Titel: | Ueber Festigkeitsversuche an gusseisernen Cylindern. |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 406 |
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Ueber Festigkeitsversuche an gusseisernen Cylindern.
Ueber Festigkeitsversuche an gusseisernen Cylindern.
Ueber derartige, von C. H. Benjamin in Cleveland, Ohio, mittels Druckwasser angestellte Versuche finden sich Mitteilungen in den Transactions of the American Society of Mechanical Engineers, 1899 S. 597 u. ff. Das Material der von der Taylor and Boggis Foundry Co. in Cleveland aus einer besonderen Mischung, wie sie gewöhnlich für Wasser- und Dampfcylinder Verwendung findet, hergestellten
Versuchscylinder zeigte einen schönen grauen Bruch und eine dichte, blasenfreie Oberfläche. Die Cylinder waren stehend und
ohne Benutzung von Kernstützen gegossen.
Textabbildung Bd. 315, S. 405
Fig. 1
Von demselben Material gegossene Probestücke zeigten eine Zugfestigkeit von ungefähr
24000 Pfund auf den Quadratzoll (1687 kg/qcm) und eine Biegungsfestigkeit von ungefähr 35000 Pfund auf den Quadratzoll (2460 kg/qcm).
Die ersten drei Versuchscylinder (a, b und c in der nachstehenden Tabelle I) waren jedoch aus gewöhnlichem Gusseisen mit nur etwa 18000 Pfund auf den Quadratzoll (1260
kg/qcm) Zugfestigkeit hergestellt.
Die Versuche erstreckten sich auf drei verschiedene Grössen von Cylindern – etwa 152,
228 und 305 mm Durchmesser – mit Längen annähernd gleich dem doppelten Betrage ihres jeweiligen Durchmessers.
Um den Bruch stets in der Wandung des Cylinders zu erhalten, waren die Flanschen desselben, wie auch die zugehörigen Deckel,
besonders kräftig ausgeführt. Fig. 1 und Tabelle I zeigen die Verhältnisse und Abmessungen(in englischen Zollen) der verschiedenen Versuchscylinder. Dieselben sind in der Reihenfolge, in der die Prüfung erfolgte,
geordnet. Die unter a bis f angegebenen Cylinder wurden im Winter 1895/96, die weiteren sechs im darauf folgenden Winter zerbrochen.
Beim Ausbohren der Cylinder wurde grosse Sorgfalt auf die Erzielung einer möglichst gleichen Wandstärke gelegt.
Textabbildung Bd. 315, S. 405
Fig. 2
Zum Festhalten der Cylinderdeckel dienen Stahlbolzen mit etwa 5620 kg/qcm Zugfestigkeit, deren Anzahl unter Zugrundelegung einer gewissen Beanspruchung und mit Rücksicht auf Dichthalten gewählt ist.
Die Anordnung des Versuchsapparates lässt Fig. 2 erkennen.
Eine einfach wirkende Plungerpumpe mit einem Plunger von ⅞ Zoll (engl.) Durchmesser diente zur allmählichen Steigerung des
Wasserdruckes; sie ist mit dem Cylinderdeckel durch ein besonders starkes Eisenrohr mit Armaturen
Tabelle I. Abmessungen der Cylinder.
Nr.
