Titel: | Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 630 |
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Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 597 d. Bd.)
Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Die vorzüglich durchgebildete liegende Tandemverbundmaschine der Société anonyme des anciens ateliers de construction van den Kerchhove in Gand (Belgien) zeigen Fig. 29 und 30. Sie hat Cylinder von 630 bezw. 1090 mm Durchmesser für 1200 mm gemeinsamen Hub und entwickelt mit 100 minutlichen Umdrehungen
bei 9 at Anfangsspannung des Arbeitsdampfes und einer Gesamtfüllung von 0,07 etwa 1000 PSi.
Textabbildung Bd. 315, S. 629
Fig. 31.Kolbenventil als Steuerungsorgan der liegenden Tandemverbundmaschine der Société anonyme des anciens ateliers de construction
van den Kerchhove.
Die Maschine ist mit einer Dynamo der Compagnie internationale d'Electricité in Lüttich direkt gekuppelt, deren Bauweise indes nur 86 minutliche Umdrehungen gestattet. Bemerkenswert ist die Verwendung
von Kolbenventilen als Steuerungsorgane, die, wie Fig. 31 erkennen lässt, in den Cylinderdeckeln untergebracht sind, und sich in diesen auf- und abwärts bewegen. Es sind vier derartige
Ventile – zwei obere für die Einströmung und zwei untere für die Ausströmung des Dampfes – an jedem Cylinder angeordnet. Sie
bilden einfache cylindrische Rippenkörper, die behufs Dichthaltens in eingesetzten Führungsbüchsen von federnden Ringen umgeben
sind.
Die Büchsen haben schlitzartige Oeffnungen, welche durch einen kreisförmigen Kanal mit dem Cylinder in Verbindung stehen.
Dieselben werden bei der Aufwärtsbewegung der oberen Einlassventile freigelegt, so dass der Dampf, welcher den Deckel des
Cylinders anfüllt, nunmehr auch in den letzteren selbst treten kann; bei der Abwärtsbewegung des Ventils werden die Oeffnungengeschlossen und die Zufuhr frischen Dampfes in den Cylinder abgeschnitten.
Die Ausströmung des im Cylinder wirksam gewesenen Dampfes wird in ähnlicher Weise geregelt. Beim Anheben des betreffenden
Ventils werden die Oeffnungen in den Führungsbüchsen frei gelegt und der durch dieselben entweichende Dampf gelangt in die
Abdampfleitung.
Als Vorzüge, welche sich mit Verwendung derartiger Ventile ergeben, werden die folgenden genannt:
1. Zufolge der Bewegungsrichtung des durch die Oeffnungen der Führungsbüchsen in den Cylinder tretenden Arbeitsdampfes von
unten nach oben wird dieser nur wenig Wasser mitreissen können; sollten sich dennoch grössere Wassermengen im Cylinder ansammeln,
so werden diese bei jedem Kolbenhube durch die Ausströmöffnungen im untersten Teile des Cylinders abgeführt.
2. Die schädlichen Räume, wie auch die Oberflächen, mit denen der Dampf vor seinem Eintritt in den Cylinder in Berührung kommt,
sind erheblich herabgemindert. Da diese Oberflächen überdies beständig von frischem Dampf umspült werden, der sich in Wirbelungen
um die Gehäuse der Einström- und Ausströmventile bewegt und eine fortwährende Erneuerung der Wärmeabgabe bewirkt, fallen auch
die Verluste infolge der Anfangskondensation des Dampfes gering aus.
3. Die senkrechte Anordnung der Kolbenventile verhütet jegliche Abnutzung derselben infolge Eigengewichtswirkung; die einzige Reibung entsteht durch den leichten Druck, welchen die Dichtungsringe der Kolbenventile gegen die Innenwandungen
der Führungsbüchsen ausüben.
Der äussere Steuerungsmechanismus ist demjenigen einer gewöhnlichen Ventildampfmaschine nachgebildet. Der charakteristische
Unterschied im vorliegenden Falle liegt darin, dass die Kolbenventile nicht auf ihre Sitze auftreffen können; sie überschreiten
ungehindert die betreffenden Durchströmöffnungen des Arbeitsdampfes und überdecken dieselben, behufs genügenden Dichthaltens,
um einen gewissen Betrag.
