Titel: | Ueber einige neue Eis- und Kühlmaschinen auf der Pariser Weltausstellung 1900. |
Autor: | Alois Schwarz |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 613 |
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Ueber einige neue Eis- und Kühlmaschinen auf der Pariser Weltausstellung 1900.
Von Professor Alois Schwarz in Mährisch-Ostrau.
Ueber einige neue Eis- und Kühlmaschinen auf der Pariser Weltausstellung 1900.
Die grosse Pariser Weltausstellung, welche die neuesten Fortschritte und Errungenschaften auf allen Gebieten von Industrie
und Technik in ein übersichtliches, wenn auch für Studienzwecke etwas zu ausgedehntes Bild vereinigt, hat gerade auf dem Gebiete
der künstlichen Kühlung wenige Objekte von hervorragender Bedeutung aufzuweisen. Dies ist wohl zunächst durch den Umstand
begründet, dass gerade auf diesem Gebiete Neuerungen und Fortschritte alsbald durch die Fachpresse besprochen und bekannt
werden, und in ihren ersten Ausführungen seitens der interessierten Kreise mit Aufmerksamkeit verfolgt und denselben daher
nicht mehr fremd sind; wohl auch durch einen anderen Umstand, dass gerade die auf dem Gebiete des Kühlmaschinenbaues vorgeschrittensten
Länder, Deutschland und Amerika, sich auf diesem Gebiete der Ausstellung in sehr geringem Masse beteiligten, so dass deren
offenbare Ueberlegenheit in diesem Zweige des Maschinenbaues, insbesondere über die französischen Leistungen, nicht so auffällig
in die Erscheinung treten konnte. Gleich als Einleitung zu diesem Berichte muss konstatiert werden, dass Frankreich, bekanntlich
die Wiege dieses Industriezweiges, welche durch Carré's und Pictet's Konstruktionen eigentlich erst geschaffen wurde und auf der Pariser Weltausstellung 1878 zu den hervorragendsten Sensationen
gehörte, seit diesem Zeitpunkte nur geringe Fortschritte aufzuweisen hat, wenigstens nicht solche in jenem Masse, wie Deutschland,
die Schweiz und Amerika. Seine einheimischen Konstruktionen weisen vielfach noch die veralteten Formen und Konstruktionen
der ersten Zeitperiode auf, und es ist kennzeichnend, dass die erste und älteste Handeismaschine nach Carré, wie selbe noch in älteren technischen Lehrbüchern abgebildet erscheint, trotz ihrer einfachen Form und wenig rationellen
Wirkung noch gegenwärtig von einzelnen französischen Firmen erzeugt und vertrieben wird, und auf der Ausstellung nicht etwa
als historisches Objekt, sondern als gangbarer Artikel von denselben vorgeführt war; ebenso zeigen viele der ausgestellten
Schwefligsäure-Kompressionsmaschinen noch die veralteten Formen und Konstruktionen Pictet's. Bloss jene französischen Firmen, welche die Ausführung ausländischer Konstruktionen übernommen haben, wie die
Société française des constructions mécaniques, anciens établissements Cail, welche die Linde-Maschinen, oder wie die Compagnie française des moteurs à gaz et des constructions mécaniques, welche im Verein mit der deutschen Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk a. Rh. die neuen Systeme von Kühlmaschinen nach Fixary zur Ausführung bringen, zeigen in ihren vorgeführten Objekten sich auf der Höhe moderner Konstruktion, welche sie wohl in
erster Linie den deutschen Mitarbeitern verdanken.
In den folgenden Berichten seien zunächst nur jene Objekte ausführlich beschrieben, welche in ihren Konstruktionen und Anwendung
wesentliche Neuerungen aufweisen, während Objekte bekannterer Konstruktion nur im Anhange aufgezählt werden sollen.
Zu den sensationellsten Erscheinungen auf dem Gebiete der künstlichen Kühlung gehören zweifellos die ausgestellten Maschinen
zur Verflüssigung atmosphärischer Luft, die auf dieser Ausstellung dem grossen Publikum zum erstenmal im Betriebe vorgeführt
erscheinen und begreifliches Aufsehen erregten. Es waren zwei solcher Maschinen in Betrieb zu sehen und zwar in der deutschen
Abteilung für chemische Industrie der Luftverflüssigungsapparat von Prof. Linde, in der amerikanischen Abteilung der gleiche Apparat von Prof. Tripler.
