Titel: | Das Wesen der Fliehkraft der Planeten. |
Autor: | Karl Steffen |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 531 |
Download: | XML |
Das Wesen der Fliehkraft der Planeten.
Von Karl Steffen in
Röhrsdorf bei Heinspach.
Das Wesen der Fliehkraft der Planeten.
Hat man eine grosse wassergefüllte Wanne W, in dem ein kleines rundes Becken B schwimmt und in diesem letzteren wieder Wasser, in dem eine schwere Scheibe aus Holz schwimmt (Fig. 1) und wählt man das Massen Verhältnis der zwei letzteren Körper (kleines Becken und Scheibe) so, dass sich diese ungefähr
umgekehrt wie ihre Durchmesser verhalten, so kann man folgendes Experiment machen.
Man erfasst die Scheibe S bei ihrem im Mittelpunkte O aufrechtstehenden Stiele und wälzt diese, ohne sie zu drehen, entlang des Innenrandes des kleineren Beckens mehrere Mal herum, so dass also O nacheinander in die Lage 1, 2, 3, 4, 5, 6 u.s.w. kommt; mässigt man z.B. im Punkte 6 die Geschwindigkeit plötzlich, so nimmt man wahr, dass das kleinere Becken entgegengesetzt der Wälzungsbewegung der Scheibe
um seinen Mittelpunkt M dreht, die Scheibe mit sich vordreht und gegen Pfeil Z1 zu seitlich abtreibt.
Textabbildung Bd. 315, S. 531
Fig. 1.Allgemeine Richtung des Abtreibens.
Wiederholt man den Vorgang öfter in einem genügend langen Bassin, so merkt man, dass das Abtreiben mit einer gewissen Beschleunigung
immer wieder auftritt.
Hauptsache dabei bleibt, dass man die Scheibe nicht weiter als höchstens um einen ∢ von 30° von der Mittellinie verdrehen
lässt und sodann rechtzeitig die Wälzung von neuem beginnt; dabei nimmt die Drehung des kleinen Beckens ab.
Bevor das letzte geschieht, mässigt man wieder die Wälzgeschwindigkeit z.B. im Punkte
1, ohne aber die Wälzbewegung ganz aufzuheben u.s.w.
Der Effekt des ganzen Vorganges ist sonach ein doppelter.
Erstens nehmen die Bewegungsdifferenzen der sich abwechselnd vergleichenden Bewegungen abwechselnd im positiven Sinne zu,
summieren sich, und zweitens resultieren die einseitig pendelnden. Beschleunigungsrichtungen der
Zentrifugalbestrebung der Scheibe zu einer stossweise wirkenden Fortbewegung des Ganzen. Zuletzt geht das Ganze so rasch und
ineinandergreifend vor sich, dass man nur die zwei gleichgerichteten Drehungen von Scheibe und Becken zu sehen vermeint, ohne
auf die eigentliche Triebfeder das einseitige Pendeln der Scheibe um den Mittelpunkt des Beckens, zu achten.
Es sei nur besonders betont, dass unter den gegebenen Umständen, die nacheinander auftretenden Zentrifugalrichtungen der Scheibe
bei 1, 2, 3,
4, 5, 6 nicht mehr um den Mittelpunkt des Beckens herum liegen, sondern zwischen den Lagen 6 und 5 hin und her pendelnErklärung: Jede Wälzbewegung besteht aus einer entgegengesetzt drehenden Bewegung des wälzenden Objektes „Scheibe“ um ihren Mittelpunkt O und einer fortschreitenden oder schleudernden, um den Mittelpunkt M des Beckens entlang der vorgeschriebenen Bahn: „Beckenumfang“. In diesen beiden Richtungen wirkt auch die Beharrung, und zwar so lange die Wälzbewegung dauert, im zentrifugalen Sinn;
wird diese plötzlich gemässigt, so gelangt das Drehmoment der Scheibe, das vermöge des Verhältnisses \frac{\mbox{Beckenmasse}}{\mbox{Scheibenmasse}}=\frac{\mbox{Scheibenhalbmesser}}{\mbox{Beckenhalbmesser}} jetzt grösser wird als das Beharrungsmoment des Beckens mit Bezug auf seinen Mittelpunkt zur Auslösung; dieses dreht Becken
und Scheibe vor. Gerade so wie ein Wagen dessen Rollbahn durch die rollende Reibung zurückweicht, nicht vorwärts fährt, sondern
samt Unterlage zurückfährt, gerade so wird die Beharrungsrichtung der Scheibe zurückverlegt, oder nachdem dieser Endeffekt
unsere eigentliche Hauptbewegung wird, gebraucht man den Ausdruck
„vorgedreht“ angemessener. Alles erklärt sich sonach durch die veränderten Beziehungen zwischen Zentrifugalbeharrung und Drehbeharrung,
welche durch das Dazwischentreten der „veränderlichen Ursache“ Handbewegung reguliert wird..
Wir haben in diesem Versuche ein Seitenstück zu dem Bazin's, welchen Heinz' Sarajewo zur Bekräftigung seiner Reaktivkraft anführt (D. p. J. 1899
313 28) und welche von mir, bezüglich ihrer Berechtigung als eine Kraftform der Trägheit zu gelten, bekämpft wurde (D. p. J. 1899 314 80 und D. p. J. S. 371 dieses Bandes), endlich in einer Resolution, deren Veröffentlichung noch nicht erfolgt ist. Erstere Stellungnahme
geschah auf Wunsch Heinz' selbst.
