Titel: | Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke. |
Autor: | Willibald Trinks |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 773 |
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Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke.
Von Willibald Trinks,
Philadelphia, Pa., U. S. A.
Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke.
Die Regulierung der Dampfmaschinen bildet einen Abschnitt im Maschinenbau, dessen Entwicklung von hervorragendem Scharfsinn
und Erfindungsgeist Zeugnis ablegt. An Stelle des ursprünglich allein herrschenden einfachen Pendelregulators mit Einwirkung
auf ein Drosselventil sind eine Unzahl der verschiedenartigsten Gewichtsund Federregulatoren, Regulierapparate, Vierpendel-
und Doppelpendelregulatoren mit Einwirkung auf Drosselung oder Füllungsveränderung getreten, so dass heute eine verwirrende
Menge der verschiedenartigsten Konstruktionen vorhanden ist. Die Theorie der Regulatoren an sich mit allen Einzelheiten ist
klargelegt und durch Versuche bestätigt worden, so dass man heute die Auswahl hat zwischen verschiedenen rechnerischen, zeichnerischen
und kinematischen Methoden. Diesen Errungenschaften der Spezialisten steht der ausübende Dampfmaschineningenieur, auch wenn
er die Regulatorentheorie kennt, verhältnismässig hilflos gegenüber. Denn während einerseits jeder Regulatorprospekt den darin
beschriebenen Regulator als den besten und einzig anwendungswerten anpreist, zeigen andererseits Messungen im Betriebe, dass
die angegebenen oder gerechneten Ungleichförmigkeits- und Unempfindlichkeitsgrade mit den wirklich auftretenden Schwankungen
der Umdrehungszahl häufig nicht übereinstimmen, und dass Abweichungen in der Umdrehungszahl auftreten, von denen in der Theorie
nichts zu finden ist.
Die folgenden Erörterungen sollen daher, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu machen, dazu dienen, die richtige Wahl eines
Regulators für bestimmte Gruppen von Maschinen mit Rücksicht auf deren verschiedenartige Betriebsbedingungen und die Wechselwirkung
zwischen Regulator und Steuerung zu erleichtern. Ferner sollen dieselben zeigen, wie weit die gute Regulierung vom Regulator
an sich, und wie weit sie von anderen Umständen abhängt, und endlich, wie weit man zu rechnen in der Lage ist, und wo die
Rechnung aufhört.
Eine der grössten Maschinengruppen, diejenige der Transmissionsdampfmaschinen, weist infolge der verschiedenartigen Zwecke
der angetriebenen Maschinen entsprechend grosse Unterschiede in den Anforderungen auf, welche an die Regulierung gestellt
werden. Während an eine 1- bis 2pferdige Dampfmaschine zum Betriebe etwa eines Sandmischers Anforderungen in Bezug auf Gleichmässigkeit
des Ganges oder auf Dampfersparnis nur in ganz geringem Masse gestellt werden, findet man dieselben Anforderungen bei den
grossen Maschinen, beispielsweise für Spinnereibetrieb, so weit in die Höhe getrieben, dass es schwierig ist, denselben gerecht
zu werden. Daher benutzt man in dem einen Falle einen möglichst einfachen und billigen Regulator mit Einwirkung auf ein Drosselventil,
im anderen Falle dagegen einen komplizierten Gewichts- oder Federregulator mit Einwirkung auf die Grösse der Dampffüllung.
Die Unterschiede zwischen Drosselregulierung und Füllungsregulierung lassen sich am besten aus Dampfdiagrammen (Fig. 1) erkennen. Der Linienzug CBAED stellt das Diagramm für die grösste Arbeit dar, und zwar sowohl für eine mit Drosselregulierung als auch für einemit Füllungsregulierung arbeitende Maschine. Mit dieser grössten Arbeitsleistung arbeiten beide Maschinen gleich unvorteilhaft,
denn in beiden wird die Arbeit ABCDE mit einem Cylinderinhalte voll Dampf von der hohen Endspannung p1 geleistet. Sobald aber die Belastung geringer wird und sich der normalen Arbeitsleistung nähert, tritt der erhebliche Vorteil
der Regulierung durch Veränderung der Füllung hervor, denn mit der gleichen Spannung p am Ende des Hubes liefert die Drosselregulierung, bei welcher die Füllung unverändert bleibt, nur die Arbeit EFHDE, während bei Füllungsregulierung die Arbeit EGCDE geleistet wird, was einen bedeutenden Unterschied ergibt. Der Unterschied besteht in dieser Grösse thatsächlich bei grossen
Maschinen mit geheizten Cylindern, während er für kleinere Maschinen mehr und mehr verschwindet. Der Grund dafür liegt in
dem Temperaturgefälle. Kleine Maschinen besitzen im Verhältnis zum Cylinderinhalte sehr grosse abkühlende Flächen, so dass
bei einem Diagramm von der Form EGCD einer kleinen Maschine mehr Dampf allein durch Flächenkondensation verschluckt würde, als zur Erzeugung der Arbeit verbraucht
wird. Dagegen vermindert die Dampfdrosselung erstens das Temperaturgefälle durch Verminderung der Spannungsunterschiede, und
zweitens überhitzt sie den durchströmenden Dampf, so dass der Kondensationsverlust verschwindend gering wird. Es ist daher
vollständig zwecklos, bei einer kleinen Maschine Regulierung durch Veränderung der Füllung anzuwenden (falls nicht wie bei
einigen durch Achsenregulator bethätigten einfachen Schiebern gleichzeitig eine starke Drosselung für kleine Arbeitsleistungen
ausgeübt wird), weil dieselbe eine unnötige Komplizierung ohne irgend welchen Gewinn bedeutet. Selbst bis hinauf zu Maschinengrössen
von 20 PS und weiter (je nach Umdrehungszahl) sind die Unterschiede infolge des Einflusses des Temperaturgefälles noch so
klein, dass in der Mehrzahl der Fälle Drosselregulierung vorzuziehen ist. Für grössere Betriebsmaschinen ist dieselbe nur
als Notfallsausklinkvorrichtung zu gebrauchen, sonst aber ist immer die Füllung zu verändern.
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Fig. 1.
Die zweite wichtige Frage in der Regulierung betrifft die Gleichmässigkeit des Ganges. Wie schon angedeutet, wechselt die
erforderliche Gleichförmigkeit mit dem Zwecke der Antriebsmaschinen. Die weitaus grösste Mehrzahl von Betriebsmaschinen treibt
Arbeitsmaschinen, deren Gang erhebliche Aenderungen der Umdrehungszahl ohne Schädigung des Fabrikationsganges zulässt. Ob
die Tourenzahl von Maschinen wie Drehbänke, Hobelmaschinen, Kohlenverlader, Seifenrührwerke, Schokolademühlen u.a.m. zwischen
10 % über der normalen und ebensoviel unter der normalen pendelt, oder ob Schwankungen von nur 4 % stattfinden, ist ganz gleichgültig.
Aus diesem Grunde sind die Erbauer von Transmissionsdampfmaschinen, welche nur für Arbeitsmaschinen der erwähnten Art verwandt
werden, in der angenehmen Lage, jeden beliebigen Geschwindigkeitsregulator anwenden zu können, wobei jede Gefahr einer verkehrten
Wahl ausgeschlossen ist. Der einfache Watt-Regulator und der empfindlichste Federregulator sind in diesem Falle gleich gut
und der billigste Regulator ist der beste. Es ist in diesem Falle empfehlenswert, sich aus den Prospekten verschiedener Regulatorfirmen
die Preise als Funktion des Arbeitsvermögens aufzutragen. Das Ergebnis liefert überraschende Unterschiede. Eine Veröffentlichung
derselben an dieser Stelle muss aber aus erklärlichen Gründen unterbleiben.