Die Einströmventile erlangen infolgedessen, bei Vermeidung jeglichen Stosses und plötzlicher Einrückung der betreffenden Steuerorgane,
fortschreitend eine gewisse Geschwindigkeit für den Augenblick des Oeffnens der schlitzartigen Durchbrechungen in den Führungsbüchsen,
und umgekehrt fallen sie nach erfolgtem Auslösen der Steuerung geräuschlos zurück und schneiden die Zufuhr frischen Dampfes
vollkommen ab.
Ihre Bewegung wird nicht durch Luftpuffer behindert, deren Wirkung je nach Regelung mittels Lufthahn u.s.w. abgeschwächt oder
verstärkt werden kann; sie ist ein für alle Mal festgestellt und bei allen Hüben, allen Spannungen und bei allen Gangarten
der Maschine dieselbe. Die Ausströmventile werden ohne Zuhilfenahme von Daumenscheiben oder Federn von dem äusseren Steuerungsmechanismus
beständig auf- und abwärts bewegt.
Der inmitten des Niederdruckcylinders angeordnete Regulator wirkt auf die Auslösevorrichtungen beider Cylinder; hierbei gestatten
geeignete Hebelverbindungen, welche die Auslöseklinken bethätigen, die von der endlichen Länge der Pleuelstange herrührenden
ungleichen Füllungen auf beiden Cylinderseiten zu verbessern.
Mittels einer besonderen Vorrichtung wird die Zufuhr frischen Dampfes selbstthätig abgeschnitten, sobald der Regulator aus
irgend welchem Grunde in seine tiefste Lage gelangt. Ein Durchgehen der Maschine kann dann nicht eintreten.
Textabbildung Bd. 315, S. 630
Fig. 29.Liegende Tandemverbundmaschine der Société anonyme des anciens ateliers de construction van den Kerchhove.
Was die übrigen Einzelteile der in Fig. 32 nochmals in der Gesamtansicht dargestellten Maschine anbelangt, so bildet der mit einer gebohrten Kreuzkopfführung versehene
kräftige Rahmen mit dem Kurbellager ein einziges Gusstück. Die Schalen dieses Lagers, wie auch diejenigen des Kurbelzapfens
sind aus Stahl gefertigt und mit Weissmetall ausgegossen. Der aus Gusstahl hergestellte Kreuzkopf trägt nachstellbare, Gusseiserne
Schuhe von bedeutender Länge; sein aus Stahl gefertigter Zapfen ist eingesetzt und gehärtet.
Die Cylinder sind von Dampfmänteln umgeben, welche vom Dampf durchströmt werden, bevor er den Kolbenventilen zuströmt.
Die stehende Luftpumpe hat unter Maschinenflur Aufstellung gefunden; sie wird mittels Schubstange und Schwinghebel von einer
Gegenkurbel der Maschine aus betrieben. Die Lager der Kurbelwelle besitzen Ringschmierung, diejenigen der Pleuelstange werden
durch selbstthätige Apparate mit Oel versehen. Die Cylinder und Kolbenventile werden mittels Pumpen geschmiert, von denenRohre abzweigen, die nach Gefässen mit sichtbarer Tropfenbildung und einstellbarer Oelmenge führen.
Die an der Ausstellungsmaschine am 29. Juli 1900 abgenommenen Diagramme (Fig. 33) liefern den besten Beweis für eine tadellose Dampfverteilung.
Textabbildung Bd. 315, S. 631
Liegende Tandemverbundmaschine der Société anonyme des anciens ateliers de construction van den Kerchhove.
Die Société anonyme des atcliers Carels Frères in Gand hat ebenfalls eine liegende Tandemverbundmaschinemit Kondensation ausgestellt, die mit einer Dynamo der Firma Kolben und Cie. in Prag, die den Strom für Beleuchtung und Kraftübertragung in Alt-Paris liefert, direkt gekuppelt ist. Die Maschine macht
einen sehr gefälligen Eindruck. Fig. 34 zeigt eine Gesamtansicht derselben. Sie läuft normal mit 100 minutlichen Umdrehungen; doch ist die Umdrehungszahl auf der
Ausstellung wegen der zu betreibenden Dynamo auf 94 herabgesetzt. Die Hauptabmessungen sind folgende:
Durchmesser des Hoch- druckcylinders
660
mm
Durchmesser des Nieder- druckcylinders
1050
„
Gemeinsamer Kolbenhub
1150
„
Mit 10 at Anfangsspannung des Arbeitsdampfes leistet die Maschine normal 1000, maximal 1300 PS.