A
B
C
D
E
Tiefe derAusbohrungan denCylinderenden
G
H
I
K
Anzahlder Schrauben-bolzen injedem Cylinder-deckel
a
12,16
26,05
0,70
16,25
–
–
1,07
1,12
1,0
–
24
b
9,16
17,95
0,60
13,06
–
–
1,09
0,70
1,0
–
16
c
6,09
12,19
0,50
10,05
–
–
1,12
0,70
1,0
–
8
d
12,45
26,5
0,56
16,21
13,25
0,12
1,75
1,35
1,5
–
24
e
9,12
19,0
0,61
12,96
10,08
0,11
1,5
1,25
1,25
–
16
f
6,12
13,0
0,65
10,02
7,08
0,11
1,25
1,00
1,25
–
8
1
9,58
18⅞
0,402
13,33
10,83
⅛
113/16
1⅛
1⅜
11¾
16
2
9,375
18⅞
0,573
13,13
10,63
⅛
113/16
1⅛
1⅜
11¾
16
3
9,13
18⅞
0,596
12,88
10,38
⅛
113/16
1⅛
1⅜
11¾
16
4
12,53
25¾
0,571
16,4
13,34
⅛
1,34
1½
15/16
14¾
24
5
12,56
25⅝
0,531
16,56
13,56
⅛
1,34
19/16
15/16
14¾
24
6
12,16
25⅝
0,93
16,22
13,41
⅛
1,18
1½
15/16
14¾
24
Die Masse A für die Durchmesser der Cylinder sind aus einer Anzahl von Messungen gewonnene Mittelwerte. aus Messing verbunden. Gehäuse und Stopfbüchse der Pumpe sind aus Bronze, der Plunger aus Stahl gefertigt. Als Packungsmaterial
wurden Scheiben aus gutem Riemenleder verwendet, die sich vorzüglich bewährt haben. Dagegen war es beinahe unmöglich, Rückschlagventile
zu erhalten, welche bei den höheren Drucken dicht hielten. Gleichgültig ob solche mit metallischer oder Kautschukdichtung
verwendet wurden, setzten sich fortwährend kleine Schmutzpartikelchen o. dgl. unter die Dichtungsflächen und verhinderten
das Anwachsen des Druckes über einen gewissen Betrag hinaus.
Nach dem bekannten Sprichwort „Viel hilft viel“ wurden diese Schwierigkeiten schliesslich durch Anordnung von zwei Ventilen auf jeder Seite der Pumpe überwunden.
Zum Messen des Druckes diente ein auf der nach dem Cylinder führenden Leitung befestigtes hydrostatisches Manometer, System
Crosby, für 140 at. Es war versucht worden, ein auf dem Cylinderdeckel befestigtes, registrierendes Bristol-Manometer zu verwenden,
doch vernichtete der beim Bruch des Cylinders auftretende Stoss die auf dem Zeigerblatte des Manometers vermerkten Aufschreibungen.
Vor Beginn der Versuche wurden die inneren Abmessungen jedes Cylinders an sechs verschiedenen Stellen gemessen und zwar je
drei Messungen in zwei aufeinander rechtwinklig stehenden Ebenen vorgenommen. Hierzu dienende, aus hartem Holz hergestellte
Stäbe mit zugespitzten Enden wurden entsprechend gezeichnet.
Nach der Zerstörung des Cylinders liess sich mittels derselben Massstäbe feststellen, um welchen Betrag der betreffende Durchmesser
zugenommen hatte. Zu dem Zwecke wurden Streifen aus hartgepresstem Papier zwischen die Stäbe und die Cylinderwandung gelegt
und die Stärke dieser Streifen mittels eines Mikrometermassstabes gemessen. Die so ermittelten Formveränderungen waren gering
und betrugen nur 0,004 bis 0,012 Zoll
(engl.).
Jeder Cylinder wurde vor den Versuchen auf Sprünge und Risse irgend welcher Art sorgfältig untersucht. Fanden sich kleine
Poren o. dgl. in dem Guss, so wurden dieselben mit Blei oder Zinn zugehämmert, darauf mit einer Paraffinschicht überzogen.
Einen Hauptübelstand der Versuche bildete vorerst das zumeist ungenügende Packungsmaterial für die Cylinderdeckel. Als solches
wurde nacheinander mit Mennigekitt bestrichene Messingdrahtgaze, Kupferdraht, Bleidraht, weicher Kautschuk mit Graphit und
vulkanisierter Kautschuk verwendet. Die Metallpackungen waren mangels fehlender Elastizität bei höheren Drücken nicht zu gebrauchen.
Obschon bei niederen Drücken gut abdichtend, verlieren dieselben diese Eigenschaft, sobald sie durch Anzug der Schraubenbolzen
in etwaige Unebenheiten der gusseisernen Berührungsfläche hineingepresst worden sind; sobald die Schraubenbolzen infolge des
Wasserdruckes sich um ein Geringes ausdehnen, läuft das Wasser in Strömen zwischen ihnen durch.