Weit grössere Schwankungen der Umdrehungszahl, als sie durch den Regulator bedingt sind, treten infolge zu leichter Schwungräder
auf. Da jeder Regulator nur alle halben Umdrehungen wirkt, so kommt es bei plötzlichen Aenderungen der Belastung häufig vor,
dass fast die ganze Arbeitsmenge eines Hubes zur Verzögerung oder Beschleunigung der Maschine dient. Die hierdurch hervorgerufene
Aenderung der Maschinengeschwindigkeit, welche bei zu leichtem Schwungrad 25 % übersteigen kann, hat ein heftiges Springen
und Schlagen des Regulators zur Folge. Um dem abzuhelfen, wird gewöhnlich der Regulator mit einer Oelbremse versehen, oder,
falls er schon mit einer solchen ausgerüstet ist, dieselbe durch Verengen des Durchflussquerschnittes wirksamer gemacht. Das
Stossen des Regulators hört dann auf, aber die Aenderungen der Maschinengeschwindigkeit werden noch grösser als sie vorher
waren, weil man dem Regulator die Möglichkeit einer schnellen Einwirkung genommen hat. Wenn der Regulator mittels Riemen angetrieben
ist, so lässt es sich meistens gut derart ausführen, weil der Riemen sich erstens dehnt und streckt wie ein Gummiband, und
zweitens bei gar zu heftiger Aenderung der Winkelgeschwindigkeit auf den Scheiben gleitet. Es liegen aber Fälle genug vor,
wo unter solchen Verhältnissen der Riemen überanstrengt wurde und riss. Unglücksfälle sind dann kaum zu vermeiden, wenn nicht
Sicherheitsvorrichtungen vorhanden sind. (Solche Vorrichtungen sind in den Vereinigten Staaten von Nordamerika allgemein,
weil dort die weitaus grösste Mehrzahl der Regulatoren durch Riemen angetrieben wird. Das einfachste Mittel besteht in der
Anwendung zweier nebeneinander laufender Riemen und rechtzeitiger Erneuerung, sobald als einer von beiden reisst. Weiter kann
die Spannung des Riemens dazu benutzt werden, eine Drosselklappe D offen zu halten (Fig. 2 und 3). Sobald der Riemen reisst, fallen Gewichte G1 und G2 nieder und schliessen die Klappe D. Endlich lässt sich bei Corliss-Steuerungen die Ausklinkung derartig ausbilden, dass der Dampf abgesperrt wird, wenn der Regulator
tiefer sinkt, als grösster Füllung entspricht (Fig. 4 und 5). Dann tritt anstatt des Knaggens K1 für normale Ausklinkung der Knaggen K2 in Wirkung. Um das Wiederanlassen der Maschine zu ermöglichen, wird beim Anhalten derselben die herzförmige Scheibe S herumgedreht, so dass der Regulatornicht tiefer sinken kann, als der grössten Füllung entspricht, weil er mittels des Zapfens Z auf der Scheibe S ruht.) Ist dagegen der Antrieb des Regulators zwangläufig, dann hängt das Weitere von der Grösse desselben und der Stärke
der Antriebszähne ab. Bei kleinem Regulator und kräftigem Antrieb ist nichts zu befürchten. Bei schwerem Regulator und besonders
bei hoher Umlaufszahl desselben brechen aber unweigerlich die Zähne der Uebertragung oder, falls die Zähne kräftig genug sind,
die Arme des Regulators.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5.
Das sind die Folgen zu leichter Schwungräder. Thatsachen lehren, dass dieselben keineswegs übertrieben sind. Leider wird in
solchen Fällen fast immer am Regulator umhergedoktort, während der richtige Weg, die Schwungmasse zu vermehren, nur selten
beschritten wird.
Regulierung von Dampfmaschinen für Dynamobetrieb.
Der ideale Zustand, bei dem ungefähr jeder Regulator ohne weiteres für alle Maschinenarten gleich gut anwendbar ist, hört
auf, wenn eine empfindliche Regulierung und eine grosse Gleichmässigkeit verlangt wird. Die höchste Gleichförmigkeit erfordern
gegenwärtig die Dynamomaschinen, wie folgende Zahlen beweisen: Die Spannung einer Nebenschlussmaschine ist, falls nicht ein
automatischer Spannungsregler vorhanden ist, proportional der Umdrehungszahl und die Leuchtkraft einer Glühlampe ist proportional
der fünften bis sechsten Potenz der Spannung. Also ist auch die Leuchtkraft der Glühlampe proportional der fünften bis sechsten
Potenz der Umdrehungszahl. Besitzt z.B. eine Glühlampe bei 100 Maschinenumdrehungen in der Minute 16 Kerzen Leuchtkraft, so
steigt dieselbe bei 105 Umdrehungen auf rund 21 Kerzen. Sogar bei einer so gleichmässigen Regulierung, wie sie eine Gesamtungleichförmigkeit
von 4 % darstellt, schwankt die Leuchtkraft noch zwischen
14½ und 18 Kerzen. Hieraus geht genügend hervor, dass keine andere Maschinengruppe höhere Anforderungen an gleichmässige
und empfindliche Regulierung stellt als die elektrischen Maschinen, und dass die Mittel und Wege zur Erfüllung dieser Anforderungen
ohne weiteres auf alle anderen Maschinengruppen, welche vorzüglich gleichmässigen Lauf erfordern, anwendbar sind.
Um zu zeigen, wie weit man sich zur Erzielung der besten Regulierung der Rechnung bedienen kann, und wo dieselbe aufhört,
wird es notwendig, an dieser Stelle die wichtigsten Sätze der Regulatorentheorie zusammenzustellen, und zwar ohne nähere Begründung
(welche aus anderen Veröffentlichungen oder Lehrbüchern zu entnehmen ist).
Bei einem beliebigen Regulator (Fig. 6) ist eine horizontal wirkende Kraft Cq notwendig, um das halbe Muffengewicht Q, und eine Kraft Cg, um das Gewicht der Schwungmasse G im Gleichgewicht zu halten. Die Kräfte Cg und Cq können aus dem Regulatorgetriebe durch Rechnung oder Zeichnung (Momentengleichung, Kräftedreiecke, virtuelle Arbeiten, kinematisch
durch Momentanpol) bestimmt werden und sind von der Lage der Regulatorspindel unabhängig. Q kann für verschiedene Höhenlagen der Muffe wechselnde Werte annehmen, welcher Fall bei Federregulatoren eintritt. Trägt man
die Kräfte Cg und Cq unter dem jedesmaligen Schwerpunkte des Schwunggewichtes auf, so entstehen zwei Kurven, die Cg- und die Cq-Kurven. Die Tangente des Winkels α (Fig. 7) zwischen der Abscissenachse und der Verbindungslinie des Nullpunktes O mit einem beliebigen Punkte der durch Addition Cq + Cg erhaltenen Kurve ist proportional dem Quadrate der Winkelgeschwindigkeit ω, also auch der Umdrehungszahl u des Regulators in seiner diesem Punkte entsprechenden Stellung. Soll der Regulator brauchbar sein, so müssen für den steigenden
Regulator auch die Winkel α wachsen. Sind
αn, αm und α0 die Winkel in den Regulatorstellungen für untere, mittlere und obere Tourenzahl, so ist
\frac{\omega_0-\omega_n}{\omega_m}=\frac{tg\,\alpha_0-tg\,\alpha_n}{2\,tg\,\alpha_m}
Textabbildung Bd. 315, S. 775
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 315, S. 775
Fig. 7.
der Ungleichförmigkeitsgrad δ des Regulators. Aenderungen des Regulatorgetriebes und Aenderungen der Entfernung des Schwunggewichtsschwerpunktes von der
Drehachse verändern δ in weiten Grenzen. Eine Vergrösserung von δ ist ohne weiteres zulässig und wird davon bei den später zu besprechenden statischen Regulatoren Gebrauch gemacht. Einer
weitgehenden Verkleinerung von δ stehen dagegen folgende Schwierigkeiten im Wege: Bei den meisten Regulatoren ist die Cg- und Cq-Kurve gekrümmt und einer Verkleinerung von δ ist durch Annäherung an den astatischen Punkt eine Grenze gesetzt. Weiter tritt, falls die Cq-Kurve nicht ganz astatisch ist, infolge des Widerstandes der Steuerung ein Labilwerden beim Verstellen des Regulators ein.
