° C. (1000° F.) beträgt, auf der anderen Seite mit Kesselwasser von 149° C. (300° F.) Temperatur
(entsprechend einem Dampfdruck von ungefähr 5 kg/qcm) in Berührung steht, so hat derjenige Teil der in den heissen Gasen aufgespeicherten Wärme, welcher durch die Platte hindurch
in das Wasser übergeführt wird, auf diesem Wege drei Widerstände zu überwinden:
1. Widerstand beim Uebertritt aus den Heizgasen auf die Oberfläche der Platte.
2. Widerstand beim Durchgange durch die Platte.
3. Widerstand beim Uebertritt von der anderen Oberfläche der Platte in das Wasser.
Von diesen Widerständen ist nur derjenige, welcher sich dem Durchgange durch die Platte entgegensetzt, als bekannt anzusehen.
Die Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle ist durch viele Versuche genau festgestellt worden, so dass, wenn die Temperaturen
der beiden Oberflächen einer metallischen Platte und deren Stärke gegeben sind, ohne weiteres zu ermitteln ist, welche Wärmemengen
innerhalb einer gegebenen Zeit, auf die Flächeneinheit der Platte bezogen, durch diese hindurchtreten. Andererseits lässt
sich, wenn der Betrag der mittels einer Platte zugeführten Wärmemenge bekannt ist, auf den Temperaturunterschied ihrer Oberflächen
schliessen.
Es sei z.B. eine Wärmemenge in das Kesselwasser übergeführt worden, welche genüge, um auf jeden Quadratfuss der Plattenfläche
stündlich 3 Pfund Wasser von 212° F. zu verdampfen. (Es ist dies etwa der Mittelwert für die Leistung der Heizfläche eines
gewöhnlichen feststehenden Dampfkessels.) Nun sind 965,7 Wärmeeinheiten erforderlich, um 1 Pfund Wasser von 212° F. in Dampf
von derselben Temperatur zu verwandeln; folglich müssen durch die Platte hindurch stündlich und auf jeden Quadratfuss ihrer
Fläche 3 . 965,7 = 2897,1 oder im. Mittel 2900 Wärmeeinheiten in das Kesselwasser übergeführt werden.
Neuere Versuche über die Leitungsfähigkeit der Metalle haben erwiesen, dass durch eine eiserne Platte von 1 Quadratfuss Fläche
und 1 Zoll (engl.) Stärke, deren entgegengesetzte Oberflächen einem gleichförmigen Temperaturunterschiede von 1 ° F. ausgesetzt
sind, stündlich 473 Wärmeeinheiten hindurchtreten. Da in der Stunde 2900
Wärmeeinheiten durch die Platte in das Kesselwasser übergeführt werden sollen, beträgt der Temperaturunterschied auf beiden Seiten der Platte in diesem Falle \frac{2900}{473}=6,13^{\circ}\mbox{ F}.
Es überrascht sicherlich manchen Leser, dass ein so geringer Temperaturunterschied zwischen den beiden Oberflächen einer eisernen
Platte schon genügt, um das Hindurchtreten einer verhältnismässig grossen Wärmemenge durch die Platte zu bewirken. Der Koeffizient
für die Wärmeleitungsfähigkeit des Eisens, auf welchem dieser Betrag beruht, ist aber das Ergebnis zahlreicher, seitens hervorragender
Physiker angestellter Versuche und von wissenschaftlichen Autoritäten als richtig anerkannt worden, so dass seine Genauigkeit
nicht angezweifelt werden kann.
Im vorstehenden Falle ist gleichwohl die Genauigkeit dieses Koeffizienten von keiner besonderen Bedeutung. Wir fanden, dass
die 1 Zoll starke Wandung der Heizfläche eines Kessels, sofern dieselbe stündlich 2900 Wärmeeinheiten in das Wasser überführen
soll, auf ihren beiden Seiten einem Temperaturunterschiede von 6,13° F. ausgesetzt werden muss.