Um die inneren Deckel der hintereinander liegenden Cylinder, sowie diejenigen der Kolben leicht abnehmen zu können, ist das
die Cylinder verbindende Zwischenstück aus zwei Hälften hergestellt, deren Teilfuge in der Vertikalebene in Richtung der Cylinderachsen
liegt; beide Hälften sind durch Schrauben miteinander verbunden. Die Cylinder haben eingesetzte Laufbüchsen aus Hartguss;
die Zugfestigkeit dieses Materials wurde an Probestücken zu 2600 kg/qcm, die Druckfestigkeit desselben zu 11500 kg/qcm ermittelt. Der Dampf durchströmt die Heizmäntel der Cylinder, bevor er auf die Kolben treibend wirkt. Letztere sind sogen.
schwedische Kolben mit je zwei federnden Dichtungsringen aus Gusseisen. Um ihre Eigengewichts Wirkung zu verringern, ist die
gemeinsame Kolbenstange in der Mitte nochmals unterstützt; sie gleitet hier in einer halbcylindrischen, auf Zapfen ruhenden
Führung. An den Enden sind die Cylinder mit kräftigen Füssen versehen, mittels welcher sie sich auf bearbeitete Flächen der
in ihrer ganzen Länge auf dem Fundament aufliegenden Sohlplatte stützen. Zur Dampf Verteilung jedes Cylinders dienen vier
entlastete Doppelsitzventile, die von Exzentern der Steuerwelle bethätigt werden, und zwar ist für jedes Einström- und entsprechendes
Auspuffventil ein einziges Exzenter angeordnet. Zur Steuerung des Hochdruckcylinders dient ein der bekannten Sulzer-Steuerung
nachgebildeter Mechanismus.
Wie in Fig. 35 ersichtlich, schwingt der aktive Mitnehmer a um einen Zapfen am äussersten Ende der Exzenterstange und gleichzeitig mittels Gegenlenker um den Drehpunkt des Ventilhebels
b, auf dessen äusseres mit einer Stahlplatte armiertes Ende er bei seiner Abwärtsbewegung mit geringer Geschwindigkeit auftrifft;
indem er dasselbe bei seiner Weiterbewegung mitnimmt, wird das Einlassventil geöffnet. Dies dauert so lange, bis der andere
wagerechte Schenkel des winkelförmigen Mitnehmers a mit der vom Regulator eingestellten Rolle c zusammentrifft, worauf das Ventil unter Mitwirkung eines Luftpuffers auf seinen Sitz zurückfällt. Zufolge der Lage der Rolle c wird ihre Berührung mit dem wagerechten Schenkel des aktiven Mitnehmers früher oder später erfolgen, womit veränderliche
Füllungen – von 0 bis 75 % – des Kolbenhubes erreicht werden.
Textabbildung Bd. 315, S. 632
Fig. 32.Liegende Tandemverbundmaschine der Société anonyme des anciens ateliers de construction van den Kerchhove.
Das Auspuffventil wird mittels zweier Wälzhebel von demselben Exzenter aus derart bethätigt, dass es sich langsam von seinem
Sitz erhebt, danach schnell öffnet; in analoger Weise erfolgt die Abwärtsbewegung des Ventils. Die Vorausströmung, wie auch
die Kompression des im Cylinder wirksam gewesenen Dampfes lassen sich innerhalb gewisser Grenzen von Hand regeln. Der äusserst
empfindliche Regulator ist mit einer Vorrichtung zur Aenderung der normalen Umdrehungszahl der Maschine, auch während des
Ganges derselben, versehen. Mit Ausschaltungder gesamten Belastung ergaben sich nach einer Zeitdauer von 10 Sekunden Geschwindigkeitsänderungen der Maschine von nur
3 % der normalen Geschwindigkeit.
Textabbildung Bd. 315, S. 632
Fig. 34.Liegende Tandemverbundmaschine mit Kondensation der Société anonyme des ateliers Carels Frères.