Endlich wird δ bei nicht ganz astatischer Cq-Kurve geändert durch Be- oder Entlastungen der Muffe, welche zum Zweck einer Veränderung der Umdrehungszahl vorgenommen werden,
so dass auch hierdurch ein Labilwerden des Regulators bei zu kleinem δ eintritt.
Je grösser die Regulatormassen und deren beim Verstellen beschriebene Wege sind, desto grösser muss δ sein, um die bewegten Massen auffangen zu können. Das Auffangen der Massen wird unterstützt durch eine Oelbremse, weniger
durch Reibung in den Gelenken des Regulators.
Ist u die Umdrehungszahl des reibungsfreien Regulators, so muss dieselbe infolge der Reibung in seinen Gelenken und in der Dampfmaschinensteuerung
auf u0 erhöht bezw. auf un erniedrigt werden, bevor ein Verstellen eintreten kann. Der Wert \frac{u_0-u_n}{u}, welcher demnach zum Teil von der Regulatorreibung, zum Teil von dem Widerstände des Stellzeuges abhängt, wird als Unempfindlichkeitsgrad
ε bezeichnet. Derselbe vergrössert die Ungleichförmigkeit des Regulators, so dass sein gesamter Ungleichförmigkeitsgrad gleich
δ + ε ist.
Nach dieser Erinnerung zu den Betriebsbedingungen elektrischer Maschinen übergehend, werde zunächst der Einfluss erörtert,
welchen die Schaltungsweise der Dynamomaschine auf die Wahl des Ungleichförmigkeitsgrades δ ausübt. Durch Einschaltung von Hauptstromwindungen in die Erregung lässt sich die Spannung bei wachsender Belastung so beeinflussen,
dass trotz der infolge von δ sinkenden Umdrehungszahl je nach der Anzahl von Hauptstromamperewindungen die Spannung unverändert bleibt oder sogar steigt.
Dieselbe Wirkung lässt sich durch einen automatischen Spannungsregler erzielen, d.h. durch eine Vorrichtung, welche vom Hauptstrom
oder von der Spannung bethätigt, selbstthätig Widerstände vor dem Nebenschluss aus- oder einschaltet. Diese Vorrichtungen
gestatten dem Dampfmaschinenbau, Regulatoren mit grossem δ, wie sie für andere Betriebsmaschinen genügen, auch für elektrischen Betrieb anzuwenden. Der sich hieraus namentlich für
plötzliche Belastungsänderungen ergebende Vorteil ist, wie später gezeigt werden soll, recht erheblich. Es ist aus diesem
Grunde wünschenswert, dass für die grossen Zentralen ausschliesslich compound gewickelte Dynamomaschinen angewandt werden
(obwohl dieselben, um sicheren Parallelbetrieb zu ermöglichen, eine kleine Komplizierung in der Schaltungsweise erfordern)
und zwar nicht nur für Strassenbahnbetrieb – wo sie jetzt schon häufig zu treffen sind –, sondern auch für reinen Lichtbetrieb.
Da automatische Spannungsregler wegen ihrer oft zweifelhaften und ruckweisen Wirkung gern vermieden werden, so bildet die
Regulierung der Nebenschlussmaschinen noch immer ein wichtiges Kapitel.
Wie schon vorher dargelegt, verlangen dieselben, dass der Ungleichförmigkeitsgrad δ des Regulators so weit herabgedrückt werde, als möglich. Mit weitgehender Verkleinerung von δ treten aber Begleiterscheinungen auf, welche die Regulierung erheblich beeinflussen und daher näher betrachtet werden müssen.
Dieselben hängen nicht nur vom Regulator, sondern auch von der Maschinensteuerung ab, insofern als Unterschiede auftreten,
je nachdem ob die Maschinensteuerung nur passive oder auch aktive Wirkung auf den Regulator ausübt. Es wird demnach notwendig,
diese Steuerungsgruppen getrennt zu erörtern.
Für alle Drosselregulierungen, sowie für diejenigen Steuerungen, welche keinen aktiven Rückdruck auf den Regulator ausüben,
sondern nur passiven Widerstand gegen Verstellen leisten (das sind vor allem die Rider-Flach- und
-Kolbenschiebersteuerungen), gilt die oben skizzierte Regulatorentheorie in vollem Umfange. Desgleichen gilt sie
für die Mehrzahl der indirekt wirkenden Regulatoren mit der Abänderung, dass an die Stelle der Steuerungsverstellkraft und
-reibung die zum Bewegen des Auslöseschiebers oder -ventiles notwendige Verstellkraft und Reibung tritt. Die Theorie ergibt
für diese Fälle in Uebereinstimmung mit der Praxis, dass die empfindlichsten Federregulatoren die beste Regulierung ergeben,
weil sie geringe Eigenreibung, hohe Umgangszahl und kleine Massen besitzen und sich bei Aenderung der Belastung ohne lang
dauernde Schwankungen in die neue Gleichgewichtslage einstellen, so lange als der Ungleichförmigkeitsgrad δ einen für die verschiedenen Konstruktionen wechselnden Betrag nicht unterschreitet. Ueber den Einfluss aller dieser Werte,
besonders in Bezug auf die Bewegungen des Regulators beim Verstellen, vergleiche man die Abhandlungen von Tolle in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1895 und 1896. Jedoch beachte man beim Studieren derselben, dass sie nur für solche Regulatoren gelten, welche keinen Rückdruck
von der Steuerung erfahren, und ferner, dass der Hartung-Federregulator in der Zwischenzeit Aenderungen erfahren hat, welche
das von Tolle über ihn gefällte Urteil als hinfällig erscheinen lassen. Weiter beachte man, dass zu den a. a. O. aufgeführten Federregulatoren
mit geringer Eigenreibung noch der (anscheinend dem Hartung-Regulator nachgebildete) Regulator von Heinzmann getreten ist, und endlich, dass das angeblich von Tolle erfundene Mittel, die Regulatorschwungmasse behufs Erzielung einer astatischen Cq-Kurve weit nach innen zu legen, also Winkel α gross zu machen
(Fig. 8), schon 3 Jahre vor Tolle's Patent in den Regulatoren am Niagara angewandt worden ist (vgl. Fig. 9). Vorteilhaft ist es ferner, wenn die Cq-Kurve des Regulators nicht zu weit von der astatischen Geraden abweicht. Der Vorteil liegt, wie schon erwähnt, darin, dass selbst grosse
Verstellungskräfte auch bei kleinem Ungleichförmigkeitsgrad δ kein Labilwerden des Regulators hervorrufen können, und dass Hülsenbe- und -entlastungen zum Zwecke einer Veränderung der
Umdrehungszahl keine Aenderung von δ zur Folge haben. Diese Aenderung der Umdrehungszahl, welche bei Gleichstrommaschinen nur den Zweck hat, ungenaue Berechnung
der Spannung der Dynamomaschine durch mechanische Mittel auszugleichen, vermehrt bei den empfindlichen Federregulatoren die
Eigenreibung derselben und wird daher besser fortgelassen, wie es auch bei den in Nordamerika so häufig angewandten Achsenregulatoren
allgemein geschieht. Erfüllt der Regulator die für Steuerungen ohne Rückwirkung wesentlichen Bedingungen kleiner reduzierter
Massen bei hohen Umgangszahlen, geringer Eigenreibung und einer astatischen Cq-Kurve, und hat man ferner keine zu kleine Regulatornummer gewählt, so wird man in vielen Fällen den Regulator ohne Oelbremse
laufen lassen können. Da jedoch noch die Gleichmässigkeit des Antriebes, sowie der Wert δ mitspielen, so ist es vorzuziehen, eine Oelbremse vorzusehen. Es ist immer besser, wenn man eine Oelbremse abnehmen kann,
als wenn man später eine solche anflicken muss.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
Zum grössten Teile unrichtig und irreführend wird die Anwendung der landläufigen Regulatorentheorie für solche Regulatoren,
welche Rückdruck von der Steuerung her erfahren, ja sogar, wenn auch in geringerem Masse (falls die Steuerung keine Rückwirkung
ausübt) bei solchen. Regulatoren, deren Unempfindlichkeitsgrad ε kleiner ist als der Ungleichförmigkeitsgrad des Schwungrades, oder welche Stössen vom Antrieb her infolge unregelmässig geschnittener
Zähne, Riemenverbindungen u.s.w. ausgesetzt sind.