Derartige starke Bleche kommen als Kesselheizflächen indes kaum in Betracht. In der Regel beträgt die Wandstärke der Heizfläche
eines gewöhnlichen Kessels mit Innenfeuerung nicht mehr als ⅝ Zoll (engl.). Feuerraum und Feuerbüchsen werden häufig aus ¼
bis ⅛ Zoll starken Blechen hergestellt und die Wandungen der Heizrohre haben sogar nur Stärken von ⅛ bis 1/16 Zoll. Hiernach beträgt der thatsächliche Temperaturunterschied zwischen den beiden Oberflächen eines solchen Heizrohres,
welches eine Wärmemenge in Höhe des bereits genannten Betrages in das Kesselwasser überführen soll, nur ⅛ bis 1/16 von 6,13° F., oder in runden Zahlen ausgedrückt, um ⅜° weniger als 1 ° F. Nach Angabe des Physikers Lord Kelvin lässt sich für alle praktischen Zwecke annehmen, dass die Heizflächen eines Dampfkessels die Wärme so leiten, als wären sie
dünn wie Papier, oder als hätte das Metall eine unbegrenzte Leitungsfähigkeit. Ein Irrtum von 50 % oder sogar von mehreren
Hundert von Prozenten bei Bestimmung des Wärmeleitungskoeffizienten von Eisen, würde, selbst wenn ein solcher Irrtum möglich
wäre, für praktische Zwecke, wie im vorliegenden Falle, keine Bedeutung haben. Hiernach ist z.B. nicht einzusehen, weshalb
Lokomotivkessel mit Heizrohren aus Messing oder Kupfer und kupfernen Feuerbüchsen ökonomischer arbeiten sollen, als solche
aus Stahl. Die höhere Leitungsfähigkeit des Kupfers wird als ein Grund angegeben, weshalb englische Eisenbahnverwaltungen
die ausschliessliche Verwendung kupferner Feuerbüchsen für Lokomotiven vorschreiben!
Kommen wir auf Fig. 1 zurück, so ist jedenfalls klar gelegt, dass die beiden Oberflächen der Platte, wenn wir ihre Stärke
auf diejenige eines gewöhnlichen Kesselrohres reduziert denken, nur einen geringen Temperaturunterschied haben werden.
Wir wollen nunmehr untersuchen, welchen Betrag an Wärme das Wasser auf der einen Seite und die heissen Gase auf der anderen
Seite der Platte aufnehmen. Stützen wir uns hierbei auf die Annahme, dass die Temperaturen auf beiden Seiten der Platte auch
diejenigen in den äussersten Oberflächenschichten der Platte selbst sind, so ist klar, dass die wirkliche Temperatur der letzteren
von dem bezüglichen Wärmeleitungsvermögen der Flüssigkeiten auf ihren beiden Seiten abhängt. Wären diese Flüssigkeiten auf
den beiden Seiten dieselben, so würde die Temperatur der Platte gleich sein dem Mittel aus den Temperaturen der Flüssigkeiten
auf ihren beiden Seiten. In dem gegebenen Falle (Fig. 1) wird aber, da Wasser innerhalb einer gegebenen Zeit einen weit höheren
Betrag an Wärme zu absorbieren vermag als Luft oder heisse Gase, die Temperatur der Platte nahezu gleich derjenigen des Wassers
sein und jedenfalls weit unter der Temperatur der heissen Gase liegen. Dies ist eine allgemein bekannte Thatsache. Dennoch
wird dieselbe häufig übersehen und von Fachleuten bei Ermittelung der Heizfläche von Dampfkesseln nicht immer der von den
Heizgasen umspülte Teil der Rohre in Rechnung gestellt. Um sich die bezügliche Wärmeabsorptionsfähigkeit von Wasser und Gasen
vor Augen zu führen, erhitze man eine eiserne Stange bis zur Rotglut, bringe sie dann mit Luft in Berührung und beobachte,innerhalb welcher Zeit sie so weit abgekühlt ist, dass sie von Hand berührt werden kann. Dann erwärme man die Stange zum zweitenmal
bis zur Rotglut, tauche sie in Wasser und notiere wiederum die Zeit, bis sie von Hand berührt werden kann. Damit ergeben sich
ungefähre Werte für die Wärmeabsorptionsfähigkeit von Luft und Wasser.
Schliesslich sind auch Untersuchungen angestellt worden, um die Temperaturen zu bestimmen, auf welche eine Metallplatte, deren
eine Seite mit Wasser in Berührung steht, erwärmt werden kann. Die Temperatur wurde hierbei durch Pfropfen aus verschieden
schmelzbaren Legierungen, die in die Platte eingelassen waren, ermittelt und die Feuerseite der letzteren der intensiven Wirkung
eines kräftigen Gebläses ausgesetzt. So lange die Wasserseite der Platte rein blieb, war es unmöglich, die eingelassenen Pfropfen
zum Schmelzen zu bringen.
Den schlagendsten Beweis von der grossen Absorptionsfähigkeit des Wassers an Wärme im Vergleich mit der Luft erblickt jedoch
Whiting in einem von ihm vor einigen Jahren zu einem anderen Zwecke angestellten Versuche. Ein mit einem einzigen vertikalen Rohr
von ungefähr 2 Zoll Durchmesser versehenes Gefäss war mit kaltem Wasser von 45 bis 50° F. angefüllt worden und dieses Rohr
wurde von den heissen Gasen einer grossen Oellampe bezw. eines Bunsen-Brenners von etwa 1000° F. Temperatur oder mehr durchstrichen.