Die Füllungen im Niederdruckcylinder lassen sich, wie auch die Voreinströmung, Vorausströmung und Kompression des Dampfes
innerhalb gewisser Grenzen von Hand regeln. Fig. 36 gibt den Querschnitt des Niederdruckcylinders durch die Ventile mit zugehörigem Steuerungsmechanismus. Auch hier dient ein
einziges Exzenter zur Steuerung des Einlass- und Auslassventils an jedem Cylinder ende.
Die Abbildungen Fig. 37 zeigen Diagramme, welche an einer ähnlichen Maschine der elektrischen Zentralstation zu Antwerpen abgenommen wurden. Der
Kondensator der in Paris ausgestellten Maschine ist samt zugehöriger doppelt wirkender Luftpumpe unter Maschinenflur aufgestellt;
letztere wird von dem Kurbelzapfen aus mittels Schubstange und Schwinghebel betrieben.
Dujardin und Cie. in Lille lieferten für die elektrische Kraftstation der Ausstellung zwei Maschinen, von denen die grössere – eine liegende
Dreifach – Expansionsmaschine – mit einer Dynamo der Firma Schneider und Co. in Creusot für 1000 Kilo-Watt, die andere – eine liegende Tandemverbundmaschine – mit einer Dynamo der Société Eclairage Electrique für 500 Kilo-Watt direkt gekuppelt ist. Ausserdem haben Dujardin und Cie. noch eine liegende Verbundmaschine von 1200 PS, sowie eine ebensolche Maschine von 300 PS ausgestellt.
Textabbildung Bd. 315, S. 633
Fig. 35.Querschnitt des Hochdruckcylinders der liegenden Tandemverbundmaschine mit Kondensation der Société anonyme des ateliers Carels
Frères.
Textabbildung Bd. 315, S. 633
Fig. 36.Querschnitt des Niederdruckcylinders der liegenden Tandemverbundmaschine mit Kondensation der Société anonyme des ateliers
Carels Frères.
Die in Fig. 38 und 39 ersichtliche Dreifach-Expansionsmaschine hat vier Cylinder, einen Hochdruck-, einen Mitteldruck- und zwei Niederdruckcylinder.
Jeder der letzteren ist an dem Bajonettrahmen der betreffenden Maschinenseite befestigt und durch ein Zwischenstück mit dem
Hochdruck-, bezw. Niederdruckcylinder verbunden. Sämtliche Cylinder ruhen mittels angegossener Füsse auf bearbeiteten Gleitflächen
einer gemeinschaftlichen Grundplatte, die von Temperaturunterschieden herrührende Längsbewegungen der Cylinder gestattet.
Zur Dampfverteilung des Hochdruckcylinders dient eine auslösende Steuerung, System
Dujardin, mit vier Corliss-Schiebern – zwei Einström- und zwei Ausströmschieber – die, wie bei der bekannten Wheelock-Steuerung, im
unteren Teile des Cylinders angeordnet sind.
Ein auf der Schwungradwelle befestigtes kleines Exzenter mit einem Hub von nur wenigen Centimetern bewirkt die Auslösung der
betreffenden Steuerorgane ohne jeglichen Rückdruck auf den Regulator. Jeder Einströmschieber trägt eine Klinke, auf welche
nur ein geringer Druck von kurzer Dauer auszuüben ist, um die Auslösung des Schiebers zu bewirken. Dieses geschieht bei dem
Zusammentreffen der Klinken mit den Anschlägen zweier Stangen, die durch das kleine Exzenter in eine hin und her gehende Bewegung
versetzt werden. Der Berührungspunkt zwischen den Anschlägen und den Klinken liegt in den Schwingachsen der Einströmschieber. Da das kleine Exzenter derart auf der Welle befestigt ist, dass es
dem Arbeitskolben nur um ein Geringes voreilt, kann die Auslösung der Einströmschieber in allen Stellungen derselben bis nahezu
während des ganzen Kolbenhubes erfolgen.