Der Luftverflüssigungsapparat von Prof. Linde, welcher in seinem Prinzipe schon mehrfach (auch in dieser Zeitschrift 309 * 159, 313 * 196) beschrieben wurde, soll in der in der Ausstellung vorgeführten und in Betrieb gesetzten Ausführungsform, welche mehrfache
Verbesserungen und Neuerungen aufweist, nachstehend ausführlich besprochen werden. Das Linde'sche Luftverflüssigungsverfahren beruht bekanntlich auf der Abkühlung, welche die Luft dadurch erfährt, dass sie sich nach
erfolgter starker Kompression wieder ausdehnt. Diese Abkühlung beträgt bei atmosphärischer Luft bloss 0,25° für je 1 at Druckdifferenz,
und wäre daher viel zu gering, um durch einen einzigen Kreislauf, selbst bei sehr grossen Druckdifferenzen, die Verflüssigung
der Luft zu ermöglichen, welche bekanntlich erst unter der kritischen Temperatur von – 140° C. erfolgen kann, und bei gewöhnlichem
Atmosphärendruck erst bei – 191° C., dem Siedepunkte der flüssigen Luft, eintritt. Man muss daher den Effekt mehrerer wiederholt
aufeinander folgender Ausdehnungen vereinigen, indem man jede Ausdehnung nach erfolgter Kompression zur Abkühlung der Luft
bei der folgenden Ausdehnung verwendet. Dieses Resultat ist nun mittels Anwendung des Gegenstromprinzips zu erzielen, welches
in dem Linde'schen Apparat in einer vervollkommneten Form mittels zwei sehr langer konzentrischer Röhren, welche spiralförmig gewunden
angeordnet sind. Die komprimierte Luft durchströmt von oben nach unten die inneren Rohre der senkrechten Doppelspirale, strömt
durch ein am äussersten Ende angeordnetes Ventil mit geringerem Drucke aus und kehrt durch den zwischen den beiden Rohrspiralen
gebildeten ringförmigen Raum zurück, indem sie der in der inneren Spirale sich bewegenden komprimierten Luft die durch die
Expansion entstehende Kälte abgibt. Auf diese Weise erniedrigt sich die Temperatur dieser in der inneren Spirale zirkulierenden
komprimierten Luft so lange, bis die Verflüssigung erreicht ist, und ein Teil der Luft sich im flüssigen Zustande in einem
am unteren Ende des Apparates angeordneten Recipienten in Form einer doppelwandigen Glasflasche ansammelt.
Der bei diesem Verfahren angewendete Apparat, welcher in umstehender Figur in schematischer Zeichnung dargestellt ist, besteht
aus dem Gegenstromapparat, dem Luftkompressionsapparat, und den zur vorläufigen Abkühlung und der Trocknung der komprimierten
Luft dienenden Hilfsapparaten.
Der Gegenstromapparat besteht, wie Fig. 1 zeigt, aus drei konzentrischen Kupferröhren, welche spiralförmig gerollt sind.
Textabbildung Bd. 315, S. 614
Fig. 1.Gegenstromapparat von Linde.
