Titel: | Unterschied zwischen Diesel- und Mewes-Motor. |
Autor: | -s. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 267 |
Download: | XML |
Unterschied zwischen Diesel- und Mewes-Motor.
Unterschied zwischen Diesel- und Mewes-Motor.
Der Diesel-Motor ist in dieser Zeitschrift bereits so eingehend besprochen worden (308 201. * 221. 311 * 1. * 22. * 40), dass die Konstruktion und die Arbeitsweise desselben als bekannt vorausgesetzt werden kann. Es mag nur
nochmals kurz hervorgehoben werden, dass der Diesel-Motor im Arbeitscylinder die angesaugte Luft adiabatisch bis zur Verbrennungstemperatur komprimiert, in die heisse Pressluft
den Brennstoff einführt und nach vollendetem, zum grössten Teile adiabatisch erfolgendem Arbeitshub die Verbrennungsgase auspuffen
lässt. Die Arbeit erfolgt somit im Viertakt.
Der Mewes-Motor unterscheidet sich vom Diesel-Motor hauptsächlich dadurch, dass die Pressluft nicht im Arbeitsraum des Arbeitscylinders, sondern entweder auf der Rückseite
des Arbeitskolbens oder ausserhalb durch einen besonderen Kompressor möglichst isothermisch, also unter Abführung der Kompressionswärme
komprimiert und in die erzeugte kalte Pressluft der bis über Entzündungstemperatur erhitzte Brennstoff fein zerteilt eingeführt
wird. Die Expansion erfolgt wie bei Diesel zum grössten Teil adiabatisch. Bevor ich auf die Unterschiede zwischen den Arbeitsverfahren der beiden Verbrennungskraftmaschinen
an der Hand der Formeln der mechanischen Wärmetheorie eingehe, lasse ich die Beschreibung der von dem Ingenieur und Physiker
Rudolf Mewes erfundenen Maschine nach der Patentschrift Nr. 108586 folgen, welche nicht auf den Namen des Erfinders, sondern auf den Namen
der Patenterwerber D. Wachtel und P. Stoltz in Berlin genommen ist, da der Erfinder auf seine amtliche Stellung hat Rücksicht nehmen müssen.
Der Motor von Mewes unterscheidet sich von den bekannten Verbrennungskraftmaschinen dadurch, dass allein der gasförmige oder der zerstäubte Brennstoff
bezw. ein Gemisch von gasförmigen, verflüssigten und zerstäubten Brennstoffen bis über die Entzündungstemperatur verdichtet
und danach unter Ueberdruck in den mit Pressluft von niedrigerer Temperatur beschickten Cylinder oder in einen mit demselben
verbundenen, als Verbrennungskammer dienenden Vorbehälter eingepresst wird. Hierdurch ergibt sich gegenüber den bekannten
Verbrennungskraftmaschinen der wesentliche Vorteil, dass die dem Arbeitscylinder als Verbrennungsluft zugeführte Pressluft
kühl sein und dass die Temperatur während des Arbeitshubes auf einer viel niedrigeren Höhe als bei den bisherigen Kraftmaschinen
gehalten werden kann.
Textabbildung Bd. 315, S. 268
Mewes-Motor.
Bei der auf der Zeichnung veranschaulichten Ausführungsart ist g der Arbeitscylinder, a ein Luftkompressor, d eine Wasserpumpe und c ein Pressluftbehälter, der vor der Inbetriebsetzung der Maschine mit Pressluft gefüllt wird. Während des Betriebes wird durch
den Arbeitskolben des Cylinders g der Kompressor a mit betrieben und die zusammengepresste Luft durch die Leitung b in den Pressluftbehälter c befördert. Von hier aus wird die Pressluft durch die Leitung e dem Arbeitscylinder g zugeführt. Es kann dies direkt geschehen, jedoch wird es sich meistens empfehlen, dass die Pressluft zunächst den Cylinder
g umspült, zu welchem Zwecke dieser mit dem Mantel f umgeben ist. Aus diesem wird die Pressluft durch die Leitung h und durch das in bekannter Art gesteuerte Ventil i dem Cylinder g zugeführt.
Während oder nach der Einlassung der Pressluft in den Cylinder g wird auch der Brennstoff in gasförmiger, flüssiger oder fester Form eingeführt, und zwar muss dies unter einem Drucke geschehen,
der wesentlich höher ist, als der Druck der Pressluft, da anderenfalls der Brennstoff nicht mit genügender Feinheit in der
Pressluft sich verteilen würde.