Der Augenblick des Zusammentreffens der Anschläge mit den Klinken ist von der Stellung des Regulators abhängig; dieser regelt
die Bewegungen der Stangen, auf denen die Anschläge sitzen, derart, dass ein früheres oder späteres Zusammen treffen der letzteren
mit den Klinken stattfindet. Zu dem Zwecke wirkt der Regulator auf eine Schraubenspindel mit Links- und Rechtsgewinde, auf
denen Muttern sitzen, die bei einer Drehbewegung der Spindel sich einander nähern oder voneinander entfernen. Jede Mutter
trägt den Drehzapfen eines kleinen, senkrecht angeordneten Schwinghebels, dessen oberes Ende durch Stangen und Hebelverbindungen
mit dem kleinen Exzenter, und dessen unteres Ende mit den die Anschläge tragenden Stangen verbunden ist.
Textabbildung Bd. 315, S. 634
Fig. 37
Je nach Lage de Muttern ändert sich somit die Stellung der Anschläge in Bezug auf die Klinken und damit der Zeitpunkt des
Zusammentreffens dieser beiden Organe bezw. des Auslösens der Einströmschieber.
Hierbei wird zufolge Anordnung der Schraubenspindel mit zugehörigen Muttern jegliche Rückwirkung auf den Regulator vermieden.
Dieser kann verhältnismässig leicht gebaut werden, auch sind besondere Oelbremsen, welche die Empfindlichkeit des Regulators
beeinflussen, nicht erforderlich.
Der Mitteldruckcylinder wird in gleicher Weise gesteuert, nur dass die Füllungen von Hand eingestellt werden. Auch die beiden
Niederdruckcylinder arbeiten mit je vier im unteren Teile derselben angeordneten Corliss-Schiebern, die mittels Gestängeverbindungen
von Exzentern der Schwungradwelle zwangläufig hin und her bewegt werden. Der Füllungsgrad ist hier nicht veränderlich.
Jeder Cylinder ist mit einem Dampfmantel versehen. Die hydraulisch eingepressten, mittels Kupferringe abgedichteten Laufbüchsen
der Cylinder sind aus einem besonders geeigneten Material hergestellt.
Der Kesseldampf tritt nach dem Durchströmen eines in Nähe der Maschineaufgestellten Wasserabscheiders in den Mantel des Hochdruckcylinders, dann in diesen selbst. Vorderer und hinterer Cylinderdeckel
werden ebenfalls mittels Frischdampf geheizt.
Textabbildung Bd. 315, S. 634
Fig. 38.Dreifach-Expansionsmaschine von Dujardin und Cie.
Der Mantel des Mitteldruckcylinders, die zugehörigen Deckel, sowie ferner die Mäntel der beiden Niederdruckcylinder und vorderen Deckel derselben werden mit expandiertem Dampf von etwa 6 kg Spannung geheizt.
Textabbildung Bd. 315, S. 635
Fig. 39.Dreifach-Expansionsmaschine von Dujardin und Cie.
Dasselbe gilt für die Mäntel der zwischen Hochdruck- und Mitteldruckcylinder bezw. diesem und den beiden Niederdruckcylindern
liegenden Zwischenbehälter. Zwischen jeden der letzteren und die entsprechenden Cylinder sind Kompensationsvorrichtungen geschaltet.
Der Abdampf jeder Maschinenseite entweicht in einen unter Maschinenflur aufgestellten Kondensator mit zwei einfach wirkenden
Luftpumpen stehender Anordnung, die mittels eines dreiarmigen Schwinghebels und angreifender Schubstange von dem Kreuzkopf
der betreffenden Maschinenseite aus betrieben werden.
Jeder Kondensator besitzt ausser der gewöhnlichen Einspritzvorrichtung – aus einem regelbaren Konus im oberen Teile desselben
bestehend – noch einen kleinen, leicht zugänglichen Absperrschieber, welcher die augenblickliche Einspritzung von Druckwasser
in den Kondensator gestattet, falls nach Oeffnen der gewöhnlichen Einspritzvorrichtung die Bildung eines genügenden Vakuums
unterbleibt. Um bei einer plötzlichen Erhebung des Wasserspiegels im Kondensator das Auftreten von Wasserschlägen zu verhüten,
sind Sicherheitsventile angeordnet, welche mit einem Schwimmer in Verbindung stehen; dieselben werden selbstthätig geöffnet,
sobald der Wasserspiegel im Kondensator eine festgesetzte Grenze überschreitet. Die durch die Ventile in den Kondensator tretende
Luft vernichtet das Vakuum und verhindert das weitere Ansaugen von Einspritzwasser.
