Titel: | Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 581 |
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Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Die zum grössten Teil in zwei, unmittelbar neben den Kesselhäusern liegenden Hallen des auf dem Marsfelde errichteten Hauptgebäudes
der Ausstellung untergebrachten Dampfmaschinen geben nur teilweise ein vollständiges und übersichtliches Bild von den Fortschritten
und Errungenschaften, welche der Dampfmaschinenbau im allgemeinen innerhalb der letzten 10 Jahre – seit der Pariser Weltausstellung
im Jahre 1889 – zeitigte. Neben vorzüglich ausgeführten Dampfmaschinen, die in Bezug auf zweckmässige Anordnung und Formgebung
der Einzelteile, Güte des Materials, Einfachheit der Steuerungen u.s.w. allen Anforderungen gerecht werden, finden sich solche,
welche, wenigstens nach deutschen Begriffen, durchaus nicht die Ansprüche erfüllen, die man an moderne Dampfmaschinen zu stellen
gewohnt ist. Dies gilt insbesondere für einzelne der von französischen Firmen zur Ausstellung gebrachten Dampfmaschinen. Auch der belgische Dampfmaschinenbau, welcher in Paris im Jahre 1889 und auf der späteren Antwerpener Ausstellung unübertroffen dastand, scheint
seither keine entsprechenden Fortschritte gemacht zu haben.
Während beide Länder vor nicht vielen Jahren Deutschland, namentlich im Bau grösserer Dampfmaschinen, überlegen waren, zeigen die in Paris ausgestellten fünf deutschen Dampfmaschinen
– übrigens die einzigen grösseren Dampfmaschinen, welche von Beginn der Ausstellung an tadellos
arbeiten –, welche hohe Stufe der Vollendung der Dampfmaschinenbau nunmehr auch bei uns erreicht hat.
Einige französische und belgische Firmen, Dujardin et Cie in Lille, Société alsacienne des constructions mécaniques in Belfort, Société anonyme des établissements Weyher et Richmond in Pantin, Société française des constructions mécaniques, vormals Etablissement Cail in Paris, Anciens ateliers de construction van den Kerchove in Gand, Société anonyme des ateliers de construction H. Bollinckx in Brüssel, Société anonyme des ateliers Carels frères in Gand und andere haben jedoch ebenfalls Dampfmaschinen mit auf der Höhe der Zeit stehenden Leistungen geliefert.
Oesterreich ist durch eine stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 1600 PS der Firma F. Ringhoffer in Prag mit Collmann-Steuerung, sowie eine liegende Verbundmaschine der Ersten Brünner Maschinenfabriks-A.-G. in Brunn von 1000 PS, die mit einer neuen, höchst sinnreichen Steuerung, Bauart Lenz, arbeitet, gut vertreten; ebenso Ungarn durch eine 1200pferdige liegende Verbundmaschine der Maschinenfabrik von L. Lang in Budapest. Die drei genannten Maschinen dienen, wie überhaupt die meisten grösseren Dampfmaschinen der Ausstellung, zum
Betreiben zwischen oder ausserhalb der Cylinder gelagerter Dynamos.
Der schweizerische Dampfmaschinenbau bewährt seinen guten Ruf aufs beste.
Die liegende viercylindrige Dreifach-Expansionsdampfmaschine von 1700 PS der Gebrüder Sulzer in Winterthur mit bekannter Sulzer-Steuerung, sowie eine liegende Tandemmaschine von 700 PS mit neuerer Steuerung und zwei
stehende Dampfmaschinen von 400 und 30 PS mit Drehschieber- bezw. Kolbenschiebersteuerung derselben Firmastehen hinsichtlich der Konstruktion und Ausführung als mustergültig da. Dasselbe gilt von der von Escher, Wyss und Co. in Zürich ausgestellten liegenden Tandemverbundmaschine von 1000 bis 1200 PS mit Drehschiebersteuerung und der stehenden
Dreifach – Expansionsmaschine dieser Firma von 300 PS. Auch die von Mertz in Basel gelieferten stehenden Schnelläufer, welche bei kleinster Inanspruchnahme des Ausstellungsraumes mit 300 bis 350
minutlichen Umdrehungen 360 bezw. 125 PS leisten, sind vorzüglich ausgeführt.