Die Rückwirkung der Steuerung macht sich in zwei verschiedenen Richtungen geltend. Erstens verändert sie (wenn immer in derselben
Richtung wirkend) die Umdrehungszahl des Regulators und zweitens verursacht sie Regulatorschwingungen. Die Aenderung der Umdrehungszahl
infolge der periodisch wiederkehrenden Hülsenbelastung durch den Steuerungsdruck ist zwar vorhanden, aber kaum bemerkbar,
besonders bei Vorhandensein einer Oelbremse, welche einen grossen Teil des Steuerungsdruckes auffängt. Ungleich wichtiger
sind dagegen die durch die Steuerungsrückwirkung hervorgerufenen Regulatorschwingungen. Ueber dieselben liessen sich leicht
Bände schreiben (ein Anfang dazu ist kürzlich von Isaachsen in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1899, gemacht worden, jedoch unter Vernachlässigung wichtiger Einflüsse und ohne alle für die Praxis notwendigen Folgerungen
zu ziehen), so gross ist die Mannigfaltigkeit derselben. Verfasser hat beobachtet, wie regelmässige Perioden von ein, zwei,
drei und sogar vier Schwingungen auftraten. Die theoretischen Bedingungen für regelmässige Perioden aufzustellen, ist eine
Unmöglichkeit, wie sich im weiteren ergeben wird, jedoch sind die Schwingungen von einer solchen Bedeutung für eine gute Regulierung,
dass es die Mühe lohnt, sich über dieselben unter Vermeidung hochtheoretischer Betrachtungen Klarheit zu verschaffen durch
Zergliederung aller Umstände, welche die Schwingungen beeinflussen.
Die Rückwirkung bringt den Regulator aus seiner Gleichgewichtslage, etwa bis a infolge kleiner, oder bis b infolge grosser Rückwirkung (vgl. Fig.
10, welche das Diagramm der Zentrifugalkräfte, ähnlich wie Fig. 6 und 7, darstellt). Wie weit der Regulator ausschlägt, und wie er sich bei der Rückschwingung benimmt, hängt ab:
1. Von seinem Ungleichförmigkeitsgrad δ. Je grösser derselbe ist, desto früher wird die von der Steuerung geleisteteund an den Regulator übertragene Arbeit aufgezehrt, da die Kurve des Gleichgewichtes durch die Zentrifugalkräfte C des Regulators gegeben ist (Fig. 10), die Steuerung ihn aber ohne Aenderung der Umdrehungszahl auf der astatischen Geraden G fortschiebt, so dass die Fläche 1 a 2 bezw. 1 b 3 die infolge des Ungleichförmigkeitsgrades aufgefangene Arbeit darstellt.
2. Von der Reibung. Zeichnet man die sich aus dem „Unempfindlichkeitsgrad ε“ ergebenden Kurven der Zentrifugalkräfte Ca und Cn für Auf- und Niedergang des Regulators (Fig. 11), welche für Ausklinksteuerung und für zwangläufige Steuerung verschieden weit von der C-Kurve des reibungsfreien Regulators abliegen, so sieht man, dass auch die Arbeit 1 4 5 6 beim Verschieben des Regulators zu überwinden ist, wobei vorläufig vorausgesetzt wird, dass derselbe vor der Verschiebung
sich im Gleichgewicht auf der Kurve C befand. Ob der Regulator sofort zurückschwingt oder nicht, hängt davon ab, ob derselbe bis jenseits des Schnittpunktes s der astatischen Geraden G mit der Kurve Ca ausgeschlagen ist oder nicht.
3. Von der Regulatormasse. Je grösser die Gesamtmasse (2 G + Q) ist, desto kleiner ist die vom Steuerungsdruck hervorgerufene Beschleunigung, desto kleiner ist die Verschiebung des Regulators
aus seiner Lage während der Zeit, in welcher der Steuerungsdruck wirkt. Die von der Steuerung an den Regulator abgegebene
Arbeit ist aber Kraft × Weg
(Regulatorverschiebung). Daraus folgt: Je grösser die Gesamtmasse des Regulators ist, desto kleiner ist die von der
Steuerung an ihn abgegebene Arbeit, desto kleiner ist der Schwingungsausschlag. Ferner vermindert die Grösse der Regulatorschwungmassen
allein den Schwingungsausschlag insofern, als die in Fig. 10 mit 1 b 3 bezeichnete Fläche von der Differenz von Zentrifugalkräften mω2r abhängt, wo m=\frac{2\,G}{g} ist.
4. Von dem Ungleichförmigkeitsgrade des Schwungrades. Derselbe bewirkt, dass während des Verschiebens des Regulators die Umdrehungszahl
sich ändert, so dass anstatt der astatischen Geraden G in Fig.
10 und 11 eine gekrümmte Kurve als Verschiebungskurve auftritt.
5. Von den Ungleichmässigkeiten im Regulatorantrieb, welche Stösse und plötzliche Geschwindigkeitsänderungen hervorrufen.
6. Von dem Grade der Dämpfung durch die Oelbremse, welche eine mit der Geschwindigkeit der Bewegung schnell anwachsende Arbeitsmenge
verzehrt.
7. Von der Art und Grösse der Steuerungsrückwirkung. Die Regulatorbewegungen sind sehr verschieden, je nachdem ob die Steuerung
den Regulator immer nach einer und derselben Richtung drückt, oder ob sie denselben auf und ab bewegt.
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Fig. 10.
Textabbildung Bd. 315, S. 776
Fig. 11.