Der Kreislauf erfolgt nach den vorstehenden Ausführungen in nachfolgender Weise: In dem Luftkompressor fg, welcher bei grösseren Maschinen als Compoundkompressor eingerichtet ist; in dem Hochdruckcylinder f des ersten Kompressors wird der vorbeschriebene Kreislauf durchgeführt, indem derselbe dem Gegenstromapparat die dort expandierte
Luft von 50 at entnimmt und auf 200 at zusammenpresst, diese sodann durch den Luftkühler e in den Gegenstromapparat zurückführt. Das Luftvolumen, welches kontinuierlich aus der Atmosphäre dem Kreislauf zugeführt
wird, wird durch den Niederdruckcylinder h angesaugt, von etwa 4 at auf 50 at komprimiert und mit dieser Pression gemeinsam mit der von dem Gegenstromapparat kommenden
Luft von dem Hochdruckcylinder angesaugt. Bei kleineren Installationen saugt der Niederdruckcylinder die Luft direkt aus der
Atmosphäre. Die Regulierung der verschiedenen Drucke, welche durch Manometer angezeigt werden, erfolgt durch zwei Ventile,
und ist jeder Cylinder überdies mit einem Sicherheitsventil versehen. Der Antrieb des Kompressionsapparates erfolgt in der
ausgestellten Anlage mittels einer Dynamomaschine von 15 PS Leistung. Die auf 200 at komprimierte Luft wird, bevor sie in
den Gegenstromapparat eintritt, mittels einer gewöhnlichen Linde'schen Ammoniakkompressionskühlmaschine abgekühlt und zwar in dem Kühler c, welcher mit einer Salzlösung gefüllt ist, die mittels des gleichzeitig angetriebenen Ammoniakkompressors auf 10 bis 15°
unter Null gekühlt wird. Die infolge der Wassereinspritzung bei der Kompression in der Luft enthaltenen Wasserdämpfe werden
zunächst in einem Wasserabscheider abgesondert und sodann in dem Trockencylinder i durch Chlorcalcium vollständig entfernt. Die so auf 200 at komprimierte, gekühlte und getrocknete Luft gelangt erst durch
das Rohr p2 in den Gegenstromapparat und zwar durch die innerste der drei Rohrspiralen, welche sie durch ein Reduzierventil verlässt
und dabei auf einen Druck von 50 at reduziert, welche von dem Kompressor durch Rohr p1 durch die mittlere Rohrspirale rückgesaugt wird, wobei die Luft der innersten Rohrspirale auf eine Temperatur von –
130° abgekühlt und teilweise verflüssigt wird. Unter dem ersten Regulierventil a befindet sich ein zweites b, durch welches bei normalem Betriebe eine Quantität Luft in gleicher Menge, welche durch den Kompressor aus der Atmosphäre
angesaugt und in den Kreisprozess eingeführt wird, unter gewöhnlichem Atmosphärendruck entweicht. Hierbei wird die komprimierte
Luft bis –191° abgekühlt und fliesst im verflüssigten Zustande durch den Hahn b in den Sammelbehälter c, welchem sie durch den Ablasshahn d entnommen werden kann. Dieser Prozess verläuft als Kreisprozess kontinuierlich, und werden mit dem ausgestellten und in Betrieb
gesetzten Apparate, dessen Preis mit 15000 Fres. angegeben ist, pro Stunde 5 l flüssige Luft erzeugt, welche in den bekannten
Maschen mit doppelter Wandung, deren Zwischenraum evakuiert und innen versilbert ist, längere Zeit, auch mehrere Tage aufbewahrt
werden kann. Mit dieser verflüssigten Luft werden den Hunderten von Zuschauern, welche dieser interessante Betrieb stets um
die Maschine versammelt, die bekannten Versuche des Gefrierens von Quecksilber und Alkohol, des Starr- und Sprödewerdens von
Papier und Kautschuk vorgeführt, und die Kältewirkung durch Verdunstung derLuft demonstriert. Bekanntlich ist dieses Verfahren für die Erzeugung künstlicher Kälte im grossen noch ohne praktische Bedeutung,
jedoch für wissenschaftliche, speziell medizinische und chemische Zwecke ist die Anwendung sehr ausgebreitet, und insbesonders
ist in jüngster Zeit die Verwendung von flüssiger Luft für Sprengzwecke durch ein Patent geschützt und seitens der Gesellschaft Nobel zur Verwertung erworben, bei Tunnelbauten sogar bereits mit Erfolg in der Praxis ausgeführt worden.