Aus Italien hat die Firma Franco Tosi in Legnano sehr gute Maschinen und zwar eine liegende viercylindrige Dreifach-Expansionsmaschine von 1200 PS und eine stehende
Vierfach-Expansionsmaschine von 700 PS mit fünffacher Lagerung der gekröpften Kurbelwelle geliefert.
Russland ist durch eine liegende Dreifach-Expansionsmaschine von 300 PS der Maschinenfabrik Gebrüder Bromley in Moskau vertreten, deren Bauausführung zu loben ist.
Die von der niederländischen Firma Gebr. Stork und Co. in Hengelo ausgestellte liegende Verbundmaschine von 600 PS zeigt gute Verhältnisse der Einzelteile.
Von englischen Firmen, welche bemerkenswerte Leistungen vorführen, sind Robey and Co. in Lincoln, Ruston, Proctor and Co. ebendaselbst, Tangyes, Limited in Birmingham und Galloways, Limited in Manchester anzuführen. Einige englische Dampfmaschinen fallen durch plumpe und veraltete Konstruktionen auf. Nordamerika,
Spanien, Norwegen und Schweden haben vorzugsweise nur kleinere Dampfmaschinen zur Ausstellung gebracht.
Kehren wir zu den aus Frankreich – naturgemäss in grosser Anzahl – gelieferten Dampfmaschinen zurück, so sind folgende Firmen,
welche grössere Maschinen – über 300 PS – ausstellten, namhaft zu machen:
R. Buffaud et T. Robatel in Lyon (Dampfmaschinen verschiedener Grösse von 1 bis 500 PS), Biétrix, Leflaive, Nicolet et Cie. in Saint-Etienne (Dampfmaschine von 350 PS, Bauart Collmann), Compagnie de Fives-Lille pour constructions mécaniques et entreprises in Paris (liegende Verbunddampfmaschine von 1200 PS), Crépelle et Garand in Lille (Verbundmaschine von 1200 PS), Delaunay-Belleville et Cie. in Saint-Denis (stehende schnellaufende Dreifach-Expansionsdampfmaschine von 1250 PS), Dujardin et Cie. in Lille (Dreifach-Expansionsmaschine von 1700 PS, Tandemmaschine von
850 PS, Verbundmaschine von 1200 PS und Eincylindermaschine von 300 PS), D. Farcot et A. Farcot in Saint-Ouen (liegende Eincylindermaschine von 1300 bis 1700 PS mit Farcot-Steuerung), Piguet et Cie. in Lyon (liegende Eincylindermaschine von 1000 PS), Société alsacienne des constructions mécaniques in Paris (stehende Maschine von 1200 PS und liegende Maschine von 300 PS), Société anonyme des établissements Weyher et Richemond in Pantin (Eincylindermaschinen von 1000 und 500 PS und Verbundmaschine von 1000 PS), Société anonyme des Hauts Fourneaux de Maubeuge in Maubeuge (Maschine, Bauart Hoyois, von 500 PS), Société Française des constructions mécaniques in Paris (stehende Dampfmaschine, Bauart Corliss-Reynolds, von 1700 PS).
Nach dem Obigen sind auf der Ausstellung Eincylindermaschinen für Leistungen von
1000 bis 1700 PS anzutreffen. Derartige Maschinen werden, was Anlagekosten, Regulierfähigkeit, Bedienung u.s.w. anbelangt,
die bei uns für grössere Leistungen erbauten Mehrfach-Expansionsmaschinen übertreffen, in Bezug auf Dampfverbrauch ihnen jedoch
schwerlich gleichkommen.
Einige Steuerungen zeigen überaus komplizierte Bewegungsmechanismen; dieselben liegen in einzelnen Fällen auch verhältnismässig
weit vom Cylinder entfernt.
Es dürfte fraglich erscheinen, ob derartige mit zahlreichen Hebeln, Federn, Klinken u.s.w. ausgerüstete Steuerungen ein sicheres
Arbeiten der Maschine für die Dauer gewährleisten.
Die bereits erwähnten fünf deutschen Dampfmaschinen, die zusammen 8000 PS leisten, sind von A. Borsig in Berlin und der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G. zur Ausstellung gebracht.