Diese Thatsache hat insofern Bedeutung, als damit erwiesen ist, dass die durch Aufschrauben der Muttern hervorgebrachte Anfangsspannung
der Schraubenbolzen nicht genügt, um ein Dichthalten unter Druck herbeizuführen, sobald eine nicht genügend elastische Packung
Verwendung findet. Die elastischen Kautschukpackungen wiederum leiden an dem Uebelstande, ausgeblasen zu werden, sobald der
Druck einen gewissen Betrag überschreitet. Durch ein Vulkanisieren des Kautschuks wird das Material widerstandsfähiger, aber
weniger elastisch. Auf Anraten des Ingenieurs Caldwell der Worthington Hydraulic Company entschloss man sich, die Cylinder an ihren Enden auf eine Tiefe von je ungefähr ⅛ Zoll (engl.) etwas weiter auszubohren und
in diese Bohrungen entsprechende Ansätze der Cylinderdeckel genau einzupassen. Die aus je einem in siedendem Leinöl getränkten
Ring aus Strohpappe bestehenden Packungen kommen jetzt zwischen Deckelansatz und Cylinderwandung bei M (Fig. 1) zu liegen. Den genau zugeschnittenen Packungsring lässt man, nachdem er vom Oel vollkommen durchzogen ist, erst mehrere
Stunden stehen, bevor er eingelegt wird. Ist dieses geschehen, so empfiehlt sich weiter, die Packung nach dem Anziehen der
Schrauben noch etwa 24 Stunden erhärten zu lassen, bevor sie dem Wasserdruck ausgesetzt wird.
Derartige Packungen haben sich vorzüglich bewährt. Der Erfolg ist jedenfalls der erweiterten Bohrung der Cylinderenden, wie
auch dem zur Packung verwendeten Material zuzuschreiben; letzteres müsste nach dem Vorstehenden elastisch sein, um allein die Dichtung sichern zu können. Dies ist aber kaum anzunehmen! In ein oder zwei Fällen, in denen die Ansätze an den Deckeln
einen etwas kleineren Durchmesser als die Ausbohrungen an den Enden der Cylinder hatten, wurde auch hier die Packung ausgeblasen.
Eine andere Schwierigkeit boten die in den Wandungen der Cylinder liegenden, dem blossen Auge kaum sichtbaren kleinen Risse
und Gussporen u.s.w., aus denen beim Anwachsen des Druckes dünne Wasserstrahlen auf eine Entfernung von mehreren Fuss in solchen
Mengen herausspritzten, dass ein weiteres Anwachsen des Druckes unmöglich wurde. Die einzige Hilfe in derartigen Fällen bestand
darin, die betreffende Innenfläche des Cylinders mit einem runden Hammer leicht zu verhämmern und dann mit einer Paraffinschicht
zu überziehen. Selbst dann konnte ein Ablaufen des Wassers vom Eisen bei jeder Pore, allerdings nur noch in Form einer heftigen
Ausschwitzung beobachtet werden. Vor jedem Versuche wurde übrigens die Luft aus dem Cylinder durch eine kleine Oeffnung im
oberen Teile desselben ausgetrieben. Der Druck wurde dann allmählich so weit gesteigert, bis die Zerstörung des Cylinders
eintrat. Irgend welche Messungen auf dem äusseren Umfange des Cylinders während der Versuche wurden wegen der nur ganz geringen
Formveränderungen desselben unterlassen.
In dem folgenden sind die Ergebnisse u.s.w. der Versuche an acht Cylindern in Kürze zusammengestellt:
Cylinder a. Die aus einem Drahtgewebe bestehende Packung wurde bei etwa 28 kg/qcm undicht; durch Kupferdraht Nr. 22 A. W. G. ersetzt, hielt sie bis etwa
42 kg/qcm dicht. Nach Einlage einer weichen Kautschukpackung konnte der Druck mehrere Male auf etwa
56 kg/qcm gesteigert werden. Eine undichte Stelle wurde verhämmert. Bei Steigerung des Druckes auf etwa 54 kg/qcm brach der Cylinder am Umfange unmittelbar unter dem oberen Flansch und zwar lief der Riss von der verhämmerten Stelle ausgehend
um etwa 90° nach beiden Seiten herum.
Cylinder b. Packung aus 2,4 mm starkem Bleidraht mit zusammengeschmolzenen Enden wurde bei etwa 32 kg/qcm undicht; aus dem Flansch brach ein Stück heraus. Durch Kautschukpackung mit Graphit ersetzt, wurde die defekte Stelle des
Flansches bei 42 kg/qcm undicht; eine weitere Zerstörung des Cylinders trat nicht ein.