In die Abdampfleitungen der beiden Niederdruckcylinder eingeschaltete Wechselventile
gestatten die Ausströmung des Auspuffdampfes ins Freie.
Die aus Martin-Stahl gefertigten Kurbeln und zugehörigen Zapfen sind, wie auch die Kreuzkopf zapfen, hydraulisch auf- bezw.
eingezogen; der hierbei aufgewendete Druck schwankt zwischen 85 bis 285 t. Mit letzterem Druck sind die Kurbeln auf die ebenfalls
aus Martin-Stahl gefertigten, hohlen Schwungradwellen gepresst.
Die Schmierung der Cylinder geschieht mittels Oelpumpen. Alle übrigen bewegten Teile der Maschine werden durch eine kleine,
unter Flur stehende rotierende Pumpe mit Schmiermaterial versorgt.
Zwischen Hochdruck- und Mitteldruckcylinder befindet sich eine eiserne Plattform, von. der aus der Maschinist die für das
Ingangsetzen der Maschine u.s.w. erforderlichen Arbeitsverrichtungen besorgt.
Nachstehend sind die Hauptabmessungen der Maschine angegeben.
Durchmesser des Hochdruckcylinders
610
mm
„ „ Mitteldruckcylinders
1050
„
„ der beiden Niederdruck- cylinder je
1050
„
Gemeinsamer Kolbenhub
1650
„
Minutliche Umdrehungszahl
72
Mittlere Kolbengeschwindigkeit
3,960
m
Dampfspannung
11
kg/qcm
Gesamtfüllung für die Leistung von 1700 PSi
0,053
Entsprechende Füllung im Hochdruck- cylinder
31 %
Hochdruckcylinder. Durchmesser der Ein- strömschieber
170
mm
Querschnitt der Einströmöffnungen
0,03
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
37
m
Durchmesser der Ausströmschieber
170
mm
Querschnitt der Ausströmöffnungen
0,0340
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
32
m
Durchmesser der Einströmrohre
210
mm
„ „ Ausströmrohre
220
„
Mitteldruckcylinder. Durchmesser der Ein- strömschieber
250
„
Querschnitt der Einströmöffnungen
0,08
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
42
m
Durchmesser der Ausströmschieber
250
mm
Querschnitt der Ausströmöffnungen
0,1050
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
31
m
Durchmesser der Einströmrohre
310
mm
„ „ Ausströmrohre
360
„
Niederdruckcylinder. Durchmesser der Ein- strömschieber
250
„
Querschnitt der Einströmöffnungen
0,075
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
44
m
Durchmesser der Ausströmschieber
250
mm
Querschnitt der Ausströmöffnungen
0,1155
qm
Mittlere Dampfgeschwindigkeit
28
m
Durchmesser der Einströmrohre
310
mm
„ „ Ausströmrohre
360
„
Inhalt des ersten Zwischenbehälters
0,873
cbm
„ „ zweiten „
1,420
„
„ eines Kondensators
2,120
„
Durchmesser der Luftpumpen
550
mm
Kolbenhub
350
„
Durchmesser der Kurbelwelle in den Lagern
400
„
Länge der Kurbelwelle in den Lagern
775
„
Grösster Durchmesser der Kurbelwelle
400
„
Durchmesser der Kurbelzapfen
250
„
Länge der Kurbelzapfen
260
„
Durchmesser der Kreuzkopf zapfen
200
„
Länge der Kreuzkopfzapfen
250
„
„ „ Treibstangen
4125
„
Mittlerer Durchmesser der Treibstangen
215
„
Die in Fig. 40 ersichtlichen Diagramme lassen die Arbeitsweise der Maschine erkennen.
Textabbildung Bd. 315, S. 636
Fig. 40.Dampfspannung 11 kg/qcm. Luftleere 69 cm. Minutl. Umdrehungszahl
72.
Die liegende Tandemverbundmaschine hat Cylinder von 650 bezw. 1100 mm Durchmesser für
1350 mm gemeinsamen Kolbenhub; sie läuft mit 80 minutlichen Umdrehungen und entwickelt bei 9 kg/qcm Admissionsspannung und 0,06 Gesamtfüllung 850 PSi.
