Titel: | Danilewsky's neuer lenkbarer Flugapparat. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 402 |
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Danilewsky's neuer lenkbarer Flugapparat.
(Schluss von S. 318 d. Bd.)
Danilewsky's neuer lenkbarer Flugapparat.
Die Versuche mit der neueren Konstruktion (vgl. S. 83 d. Bd.) begannen gegen Ende September 1899. Wegen des herbstlichen Wetters
waren wir genötigt, nur die Stunden des ruhigen Wetters auszunutzen, da man bei den einfachsten Bedingungen bloss zudieser Zeit den Apparat, d.h. seine Aufsteigungskraft, die Arbeit des führenden Mechanismus, die Arbeit der Aëroplane und
des progressiv sinkenden Flugapparates studieren kann. Der späte Beginn der Versuche beeinflusste natürlich die Anzahl derselben,
so dass, derweil wir im Jahre 1898 etwa 150 Aufstiege machten, wir in diesem Jahre (1899) bloss gegen 40 ausführen konnten.
In diesem Jahre gestattete ich auch meinem Mechaniker und Aeronauten Peter Kossjakoff nicht, höher als bis zu 100 bis 200 Sajen zu steigen. Gewiss wusste ich wohl, dass eine so unbedeutende Höhe die Vollkommenheit
und den Effekt des Versuches einigermassen beeinträchtigte. Doch hatte diese Beschränkung ihre ernsten Ursachen: 1. der Luftschiffer
wäre, bevor er gelernt hätte, mit Leichtigkeit und Sicherheit während des ruhigen Wetters den Apparat zu leiten, nicht im
stände gewesen, bei höheren Aufstiegen mit den Luftströmungen fertig zu werden, er würde sich weit von der Gegend, wo die
Versuche angestellt werden sollten, entfernen können und sie damit unterbrechen; 2. während der Aufstiege auf eine geringe
Höhe war die Möglichkeit dazu geboten, die Aufstiege, Niedergänge, das Halten in der Luft, die Drehungen, wie auch progressiv
sinkende Flüge ganz befriedigend zu studieren, und schliesslich 3. musste ich, besonders in diesen ersten Jahren der Entwickelung
des Unternehmens, diesen Versuchen unwillkürlich die bescheidensten Schranken setzen.
Textabbildung Bd. 315, S. 403
Fig. 6
Textabbildung Bd. 315, S. 403
Fig. 7
Der Apparat des Typus vom Jahre 1899 war wie folgt konstruiert: er bestand aus Ballon, Aeroplane und aus dem führenden Mechanismus.
Der Ballon hat eine längliche Form, vertikal, und ist an beiden Enden zugespitzt. An der Hinterseite des Ballons ist auf seiner
ganzen Länge ein Schlauch angebracht, der mit dem unteren Teile des Ballons verbunden ist. Dieser Schlauch ist genügend breit
und hat genug inneren Raum, damit bei den hohen Aufstiegen und der Ausdehnung des Gases im Ballon, der Ueberfluss an Gas in
den Schlauch wie in ein Reservoir gehe. In dieser Weise wird erreicht, dass das Gas während seiner Ausdehnung im Ballon nicht
in die Luft ausströmt. Das untere Ende des Schlauches ist schmäler gemacht und am Sitzplatz des Luftschiffers befestigt; zur
Vermeidung des Unfalls (bei zu hohem Aufstieg) kann also der Aeronaut ein gewisses Gasvolumen ausströmen lassen.
Zu beiden Seiten befinden sich dem Ballon entlang dieFalten, an denen Saiten, welche von unten die Aeroplane und den ganzen Mechanismus halten, befestigt sind. Die Dimensionen
des Ballons, seine Form, sein Fassungsvermögen, sowie auch seine Aufsteigungskraft werden für jeden einzelnen Fall besonders
bestimmt.
Die Aeroplane besteht aus einem viereckigen Bambusrohrrahmen, unbeweglich befestigt, auf welchem sich getrennte, quergestellte
Flächen, die Jalousien, befinden, welche sich um ihre Längsachse auf 180° drehen können. Ein einfacher Mechanismus kann alle
diese Jalousien unter einen beliebigen Winkel stellen und automatisch befestigen. Die Jalousien sind Rahmen, welche schlaff
mit Seide überzogen sind.
Textabbildung Bd. 315, S. 403
Fig. 8
Textabbildung Bd. 315, S. 403
Fig. 9
Der führende Mechanismus stellt den Sitz E (Fig. 6 und 7), in einem Hemicykle F angelegt, dar; unter den Füssen des Luftschiffers befindet sich ein gewöhnliches Fahrradgetriebe g, auf dessen Pedale derselbe wirkt. Die Drehung wird mittels einer Kette
i auf die Welle k übertragen, welche sich hinter dem Rücken des Luftschiffers befindet. An den beiden Enden der Welle sind Kreuzungen l angebracht, an welchen sich je vier Schaufel platten m befinden, die auf die Luft einwirken. Jede dieser Platten ist ein Rahmen von sechseckiger Form, der mit einem seidenen Gewebe
schlaff überzogen ist. Auf der Welle, dicht an der Stelle, wo die Kreuzungen befestigt sind, ist eine einfache Vorrichtung
n angebracht (Fig. 6 bis
10), mittels derer sich die Platten bei einer sehr unbedeutenden Reibung um ihre Achsen drehen; in einem bestimmten Augenblick
schlagen sie flach auf die Luft, im übrigen Teile des Kreises schneiden sie aber die Luft, indem sie sich quer stellen.
Zu beiden Seiten des Sitzes befinden sich Handgriffe p, durch deren Drehung die Platten auf die Luft in verschiedenen Richtungen schlagen und die bewegende Kraft nach oben, nach
unten, vorwärts und rückwärts entwickeln können. Die Anzahl der einzelnen Plattenschläge auf die Luft kann bei schneller Arbeit
etwa 16 pro Sekunde betragen.
Textabbildung Bd. 315, S. 403
Fig. 10
Mit dem Ballon „Pilstem“ wurden unter anderen am 5. Oktober 1899 freie Aufstiege bis 100 Sajen (1 Sajen = 2,13357 m) glücklich ausgeführt. Die Handhabung
des Fahrradgetriebes war leicht. Der Luftschiffer drehte sich in der Luft einigemal um, was leicht ausführbar war. Nachdem
er die Jalousien eingestellt hatte, ging er einigemal unter einem Winkel schräg zur Erde nieder.
Bei dem Versuche am 7. Oktober glitt in einer Höhe von etwa 150 Faden (1 Faden =
1,829 m) plötzlich die Kette vom Getriebe und der Motor konnte weder für den Aufstieg, noch für den Niedergang arbeiten.
Der bewegenden Kraft und des Gewichtes beraubt, wurde auf diese Weise der Apparat zu einem gewöhnlichen Luftballon; erwärmt
von den Sonnenstrahlen, stieg der Apparat zu einer Höhe von 1 bis 1½ Werst (1 Werst
= 1,066781 km) und begann von der Luftströmung fortgetragen zu werden. Leider hatte der Apparat kein besonderes Ventil
zum Auslassen eines Teiles von Wasserstoff, wie es bei den Luftballons sonst üblich ist. Während dieses Fluges hatte jedoch
der Luftschiffer die Zeit, die Kette zurecht zu setzen und begann alsdann den Apparat zum Niedergange zu treiben. Da er unten
einen Wald erblickte, passierte der Luftschiffer darüber mittels der Aeroplane und ging in der Nähe vom Walde auf einem Felde
nieder.