8. Von der Schwingungsdauer selbst. Dieselbe bestimmt die Regulatorstellung, bei welcher er den nächsten Anstoss von der Steuerung
erhält, ferner, ob dieser Anstoss die Schwingungen vermehrt oder vermindert, und endlich, ob der Regulator richtige oder unrichtige
Füllung gibt, in welch letzterem Falle eine Maschinenschwingung eintritt, welche durch Aenderung der Zentrifugalkraft eine
neue Rückwirkung auf den Regulator hervorruft.
Die Schwingungsdauer ist aber ihrerseits wieder abhängig von all den vorhergenannten Faktoren.
Man ersieht hieraus, dass es nicht möglich ist, mit Sicherheit vorauszusehen, was ein Regulator thun wird, und dass jeder Versuch, sein Verhalten theoretisch zu bestimmen, fehlschlagen muss. Dagegen lassen sich einige wenige charakteristische
Grenzfälle herausgreifen, aus denen brauchbare Verhaltungsmassregeln für die Praxis abgeleitet werden können.
Textabbildung Bd. 315, S. 777
Fig. 12.
1. Als erster Fall werde eine Regulierung betrachtet, welche für Steuerungen ohne Rückwirkung nahezu ideal ist, nämlich ein
hochempfindlicher Federregulator mit kleinen Massen, hoher Umgangszahl, geringem Ungleichförmigkeitsgrad und ohne Oelbremse.
Derselbe reguliere eine Ausklinksteuerung mit Rückwirkung. Bei Ausklinksteuerungen bewegt sich der durch den, wenn auch kleinen,
Rückdruck in Bewegung gesetzte Regulator nahezu widerstandslos, so dass für den vorausgesetzten Fall geringster Eigenreibung
die Ca- und Cn-Kurven unmittelbar neben der C-Kurve liegen (Fig. 12), und in dem Massstabe der Figur nur als Verdickung der C-Linie erscheinen. Der erste Steuerungsstoss bewege den ruhend gedachten Regulator bis a. Da derselbe nahezu reibungsfrei ist, bewegt er sich unter den Schwingungsgesetzen des Ungleichförmigkeitsgrades. Es wäre
aber ein grosser Zufall, wenn er zufolge harmonischer Abstimmung von Ungleichförmigkeitsgrad, Umdrehungszahl u.s.w. gerade
nach einer halben Maschinenumdrehung wieder auf seinem alten Platze wäre. Daran ist unter den vorausgesetzten Bedingungen
kaum zu denken. Er wird vielmehr den nächsten Steuerungsanstoss etwa bei b erhalten, was infolge zu grosser Füllung ein Steigen der Umdrehungszahl hervorruft. Nun folgen verschiedene Schwingungen
bei wachsender Umdrehungszahl, welche gegen den Steuerungsdruck den Regulator ruckweise wieder in die Höhe bringt. Infolge
seiner Widerstandslosigkeit fliegt er dabei in der Regel zu weit bis an die obere Hubbegrenzung, wo er dann, eine vollständige
Nullfüllung hervorruft. Unter dem gemeinschaftlichen Einfluss des durch die Nullfüllung hervorgerufenen Abfalles der Umdrehungszahl
und des nach unten wirkenden Steuerungsdruckes erfolgt eine heftige Niederschwingung mit einem kräftigen Stoss gegen die untere
Hubbegrenzung, worauf das allmähliche in die Höhe klettern wieder beginnt und das Spiel sich in wunderbarer Regelmässigkeit
wiederholt (Verfasser hatte Gelegenheit, solche Regulierungen zu beobachten). Obwohl theoretisch in dem betrachteten Falle
nur etwa
1½ % Schwankungen der Umdrehungszahl (δ + ε) eintreten sollen, so treten in Wirklichkeit selbst bei gleichbleibender Belastung Schwankungen von beinahe 10 % auf, wie
die Tangenten
1 und 2 in Fig. 12 zeigen.
Ohne weitere Untersuchungen ist einzusehen, dass eine derartige „empfindliche“ Regulierung unbrauchbar ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob die in Fig. 12 skizzierte Form der Regulatorbewegungen genau der Wirklichkeit entspricht, oder etwas davon abweicht.
2. Für dieselbe Steuerung werde ein schwerer belasteter Watt-Regulator oder ein Kley-Regulator mit Oelbremse gewählt. Für
diese Regulatoren ist die zur Ueberwindung der Eigenreibung notwendige Kraft schon etwas grosser, als in dem soeben betrachteten
Falle, aber noch massig, so dass die Ca- und Cn-Kurven in
Fig. 13 entstehen. Innerhalb des von denselben eingeschlossenen Gebietes kann der Regulator keine selbständigen Bewegungen ausführen.
Da die Steuerung denselben fortwährend nach unten drängt, so steigt infolge der vergrösserten Füllung die Umdrehungszahl so
lange, bis die Zentrifugalkraft auf ungefähr Ca' angewachsen ist, und der Regulator wieder die Stellung einnimmt, welche Gleichgewicht zwischen von der Dampfmaschine erzeugter
und von der Arbeitsmaschine verbrauchter Arbeit bedingt. Damit ist die Reibung beinahe eliminiert, und der Regulator schwingt
unter dem Einfluss der Steuerung herunter und durch den Ungleichförmigkeitsgradwieder zurück. Da die Regulatormasse gross ist, und die Oelbremse, sowie ein Teil der Reibung dämpfend wirken, sind die Schwingungen
klein. Ist die richtige Harmonie zwischen den verschiedenen Regulatorgrössen (einschliesslich seiner Bremsung) nicht vorhanden,
so schwingt der Regulator nicht in seine Ausgangsstellung zurück, und das Spiel des ersten Falles wiederholt sich hier, allerdings
in weit kleinerem Massstabe und innerhalb enger Grenzen, wodurch gewisse Schwingungsperioden entstehen. Sind aber Regulatormassen,
Ungleichförmigkeitsgrad, Steuerungsdruck, Bremsung u.s.w. in richtigem Verhältnis, so tritt der ideale Fall ein, dass etwa
nach Fig. 14 der Regulator sich so einstellt, dass er infolge eines Ueberschusses an Zentrifugalkraft 1 2 herauf- und infolge des Steuerungsdruckes herunterschwingt, und dass trotz der Regulatorschwingungen keine Maschinenschwingungen
entstehen. Dabei ist die Umdrehungszahl etwas grosser, als derjenigen des reibungsfreien Regulators entspricht. Diese Regulierung
hält demnach, obwohl sie nach der alten Regulatorentheorie weniger „empfindlich“ ist als Fall 1, die Umdrehungszahl weit besser aufrecht.
3. Derselbe Regulator habe eine zwangläufige Ventil- oder Schiebersteuerung mit Rückwirkung nach beiden Seiten zu regulieren.
Die Schwingungen hängen von Dauer und Periode der Rückwirkung ab im Verein mit allen massgebenden Regulatorgrössen. Allgemein
lässt sich hierüber nur bemerken, dass, wenn der Regulator schwer genug ist, und ferner Reibungs- und Oelbremsung im richtigen
Verhältnis vorhanden sind, kurze Schwingungen des Regulators um die Gleichgewichtslage erfolgen, welche eine gute Regulierung
ermöglichen.
Textabbildung Bd. 315, S. 777
Fig. 13.
Textabbildung Bd. 315, S. 777
Fig. 14.