Die den heissen Gasen ausgesetzte Oberfläche des Rohres wurde durch das Wasser auf der anderen Seite desselben so kalt gehalten,
dass sich von den heissen Gasen herrührende Tautropfen auf ihr bildeten und das Innere des Rohres war thatsächlich so lange
mit Tau überzogen, bis sich das Wasser auf ungefähr 60° F. erwärmt hatte.
Es ist leicht einzusehen, weshalb das Wasser bedeutend mehr Wärme aufzunehmen im stände ist, als Luft. Die spezifische Wärme
von Wasser und Luft verhält sich bei gleichem Gewichte beider Körper wie 1 : 0,23; da aber Luft bei gewöhnlichen Temperaturen
nur etwa \frac{1}{812} so viel wiegt, als ein gleiches Volumen Wasser, wird
letzteres, wenn z.B. eine dünne Luftschicht in Berührung mit einer heissen Oberfläche und einer Wasserschicht von gleicher
Dicke und Fläche mit einer ähnlichen heissen Oberfläche in Berührung gebracht wird, 3530mal so viel Wärme absorbieren, als
die Luft, vorausgesetzt, dass die Temperaturen beider Körper auf gleiche Werte gestiegen sind. Nach Lord Kelvin verhält sich die Wärmeleitungsfähigkeit von Wasser und Luft wie 40 : 1. Jedenfalls ist bei Ueberführung der von irgend einer
Oberfläche abgegebenen Wärmemenge in eine Flüssigkeit der Umstand, dass infolge der Beweglichkeit zwischen den Teilchen der
letzteren stets frische Mengen derselben in beständige Berührung mit der Oberfläche kommen, für die Absorptionsfähigkeit der
Flüssigkeit von grosser Bedeutung. Hiernach kann im vorliegenden Fall mit Sicherheit geschlossen werden, dass bei dünnen Metallplatten,
z.B. einem Heizrohr, welches zur Ueberführung von Wärme aus den Heizgasen auf seiner einen Seite in das Wasser auf der anderen
Seite dient, die Temperatur des Rohres zumeist nur um einige Grade wärmer sein wird, als das mit ihm in Berührung stehende
Wasser.
Mit anderen Worten lässt sich für praktische Zwecke annehmen, dass in irgend einem Dampfkessel mit reinen Heizflächen die
Temperatur auf der Feuerseite der Heizfläche dieselbe ist, wie diejenige des Wassers in dem Kessel. Liegt aber möglicherweise
diese Temperatur um 1°, in gewissen Fällen sogar um 20 bis 30° F. höher, so ist dennoch dieser Unterschied von keiner praktischen
Bedeutung, da in den wenigen Fällen, wo solche bedeutenden Unterschiede möglicherweise auftreten, die Temperatur des Feuers,
welchem die bezügliche Oberfläche ausgesetzt ist, wahrscheinlich um
2000° oder mehr höher liegt, als diejenige der Platte.
Wenn nunmehr erwiesen ist, dass die Temperatur der Feuerseite eines Heizrohres oder Feuerzuges für praktische Zwecke derjenigen
des Wassers im Kessel gleich gesetzt werden kann, so ist auch ohne weiteres richtig, dass nur diese Oberfläche und nicht diejenige
auf der Wasserseiteals wirkliche Heizfläche des Kessels, von der seine Leistung bezüglich der Dampferzeugung abhängt, zu betrachten ist.
Den grössten Widerstand, welchen ein Wärmestrom in irgend einem Dampfkessel erleidet, ist derjenige, welchen die Wärme beim
Uebertreten aus den heissen Gasen in die von ihnen berührte Oberfläche zu überwinden hat. Verglichen mit diesem, ist der Widerstand
beim Durchgange durch die Platte und derjenige beim Uebertreten von der Platte in das Wasser nur unbedeutend. Wenn wir die
den heissen Gasen ausgesetzte Oberfläche vergrössern, so erhöhen wir damit auch die Leistungsfähigkeit des Kessels in Bezug
auf seine Wärmeaufnahme; wenn wir aber diese Oberfläche unverändert lassen, die dem Wasser ausgesetzte Oberfläche dagegen
vergrössern, so wird die innerhalb einer gegebenen Zeit zugeführte Wärmemenge dieselbe bleiben wie vordem. Die Grösse der
den Heizgasen ausgesetzten Kesselfläche bestimmt die Aufnahmefähigkeit an Wärme und damit die Leistung des Kessels in Bezug
auf seine Dampferzeugung. Wenn wir diese Fläche auf irgend eine Weise derart gestalten könnten, dass sie mehr Wärme als bisher
aufnimmt, so erhöhen wir damit die Leistungsfähigkeit des Kessels.
