Titel: | Ein neuer Blattfederregulator. |
Autor: | Wilh. Proell |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 729 |
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Ein neuer Blattfederregulator.
Von Wilh. Proell.
Ein neuer Blattfederregulator.
In dem verflossenen Jahrzehnt ist der Dampfmaschinenbau Wieder einen erfreulichen Schritt in seiner Entwickelung und Vervollkommnung
vorwärts gekommen. Teils sind es die immer steigenden Anforderungen, welche die Elektrotechnik stellt, teils ist es die Konkurrenz,
die bemüht ist, die Dampfökonomie zu erhöhen, den Dampfverbrauch durch theoretische und konstruktive Verbesserungen an den
Maschinen herabzusetzen. Den deutlichsten Beweis dürfte man hierfür in dem Zweiggebiet: dem Regulatorbau finden, denn ein
jeder Spezialist in diesem Fach wird bemerkt haben, wie besonders hier die Anforderungen von Jahr zu Jahr gestiegen sind.
Heutzutage, wo die Steuerungen der Dampfmaschinen aufs sorgfältigste ausgearbeitet werden, wo Rückdruck der Steuerung auf
den Regler und Oelbremse vermieden wird, ist man endlich dahin gelangt, die Empfindlichkeit der Regulatoren mit Vorteil zu
verwenden, und man kann jetzt ohne grosse Schwierigkeiten selbst den hohen Anforderungen, welche die Elektrotechnik an die
Feinheit der Regulierung stellt, nachkommen.
Je empfindlicher bekanntlich ein Regulator ist, um so genauer wird er die Steuerung, eine gute vorausgesetzt, den jeweiligen
Belastungsschwankungen der Maschine entsprechend einstellen, und um so geringer der Dampfverbrauch, den sonst bei schlechter
Regulierung die unnötigen Massenbeschleunigungen verursachen.
Im folgenden wollen wir daher kurz auf die wesentlichsten Grundbedingungen eingehen, die bei der Konstruktion eines möglichst
empfindlichen Regulators beachtet werden müssen, und wollen an der Hand eines Beispiels zusehen, wie man diese Prinzipien
praktisch verwerten kann.
Es dürfte nun zu weit führen, alle oben erwähnten Grundbedingungen mit allen Einzelheiten anzuführen, weshalb wir hier nur
die drei hauptsächlichsten hervorheben wollen:
1. Die Reduzierung der bewegten Massen des Regulators auf ein Minimum.
2. Die Beseitigung des Einflusses der Schwerkraft auf die bewegten Massen.
3. Die grösstmöglichste Vermeidung von Zapfenreibung durch entsprechende Entlastung der Gelenkbolzen.
Als eins der lehrreichsten Beispiele kann uns hier der allbekannte Proell'sche Federregulator (Fig. 1) dienen, der seit anderthalb Jahrzehnten in der Mehrzahl der Fälle anderen Systemen gegenüber den Vorrang behauptet haben
dürfte und in vielen tausend Exemplaren in der Praxis zu finden ist. Die gesteigerten Anforderungen der Neuzeit an die Empfindlichkeit
desselben haben zu einer Modernisierung, nämlich dem
„Neuen Proell-Regulator“ (Fig. 2) geführt, der die oben angeführten drei Bedingungen vor allem erfüllt. Die Verwendung einer Feder- statt einer Hülsenbelastung
hat, wie in früheren Zeitschriften oft genug erwähnt, zur Folge, dass die Masse eines Federregulators 11- bis 12mal so klein
wird, als die eines Gewichtsregulators von gleicher Verstellkraft.
Der Kugelausschlag erfolgt wie früher mittels einer sicheren Führung der Schwungmassen in einer zur Spindel vertikalen Ebene,
ist mithin unabhängig von der Schwerkraft. Die hauptsächlichste Neuerung besteht nun darin, dass die Gelenkbolzen fast ganz
entlastet wurden. Dies ist durch den Wegfall der Winkelhebel L (Fig. 1), welche die starken Drücke der Feder F durch die hochbelasteten Zapfen Z nach dem Gelenk c leiteten, erzielt worden, anderen Stelle jetzt die in Fig. 2 fast horizontal stehenden Zugglieder getreten sind, die ein direktes Spiel zwischen Zentrifugal- und Federkraft vermitteln.