Der Grund, warum ich nun oben erwähnten Versuch hier anführe, ist derselbe, welchen
Heinz bewog, sich im Verlaufe seiner Gegenpolemik auf die Fliehkraft der Planeten als einen gangbaren Begriffes zu stützen (D. p. J.
315 224).
Die Fliehkraft ist nach Heinz eine nahe Verwandte seiner Reaktivkraft, sie ist eine Ursache, keine Wirkung, merkwürdigerweise eine Ursache, die nach seiner
eigenen Aussage infolge einer anderen Ursache wirkt.
Die Folgerungen, welche sich für Heinz ergeben, sind geradezu erschütternde.
Das Perpetuum mobile lebt nun auf, das Gesetz der Erhaltung der Bewegung stürzt u.s.w.
Und wenn man nun bedenkt, dass sich gegen die Ausführungen Heinz' vom Standpunkte der gangbaren Fliehkrafterklärung tbatsächlich nichts einwenden liesse und andererseits doch auch schlagende
wissenschaftliche Gesetze dagegen sprechen, so wird man einen Widerspruch erkennen, über den sich der Denker nicht beruhigen
kann.
Diesem Eindrucke verdankt mein Streben, das Wesen der Fliehkraft der Planeten
„mechanisch“, nicht „philosophisch“ zu ergründen den Ursprung.
Ich übergebe das Resultat der weiteren wissenschaftlichen Diskussion und bemerke nur folgendes:
Zur praktischen Nutzanwendung hat man sich jeden Planet als einen Innenpolelektromotor zu denken, bestehend aus Zelle (Elektromagnet)
und Kern
(Anker). Den Zwischenraum mit einer isolierenden (glutflüssigen) Füllmasse ausgefüllt, in welcher der Kern labil
schwimmt.
Zelle und Kern sind mit je zwei entgegengesetzt polarisierten, gegenüberliegenden Polen versehen.
Die Polarisation geschieht einerseits durch die von der Sonne in der Zelle erzeugte elektrodiamagnetische Potentialdifferenz
(normal zum Radius vector), weil das Kraftfeld der Sonne das Kraftfeld der Planeten umschliesst, und die Potentialdifferenz
beider eine ungeheure sein muss. Die Normalpolarisation muss im Wesen des Elektrodiamagnetismus begründet sein.
Was das Vorhandensein eines Kernes anbelangt, das schon von Halley und vielen anderen Forschern zur Erklärung der Variation des Isogonensystems angenommen wurde, leider ohne es experimentell
beweisen zu können, so scheint es mir doch gelungen zu sein, es nachzuweisen; die cyklonalen Wälzungsvorgänge, welchen flüssige
Massen in rotierenden Zellgefässen (Glaskugel) unterliegenVeröffentlichung ist bisher noch nicht erfolgt.), zeigen mit unwiderleglicher Klarheit, dass ein Gravitieren der gegen die Zellwand zu geschleuderten, gegen die Pole sich
zurückwälzendenDurch die nachdrängenden Schleudermassen.) und achsial erstarrenden Massen gegen den indifferenten Mittelpunkt der Bewegung zu stattfindet, weiter eine Kernbildung
ganz leicht gefolgert werden kann, die ich natürlich hier nicht umständlich ausführen kann.
Denkt man sich nun die Polanziehung und Abstossung an Stelle der wälzenden Hand im Experimente, ferner die wechselnde Umsteuerung
und Erzeugung einer entgegengesetzten Potentialdifferenz im Kerne, durch das stärkere oder schwächere Andrücken und
(Verdrängen der Isoliermassen) Abheben des Kernes von der Zellwand erzeugt, so erklärt sich das jahrhundertalte ungelöste
Problem der Fliehkraft oder derjenigen Kraft, von welcher Laplace sehr richtig sagt:
„Philosophe montre-moi la main, qui a lancé le planêtes sur la tangente de leur arbitel?“ als nichts anderes als ein Problem „elektromagnetischer Kraftübertragung zwischen Sonne und den Planeten“.
Die Kernrevolution ist die Ursache der Fliehkraft oder der Fliehbeschleunigung der Planeten, diese ist aber eigentlich nicht
die oberste Ursache, vielmehr ist diese in dem elektromagnetischen Prozess zu suchen.
Meine weiteren Forschungen auf dem Gebiet der Erdbebenkunde ergaben zur Gewissheit, dass die Erdbebenwege mit dem geometrischen
Orte des Stosspunktes in einem auffallenden Zusammenhange stehen, so dass ich nahe daran bin, aus der kombinierten Zellkernbewegung
die Erdbebengesetze abzuleiten.
Die Veröffentlichung wird im Laufe dieses Jahres geschehen.
Hier kann ich und muss ich mich in meinen weiteren Beweisführungen einschränken.
Heinz würde nun sagen, das ist die Reaktivkraft des Kernes. Mit nichten! Die Zelle ist die aufgerollte schiefe Ebene – Ebeneohne Ende, der Kern ist die Kugel Bazin's; statt aber das zentrifugale Beharrungsvermögen der Kugel durch einen Stoss auf die Ebene auszulösen, wird dasselbe durch
die rollende Reibung der Drehbewegung des Kernes im Momente des plötzlichen Bremsens der Wälzbewegung der Kugel selbst ausgelöst.
Bei Bazin wirkt die durch die Stossbeschleunigung vermehrte Beschleunigung der Kugel; im vorgeführten Experimente die restierende Wälzbeschleunigung.
Das ganze ist eine Umkehrung des Phänomens von Bazin.
Das Gesetz der Bewegung stimmt mit den Gravitationsgesetzen mit Ausnahme einiger Varianten überein.