Das Heizrohr, System Serve, mit seinen vorstehenden, von den Heizgasen getroffenen Rippen vergrössert die innere Oberfläche des Rohres und damit auch
die Fähigkeit desselben, Wärme aufzunehmen. Wenn dagegen auf der Wasserseite eines Rohres derartige vorstehende Rippen angebracht
würden, so wird damit die dem Wasser ausgesetzte Oberfläche desselben vergrössert; dies ist aber in Bezug auf Wärmeübertragung
von keiner praktischen Bedeutung. In ähnlicher Weise bewirkt die gebogene oder gekrümmte Form eines Rohres, sofern damit die
dem Wasser ausgesetzte Oberfläche grösser als diejenige wird, welche mit den Heizgasen in Berührung steht, keine Erhöhung
des Betrages der überzuführenden Wärme. Die wirkliche Heizfläche, welche den Betrag der dem Wasser zugeführten Wärme bestimmt,
bleibt stets die den Feuergasen ausgesetzte Oberfläche.
Bei den vorstehenden Besprechungen wurde vorausgesetzt, dass die Heizflächen auf beiden Seiten vollständig rein sind. Dies
ist nur äusserst selten der Fall. Gewöhnlich sind diese Flächen mit Russ oder Asche auf der Feuerseite und mit Kesselstein
oder Schlamm auf der Wasserseite mehr oder weniger bedeckt. Nach den vorstehenden Erörterungen ist unschwer zu erkennen, dass
die Wärmeübertragung insbesondere durch die Ablagerungen auf der Feuerseite und weniger durch diejenigen auf der Wasserseite
behindert wird.
Es kann nicht Gegenstand dieses Berichtes sein, Mittelanzuführen, welche das Ansetzen von Kesselstein u.s.w. auf den Wandungen der Dampfkessel wirksam verhüten. So viel steht aber
fest, dass eine dünne Schicht Kesselstein auf den Heizrohren der Dampfkessel kaum einen nennenswerten Einfluss auf die Leistung
oder die Oekonomie des Kessels ausüben kann, während Ablagerungen von Russ und Asche auf der Feuerseite der Rohre die Dampferzeugungsfähigkeit
des Kessels bedeutend vermindern. Eine starke Ablagerung von Kesselstein auf der Wasserseite der Rohre oder anderer Heizflächen
wird selbstverständlich, wie jedes die Wärme schlecht leitende Material, in Bezug auf die Wärmeübertragung nur ungünstig wirken.
In derartigen Fällen ist nicht ausgeschlossen, dass die Temperatur der Heizflächen plötzlich steigt und zuweilen, z.B. bei
feststehenden Kesseln mit Aussenfeuerung und Schiffskesseln mit Innenfeuerung, einen solchen Grad erreicht, dass Aufbauchungen
oder Verbiegungen des- Metalls entstehen.
Es ist genugsam bekannt, wie durch lebhafte Wasserzirkulationen im Kessel das Ansetzen von Kesselstein und Schlamm, wie auch
dasjenige der aus dem Wasser aufsteigenden Dampf Wäschen, die an den inneren Wandungen der Kesselheizflächen häufig hängen
bleiben und einen die Wärme ebenfalls schlecht leitenden sogen. Dampfpelz bilden, wirksam verhindert wird.
Wir wiederholen nochmals, dass nach dem Vorstehenden nur die dem Feuer ausgesetzte Heizfläche eines Kessels als wirkliche
Heizfläche anzusehen ist. Es ist kein Grund vorhanden, weshalb dies nicht allgemein als richtig anerkannt werden könnte. Die Erbauer von Heizrohrkesseln könnten zwar geltend machen, dass die Erbauer von Wasserrohrkesseln
hiervon den grössten Nutzen hätten. Denn mit derselben Anzahl von Rohren gleicher Länge ergeben sich bei Wasserrohrkesseln
um 7 bis 11 % grössere Heizflächen als bei Heizrohrkesseln. Dies ist allerdings richtig. Aber sind wegen dieses Vorzuges die
Wasserrohrkessel den Heizrohrkesseln auch unbedingt überlegen?
In Bezug hierauf ist daran zu erinnern, dass nirgendwo in den vorstehenden Berechnungen ein bestimmter Wert für den Wärmeleitungskoeffizienten
der Heizflächen ein: gesetzt wurde. Andererseits ist aber hinreichend bekannt, dass das Wärmeleitungsvermögen von 1 Quadratfuss Heizfläche der
einen Kesseltype etwa doppelt so gross als dasjenige der gleichen Fläche einer anderen Kesseltype sein kann. Die Leichtigkeit,
mit welcher Heizflächen von Russ und Asche gereinigt werden können, ist eben auch zu berücksichtigen und dies ist ein Grund,
weshalb die Erbauer von Heizrohrkesseln, trotz der etwas kleineren Heizflächen derselben gegenüber den Wasserrohrkesseln,
den Wettbewerb mit diesen letzteren nicht zu scheuen haben.