Der Gelenkbolzen bei Z trägt nunmehr nur noch das unbedeutende Eigengewicht der Regulatorkonstruktion. Die bei den Proell'schen Regulatoren von jeher benutzte indirekte Kugelaufhängung gibt grosse Energie bei geringstem Gewicht und Volumen und
eine absolut zwangläufige sichere Führung der Schwungmassen. Auf letzteren Umstand sei hier noch besonders hingewiesen, da
es eine Reihe von Systemen gibt, bei denen die Schwungmassen völlig frei und ohne jede Führung direkt auf die Federn einwirken,
wodurch Klemmungen oder gar störende Schwingungen auftreten müssen.
Textabbildung Bd. 315, S. 729
Fig. 1.
Der „Neue Proell-Regulator“ bietet ferner einen interessanten Fall, wo schneckenförmig gewundene Blattfedern, die bisher im Maschinenbau so gut wie unbekannt
mit Vorteil verwendet werden. Eingehende Untersuchungen haben ergeben, dass auch bei dieser Federform, saubere Ausführung
vorausgesetzt, Proportionalität zwischen Belastung und Durchbiegung erzielt werden kann. Der geradlinig, parallel der Spindel laufende sichtbare Teil der Feder biegt nur sehr wenig durch; zur Wirkung gelangt fast nur der am oberen
Drehpunkt der Hängearme befestigte spiralförmig gewundene Teil. Die Beanspruchung des Materials ist bei dieser Federform weitaus
günstiger, als bei der sonst üblichen cylindrischen Spiral- oder Wurstfeder, bei welcher ausser Biegung noch Torsion zu berücksichtigen
ist. Ein Nachlassen der Federkraft konnte, da die Sache noch zu neu ist, naturgemäss noch nicht konstatiert werdenEs sei hier noch erwähnt, dass diese eigentümlichen Federn sehr sauber und exakt von der Sächsischen Gussstahlfabrik Döhlen bei Dresden als Massenartikel hergestellt werden.. Es ist dies auch gar nicht zu befürchten, da die Erfahrung gezeigt hat, dass bei den viel ungünstiger beanspruchten Wurstfedern
der älteren Proell'schen Regulatoren Veränderungen selbst nach einem Jahrzehnt und mehr nicht beobachtet werden konnten. Die Verwendung dieser
eigentümlichen Federart hat es mit sich gebracht, für dieselbe eine besondere Spann- und Justiervorrichtung, die ebenfalls
patentamtlich geschützt wurde, zu ersinnen.
Textabbildung Bd. 315, S. 730
Fig. 2.
Fig. 2 lässt die Ansicht derselben erkennen. Der gleichzeitig als Träger der Hängearme dienende Bolzen ist mit dem inneren Ende
der Spiralfeder in starrer Verbindung und trägt aussen ein Vierkant zum Spannen. In geringer Entfernung vor dem Gusseisenkörper
sitzt auf dem Bolzen aufgeschraubt, eine gegen Drehung durch eine kleine Stiftschraube gesicherte, als runde Scheibe ausgebildete
Mutter mit der in der Figur davorsitzenden Gegenmutter. Solange diese beiden Muttern noch nicht festgezogen sind, ist es möglich,
der Feder jede gewünschte Spannung zu geben. Ist letzteres geschehen, so wird die starre Verbindung zwischen Bolzen und Gusseisenkörper
durch das Verspannen der beiden Muttern herbeigeführt. In der Praxis hat sich diese Vorrichtung als überaus bequemfür die Montage erwiesen und gestattet eine Justierung des äusseren Federendes bis auf Bruchteile von Millimetern. Sollte
der Fall eintreten, dass die Feder durch das Härten sich etwas verzogen hat, so ist dies ohne Belang, da das untere Ende derselben
mit den kleinen Zuggliedern durch ein Universalgelenk in Verbindung steht.