Bei der dargestellten Ausführung der Maschine ist angenommen, dass in die Pressluft Gas eingeführt werden soll. Das Gas wird
hierbei der Pumpe m durch die Druckleitung n zugeführt. Aus der Pumpe m gelangt das genügend hoch zusammengepresste Gas, zweckmässig unter Zwischenfügung des Druckkessels o durch die mit einem Hahn versehene Leitung p und durch die Düse r in den Cylinder g; damit das Gas möglichst fein zerteilt m den Cylinder g gelangt, kann vor der Düse r das Sieb t angeordnet sein. Ferner kann vor der Mündung der Düse reine Vorrichtung zur weiteren Erhitzung des eingepressten Gases angebracht sein. In der Zeichnung ist zu diesem Zwecke eine
elektrisch zu erhitzende Spirale s angedeutet.
Da das Gas bereits bei der Kompression in der Pumpe m bis auf die Entzündungstemperatur erhitzt wird, und da ferner die durch den Druck erzeugte Temperatur durch die Ueberhitzungsvorrichtung
noch gesteigert werden kann, so wird das Gas unmittelbar beim Eintritt in den Cylinder g zur Verbrennung gelangen, ohne dass eine weitere Zündvorrichtung erforderlich ist.
Der Betrieb der Pumpe m kann in beliebiger Weise erfolgen. Bei der dargestellten Ausführung ist zu diesem Zwecke der Pressluftmotor
l vorgesehen, der durch die Leitung k mit der Pressluftleitung e verbunden ist.
Die Zuführung des Brennstoffes wird in der Weise geregelt, dass entweder bei jedem Hube der Pumpe m eine bestimmte Menge in den Cylinder
g hineingepresst wird, oder es kann eine bestimmte Steuerung vorgesehen sein, welche die Zuführung des Brennstoffes regelt.
Die Abführung des verbrauchten Gasgemisches aus dem Cylinder g kann in bekannter Weise mittels der Steuerung x und der Ableitung z geschehen.
Die Pumpe d dient dazu, bei Bedarf in den Kompressor a Kühlwasser zu spritzen oder durch dessen Mantel Kühlwasser zu fördern, um die infolge der Kompression entstehende Erhitzung
der Pressluft zu beseitigen. Die Pressluft dient somit auch zur Kühlung des Cylinders
g. Durch entsprechende Bemessung des Kühlwassers lässt sich die Temperatur der Pressluft bei der beschriebenen Anordnung so
regeln, dass sie mit einer bestimmten Temperatur in den Cylinder g gelangt.
Die beschriebene Maschine lässt sich in den Einzelheiten abgeändert ausführen. Wesentlich kommt es auf die eingangs gekennzeichnete
Durchführung des Arbeitsverfahrens (möglichst isothermische Kompression und adiabatische Expansion) an. Die Maschine kann
offen oder geschlossen sein, und der Arbeitsvorgang kann auf beiden Seiten des Kolbens abwechselnd vor sich gehen. Bei geschlossener
Maschine kann der Enddruck des Arbeitsgemisches niedriger als der Atmosphärendruck gewählt werden.
Der Pressluftbehälter c kann wegfallen, wenn in die Leitung h ein Druckkessel eingeschaltet wird, welcher als Druckausgleicher dient. Auch der Mantel f kann in Wegfall kommen. In welcher Weise die zur Beschickung des Arbeitscylinders dienende Pressluft erzeugt wird, ist für
die Durchführung des Arbeitsverfahrens nicht wesentlich. Anstatt das Brenngemisch unmittelbar in den Cylinder g zu leiten, kann dasselbe auch in einen Vorbehälter
w gepresst werden, welcher auf der Zeichnung punktiert angedeutet ist. Das Arbeitsverfahren des Mewes-Motors unterscheidet sich von dem Arbeitsverfahren des Diesel-Motors und anderer Maschinen dadurch, dass der gasförmige oder zerstäubte Brennstoff bezw. ein Gemisch von gasförmigen, verflüssigten
oder zerstäubten Brennstoffen ausserhalb des Arbeitscylinders g durch Verdichtung bis über die Entzündungstemperatur erhitzt und danach in den mit Pressluft von niedrigerer Temperatur beschickten
Cylinder g oder in einen mit demselben verbundenen, als Verbrennungskammer dienenden Vorbehälter gepresst wird.