Eine zweite Anlage zur Verflüssigung atmosphärischer Luft ist in der amerikanischen Maschinenabteilung durch die Tripler Liquid air Co. in New York, welche zum Zweck der Ausnutzung des von Prof. Tripler ausgearbeiteten Verfahrens die Luftverflüssigung mit einem Kapital von 10 Millionen Dollars unter dem Präsidium Prof. Tripler's gegründet wurde, ausgestellt und gleichfalls in Betrieb vorgeführt. Die Inbetriebsetzung dieser Anlage verzögerte sich
bis gegen Mitte Juli. Der Apparat lenkte jedoch gleichfalls durch die mit der erzeugten flüssigen Luft vorgeführten Versuche
bald die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Das Tripler'sche Verfahren beruht auf ähnlichen Grundsätzen wie das von Linde, ist jedoch in dem vorgeführten Apparate, dessen Konstruktion sorgfältig verschlossen ist, nicht ersichtlich; man bemerkt
ausser der Antriebsmaschine bloss zwei cylindrische Gefässe, welche die Verflüssigungsapparate enthalten, und aus welchen
durch unten angebrachte Hähne die flüssige Luft entströmt. Einer uns von dem Vertreter der Tripler Liquid air Co. zur Verfügung gestellten Beschreibung entnehmen wir nachstehendes über die Einrichtung des Apparates (eine schematische Zeichnung
war trotz aller aufgewandten Mühe nicht zu erhalten). Der Bericht bemerkt, dass die Verflüssigung der Luft von Prof. Tripler ebenso wenig erfunden wurde, wie Edison nicht die Elektrizität entdeckt habe, dass aber Prof. Tripler für die flüssige Luft die gleiche Bedeutung habe, wie Edison für die Elektrizität (?), und dass es Prof. Tripler, nachdem er
20 Jahre sich mit der Kompression und Verflüssigung von Gasen beschäftigt hatte, erst im Jahre 1892 gelungen war,
die Luft durch physikalische Vorgänge zu verflüssigen, und, nachdem er ein Vermögen für bezügliche Versuche verwendet, er
endlich ein Verfahren erzielte, um auf sehr billige, praktisch verwertbare Weise Luft im grossen zu verflüssigen. Nach den
Mitteilungen dieses Berichtes erzeugt Prof. Tripler schon mit seinen Versuchsapparaten eine Gallone flüssige Luft (= 4,5 l) für 5 Cents (= 20 Pf.), und soll dieser geringe Preis
bei Anwendung grosser Apparate sich noch bedeutend verringern; doch selbst beim Preise von 5 Cents pro Gallon weist die flüssige
Luft – nach dem citierten Berichte – als Kälteerzeugungsmittel eine bedeutende Ersparnis gegenüber allen anderen Kühlmethoden
auf.
Nach dieser Berechnung soll die Erzeugung einer Temperatur von + 32° F. (= 0° C.) in einem Kühlraum bloss 10 bis 25 Cents
pro Kubikfuss jährlich kosten, und bei guten Verflüssigungsapparaten und einem Kohlenpreis von 3 Dollars pro Tonne, würde die Abkühlung von 1000
Kubikfuss jährlich bloss 30 bis 35 Dollars kosten, wobei die angewendeten Apparate um die Hälfte weniger Anlagekosten erfordern,
als die nach anderen Methoden der künstlichen Kühlung.
Das Verfahren der Luftverflüssigung nach Prof. Tripler wird nachstehend beschrieben. Die zu verflüssigende Luft wird zunächst einem vorläufigen Druck von 2500 Pfund auf den Quadratzoll unterworfen, und mittels Wasserberieselung auf eine Temperatur von + 60° F. (+ 14,5° C.) abgekühlt. Diese
komprimierte Luft wird hierauf durch eine spiralförmige Röhre aus Kupfer geleitet, in welche eine Reihe von fünf Metallcylindern
von verschiedenem Durchmesser konzentrisch ineinander eingeschaltet sind; nachdem die komprimierte Luft diese Spirale und
die eingeschalteten Cylinder passiert hat, findet sie ihren Ausgang durch ein Regulierventil von besonderer Konstruktion und
dehnt sich während des Ausströmens aus; diese ausströmende komprimierte Luft, welche bei dieser Ausdehnung sich stark abkühlt,
wird dem Kompressionsapparat wieder zugeführt und wird auf diesem Wege von aussen um die erste Spirale geführt, welche die
komprimierte Luft enthält, wobei sie diese von – 10° F. auf – 95° F. (– 70° C.) abkühlt. Durch Wiederholung dieses Vorganges
wird endlich die Temperatur (– 191° C.) erreicht, bei welcher die Luft sich verflüssigt, und zwar wird der vierte Teil der
angesaugten Luft im flüssigen Zustande gewonnen, während der übrige Teil der Luft, welcher eine Temperatur von ungefähr –
300° F. (– 185° C.) hervorruft, den Kreislauf durch die Maschine neuerlich zurücklegt und die Verflüssigung weiterer Luftmengen
vorbereitet.
– Nach dieser Beschreibung ist das Tripler'sche Verfahren dem Linde'schen Verfahren nahezu identisch, und unterscheidet sich der Kompressionsapparat bloss durch die eingeschalteten fünf konzentrischen
Cylinder, welche bei dem Linde'schen Apparat durch die drei konzentrisch angeordneten Spiralröhren ersetzt erscheinen.