Es bedarf wohl keiner längeren Auseinandersetzung, dass der Regulator, da der Einfluss der Schwerkraft auf die Schwungmassen
eliminiert, um jede beliebige Achsenlage im Raume rotieren kann, was ihm die Verwendung z.B. bei Schiffsmaschinen sichert.
Was die eingangs erwähnte Empfindlichkeit anbetrifft, so haben genaue Messungen ergeben, dass das vorliegende System 8- bis
10mal so empfindlich ist, als das frühere, und der durch unvermeidliche Reibungen resultierende Unempfindlichkeitsgrad
εr nur 0,815 % beträgt, ein Ergebnis, das von anderen Systemen nicht gleich erreicht werden dürfteDas Eisenwerk Lauchhammer, welches die Massenfabrikation übernommen hat, garantiert bei seiner 30jährigen Spezialität im Regulatorbau für tadellose
Ausführung und liefert die Apparate auf Wunsch mit Tourenverstellvorrichtung auch während des Ganges..
Bevor wir auf die Theorie des „Neuen Proell-Regulators“ näher eingehen, wollen wir erst eine kurze Vorbetrachtung anstellen, deren Resultat wir später verwenden.
Wenn man bei der Berechnung des Regulators das theoretische Kugelgewicht allein berücksichtigen wollte, so wird man die Erfahrung
machen, dass die danach berechneten Federn zu schwach sein werden. Es ist auch ohne weiteres einleuchtend, dass die Zentrifugalkraft
der Konstruktionsteile, wie z.B. Kugelträger, Hängearme, Bolzen u.s.w. mehrere Prozent von derjenigen ausmacht, welche die
Kugeln entwickeln. Zur Ermittelung dieses Einflusses, den wir mit e bezeichnen wollen, ist in der Praxis folgender Versuch angestellt worden:
Bei einem Regulator des vorliegenden Systems, dessen Abmessungen, Kugelgewichte, Federdrücke u.s.w. genau bekannt waren, wurde
die mittlere Tourenzahl beobachtet. Bezeichnet nun
G das Gewicht beider Kugeln,
xm die Entfernung des Kugelmittelpunktes von der Spindel bei mittlerem Regulatorausschlag,
Cm die gesamte mittlere, im Kugelmittelpunkt angreifend gedachte Zentrifugalkraft (durch graphische Konstanten aus dem mittleren
Federdruck Fm sofort abzuleiten), so ist das Kugelgewicht durch die bekannte Beziehung
G_s=\left(\frac{30}{\pi\,n}\right)^2\,\frac{C_m}{x_m}\,.\,g 1)
leicht zu ermitteln. Es ist naturgemäss grösser als G, und ergibt somit diese Differenz in Prozenten von
G ausgedrückt, den gesuchten Einfluss e.
Um Cm aus dem uns bekannten Federdruck Fm herzuleiten, bedienen wir uns der Fig. 3 und führen für die späteren Entwickelungen gleich noch folgende Bezeichnungen ein:
G' sei das Gesamtgewicht aller bei einem Ausschlag in Bewegung befindlichen Regulatorteile.
G'' = G' vermindert um das Eigengewicht der vier Hängearme.
C' die von C im Gelenk II erzeugte horizontal gerichtete Zentrifugalkraft (III als Drehpunkt gedacht).
Z1 bezw. Z2
Z3 Zapfendrücke in den Gelenken I, II und III.
\frakfamily{P} Momentanpol = augenblicklicher Drehpunkt für die Bewegung der Stange III, II, M.
W nutzbare Verstellkraft an der Hülse.
E Energie des Regulators, d.h. diejenige Kraft, die an der Hülse angreifend gedacht, das Eigengewicht Q' derselben und die Federwirkung ersetzen würde.