Die erstgenannte Firma lieferte eine stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PS mit auslösender Collmann-Steuerung,
die durch ihre gewaltigen Abmessungen Aufsehen erregt, letztere eine stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PS, eine
stehende Verbundmaschine von 1500 PS, eine ebensolche Maschine von 500 PS und eine liegende Dreifach-Expansionsmaschine von
2000 PS.
Auch die von R. Wolf in Magdeburg-Buckau und Lanz in Mannheim ausgestellten, vorzüglich durchgebildeten Lokomobilen sind hier anzuführen.
Nicht unerwähnt dürfen schliesslich die für Leistungen bis zu 300 PS von de Laval in Stockholm, Hult frères ebendaselbst und C. A. Parson in London ausgestellten Dampfturbinen bleiben.
In dem Nachstehenden sollen die ausgestellten Dampfmaschinen, soweit genügendes Material über dieselben erlangt werden konnte,
eingehenderer Besprechung unterzogen werden.
Für die zu diesem Zweck seitens der betreffenden Firmenbereitwilligst zur Verfügung gestellten Unterlagen gestattet sich der Berichterstatter verbindlichsten Dank auszusprechen.
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Fig. 1.Verbund-Ventildampfmaschine mit Kondensation der Maschinenfabrik von Láng.
Die vorzüglich ausgeführte, mit einer Dynamo gekuppelte liegende Verbund-Ventildampfmaschine mit Kondensation von 1200 PSi der Maschinenfabrik von L. Lang in Budapest zeigen Fig. 1 bis 3.
Textabbildung Bd. 315, S. 583
Fig. 2.Verbund-Ventildampfmaschine mit Kondensation der Maschinenfabrik von Láng.
Die Maschine ist mit nebeneinander angeordneten Hochdruck- und Niederdruckcylindern ausgeführt, die auf eine gemeinschaftliche
Kurbelwelle arbeiten. Die Kurbeln sind auf der Welle mit 90° Versetzung warm aufgezogen.
Der Hochdruckcylinder hat 725 mm, der Niederdruckcylinder 1150 mm Bohrung; der Kolbenhub beträgt 1000 mm, die normale Tourenzahl
der Maschine 125 in der Minute. Sie leistet bei 9 at Eintrittsspannung und 14facher Expansion 1200 PSi. Der Rahmen der Maschine liegt mit seinem bajonettförmig gehaltenen Teile auf dem Fundament auf; die gebohrte Kreuzkopfführung
hat hinten einen Fuss. Mit dem Rahmen ist zentrisch ein die Kurbel und Schubstange umhüllender gusseiserner Oelfang verbunden,
der behufs Zugänglichkeit des Schubstangenkopfes mit einer seitlichen Oeffnung versehen ist.
Die Schubstangenköpfe sind beiderseits geschlossen; in dem aus Stahlguss hergestellten, flaschenförmig gestalteten Kreuzkopf
ist der zugehörige Zapfen befestigt.
Beide Cylinder sind mit Dampfmänteln zusammengegossen, diese werden von dem Arbeitsdampf des betreffenden Cylinders geheizt.
Die Einlass- und Auslassventile des Hochdruckcylinders, wie auch die Einlassventile des Niederdruckcylinders sind zweisitzig,
die Auslassventile des letzteren dagegen viersitzig ausgeführt. Die Einlassventile des Hochdruck- und Niederdruckcylinders
sind mit Oelkatarakten nach dem neuen Patent von Collmann (D. R. P. Nr. 84548) versehen.
Die zum Antrieb der äusseren Steuerung dienende Welle ruht in Konsollagern des Cylinders und des Rahmens; sie wird durch konische
Räder mit gehobelten Zähnen, die von einer gusseisernen Verschalung umgeben sind und im Oelbad laufen, von der Kurbelwelle
aus angetrieben.
Die Einströmventile werden durch Exzenter der Steuerwelle in der nachstehend beschriebenen Weise bethätigt. Die Stange jedes
Exzenters a (Fig. 3) der Steuer welle endet in einer Gabel, die mit dem Führungshebel v durch einen Bolzen
b gelenkig verbunden ist, um welchen sich auch die Klinke k dreht; diese hebt bei ihrer Abwärtsbewegung mittels des Doppelhebels e das Einströmventil so lange, bis ihr unteres Ende mit dem vom Regulator eingestellten Daumen b1 in Berührung kommt, worauf das Auslösen der Klinke und damit das Schliessen des Ventils in der bereits
1896 301 * 8 erläuterten Weise erfolgt.