Textabbildung Bd. 315, S. 615
Amerikanische Kühlmaschine von der Königsfelder Maschinenfabrik Lederer und Portes.
Nach den citierten Ausführungen der Tripler Liquid air Co. scheint – nächst der Kälteerzeugung – die wichtigste Verwendung der verflüssigten Luft als motorische Kraft in Aussicht genommen
zu sein; da die verflüssigte Luft ihr Volumen bei 32° F. (0° C.) 746 mal vergrössert, erscheint sie insbesondere für den Betrieb
von Automobilen geeignet, da die zum Betriebe eines solchen Fahrzeuges nötige Menge von flüssiger Luft nicht mehr als 35 Pfund
wiegen würde, welche für eine Fahrt von 1000 Meilen ausreichend wäre, so dass bei oben berechnetem Preise der flüssigen Luft
die Kosten des Weges pro Meile sich auf ½ bis
½ Cents stellen würden.
In der Praxis ist weder diese Frage, noch auch die Frage der Anwendung flüssiger Luft zur künstlichen Kühlung gelöst, da es
bisher bekanntlich noch nicht gelungen ist, die flüssige Luft in geschlossenen Gefässen zu transportieren oder aufzubewahren,
da kein Material dem enormen Drucke Widerstand leisten kann. Hingegen wird die Anwendung der flüssigen Luft auch von der Tripler Liquid air Co. als Sprengmittel, welches 2 ½ mal die Wirkung des Dynamits übersteigt, als mit Erfolg angewendet empfohlen, ebenso in der
Metallurgie wegen der enormen Mengen des in derselben angesammelten Sauerstoffs, wie auch in gleicher Weise in chemischen
Laboratorien und Fabriken. Auch in mehreren Spitälern von New York, dem von Roosevelt und Vanderbilt, wurde die flüssige Luft von den Chirurgen vielfach mit Erfolg zur Lufterneuerung in Krankensälen, zur Bekämpfung sehr hoher
Fieber, zum Kauterisieren und Unempfindlichmachen insbesondere bei mehreren Formen von Krebsleiden zur Anwendung gebracht,
so dass der Verbrauch an flüssiger Luft derzeit bereits auf 2000 Gallons pro Tag gestiegen ist.
Von amerikanischen Kühlmaschinen ist bloss eine Konstruktion in der Ausstellung vertreten und zwar auffälliger Weise nicht
durch eine amerikanische Firma, sondern durch eine österreichische Maschinenfabrik, die Königsfelder Maschinenfabrik Lederer und Porges in Brünn, welche eine kleine, sehr kompendiös gebaute Kühlmaschine für den Kleinbetrieb aus Amerika eingeführt und das Ausführungsrecht
für Oesterreich-Ungarn erworben hat. Diese Maschine, welche wir in beistehenden Fig.
2 bis 4 in ihrer Detailkonstruktion, sowie in einer perspektivischen Ansicht vorführen, hat nachstehende Einrichtung:
Die Maschine arbeitet in der Weise, dass die Kompression in zwei einfach wirkenden Cylindern AA vollführt wird, so dass die gewöhnliche Stopfbüchse hierbei in Wegfall kommt. Die Bewegung der Kolben geschieht durch einen
in der Oelkammer B liegenden Balancier, wie aus Fig. 2 ersichtlich. Die Welle des Balanciers geht durch eine Stopfbüchse, die nur eine oscillierende Bewegung abzudichten hat, nach
aussen und wird von einer Kurbelscheibe, Stange und Hebel in Bewegung gesetzt.
Im Inneren der Oelkammer B herrscht während des Betriebes Saugspannung und dient dieser Raum zur Ausgleichung derselben, sowie zur Aufnahme des abgeschiedenen
Oeles, welches durch einen Oelstandzeiger kontrolliert wird und so hoch steht, dass die Stopfbüchse der schwingenden Welle
stets unter Oel ist, so dass die Abdichtung nicht gegen die Ammoniakdämpfe, sondern gegen das Oel erfolgt.
Von dem mit einem Wassermantel umgebenen Kompressionscylinder, welcher sich durch eine eigenartige, sinnreiche Konstruktion
auszeichnet, werden die Dämpfe in den Oelabscheider D gedrückt, dessen unterer Fortsatz in den Wasserraum des Kondensators taucht, hier gekühlt wird und dadurch die
Oelabscheidung energisch unterstützt.