R Reibungsbetrag, d.h. diejenige Kraft, die an der Hülse angreifend gedacht, durch einen unendlich kleinen Zuwachs auf R +Δ R im stände wäre, den bei einer beliebigen aber konstanten Tourenzahl rotierenden Regulator aus seiner augenblicklichen Ausschlagsstellung
herauszubringen.
εr der durch die Eigenreibung im Mechanismus hervorgerufene Unempfindlichkeitsgrad.
εw der durch die Erzeugung nützlicher Verstellkraft hervorgerufene Unempfindlichkeitsgrad.
ε der gesamte resultierende = εr
+ εw.
d Bolzendurchmesser der Gelenkverbindungen d1 mit genügender Annäherung = d2 = d3. (μ Zapfenreibungskoeffizient.)
a, b, x, h1, h2, α ≌ β, γ geometrische Grössen. Wie in der Figur angedeutet, besteht C aus zwei Teilen und zwar aus dem von Q herrührenden C'q = Q' tg γ und demjenigen, welcher der Federkraft F das Gleichgewicht hält, so dass:
C = Cf + C'q ist . . . . . . 2)
Textabbildung Bd. 315, S. 731
Fig. 3.
Da die Federkraft F während des ganzen Ausschlages nahezu senkrecht zum Hängearm I, II wirkt, mithin unter
β ≌ α zur Horizontalen geneigt ist, so ergibt sich, wenn III als Momentenpunkt
genommen:
C_f=\frac{F}{\frac{a+b}{b}}\,.\,\frac{1}{cos\,\beta} . . . . . . 3)
Die der Zeichnung entnommenen geometrischen Grossen ergibt folgende Tabelle:
Stellung
1
Mitte
3
tg
γ\frac{a+b}{b}\frac{1}{cos\,\beta}x
0,4281,4441,0000,210
0,6501,5301,0050,255
0,9301,5701,0200,299
Bekannt waren die Grössen: Q' = 7 kg, G = 22,6 kg, Fm
= 272 kg und n = 160 Touren pro Minute.
Nach Gleichung 3) ist dann:
C_{f\,m}=\frac{272\,.\,1,005}{1,53}=178,66\mbox{ kg}
und nach Gleichung 2):
Cm = Cfm + C'qm = 178,66 + 4,55 = 183,22 kg.
Das der Wirklichkeit entsprechende, theoretische Kugelgewicht berechnet sich somit nach Gleichung 1) zu:
G_s=\left(\frac{30}{\pi\,.\,160}\right)^2\,.\,\frac{183,22\,.\,9,81}{0,255}=25,1\mbox{ kg}
mithin im Vergleich zu G um e ≌ 10 % grösser.
Wir sehen hieraus, dass der Beitrag, den die Konstruktionsteile des Regulators zur gesamten Zentrifugalkraft liefern, so bedeutend
ist, dass er nicht vernachlässigt werden darf.
An dieser Stelle wollen wir noch kurz eine Bemerkung anknüpfen, die sich auf den dynamischen Ausgleich der Gestängemassen
bei dem allbekannten Proell'schen Federregulator bezieht, gleichzeitig als Beispiel, mit welch ausserordentlicher Feinheit bereits das frühere System
durchkonstruiert worden war. Wenn vorhin hervorgehoben war, die Führung der Kugeln in einer Vertikalebene zur Spindel eliminiere
den Einfluss der Schwerkraft, so könnte man behaupten, dass dies nur teilweise zutrifft, da zur Aufwärtsbewegung z.B. der
Kugelträger beim Ausschlag Arbeit erforderlich ist. Unterzieht man sich aber der kleinen Mühe, an der Hand einer Zeichnung
die Kurve des theoretischen Schwerpunktes der gesamten Konstruktion auf graphischem Wege zu ermitteln, so wird man finden,
dass dieselbe eine genaue Senkrechte zur Spindel bildet und ein vollkommener dynamischer Massenausgleich stattfindet. Die
zum Heben beispielsweise der Kugelträger erforderliche Arbeit wird zum Teil durch Senken der Kugel um wenige Millimeter während
des Ausschlages gewonnen.