Cylinder c. Eingelegte Kautschukpackung mit Graphit wurde zunächst durch Frischdampf auf 121° C. erwärmt; danach wurden die Schraubenbolzen
angezogen und man liess die Packung einen Tag erhärten. Sie wurde undicht bei 42 kg/qcm; nochmals erneuert blies sie bei 35,5 kg/qcm aus. Die Flanschen zeigten Neigung abzubrechen; der Versuch wurde deshalb aufgegeben.
Cylinder d. Packung aus Strohpappe in siedendem Leinöl getränkt. Undichte Stellen am Cylinder bei 49 kg/qcm; diese wurden verhämmert und mit Paraffin überzogen, wonach Druck mehrere Male bis auf 56 kg/qcm gesteigert werden konnte. Aeussere undichte Stelle verstemmt. Bei 49 kg/qcm erfolgte die Zerstörung durch Längsriss. Bruchstellen zeigten Gussblasen.
Cylinder e. Auch hier wurde wie bei allen weiteren Versuchen in siedendem Leinöl getränkte Strohpappe als Packungsmaterial verwendet.
Nach Steigerung des Druckes bis auf 93 kg/qcm erfolgte der Bruch am Umfange des Cylinders unmittelbar unter dem oberen Flansch. Der Bruch zeigte sich zuerst an einer Stelle
mit mehreren kleinen Gussporen.
Cylinder f. Der Druck konnte bis auf 175 kg/qcm gesteigert werden, als der Bruch in gleicher Weise wie vordem erfolgte.
Cylinder Nr. 1. Bei 42,2 kg/qcm erfolgte ein Längsriss; in der Bruchstelle zeigten sich eine Reihe von Gussporen. Wie Fig.
3 erkennbar, ging der Riss von der mit x markierten Stelle aus.
Cylinder Nr. 2. Es erfolgte bei 74 kg/qcm ein Umfangsriss unter dem Flansch. Fig. 4 zeigt die mit
x bezeichnete Stelle, an der der Riss zuerst auftrat. Bruchfläche sehr rein.
Cylinder Nr. 3. Brach bei 68 kg/qcm in gleicher Weise wie Nr. 2. Bruchfläche rein.
Textabbildung Bd. 315, S. 407
Fig. 3
Textabbildung Bd. 315, S. 407
Fig. 4
Textabbildung Bd. 315, S. 407
Fig. 5
Cylinder Nr. 4. Eine Anzahl kleiner Gussporen, annähernd in der mittleren Höhe des Cylinders, verursachte starke Wasserverluste. Nach gehörigem
Verhämmern innen und aussen erfolgte die Zerstörung des Cylinders infolge Längsrisses, der sich durch den oberen Mansch fortsetzte.
Cylinder Nr. 5. Cylinder zeigte bei 61 kg/qcm einen Riss unter dem Flansch, der sich auf einen Teil des Umfanges, sodann durch Flansch und Deckel fortsetzte.
Cylinder Nr. 6. Bei 33,5 kg/qcm zersprang der obere Deckel, wie
Fig. 5 ersichtlich. Nachdem er durch einen neuen ersetzt war, zersprang auch dieser bei einem Druck von 63 kg/qcm in der gleichen Weise. Diese Deckel hatten bereits bei anderen Cylindern Verwendung gefunden und wahrscheinlich an Festigkeit
verloren.
Eine grosse Sorgfalt war beim Giessen der Cylinder beobachtet worden; dieselben können als Muster gusseiserner Cylinder, wie
sie bei Dampfmaschinen und Pumpen Verwendung finden, gelten. Die erwähnten Gussporen u.s.w. waren meistens so unbedeutend,
dass unter normalen Verhältnissen kaum irgend welche Defekte der Cylinder hierdurch entstanden wären.
Bevor wir die Ergebnisse der Versuche in einer Tabelle übersichtlicher zusammenstellen, sollen erst einige gebräuchliche Formeln,
die in Nordamerika zur Berechnung der Wandstärke gusseiserner Dampfcylinder Anwendung finden, vorausgeschickt werden.
Bezeichnet
d die Bohrung des Cylinders in Zoll (engl.),
p den Druck in Pfund auf den Quadratzoll (engl.),
t die Wandstärke des Cylinders in Zoll (engl.),
S die Beanspruchung in Pfund auf den Quadratzoll (engl.),
so ist für schwache Wandungen bekanntlich:
S=\frac{p\,d}{2\,t} . . . . . . . 1)
bezw.