Die Dämpfe nehmen sodann den Weg in den Kondensator S, welcher aus mehreren im Unterteil der Maschine gelegenen Schlangen besteht, werden dort kondensiert und hierauf in einer
Flasche F gesammelt, von wo sie im gut gekühlten Zustande durch ein patentiertes Regulierventil (Fig. 5) dem Verdampfer zuströmen, wo sie von neuem verdampfen und der Umgebung Wärme entziehen. Die Dämpfe werden von den Kompressoren
abgesaugt, wieder komprimiert und der Kreislauf beginnt von neuem.
Textabbildung Bd. 315, S. 616
Fig. 4.Amerikanische Kühlmaschine von der Königsfelder Maschinenfabrik Lederer um Porges.
Die abgesaugten Dämpfe treten jedoch nicht direkt in die Cylinder, sondern passieren zuerst eine in das Kondensatorwasser
tauchende Hilfsschlange H und eine zweite Kammer E des Oelabscheiders, welche an die erste Kammer D grenzt, um daselbst erwärmt zu werden, so dass die etwa mitgerissenen Flüssigkeitsteile noch verdampfen, anderseits das Kondensatorwasser
abgekühlt bezw. die Spannung der komprimierten Dämpfe in der Kammer D herabgesetzt wird, so dass infolge dieser Massnahmen die Maschine stets mit absolut trockenem Dampf arbeitet. Auch die Cylinder
sind vollständig unter Wasser gekühlt.
Das Regulierventil (Fig. 5) besteht aus einem Gehäuse, in welchem eine Ventilspindel gelenkig an einem doppelarmigen Hebel angebracht ist, dessen Ende
an einer Plattenfeder befestigt ist, welche unter Verdampfdruck steht.
Der Fixpunkt des Hebels lässt sich von Hand aus verstellen. Steigt die Spannung im Verdampfer, vermindert die Spindel den
Zufluss der Ammoniakflüssigkeit und umgekehrt. Bleibt die Maschine stehen, sperrt das Ventil den Zufluss ganz ab. Wird die
Maschine in Gang gesetzt, so öffnet sich das Ventil automatisch, so dass sich dasselbe allen Verhältnissen der Maschine anpasst.
Die Vorteile dieser neuen Maschine bestehen darin, dass sie ohne weitere Manipulationen rasch abgestellt und wieder in Betrieb
gesetzt werden kann, wobei sich das Regulierventil automatisch schliesst und öffnet, sowie auch die Schmierung aller Teile
automatisch erfolgt. Ebensoerfordert die einfache Konstruktion und der kompendiöse Bau bloss ein geringes Fundament, sowie die Maschine selbst bloss
geringen Raum; durch das Arbeiten mit trockenen Gasen können ohne Schwierigkeit Temperaturen bis – 20° C. erreicht werden,
und auf diese Weise sich die Leistung der Maschine wesentlich erhöhen.
Wir haben mit dieser Maschine eine sehr bemerkenswerte Neuerung auf dem Gebiete der Kühlmaschinen zu verzeichnen, welche sich
voraussichtlich bald in Europa Eingang und Verbreitung verschaffen wird.
Von den zahlreich ausgestellten französischen Kühlmaschinen – es waren nicht weniger als 10 französische Fabriken mit nahezu
100 Objekten in den verschiedenen Klassen, besonders zahlreich in den Klassen „Nahrungsmittel“ und „Marine“ vertreten – zeigen, wie bereits eingangs erwähnt, nur wenige neue oder beachtenswerte Konstruktionen. Zu den bemerkenswertesten
der ausgestellten Objekte dieser Gruppe gehören die von der Compagnie française des moteurs à gaz et des constructions mécaniques in Paris (155 Rue Croce-Nivert) vorgeführten, welche Gesellschaft neben dem Bau von Gasmotoren auch den Bau von Ammoniakkompressionsmaschinen
nach System Fixary als Spezialität betreibt, während die Ausführung dieser Maschinen in Deutschland durch die bekannte Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk bei Köln a. Rh. erfolgt.