Ein Vergleich der Arbeitsvorgänge der Verbrennungskraftmaschinen von Diesel und Mewes dürfte sich nunmehr mit Hilfe der bekannten Formeln der mechanischen Wärmetheorie leicht durchführen lassen.
Der Arbeitsvorgang der Diesel'schen Maschine besteht aus vier typischen Arbeitsphasen. Man fängt mit einer adiabatischen Kompression vom atmosphärischen
Druck p0 bis zu einem Druck p1 an und erhöht dadurch die Temperatur des Explosionsgemisches von t auf ϑ. Die zweite Phase besteht in einer Verbrennung unter konstantem Druck
p1, wodurch die Temperatur von ϑ auf T steigt; die durch die Verbrennung gelieferte Wärme ist
= cp (T – ϑ)
wenn cp die spezifische Wärme der Gase unter konstantem Druck ist. Alsdann folgt eine adiabatische Expansion, durch welche die Spannung
der Verbrennungsgase auf atmosphärischen Druck und ihre Temperatur auf den Wert t1 sinkt. Der Kreisprozess schliesst mit einer Wärmeentziehung, wodurch das Gas sich zusammenzieht und die anfänglichen Temperatur- und Druckverhältnisse wieder hergestellt werden. Die entzogene
Wärme ist = cp (t1
– t) da der letzte Arbeitsvorgang sich unter dem konstanten Druck der Atmosphäre vollzieht. Der Kreisprozess ist demnach durch
zwei adiabatische und zwei gerade Parallelen zur Achse der Volumina begrenzt. Für den thermischen Wirkungsgrad erhält man
somit durch Einsetzen der vorstehenden Ausdrücke
\eta=\frac{c_p\,(T-\vartheta)-c_p\,(t_1-t)}{c_p\,(T-\vartheta)}=1-\frac{t_1-t}{T-\vartheta}:
Nun ergeben aber die adiabatischen Vorgänge die Bedingungsgleichungen
\frac{t}{\vartheta}=\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{k-1}{k}} und \frac{t_1}{T}=\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{k-1}{k}};
hieraus folgt
\frac{t}{\vartheta}=\frac{t_1}{T}=\frac{t_1-t}{T-\vartheta},
so dass
\eta=1-\frac{t}{\vartheta}
wird.
Der betrachtete Kreisprozess von Diesel hat naturgemäss einen kleineren thermischen Wirkungsgrad als die Einheit. Indessen könnte dieses Resultat, wie A. Witz in seinem Vortrag über den Diesel-Motor vor der Pariser Akademie der Wissenschaften (Comptes Rendus, S. 957 bis 959) mit Recht betont, schliesslich erreicht werden, wenn t =
ϑ wäre; alsdann würde freilich die Arbeit auf Null sinken. Die entwickelte Arbeit wächst mit dem Unterschiede von T und ϑ, während der Wirkungsgrad des Kreisprozesses von T unabhängig ist. Man ersieht hieraus, dass der absolute Wirkungsgrad derselbe bleibt, welches auch die Arbeit sei, d.h. der
Wirkungsgrad ist derselbe bei voller und halber Füllung. Es ist lediglich der Wert von ϑ und infolgedessen der Grad der Kompression, welcher den Wirkungsgrad des Diesel-Prozesses bestimmt. Setzen wir voraus, dass man die Mischung auf 250 at erhöhen könnte, so würde in diesem Falle
ϑ = t .
(250)0,23 = t .
3,56
und
\eta=1-\frac{1}{3,56}=0,719.
Im Anschluss hieran sagt A. Witz in der oben angeführten Abhandlung ganz zutreffend:
„Dieser aussergewöhnliche Wirkungsgrad ist der Triumph der angenommenen hohen Kompression und hat keine andere Ursache. Man
könnte sich jedoch mit einer kleineren Kompression begnügen, etwa mit 35 at; dann findet man noch η = 0,557. Es ist dies eine Zahl, an welche uns die Theorie keineswegs gewöhnt hatte und welche den Wirkungsgrad der allerbesten
Dampfmaschinen weit hinter sich lässt. Die Kompression von 250 at ist es, welche der gelehrte deutsche Ingenieur erringen
wollte, die von 35 at ist es, welche er das seltene Verdienst hatte, zu erreichen.“
Berücksichtigt man, dass nach den Bedingungsgleichungen für die adiabatischen Zustandsänderungen
\frac{t}{\vartheta}=\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{k-1}=\frac{t_1}{T}=\frac{t_1-t}{T-\vartheta}
ist, so erhält man für den Wirkungsgrad die Gleichung
\eta=1-\left(\frac{v_1}{v_0}\right)^{k-1}.