Textabbildung Bd. 315, S. 584
Fig. 3.Verbund-Ventildampfmaschine mit Kondensation der Maschinenfabrik von Láng.
Die Bewegung des Ventils lässt sich aus dem Ventilerhebungsdiagramm (Fig. 4) erkennen.
Die Linie ss stellt den Hub der Maschine, die Linie ccc . . . die Kurve der Ventilerhebungen dar; die Punkte cc . . . entsprechen. dem Zeitpunkte des Auslösens der Klinke k. Die Linien mm . . . geben die Bewegung des Ventils an. Dieselbe geht nach erfolgtem Auslösen rasch, am Ende aber sanft vor sich. Auch das
Anheben des Ventils erfolgt mit geringer Geschwindigkeit. Die Daumen b (Fig. 3) jedes Einströmventils sitzen auf einer gemeinschaftlichen Welle p; sie werden vom Regulator bei kleiner Füllung nach aussen, bei grösseren Füllungen nach innen verdreht, wodurch die Klinke
früher oder später ausgelöst wird.
Die sich berührenden Flächen der Klinke k und des Hebels
e sind leicht auswechselbar aus Stahl hergestellt. Das Einschnappen der Klinke erfolgt geräuschlos mittels einer gegenliegenden
Feder
r. Beim Niederdruckcylinder werden die Daumen b1 von Hand eingestellt.
Die Ausströmventile werden von besonderen Exzentern gesteuert; dieselben sind derart auf der Steuerwelle befestigt, dass sich,
infolge Verdrehung der Exzenterscheibe bezw. Längenveränderung der Exzenterstange Kompression und Vorausströmung des Dampfes
verändern lassen.
Der Hebel m jedes Ausströmventils trägt eine gehärtete Rolle n, die auf der unteren Fläche des Daumens o rollt. Bei der tiefsten Lage desselben findet keine Berührungmit der Rolle statt und das Ventil bleibt geschlossen. Dasselbe beginnt sich zu öffnen, sobald der Daumen nach aussen schwingt
und mit der Rolle in Berührung kommt; es bleibt dann geöffnet, bis der Daumen in seine Innenlage zurückgelangt ist.
Die schliessende Bewegung des Ventils ist von der Form der Rollbahn des Daumens abhängig.
Der direkt auf der Steuerwelle befestigte Federregulator ist, wie Fig. 2 zeigt, mit Pendeln ausgerüstet, die um leicht schmierbare Bolzen des Regulatorgehäuses schwingen und den durch die Zentrifugalkraft
erzeugten Druck mittels Schneiden auf eine Schraubenfeder von rechteckigem Querschnitt übertragen. Die Bewegungen der Regulatorhülse
werden durch Hebel und Verbindungsstange der in Ansätzen der Ventildeckel des Hochdruckcylinders geführten Stange p (Fig.
3) mitgeteilt. Das Einstellen der Steuerung geschieht mit Hilfe einer auf der Steuerwelle befestigten Teilscheibe, welche mittels
eines festen Zeigers das Ablesen der jeweiligen, der betreffenden Stellung der Steuerwelle entsprechenden Kolbenwege gestattet.
Textabbildung Bd. 315, S. 584
Fig. 4.Ventilerhebungsdiagramm.
Um bei jeder Stellung des Regulators gleiche Füllungen auf beiden Cylinderseiten zu erhalten, sind die unteren Enden der Einströmklinken
ungleich auszuführen.
Die Tourenzahl der Maschine kann durch eine im Oelkataraktgehäuse des Regulators eingebaute Zusatzfeder mittels Handrades
auch während des Ganges innerhalb zulässiger Grenzen – 5 % auf- und 5 % abwärts – geändert werden, ohne dass die Stabilität
des Regulators darunter leidet. Zur Schmierung der beiden Cylinder dienen an den Konsollagern der Steuerwelle befestigte,
und von dieser mittels Schubstangen angetriebene Oelpumpen mit regelbarer Zuführung.