Ein ähnlicher Massenausgleich liegt naturgemäss auch der Konstruktion des „Neuen Proell-Regulators“ zu Grunde.
An diese Betrachtung schliesst sich noch eine zweite ebenso wichtige, die wenigstens in der Fachlitteratur bis jetzt so gut
wie keine Beachtung gefunden hat. In der Praxis kann man sich ohne weiteres davon überzeugen, dass Federn, die unter Berücksichtigung
des soeben erörterten Einflusses e berechnet wurden, dennoch nicht die richtigen sind.
Es hängt dies offenbar von dem Umstände ab, dass der geometrische Schwerpunkt der Kugeln, der unseren Betrachtungen zu Grunde
liegt, mit dem eigentlichen Schwerpunkte der gesamten Regulatorkonstruktion, mit dem wir rechnen müssten, absolut nicht zusammenfällt.
Letzterer liegt natürlich der Spindel bedeutend näher und ändert während des Ausschlags seine relative Lage zum Gestänge,
da dieses selbst seine Gestalt dabei ändert.
Da es nun zu unbequem wäre, bei den häufigen Federberechnungen mit dem theoretischen Schwerpunkte der Konstruktion zu operieren,
hat die Praxis einen Weg gezeigt, um durch Berücksichtigung eines einzigen, wir nennen ihn
„Erfahrungskoeffizienten“, zu richtigen Resultaten zu gelangen.
Bei einem Regulator, dessen Federdrücke, Abmessungen u.s.w. genau bekannt sein müssen, beobachtet man die Tourenzahl der drei
Ausschlagsstellungen: 1, Mitte und 3. Ermittelt man nun die diesen Tourenzahlen entsprechenden Zentrifugalkräfte, und setzt
diese ins Verhältnis zu denjenigen, die man durch die theoretische Ableitung zuvor erhalten, so ergeben sich für die oberste
und unterste Stellung zwei nahezu
gleiche Werte für einen Erfahrungskoeffizienten ρ. Zur Ermittelung desselben wird man daher wie folgt vorgehen.
Bei dem vorigen Versuchsregulator beobachtete man
n1 =
158,4nm = 160n3 = 161
Touren pro Minute.
Diesen Werten entsprächen nach Gleichung 1) die Zentrifugalkräfte:
C1 =
158,39
kg
Cm =
183,22
„
C3 =
208,10
„
Geht man nun von der mittleren Zentrifugalkraft Cm aus und berechnet die der obersten und untersten Hülsenstellung entsprechenden theoretischen Zentrifugalkräfte unter Zugrundelegung
obigen totalen Ungleichförmigkeitsgrades von δ = 2 %, so erhält man:
C_1=\frac{C_m\,.\,x_1}{x_m}\,\left(\frac{2}{\delta}\right)^2=\frac{183,22\,.\,0,21\,.\,0,98}{0,255}=147,87\mbox{ kg}
C_3=\frac{C_m\,.\,x_3}{x_m}\,\left(\frac{2}{\delta}\right)^2=\frac{183,22\,.\,0,299\,.\,1,02}{0,255}=289\mbox{ kg}
Beide Werte weichen von den obigen ab und zwar um 7,2 % bezw. 10 %, so dass wir als Mittelwert ρ = 1,086 nehmen, welcher für genügende Uebereinstimmung mit der Praxis erfahrungsgemäss Gewähr leistet.
Die Einführung eines derartigen Erfahrungskoeffizienten sowie jener oben abgeleiteten Grösse e (Einfluss der Zentrifugalkräfte der Konstruktionsteile) dürfte die einfachste Methode sein, um praktisch verwertbare Resultate
schnell und sicher zu erzielen.
Die letzte und wichtigste Betrachtung wollen wir anstellen zur Ermittelung des Reibungsbetrages R und des daraus resultierenden Unempfindlichkeitsgrades εr.
Zu diesem Zwecke ist es erforderlich, zunächst die Zapfendrücke in den drei Gelenken
I, II und III zu bestimmen.