Der Hochdruckcylinder ist am Maschinenrahmen befestigt und durch ein Zwischenstück mit dem hinterliegenden Niederdruckcylinder
verbunden. Beide Cylinder stützen sich auf Gleitflächen der Grundplatte, die geringe Längsbewegungen der Cylinder gestattet.
Zur Dampf Verteilung des Hochdruckcylinders mit vierim unteren Teile desselben angeordneten Corliss-Schiebern dient eine auslösende Steuerung, System Dujardin, der vorbesprochenen Bauart.
Der ebenfalls mit vier Corliss-Schiebern arbeitende Niederdruckcylinder hat feste Füllungen.
Die Cylinder sind, wie auch der zwischenliegende Behälter, von Heizmänteln umgeben, die von frischem Kesseldampf bezw. expandiertem
Dampf durchströmt werden.
Textabbildung Bd. 315, S. 636
Fig. 41.Dampfspannung 9 kg/qcm. Luftleere 69 cm. Minutl. Umdrehungszahl
80.
Die stehende, einfach wirkende Luftpumpe des Kondensators hat 700 mm Durchmesser und
350 mm Kolbenhub; sie wird mittels Schwunghebels vom Kreuzkopfzapfen aus betrieben. Die Bauart des Kondensators mit
Hilfseinspritzung und zwei Sicherheitsventilen ist dieselbe, wie sie bei der Dreifach-Expansionsmaschine besprochen wurde.
Ein in die Abdampfleitung des Niederdruckcylinders eingeschaltetes Wechselventil ermöglicht das Arbeiten der Maschine mit
oder ohne Kondensation.
Die hohle Schwungrad welle, die Kurbel, wie auch die Kurbel- und Kreuzkopfzapfen, ferner die Kolbenstangen sind aus Martin-Stahl
hergestellt.
Fig. 41 zeigt an der Maschine abgenommene Diagramme.
Die mit zwei unter 90° versetzten Kurbeln arbeitende liegende Verbundmaschine mit Kondensation hat Cylinder von 750 bezw.
1400 mm Durchmesser für 1650 mm gemeinsamen Kolbenhub; sie läuft mit 62 minutlichen Umdrehungen und leistet bei 6,5 kg/qcm Dampfspannung und 0,077 Gesamtfüllung etwa 1200 PSi. Das zweiteilige Schwungrad hat 7 m Durchmesser und ist am Umfange mit 28 Rillen für
45 bis 48 mm starke Seile versehen; die Umfangsgeschwindigkeit beträgt 22,7 m. Die Verbindung der beiden Schwungradhälften
geschieht an der Nabe durch kräftige Bolzen und zwei ohne Schweissnaht geschmiedete Stahlringe, am Radkranz mittels
Flanschenverschraubung durch je acht Bolzen von 54 mm Durchmesser. Radkranz und Nabe sind durch eine doppelte Reihe von je
10 Armen miteinander verbunden.
Der Ungleichförmigkeitsgrad des Schwungrades ergibt sich zu etwa 1/150.
Die übrigen Einzelteile der Maschine entsprechen denjenigen der vorbesprochenen Tandem Verbundmaschine. Insbesondere wird
die Dampfverteilung des Hochdruckcylinders wieder durch eine auslösende Steuerung, System Dujardin, geregelt. Der Niederdruckcylinder arbeitet mit fester Füllung.
Die ausgestellte liegende Verbundmaschine mit Kondensation von 300 PS unterscheidet sich nur in den Abmessungen der Einzelteile
von der vorgenannten Verbundmaschine von
1200 PS. Der Hochdruckcylinder hat 430 mm, der Niederdruckcylinder 800 mm Durchmesser für 900 mm gemeinsamen Kolbenhub.
Die normale Leistung von 300 PS entwickelt die Maschine mit 84 minutlichen Umdrehungen bei 6,5 kg/qcm Admissionsspannung des Arbeitsdampfes und einer Gesamtfüllung von 0,083.
Das Schwungrad hat 4,5 m Durchmesser und ist mit 10 Rillen für Seile von 45 bis 48 mm Durchmesser versehen.
Der Ungleichförmigkeitsgrad ergibt sich zu etwa 1/180.
(Fortsetzung folgt.)