S=\frac{p\,d}{4\,t} . . . . . . . 2)
je nachdem die Kraftäusserung in Richtung der Cylinderachse oder senkrecht hierzu angenommen wird.
Nach Van Buren's Formel für Dampfcylinder soll sein:
t = 0,0001pd + 0,15 √d.
Eine Formel, welche Benjamin in seinen „Notes on Machine Design“ entwickelte, ist dieser ähnlich.
Angenommen, es sei s' die infolge des inneren Druckes auftretende tangentiale Spannung, so ist
s^d=\frac{p\,d}{2\,t}
Bezeichnet noch s'' eine zusätzliche Zugbeanspruchung des Materials infolge Verziehens u.s.w. desselben an irgend einer schwachen Stelle, dann
lässt sich, wenn wir die Hälfte des Fig. 6 ersichtlichen Ringquerschnittes als einen Balken betrachten, der bei A und B befestigt ist, und annehmen, das grösste Biegungsmoment trete bei c auf, die Spannung der äusseren Fasern an dieser Stelle nach der Festigkeitslehre dem Ausdrucke \frac{p\,d^2}{t^2} proportional setzen, oder
S''=\frac{c\,p\,d^2}{t^2}
worin c eine zunächst noch unbekannte Konstante bedeutet.
Textabbildung Bd. 315, S. 407
Fig. 6
Die gesamte Zugbeanspruchung bei c wird dann betragen:
S=s'+s''=\frac{p\,d}{2\,t}+\frac{c\,p\,d^2}{t^2}.
Nach c aufgelöst, ergibt sich:
c=\frac{S\,t^2}{p\,d^2}-\frac{t}{2\,d} . . . . . . 3)
und nach t aufgelöst:
t=\frac{p\,d}{4\,S}+\sqrt{\frac{c\,p\,d^2}{S}+\frac{p^2\,d^2}{16\,S^2}} . . . . 4)
eine Formel, welche in Gleichung 1 übergeht, wenn c = 0.
Ausführliche Untersuchungen an Maschinencylindern haben erwiesen, dass die Werte für
c zwischen 0,03 bis 0,10 liegen, so dass als Mittelwert gesetzt werden kann:
c = 0,06.
Die von Prof. Barr in seinem Vortrage „Current Practice in Engine Proportions“Transactions, A. L. M. E., vol. XVIII S.
741. zur Benutzung vorgeschlagene Formel für die Wandstärke gusseiserner Cylinder langsam laufender Maschinen lautet:
t = 0,05 d + 0,3 Zoll (engl.) . . . . 5)
In Tabelle II sind die Ergebnisse der verschiedenen Versuche vergleichsweise zusammengestellt. Die Werte
Tabelle II.
NummerdesVersuches
Durchmesser dinZoll (engl.)
Wasserdruckin Pfunden aufden Quadrat-zoll (engl.)
Wandstärke tinZollen (engl.)
ArtdesRisses
Benutze Formeln
Bemerkungen
1s=\frac{p\,d}{s\,t}
2s=\frac{p\,d}{4\,t}
3c=
a
12,16
800
0,70
Umfangsriss
6940
3470
0,046
Zugfestigkeit 18000 PS
d
12,45
700
0,56
Längsriss
7780
–
0,047
„ 24000 „
e
9,12
1325
0,61
Umfangsriss
9900
4950
0,048
„ 24000 „
f
6,12
2500
0,65
Umfangsriss
11800
5900
0,055
„ 24000 „
1
9,58
600
0,402
Längsriss
7150
–
0,049
„ 24000 „
2
9,375
1050
0,573
Umfangsriss
8590
4300
0,055
„ 24000 „
3
9,13
975
0,596
Umfangsriss
7470
3740
0,072
„ 24000 „
4
12,53
700
0,571
Längsriss
7680
–
0,048
„ 24000 „
5
12,56
875
0,531
Umfangsriss
10350
5180
0,028
„ 24000 „
Mittelwert für c = 0,05.
für S aus Gleichung 1 sind für jeden Cylinder und aus Gleichung 2 für alle diejenigen berechnet, deren Zerstörung durch einen Umfangsriss
erfolgte. Es ist ersichtlich, dass 6 von 9 Cylindern auf letztere Art zertrümmert wurden.