Diese beiden genannten Firmen hatten daher ihre Objekte gemeinsam ausgestellt und zwar in einem neben der Maschinenhalle und
dem Kesselhause etablierten Spezialpavillon, in welchem nebst Gasmotoren auch eine komplette Eis- und Kühlmaschine, System
Fixary, in Betrieb, sowie zahlreiche Pläne der von den beiden genannten Firmen ausgeführten Kühlanlagen, darunter speziell die Schlachthofkühlanlagen
in Köln a. Rh., Mühlheim a. Rh. und Düren, ausgeführt von der Maschinenbauanstalt Humboldt, sowie die besonders interessante von der französischen Gesellschaft ausgeführte Kühlanlage der Pariser Morgue (der öffentlichen
Leichenhalle), sowie einer für den grossen Dampfer Lorraine der Compagnie générale atlantique ausgeführten Kühlanlage.
Eine spezielle Neuerung der Kühlmaschinen nach dem System Fixary, besonders für Schlachthofkühlanlagen, bilden die Luftkühlapparate, deren einer gleichfalls in Verbindung mit einer Kühlkammer
in dem erwähnten Pavillon ausgeführt war. Wir geben nachstehend an der Hand der beigegebenen Fig. 6 bis 8 eine Beschreibung dieses Luftkühlapparates, System
Fixary?
Textabbildung Bd. 315, S. 616
Fig. 5.Regulierventil.
Diese Luftkühlapparate mit je zwei Kühlkammern und einer Luftumführungskammer sind direkt wirkende (durch D. R. P. Nr. 33111
geschützte) Röhrenkühler, in deren aus einem Stück geschweissten Rohrschlangen das flüssige Ammoniak verdampft, während um
die Rohrschlangen die aus den Kühlräumen abgesaugte wärmere Luft mittels Ventilatoren vorbeigeblasen wird. Durch die innige
Berührung der Luft mit den kalten trockenen Rohrschlangen wird dieselbe nicht nur entsprechend abgekühlt, sondern gleichzeitig auch
getrocknet und gereinigt, so dass sie in vollständig regeneriertem Zustande wieder in die Kühlräume gelangt. Die in der Luft
enthaltene Feuchtigkeit und Unreinigkeit samt den Fäulnisbakterien schlägt sich auf den Verdampferrohrschlangen als Reif nieder,
welch letzterer wieder zeitweise durch Abtauen der Rohrschlangen als Tauwasser mit den Unreinlichkeiten und Pilzkeimen entfernt
wird, so dass die Luft stets wieder mit kalten, reinen und trockenen Oberflächen in Berührung kommt.
Textabbildung Bd. 315, S. 617
Luftkühlapparat, System Fixary.
Die Wirkungsart des Kühlers ist ohne weiteres leicht aus der Zeichnung zu entnehmen.
Die durch einen Ventilator aus dem Kühlraum angesaugte erwärmte und feuchte Luft wird auf dem durch die Pfeile bezeichneten
Wege durch den Kühler hindurch in den Kühlraum als kalte und entfeuchtete Luft zurückgeführt. Die Kühlung und Entfeuchtung
der Luft im Kühler geht, wie folgt, vor sich: In dem Schlangensystem der ersten Kammer befindet sich kein expandierendes Ammoniak,
doch ist dessen Oberfläche mit Reif von der vorhergegangenen Entfeuchtung der Luft bedeckt; im Schlangensystem der zweiten
Kammer erzeugt das expandierende Ammoniak eine starke Kälte (– 15° C.), die ungehindert nach aussen abgegeben werden kann,
da die Schlangenoberfläche ganz schwarz ist. Die warme Luft wird den Reif an den Schlangen in der ersten Kammer abschmelzen
und sich dadurch schon verkühlen; das entstandene Grundwasser wird rasch abfliessen. Durch die Umführungskammer strömt die
vorgekühlte, aber noch nicht getrocknete Luft nunmehr in die zweite Kammer, wo sie in Berührung mit den sehr kalten Schlangen
gelangt, sich vollends und zwar sehr tief abkühlt und infolgedessen ihre Feuchtigkeit abgibt, die sich als Reif an die Schlangen
absetzt. Das Entreifen der Schlangen in der ersten Kammer wird nach einer gewissen Zeit beendet sein, der Betrieb des Apparates
mit der gezeichneten Klappenstellung wird aber fortgesetzt, bis die Schlangen in der zweiten Kammer so stark bereift sind,
dass ihre Kältewirkung nachzulassen beginnt. Dann muss umgeschaltet werden, d.h. in die schwarzen entreiften Schlangen wird
flüssiges Ammoniak zum Verdampfen eingelassen, die Luftklappen werden umgestellt und sodann die Zuführung von flüssigem Ammoniak
in die bereiften Schlangen unterbrochen.