Die Stopfbüchsen der Kolbenstangen und Ventilspindeln sind mit Metallpackungen versehen, von denen diejenigen der Kolbenstangen auch geringe radiale Bewegungen gestatten.
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Fig. 5.Diagramm des Hochdruckcylinders der Verbundmaschine von der Maschinenfabrik Láng.
Unter dem Maschinenraum liegen zwei einfach wirkende, stehende Luftpumpen, die von den durchgehenden Kolbenstangen beider
Cylinder mittels Lenkstangen und aus Stahlguss hergestellter Winkelhebel angetrieben werden. Zu dem Zwecke sind die durchgehenden
Kolbenstangen mit Schuhen versehen, die in je einer am hinteren Cylinderdeckel zentrisch angeschraubten, gehobelten Führung
gleiten. Beide Luftpumpen (Fig. 1) sind mit leicht zugänglichen, metallenen Saug- und Druckventilen ausgerüstet, von denen die ersteren in einem seitlich angeordneten,
mit dem Pumpenkörper aus einem Stück gegossenen Kasten untergebracht sind. Der eingeschliffene Kolben hat gleichfalls metallene
Ventile.
Der an die Abdampfleitung des Niederdruckcylinders anschliessende gusseiserne Kondensator ist durch eine Zwischenwand in zwei
Hälften geteilt; jede mit besonderem Einspritzrohr und Regulierhahn versehene Hälfte steht durch eine Leitung mit einer der
rechts und links aufgestellten Luftpumpen in Verbindung.
Zum Anlassen und Abstellen der Maschine dient ein Doppelsitzventil am Hochdruckcylinder, dessen Bethätigungmittels Handrad und konischer Räder u.s.w. von dem in der Mitte des Hochdruckcylinders angeordneten Maschinistenstand aus
erfolgt, von dem aus auch die Bewegung der beiden Einspritzhähne abgeleitet wird.
Der Antrieb der Erregermaschine geschieht von dem verlängerten Kurbelzapfen des Niederdruckcylinders mittels Schleppkurbel.
Fig. 5 und 6 zeigen die Diagramme der von der Maschinenfabrik L. Lang für die Káposztásmegyerer Wasserwerke in Budapest gelieferten Verbundmaschine mit neuer Collmann-Steuerung von 375 bezw.
600 mm Cylinderdurchmesser und 700 mm Hub; die Maschine entwickelt mit 45 minutlichen Umdrehungen 90 PS.
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Fig. 6.Diagramm des Niederdruckcylinders der Verbundmaschine von der Maschinenfabrik Láng.
Gebrüder Sulzer in Winterthur, welche den Dampfmaschinenbau seit dem Jahre 1867 in hervorragender Weise betreiben, lieferten zur Ausstellung:
1 liegende viercylindrige Dreifach-Expansionsdampfmaschine mit Ventilsteuerung von
1700 PS; 1 liegende Tandemventilmaschine von 700 PS; 1 stehende Zwillingstandemmaschine mit Drehschiebeisteuerung
von 400 PS und 1 stehende Eincylindermaschine mit Kolbenschiebersteuerung von 30 PS.
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Fig. 7.Liegende viercylindrige Dreifach-Expansionsmaschine von Gebr. Sulzer mit Schwungraddynamo für Drehstrom von Brown, Boveri
und Cie.
Die Fig. 7 ersichtliche, liegende viercylindrige Dreifach-Expansionsmaschine mit Schwungraddynamo für Drehstrom der Firma Brown, Boveri und Cie. in Baden (Schweiz) leistet normal bei 11 at Anfangsdruck und 30 % Füllung im Hochdruckcylinder 1700 PSi bezw. 1500 PSe; ihre Hauptabmessungen sind folgende:
Textabbildung Bd. 315, S. 586
Fig. 8.Liegende Tandemventilmaschine von Gebr. Sulzer mit Schwungraddynamo für Drehstrom der Aktiengesellschaft vorm. J. J. Rieter
und Cie.
Durchmesser des Hochdruckcylinders
600
mm
„ „ Mitteldruckcylinders
850
„
„ der zwei Niederdruckcylin- der je
1025
„
Gemeinschaftlicher Kolbenhub
1500
„
Minutliche Umdrehungszahl
85
Die Höchstleistungen ergeben sich bei 40 % Füllung im Hochdruckcylinder zu 1950 PSi bezw. 1750 PSe.