Dies ist in erster Linie dem Einflüsse zuzuschreiben, den die Flanschen auf den Cylinder ausüben; indem sie die Wandung desselben
versteifen, verhüten sie das Aufreissen des Cylinders in der Längsrichtung, was anderenfalls eintreten würde. Da ferner die
Flanschen stärker als die Cylinderwandungen gegossen sind, entsteht in Nähe der ersteren eine Schwächung der letzteren infolge
Schwindens des Materials beim Abkühlen. Bei einigen Cylindern konnte dieses deutlich beobachtet werden. Das Material war porös
und an der betreffenden Stelle abgesaugt. Nach den gemachten Beobachtungen – vgl. die Versuche mit den Cylindern b und c – erscheint es aber ausgeschlossen, die Flanschen schwächer zu halten, da ein Abbrechen derselben bei stärkeren Drücken sonst
sicher eintreten würde. Wollte man die Stärke der Flanschen dennoch gleich derjenigen der Cylinderwandung machen, so müssten
erstere jedenfalls noch durch Rippen versteift werden.
Aus Tabelle II ist weiter zu entnehmen, dass die mittels Gleichung 1 erhaltenen Werte für die Beanspruchung des Materials
nur etwa ⅓ der Zugfestigkeit desselben, wie solche an Probestücken ermittelt wurde, betragen. Dies ist einem Mangel an Gleichförmigkeit
in der physikalischen Beschaffenheit des Metalles, den nicht immer
gleich starken Wandungen, sowie hauptsächlich dem Auftreten von kleinen Poren und Rissen in demselben zuzuschreiben. Damit
ist erwiesen, dass das Zerreissen von Probestücken noch keinen Anhalt für die Beurteilung der Festigkeit eines gusseisernen
Cylinders gibt.
Die mittels Gleichung 2 (Tabelle II) erhaltene Beanspruchung in Fällen, wo es sich um die Zerstörung des Cylinders infolge
eines Umfangsrisses handelt, beträgt nur etwa ⅕ bis ⅙ der Zugfestigkeit der Probestücke.
Für die Konstante c sind bezügliche Werte ebenfallsermittelt worden; dieselben weichen, mit Ausnahme der bei den Cylindern 3 und 5 erhaltenen Werte, von dem Mittelwerte c = 0,06 nur wenig ab.
Da die Zerstörung der meisten Cylinder durch Umfangsrisse und nicht durch Längsrisse erfolgte, könnte vermutet werden, dass
die aus Gleichung 3 und 4 ermittelten Werte unbrauchbar sind. Dies ist dennoch nicht der Fall. Die Wahrscheinlichkeit der
Zerstörung eines Cylinders nach der einen oder anderen Richtung hin ist für beide Fälle dieselbe.
Setzt man den aus Tabelle II gefundenen Mittelwert c =
0,05, ferner die Beanspruchung S = 2000 in Gleichung 4 ein, so ergibt sich
t=\frac{p\,d}{8000}+\frac{d}{200}\,\sqrt{\gamma+\frac{p^2}{1600}} . . . . . . 6)
Fasst man die Ergebnisse der Versuche nochmals kurz zusammen, so lassen sich folgende Schlussfolgerungen aus denselben ziehen:
1. Werden gusseiserne Cylinder, wie sie gewöhnlich für Pumpen und Dampfmaschinen Verwendung finden, einem inneren Drucke ausgesetzt,
so können sie bei gehöriger Steigerung des letzteren sowohl durch einen Umfangsriss, wie auch durch einen Längsriss zerstört
werden.
2. Mit Rücksicht auf etwaige schwache, poröse oder mit Rissen versehene Stellen der Cylinder beträgt die Festigkeit derselben
bezw. des Materials nur etwa ⅓ der an Probestücken ermittelten Zugfestigkeit.
3. Der hauptsächlichste Grund der Zerstörung der Cylinder liegt in der Saugwirkung des Metalles infolge ungleicher Abkühlung;
um sich hiergegen zu sichern, sollten die Flanschen nicht wesentlich stärker als die Cylinderwandungen gehalten werden.
4. Festigkeitsversuche an ausgeführten Cylindern geben ein besseres Bild von der Widerstandsfähigkeit derselben gegen inneren
Druck als alle noch so sorgfältig aufgestellten Rechnungen.