Dies ist die Formel, welche Prof. E. Meyer-Göttingen bei der Kritik des Diesel-Motors benutzte. Die vorstehenden Formeln für η, nämlich
\eta=1-\frac{t}{\vartheta} und \eta=1-\left(\frac{v_1}{v_0}\right)^{k-1},
geben nur den thermischen Wirkungsgrad an und lassen daher die wirkliche Leistungsfähigkeit nicht sicher beurteilen. Will
man zu Schlussfolgerungen gelangen, welche wirklich über die Grösse der theoretisch zu gewinnenden Arbeit Aufschluss geben
und demgemäss einen gerechten Vergleich verschiedener Maschinen oder Arbeitsverfahren ermöglichen, so muss man das Verhältnis
zwischen der wirklich ausgenutzten Wärme und der gesamten verbrauchten Wärmemenge als Massstab der Beurteilung zu Grunde legen.
Demgemäss erhält man für den Diesel-Motor die Beziehung
\eta=\frac{c_p\,(T-\vartheta)-c_v\,(\vartheta-t)-c_p\,(t_1-t)}{c_p\,(T-\vartheta)},
\eta=1-\frac{c_v\,(\vartheta-t)+c_p\,(t_1-t)}{c_p\,(T-\vartheta)}=1-\left\{\frac{1}{k}\,.\,\frac{\vartheta-t}{T-\vartheta}+\frac{t}{\vartheta}\right\},
da
\frac{t_1-t}{T-\vartheta}=\frac{t}{\vartheta}
ist. Richtiger müsste man
\eta=1-\left(\frac{t}{\vartheta}+\alpha\right)
setzen, worin α die an das Kühlwasser abgegebene Wärmemenge in Bruchteilen der Gesamtwärme bedeutet.
Der Kreisprozess der Verbrennungskraftmaschine von Mewes unterscheidet sich, wie wir gesehen haben, von dem soeben betrachteten Kreisprozess nur dadurch, dass die Pressluft nicht
durch adiabatische, sondern durch isothermische Kompression erzeugt wird. Denkt man sich demgemäss in den vorstehenden Formeln
die adiabatische Kompression durch die isothermische ersetzt, so erhält man folgende, ebenfalls höchst einfache Ergebnisse,
die hinter denjenigen beim Diesel-Motor und den bisherigen Maschinen durchaus nicht zurückstehen. Für den thermischen Wirkungsgrad folgt in diesem Falle
\eta=\frac{c_p\,(T-t)-c_p\,(t_1-t)}{c_p\,(T-t)}=1-\frac{t_1-t}{T-t}
Der thermische Wirkungsgrad erreicht seinen höchsten Wert, die Einheit, wenn t1
= t wird; in diesem Falle wird die gewonnene Arbeit nicht gleich Null, wie bei dem zuerst behandelten Kreisprozess. Man erhält
nämlich ebenso wie oben für das Verhältnis zwischen der wirklich ausgenutzten Wärme zu der gesamten verbrauchten Wärmemenge
die Beziehung
\eta=\frac{c_p\,(T-t)-A\,R\,t\,log\,n\,\frac{p_1}{p_0}-c_p\,(t_1-t)}{c_p\,(T-t)}
oder, wenn man
A\,R\,log\,n\,\frac{p_1}{p_0}=C
setzt,
\eta=1-\left\{\frac{t_1-t}{T-t}+\frac{C\,.\,t}{c_p\,(T-t)}\right\}.
Bei Drucken zwischen 30 bis 50 at kann man mit grosser Annäherung C = cp setzen; in diesem Falle erhält man die Näherungsformel
\eta=1-\frac{t_1}{T-t} also \eta=1-\frac{t}{T-t} für t1 = t.
Die Nutzarbeit wird also für t1 = t nicht gleich Null wie beim Diesel-Motor.
-s.