Die Bewegung der Einlassventile des Hochdruckcylinders erfolgt durch die der Firma patentierte, hinlänglich bekannte auslösende
Steuerung, deren Auslöseklinke eine geschlossene, herzförmige Kurve beschreibt. Die Füllung wird durch den Regulator selbstthätig
verändert. Alle anderen Cylinder haben feste, aber von Hand verstellbare Füllung; die Bewegung der Einlassventile derselben
geschieht durch Daumenscheiben, ebenso die Bewegung der Auslassventile bei sämtlichen Cylindern.
Die Maschine hat zwei Niederdruckcylinder, sowie je eine Luftpumpe auf jeder Kurbelseite.
Die Ventile sind viersitzig. Infolgedessen ist der Ventilhub nur gering, so dass sich diese Konstruktion sehr gut auch für
höhere Tourenzahlen und namentlich für grosse Maschinen eignet. (Derartige Ventile sind u.a. bei den stehenden und liegenden
Maschinen der Berliner Elektrizitätswerke in Berlin von
3000 bis 4000 PS mit bestem Erfolg angewendet.)
Die liegende Tandemventilmaschine mit Schwungraddynamo für Drehstrom der Firma Aktiengesellschaft vorm. J. J. Rieter und Cie. in Winterthur zeigt Fig. 8.
Die Maschine hat einen Hochdruckcylinder von 525 mm und einen Niederdruckcylinder von
875 mm Durchmesser; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 1100 mm.
Textabbildung Bd. 315, S. 586
Fig. 10.Stehende Eincylindermaschine mit Kolbenschiebersteuerung von Gebr. Sulzer.
Mit 100 minutlichen Umdrehungen und 11 at Anfangsdruck leistet die Maschine normal bei 23 % Füllung im Hochdruckcylinder 750
PSi bezw.
650 PSe, maximal bei 40 % Füllung im Hochdruckcylinder
1000 PSi bezw. 900 PSe. Diese Maschine, deren Ventile ebenfalls viersitzig sind, besitzt eine Steuerung nach dem neueren Patent von Gebr. Sulzer (D. R. P. Nr. 113311).
Textabbildung Bd. 315, S. 587
Fig. 9.Stehende Zwillingstandemmaschine von Gebr. Sulzer mit einer Wechselstromdynamo der Maschinenfabrik Oerlikon.
Bei dieser Steuerung kommen gegenüber früheren Ausführungen, Wälzhebel in Anwendung, die sich auf einer nachstellbaren Bahn
abwälzen. Das äussere Hebelende ist mit dem Auslösemechanismus verbunden, der in besonderer Weise angeordnet ist, und vom
Regulator in gleicher Weise wie bei der normalen Sulzer-Steuerung beeinflusst wird. Die Bewegung der Auslöseklinke erfolgt
auch hier nach einer geschlossenen, herzförmigen Kurve. Zum Schliessen des Ventils ist, wie gewöhnlich, eine Spiralfeder über
demselben angeordnet. Dagegen ist der Luftbuffer in die Verbindungsstange zwischen dem äusseren Wälzhebelende und dem Auslösemechanismus
verlegt. Dort ist auch eine Hilfsfeder zum Schliessen des Systems angeordnet. Im Ruhezustande ist der Wälzhebel von seiner
Bahn vollständig abgehoben. Wird der Mechanismus in Bewegung gesetzt, so durchläuft er zunächst einen gewissen Leerlaufweg,
auf welchem der Luftkolben, schon bevor das Einlassventil überhaupt angehoben wird, die nötige Luft ansaugt. Die Eröffnung
des Einlassventils beginnt erst später, und zwar im Augenblicke, wo der Wälzhebel mit seinem inneren Ende sich auf die Wälzbahn
niedersetzt. Das Anheben erfolgt mit einem sehr grossen Hebelübersetzungsverhältnis, so dass auch die kleinsten Ventilhübe
ganz regelmässig erzielt werden können, wobei sich selbst bei den geringsten Belastungen sehr gleichmässige Füllung und tadellose
Regulierung ergeben soll.