Aus diesen wenigen herausgegriffenen Regulierungsfällen geht hervor, dass die statische Regulatorentheorie für Steuerungen
mit Rückwirkung aufhört gültig zu sein. Die empfindlichste Regulierung wird unbrauchbar, und wenig empfindliche Regulierungen
liefern brauchbare Ergebnisse. Dabei beachte man, dass bisher ungeänderte Belastung der Maschine vorausgesetzt war. Aendert
sich die Belastung, so ändert sich in Fall 2 und 3 einfach die Lage des Schwingungsmittelpunktes dadurch, dass infolge der sich ändernden Zentrifugalkraft der Regulator nach
der einen Seite mehr und nach der anderen bei der Rückschwingung weniger ausschlägt. Der Regulator verschiebt nicht mehr,
sondern gestattet, verschoben zu werden, so dass er sich jeder kleinen Aenderung der Belastung anpasst. Der Begriff „Unempfindlichkeitsgrad“ ist also vollständig geändert und unsicher geworden, und die Reibung nur noch insofern von Einfluss, als sie die Schwingungsdauer
des Regulators etwas beeinflusst. Der Einfluss der Reibung auf eine Aenderung der Umdrehungszahl vor dem Verstellen der Steuerung,
wie ihn die statische Regulatorentheorie lehrt, ist nicht vorhanden. Diese Thatsache ist kürzlich von Isaachsen (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure vom 5. August 1899) betont worden; in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist diese Thatsache längst bekannt und gewürdigt;
vgl. Thurston:
„Stationery steam engines for electric lighting plants“, worin es bei der Besprechung eines Regulatorensystems heisst: „Der Reibungswiderstand
des Systems ist unwesentlich, so lange dasselbe in Bewegung ist; da in jedem in Bewegung befindlichen und Erschütterungen
ausgesetzten System die Reibung praktisch eliminiert ist, und jeder Teil diejenige Stellang einnimmt, welche er in einem ähnlichen
reibungsfreien System annehmen würde.“
Textabbildung Bd. 315, S. 778
Fig. 15.
Textabbildung Bd. 315, S. 778
Fig. 16.
Es fragt sich, auf welche Weise die Regulierung in Fall 1 brauchbar gemacht werden kann. Die Antwort lautet: Durch Hinzufügen einer Reibungsbremse oder einer Oelbremse oder durch
Vermehrung der Regulatormassen
(bezw. Wahl einer „grösseren Regulatornummer“), am besten aber durch Anwendung aller dreier Mittel. Die Wirkungen von Reibungs- und Oelbremse sind etwas verschieden. Beide
haben zunächst den gleichen Einfluss, die Schwingungsdauer des Regulators zu verändern. Dies ist sehr wichtig; denn die Schwingungsdauer
des Regulators kann mit der Maschine so harmonieren, dass die Regulatorschwingungen durch den Steuerungsdruck immer verstärkt
werden. Ein leichtes Anziehen der Bremse hilft dem sofort ab. Ferner vermindern beide die Schwingungsweite und damit die Wahrscheinlichkeit,
dass die Steuerung grossen Füllungsschwankungen ausgesetzt wird, welche unabänderlich mit Schwankungen der Umdrehungszahl
verbunden sind. Der Unterschied in der Wirkung zwischen Reibungsbremse und Oelbremse besteht in der Verschiedenheit des Widerstandes.
Die Reibungsbremse bietet für alle Geschwindigkeiten gleichen Widerstand, während der Widerstand der Oelbremse mit der Geschwindigkeit
der Bewegung erheblich wächst. Infolgedessen wird eine Reibungsbremse bei plötzlichen Belastungsänderungen grössere Beweglichkeit
gestatten, als eine Oelbremse, während andererseits das Verhüten zu heftiger Bewegungen auch als Vorteil der Oelbremse gerühmt
wird. Ein Kompromiss von beiden Bremsungsarten ist daher vorzuziehen. Verstellbare Oelbremsen sind in Deutschland sehr verbreitet,
während einstellbare Reibungsbremsen kaum zu finden sind. Es dürfte daher von Interesse sein, einfache Konstruktionen, wie
sie sich an einigen von der
Southwark Foundry and Machine Co., Philadelphia, ausgeführten Maschinen vorfinden, kennen zu lernen. In Fig.
15 ist nach Einstellung des Gegengewichtes am Rahmen eine Stahlblattfeder angeschraubt, welche gegen den Regulatorhebel drückt.
Unter der oberen Schraube ist während der Einstellung Spielraum, so dass der Reibungsbetrag verändert werden kann. In Fig. 16 ist die in Fig.
15 mit w bezeichnete Welle so ausgebildet, dass sie durch die Regulatorbewegung gedreht wird, wobei die Reibungsscheibe R1 gegen die fest mit dem Gestell verbundene Scheibe R schleift. Durch Verändern der Federspannung lässt sich das Reibungsmoment einstellen.
Wenn Reibungs- und Oelbremsung sehr zuverlässige und unveränderliche Grössen wären, dann könnte man selbst bei Steuerungen
mit grosser Rückwirkung verhältnismässig kleine Regulatoren anwenden. Nun sind aber beide Bremsungen veränderlich. Die Reibungsbremse
hängt von der Schmierung ab und die Oelbremse von der Temperatur, welche die Flüssigkeit des Oeles verändert. Ausserdem werden,
falls die Oelbremse zu scharf angezogen ist, die Regulatorbewegungen zu träge und es treten starke Maschinenschwingungen bei
plötzlichen Belastungsänderungen auf, worauf weiterhin näher eingegangen wird.Regulatorbremsung ist daher nur dann ein gutes Hilfsmittel, wenn sie in massigen Grenzen angewandt wird. Nachdem der Reibungsbetrag,
welcher zur Bremsung nützlich angewandt werden kann, einmal ausgemittelt ist, wird derselbe bei allen folgenden Ausführungen
zweckmässig in den Regulator oder in die Vorrichtung zum Verstellen der Umdrehungszahl gelegt. Das Haupthilfsmittel gegen
Steuerungsrückwirkung bleibt Masse; denn dieselbe vermindert, wie gezeigt, die Schwingungsweite erheblich und ist von Temperatur
und Wartung unabhängig. Damit ist aber nicht gesagt, dass die Gewichtsregulatoren den Vorzug verdienen; im Gegenteil ist es,
falls man das Geld aufwenden kann, besser, einen sehr grossen Federregulator zu wählen, weil derselbe auch grössere Belastungsänderungen
sicher und schnell einstellt.
Die Frage der Regulierung von Dampfmaschinen für Gleichstrombetrieb lässt sich demnach kurz in folgende Hauptregeln zusammenfassen:
1. Für compoundierte Dynamomaschinen ist ein geringer Ungleichförmigkeitsgrad δ nicht notwendig. Für Nebenschlussmaschinen ist δ so klein als möglich zu wählen.
2. Der geringste zulässige Ungleichförmigkeitsgrad d hängt von zu vielen Umständen ab, als dass sich Regeln dafür aufstellen liessen. Einfache Vorrichtung zur Einstellung desselben
während des Versuchsbetriebes ist daher vorteilhaft.
3. Für Drosselregulierungen und für Steuerungen, welche keine Rückwirkung ausüben, sind Regulatoren mit geringster Eigenreibung,
kleinen Massen und hohen Umgangszahlen anzuwenden. Einstellbare Oelbremse ist vorzusehen.
4. Für Steuerung mit Rückwirkung sind, je nach Grösse derselben, schwere, massige Regulatoren anzuwenden, bei welchen Reibungs-
und Oelbremse so zu adjustieren sind, dass infolge der periodischen Steuerungsdrucke der Regulator in kleinen Schwingungen
immer wieder in dieselbe Lage zurückschwingt. Ein sicherer Weg ist die Anwendung eines grossen Regulators mit geringer Reibung
und allmähliche Zuführung von Oelbremsung und Reibungsbremsung, bis ruhiger Gang erzielt ist.