Wie oft und in welcher Weise der Kühler umzuschalten ist, das ergibt sich aus der Eigenart jedes Betriebes;vor allem aber muss Gewicht darauf gelegt werden, dass nicht durch unrichtige Handhabung während der Umschaltung die Kälteabgabe
im Kühler, mithin auch die Entfeuchtung und Reinigung der Luft unterbrochen wird. Eine solche unrichtige Handhabung ist aber
sehr leicht zu vermeiden; man braucht sich nur mit einem Blick durch die Schaufenster davon zu überzeugen, ob das expandierende
Ammoniak in den entreiften schwarzen Schlangen durchzogen ist, bevor man die Zuführung des flüssigen Ammoniaks in die bereiften
Schlangen unterbricht, und das wird der Fall sein, sobald die schwarzen Schlangen einen Anhauch von Reif zeigen. Dann ist
nicht mehr zu befürchten, dass durch das Umschalten irgend welche nachteilige Schwankungen in der Kälteabgabe auftreten werden
und die letzteren wird man auf das mindeste Mass bringen können, wenn man die Zuführung des flüssigen Ammoniaks in alle bereiften
Schlangen nicht zugleich unterbricht, sondern dies mit einer nach der anderen Schlange vornimmt; für diesen Fall sind aber
die einzelnen Schlangen von einander durch leichte Scheidewände zu trennen.
Textabbildung Bd. 315, S. 617
Fig. 8.Luftkühlapparat Fixary.
Die mit den Kühlapparaten verbundene Umschaltvorrichtung ermöglicht eine ununterbrochene Kühlwirkung, indem die Rohrschlangen
der einen Kühlkammer mittels der abgesaugten wärmeren Kühlhausluft abgetaut werden können, während sich diejenigen der anderen
Kammer noch in vollem Kältebetriebe befinden. Damit das Absaugen der wärmeren und das Einführen der gekühlten, gereinigten
und getrockneten Luft möglichst gleichmässig geschieht, sind an der Decke der Kühlräume eine entsprechende Anzahl hölzerner
Verteilungskanäle angebracht worden, welche durch gemauerte Kanäle mit den Luftkühlapparaten (bezw. mit den Exhaustoren) verbunden
sind. Auch ist die Einrichtung getroffen, dass durch Zuführen von frischer Aussenluft die Luft in den Kühlräumen jederzeit und nach Bedarf erneuert werden kann.
Von neuer beachtenswerter Konstruktion war bei der ausgestellten und in Betrieb vorgeführten Fixary- Eismaschine, für eine
Erzeugung von 750 kg pro Stunde, welche durch einen Gasmotor, System Otto, mit 12 bis 15 PS angetrieben war, der Destillierapparat zur Erzeugung von destilliertem Wasser für Krystalleis, welches aus
direktem Dampf durch Kondensation, wiederholtem Aufkochen und Filtration durch ein Kohlenfilter vollkommen luftfrei und rein
erzielt wird; ausserdem noch ein automatischer Füllapparat für die Eiszellen. Derselbe besteht aus sechs direkt mit dem Wasserbassin in Verbindung stehenden Füllröhren, welche durch
einen einzigen Hebel mit langem Arme, der die Hähne sämtlicher sechs Röhrenbethätigt, geöffnet und geschlossen werden kann. Das Ausheben der Zellen erfolgt durch einen mechanisch mittels Gasmotor angetriebenen
Kran; die entleerten Zellen werden auf eine schief liegende Bühne gehoben und durch Senken der gleichfalls schief liegenden
Füllröhren an zwei seitlichen Gleitstangen bei gleichzeitigem Oeffnen aller Hähne mittels des Hebelarmes die Füllung aller
Zellen gleichzeitig vorgenommen. Durch den gleichen, sehr hübsch gebauten Kran mit doppeltem Seilfriktionsantrieb, erfolgt
das Eintauchen der gefüllten Zellen in den Eisgenerator und das Verschieben derselben.
Von der gleichen Firma waren auch Eis- und Kühlmaschinen in der Gruppe der Nahrungsmittel, sowie in der Gruppe Marine zur
Ausstellung gebracht, welche die gleiche Ausführung zeigten.
(Schluss folgt.)