Die Schlussbewegung des Ventils nach erfolgter Auslösung ist nicht so sehr von der Wirkung des Luftpuffers, als vielmehr vom
Gesetz der Wälzbewegung, in Verbindung mit den mitwirkenden Federn und den Massen des Gestänges abhängig. Die Bremswirkung
des Luftkolbens tritt in der Hauptsache erst nach erfolgtem Ventilschluss ein, um die noch in Bewegung befindlichen Gestängemassen alsdann auf dem Leerlaufweg zur Ruhe zu
bringen. Infolge des geringen Widerstandes, den der Regulator zu überwinden hat, wird der Gang der Maschine bei allen Belastungen
ein sehr gleichmässiger sein. Die Steuerung der Auslassventile ist von den gleichen Exzentern abgeleitet, die die Einlassventile
bethätigen, und zwar ebenfalls mittels Wälzhebel.
Auch die Steuerung des Niederdruckcylinders ist analog gehalten, indem Einlass- und Auslassventile je durch ein Exzenter mit
Wälzhebeln gesteuert sind, wobei ausserdem sowohl der Füllungsgrad wie die Kompression innerhalb der nötigen Grenzen verändert
werden kann.
Die stehende Zwillingstandemmaschine mit Drehschiebersteuerung (Fig. 9) ist mit einer Wechselstromdynamo der Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon (Schweiz) gekuppelt; sie hat zwei Hochdruckcylinder von je 290 mm und zwei Niederdruckcylinder von je 450 mm
Durchmesser für 400 mm gemeinsamen Kolbenhub. Die Maschine entwickelt mit 250 minutlichen Umdrehungen bei 11 at Anfangsdruck
normal – bei 25 % Füllung in den Hochdruckcylindern – 385 PSi bezw. 350 PSe, maximal – bei 45 % Füllung in den Hochdruckcylindern – 515 PSi bezw. 475 PSe.
Mit Rücksicht auf die grosse Kolbengeschwindigkeit von 3 bis 4 m/Sek. sind bei dieser Maschinengattung die hin und her gehenden Massen vollständig ausgewichtet.
Durch die Anwendung eines einzigen rotierenden Schiebers für je zwei Cylinder (vgl. 1897 303 * 99) ist die Anzahl der hin und her gehenden Teile erheblich herabgemindert. Das Gestell der in Fig. 10 dargestellten Maschine ist mit der Fundamentplatte in einem Stück gegossen; es gestattet eine leichte Zugänglichkeit zu den
Kreuzkopfführungen. Die Kuppelung zwischen der Regulatorspindel und der Schieberstange wird selbstthätig ausgelöst, sobald
am Umfange des Schiebers ein abnormaler Widerstand auftritt. Die Tourenzahl der Maschine kann während des Ganges mittels eines
am Regulator angebrachten Laufgewichtes um 10 % auf- oder abwärts verstellt werden.
Alle Lager und Zapfen werden selbstthätig von einem Oelverteiler aus geschmiert, dem das filtrierte Oel mittels einer Zirkulationspumpe
wieder zugeführt wird.
Der Antrieb der Luftpumpe geschieht durch Baumwollseile von der Kurbelwelle aus.
Garantieversuche, welche im Monat April 1900 mit einer Maschine obiger Grösse in der elektrischen Station Luterbach der Aare- und Emmenkanal-Gesellschaft in Solothurn ausgeführt wurden, sollen nach Angabe von Gebrüder Sulzer bei einer Leistung von 297 bis 314 PSi mit 9,26 bis 9,03 at Anfangsdruck einen Dampfverbrauch von 7,78 bis 8,00 für 1 PSi/Std. ergeben haben.
Die mit einer Gleichstromdynamo zur Erregung des 1500pferdigen Generators gekuppelte stehende Eincylindermaschine mit Kolbenschiebersteuerung
(Fig. 10) leistet normal 30 PSe. Sie hat
200 mm Cylinderdurchmesser bei 200 mm Kolbenhub und läuft mit 300 Umdrehungen in der Minute.
In den Werkstätten der Gebrüder Sulzer in Winterthur – gegründet 1834 – und in der Filiale Ludwigshafen a. Rh. – gegründet 1881 – wurden bis Ende des vorigen Jahres
4375 Dampfmaschinen mit 504350 PS Normalleistung ausgeführt.
(Fortsetzung folgt.)