Textabbildung Bd. 315, S. 778
Fig. 17.
Textabbildung Bd. 315, S. 778
Fig. 18.
Textabbildung Bd. 315, S. 778
Fig. 19.
Im Anschluss hieran seien noch einige konstruktive Bemerkungen über Regulatoren mitgeteilt, welche dann und wann von Wert
sein können.
Aus jedem noch so statischen Regulator kann man auf einfache Weise einen fast astatischen Regulator machen durch Einführung
von Winkelhebelbelastung (Fig. 17 und 18). Das Gewicht A (Fig. 17) kann auf seiner Stange verschoben und diese wieder gegen die Welle w verdreht werden. Mit Hilfe 'dieser Vorrichtung kann man den Ungleichförmigkeitsgrad so lange verkleinern, bis der Regulator
anfängt, sich unzulässig zu verhalten. Nach vollendeter Einstellung wird die richtige Lage am besten durch Verbohren gesichert.
Ist die Lage des Gewichtes unmittelbar am Regulator unbequem, so kann irgend eine folgende Drehwelle gewählt werden. In Fig. 18 ist der umgekehrte Weg beschritten worden, nämlich den Regulator durch Entlastung astatischer zu machen. Der Arm C ist nach oben geknickt und das ganze Steuergestänge entlastet den Regulator in dessen oberen Lagen mehr als in den tieferen.
Einstellung des Ungleichförmigkeitsgrades ohne Zerstörung der Adjustierung zwischen Regulator und Füllungsorgan ist dabei
schon schwierig, so dass die Anwendung eines Gewichtes A, wie in Fig. 17, auch hier vorteilhaft ist. Dasselbe fällt bei Anwendung des geknickten Armes C bedeutend kleiner aus als bei geradem Arm nach Fig. 11.
Weiter ist es immer vorteilhaft, wenn sich die Umdrehungszahl ohne bedeutende Aenderung des Ungleichförmigkeitsgrades δ verändern lässt. Vielfach wird dazu eine astatische Cq-Kurve als notwendige Bedingung angesehen. Eine solche Notwendigkeit liegt nicht vor. Es lässt sich vielmehr bei Regulatoren
mit statischer Cq-Kurve (Watt, Proell, Kley u.s.w.) eine Veränderung der Umdrehungszahl bei fast gleichbleibendem δ dadurch erzielen, dass der Arm D, welcher das Belastungsgewicht B trägt, schräg nach oben gestellt wird (Fig. 17). Bei Regulatoren mit labiler
Cq-Kurve (Trenck u.a.) ist der Arm D nach unten zu verdrehen (Fig. 19). Die Winkel, welche die Arme D mit der Wagerechten zu bilden haben, können leicht berechnet, oder aber im Versuchsbetriebe ausgemittelt werden.
Regulierung bei plötzlichen Belastungsänderungen.
Unter den Anforderungen, welche die elektrischen Firmen in Bezug auf die Regulierung an den Dampfmaschinenbau stellen, ist
jedesmal die höchste zulässige Schwankung der Umdrehungszahl bei vollständiger Be- oder Entlastung zu finden. Dieser Punkt
der Spezifikationen wird häufig als eine die Gleichförmigkeit des Regulators angehende Forderung aufgefasst. Diese Ansicht
ist unrichtig, denn die erwähnten Schwankungen hängen von den Eigenschaften des Regulators weit weniger ab, als von der Grösse
des Schwungrades im Verhältnis zu dem in der Maschine aufgespeicherten Dampfquantum. Denkt man sich eine vollbelastete Verbunddampfmaschine,
welche mit einem äusserst gleichförmigen Regulator (vom Ungleichförmigkeitsgrade O, um den Grenzfall zu haben) versehen ist, plötzlich entlastet, so hat man im Mittel in der Maschine eingeschlossen: 50 %
des Hochdruckcylinders Frischdampf, ferner Aufnehmerinhalt und etwa 50 % des Niederdruckcylinders Dampf von Aufnehmerspannung.
Der eingeschlossene Dampf expandiert und leistet Arbeit, welche nur durch Reibung und Massenbeschleunigung aufgenommen werden
kann. Ist m die Masse des Schwungringes, v0 und vm seine Geschwindigkeiten vor und nach der Entlastung, so ist \frac{m}{2}\,({v_m}^2-{v_0}^2)=A, wo A die Expansionsarbeit des eingeschlossenen Dampfes abzüglich der Reibung bezeichnet. Die Expansion des eingeschlossenen Dampfes
findet zwar in einzelnen, immer kleiner werdenden Diagrammen statt, jedoch werde, um einen Ueberblick zu behalten, angenommen,
dass die ganze Dampfmenge in einem einzigen Diagramme expandiere, dessen Hub alsdann mit dem Hub des Niederdruckcylinders
zu vergleichen ist. Hat man beispielsweise eine Verbunddampfmaschine für 8 at Admissionsspannung mit 600 und
1000 mm Cylinderdurchmesser und 1100 mm Hub, und beträgt der Aufnehmerinhalt 1,5 V (wo V das Volumen des Niederdruckcylinders bezeichnet), so sind zu expandieren etwa 0,5 V vom Hochdruckcylinder her, 1,5 V im Aufnehmer und 0,5 V im Niederdruckcylinder und zwar von Aufnehmerspannung (ungefähr 3,3 at absolut). Expandiert dieser Dampf nur bis 1,3 at,
also noch mehr als 1 at über Kondensatorspannung, womit den Reibungsverlusten in der Maschine und dem durch Auspuff verlorenen
Dampf reichlich Rechnung getragen ist, so gehört dazu ein Hub, welcher vier Hüben der Maschine entspricht. Das der Expansion
entsprechende Diagramm ergibt einenmittleren Druck von 2 at. Demnach ist die vom Schwungrad aufzunehmende Arbeit ungefähr
A=4\,\times\,1,1\,\times\,2\,\times\,\frac{\pi}{4}\,100^2=\mbox{ rd. }70000kg/m.
Befindet sich die Schwungmasse am Halbmesser 2,5 m und macht die Maschine 90 Umdrehungen in der Minute, so wächst die Umfangsgeschwindigkeit
von
23,5 m/Sek. auf
28,85
25,5
25,2
m/Sek.
bei einer Schwungmasse von
12000
14000
17000
kg
Tourenschwankung in %
10 %
8½ %
71/4 %.
Führt man dieselbe Rechnung unter denselben Annahmen für eine Maschine aus, deren Aufnehmerinhalt nur 0,5 V beträgt, so ergeben sich
folgende Erhöhungen der Umdrehungszahl:
6,1 %
5,6 %
4,7 %
für
12000
14000
17000
kg Schwungmasse.
Obwohl diese Zahlen nur roh und überschläglich gerechnet sind, geben sie doch ein anschauliches Bild und zeigen, wie weit
die Erhöhung der Umdrehungszahl von dem Verhältnisse der Schwungmasse zur eingeschlossenen Dampfmenge abhängt. Die gerechneten
Zahlen gelten für einen augenblicklich abschliessenden Regulator vom Ungleichförmigkeitsgrad O. Da aber ein Regulator erst dann abschliesst, wenn eine seinem Ungleichförmigkeitsgrade entsprechende Geschwindigkeitssteigerung
eingetreten ist, so sind zu obigen Zahlen noch ungefähr
δ % hinzuzufügen. Endlich werden dieselben noch beeinflusst durch die Regulatorschwingungen und die Verzögerungen der Regulatorbewegung
durch die Oelbremse. Dieser Einfluss entzieht sich der Rechnung
und ist von der Einstellung der Bremse abhängig.