Der Zapfen I nimmt ausser dem Eigengewicht G' der ganzen Konstruktion noch eine Komponente von C' auf, so dass man mit genügender Annäherung, da α ≌ β sehr klein sind, setzen kann:
Z1 =
G' + C' . sin α, oder auch
Z
1
= G' + F . tg α.
Fig. 3 zeigt ferner, dass Z2 die Resultierende von C' und dem früher definierten Gewicht G'' sein muss, demnach ist:
Z_2=\sqrt{(C'')^2+(G'')^2}.
Der Zapfendruck Z3 ist ebenfalls eine Resultierende und zwar aus Q' und C''. Wählt man II als Momenten- punkt, so besteht die Gleichgewichtsbedingung C . a = C'' . b oder C'''=C\,\frac{a}{b}, so dass sich ergibt:
Z_3=\sqrt{(Q')^2+\left(C\,\frac{a}{b}\right)^2}.
Da die Ableitung der Formel für den Reibungskoeffizienten R bereits früher in der Litteratur zur Genüge behandelt worden istZeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. 30 S. 777., begnügen wir uns mit der Angabe des Resultates:
R=\left[\frac{Z_1+Z_2}{h_1}+\frac{Z_2+Z_3}{h_2}\right]\,.\,\mu\,\frac{d}{2}.
Als Zahlenbeispiel sei vorgelegt:
G' = 40 kg,
Fm =
272 kg, a = 99 mm.
G'' = 37 kg,
Cm
= 183,22 kg, b =
187 mm.
h1 = 232 mm,
h2 = 186 mm,
tg α = 0,087, d
= 15 mm.
μ nach früheren Erfahrungen = 0,086,
W = 10 kg.
Dann sind die Zapfendrücke:
Z1 =
40 + 23,7 = 63,7 kg.
Z_2=\sqrt{78400+1369}=\sqrt{79769}=282,5\mbox{ kg}
Z_3=\sqrt{49+9350}=\sqrt{9399}=96,95\mbox{ kg.}
Hieraus ergibt sich:
R=\left[\frac{346,2}{232}+\frac{379,45}{186}\right]\,.\,0,086\,.\,15=2,28\mbox{ kg}
Aus Fig. 3 sowie aus oben gegebener Definition folgt:
E=\frac{C}{tg\,\gamma}=281 kg im Mittel.
Da uns nun R und E bekannt sind und der Regulator bei 2 % Tourenänderung eine Verstellkraft von W = 10 kg zu leisten im stände sein soll, so folgt für den durch die Reibung im Mechanismus hervorgerufenen Unempfindlichkeitsgrad:
\epsilon_r=\frac{R}{E}=\frac{2,28}{281}=0,815 %,
für den durch W verursachten Unempfindlichkeitsgrad:
\epsilon_w=\frac{W}{E}=\frac{10}{281}=3,57 %.
Die Addition beider gibt den gesamten Unempfindlichkeitsgrad von:
ε = 4,385 %.
Der überraschend kleine Betrag von er zeigt uns den Vorteil des vorliegenden Systems gegenüber dem früheren und den meisten jetzt noch üblichen Systemen, wo er
fast immer mit 2 bis 3 % zu veranschlagen ist. Dies ist einer der wesentlichsten Punkte, den der Dampfmaschinenbauer bei der
Regulatorwahl zu beachten hat. Durch einen möglichst billigen und wenig empfindlichen Regulator kann man niemals die zu Anfang
dieses Artikels besprochene Feinheit der Regulierung und deren Vorteile erzielen. Ist nun noch gefordert, dass z.B. der obige
Wert des totalen Ungleichförmigkeitsgrades ε = 4,38 % nicht überschritten werden darf, so bleibt nichts anderes übrig, da εr oft 2 % hiervon bereits ausmacht, als einen kräftigeren, mithin teureren Regulator, der mit grösserer Energie versehen, zu
nehmen, welcher die gleiche Verstellkraft bei entsprechend kleinerem εw entwickelt.