Aus diesen einfachen Ueberlegungen geht hervor, dass es wenig Zweck hat, behufs Erzielung kleiner Geschwindigkeitsschwankungen
bei plötzlichen Belastungsänderungen den Ungleichförmigkeitsgrad des Regulators δ um ½ oder
1 % herunterzudrücken, besonders wenn man beachtet, dass die Regulatoren bei zu kleinem δ allerlei Neigungen zu unregelmässigen Bewegungen zeigen, welche mit einer Oelbremse gedämpft werden müssen, so dass der durch
Verkleinerung von δ erzielte Vorteil durch die träge Regulatorbewegung wieder aufgehoben wird. Weiter folgt, dass es weit zweckmässiger ist,
die Schwungmasse und deren Trägheitshalbmesser zu vergrössern und den Inhalt des bezw. der Aufnehmer so klein als zulässig
zu machen. (Veränderung der Niederdruckfüllung ist in dem betrachteten Falle nur dann wirksam, wenn sie sehr energisch erfolgt.
Da aber einer weitgehenden Verkleinerung der Niederdruckfüllung die Rücksicht auf Dampfverteilung bei Leerlauf oder geringer
Belastung entgegensteht, so lässt sich die Veränderung der Niederdruckfüllung zur Verhütung von Geschwindigkeitsschwankungen
bei plötzlichen Belastungsänderungen im allgemeinen nicht benutzen, wenn man nicht zu verwickelten Konstruktionen greifen
will.) Aus diesem Grunde ergeben Tandemmaschinen, welche in der Regel grosse Schwungräder und kleine Aufnehmer besitzen, im
Falle heftiger Belastungswechsel weit kleinere Geschwindigkeitsschwankungen als Verbundmaschinen mit 90° Kurbel Versetzung
und Dynamomaschine sowie Schwungrad zwischen den Kurbeln, welche Anordnung gewöhnlich kleinere Schwungräder und recht grosse
Aufnehmerinhalte aufzuweisen hat. Für Maschinen, welche plötzlichen Belastungsänderungen ausgesetzt sind (z.B. Generatoren
für Strassenbahnbetrieb), wird es demnach, falls scharfe Bedingungen in betreff der grössten zulässigen Geschwindigkeitsschwankungen
gestellt sind, vorteilhaft sein, zwei Tandemmaschinen unter 90° zu kuppeln. Diese Anordnung liefert die schnellste Regulierung
und die kleinsten Umdrehungsschwankungen für den betrachteten Fall und ist in Nordamerika häufiger anzutreffen als in Deutschland.
Allerdings ist die abkühlende Oberfläche im Verhältnis zum Cylinderinhalte bei der Anwendung von zwei Tandemmaschinen mit
vier Cylindern grösser als bei der einfachen Verbundmaschine mit zwei grösseren Cylindern. Am unangenehmsten werden für den
betrachteten Fall Drei- und Vierfachexpansionsmaschinen. Das zeigt sich am auffallendsten an den Schiffsmaschinen, welche
ohne Schutz durch irgendwie nennenswerte Schwungmassen bei hoher See den schärfsten Belastungswechseln ausgesetzt sind. Infolge dieser Thatsache sind unzählige teils zweckmässige,
meistens aber unzweckmässige Regulatorkonstruktionen entstanden, deren Aufführung hier jedoch, als zu weit führend, unterbleiben
muss. Glücklicherweise sind die plötzlichen Belastungswechsel da, wo sie an stationären Maschinen am häufigsten vorkommen,
nämlich im Strassenbahnbetrieb, nur von geringer Bedeutung; denn in Strassenbahnwagen treten an und für sich schon derartige
Schwankungen in der Beleuchtung auf, dass es auf etwas mehr oder weniger auch nicht ankommt.
Auch bei gemischtem Licht- und Motorenbetrieb kommen plötzliche, wenn auch kleinere Belastungsschwankungen durch Ausrücken
grosser Motoren vor. Bei unrichtiger Konstruktion verursachen dieselben eine eigentümliche Erscheinung, das Ueberregulieren.
Ruft nämlich die Entlastung eine Steigerung der Umdrehungszahl um mehr als das Doppelte des Regulatorungleichförmigkeitsgrades
hervor, welcher dieser Belastungsänderung entspricht, so geht der Regulator über die neue Gleichgewichtslage hinaus weiter
von derselben weg, als er vorher war, und lässt auf den anfänglichen Arbeitsüberschuss einen Arbeitsmangel folgen. Dieser
bewirkt wieder ein Fallen der Umdrehungszahl und damit ein zu weites Oeffnen des Regulators, so dass abwechselnde Wellen von
zu viel und zu wenig Arbeit in die Maschine geschickt werden. Diese Schwingungen werden also hervorgerufen erstens durch zu
schnelle und zu weit gehende Steigerung der Umdrehungszahl und zweitens dadurch, dass der Regulator mehr als seine Schuldigkeit
thut. Die sicherste Abhilfe besteht in Verkleinerung der Geschwindigkeitssteigerung durch Anwendung grosser Schwungräder und
kleiner Aufnehmer. Dem Verfasser sind Maschinen bekannt, deren Regulatoren eben infolge Vorhandenseins von sehr grossen Schwungmassen
und kleinem Aufnehmer selbst bei bedeutenden und plötzlichen Belastungsschwankungen kaum mehr als die regelmässigen Bewegungen
ausführen und zwar auch nach Entfernung der Oelbremse.
Ein zweckmässiges Mittel, welches den Regulator hinderte, weiter zu gehen, als der neuen Belastung entspricht, ist bis jetzt
nicht bekannt; auch die Anwendung von Inertia-Regulatoren hilft nicht viel; sobald die Geschwindigkeitsänderung übermässig
ist, folgt der Regulator einfach nach. Man kann denselben hieran allerdings durch eine eng gestellte Oelbremse verhindern
und ist eine solche in der That da, wo infolge geringer Schwungmassen und grosser Aufnehmer die Geschwindigkeitsschwankungen
zu heftig und gross werden, das einzige, wenn auch unvollkommene Hilfsmittel gegen unaufhörliche Regulatorpendelungen und
Maschinenschwingungen. Fällt beispielsweise die Belastung plötzlich von der Hälfte bis auf ein Viertel der Vollbelastung,
so soll der Regulator möglichst schnell auf etwas unter ein Viertel der Vollbelastung kommen unddann fast stehen bleiben. Letzteres kann durch eine kräftig wirkende Oelbremse erreicht werden, welche dem Regulator nur noch
eine schleichende Bewegung erlaubt. Dieses Schleichen findet dann aber auch schon während der Bewegung von ½ nach ¼ Belastung
statt, so dass noch ein erheblicher Zusatz zu derjenigen Geschwindigkeitserhöhung zutritt, welche bei sofort abschliessendem
Regulator eintreten würde. Eben diese Thatsache macht die Oelbremse zu einem so unvollkommenen Werkzeug für derartige Fälle.
Man hat versucht, die Wirkung derselben durch Einschaltung eines grossen toten Ganges oder nachgiebiger Federn in das Bremsgestänge
zu verbessern. In der That lässt sich hierdurch bei Steuerungen ohne Rückwirkung ein Erfolg erzielen, während man sich bei
Steuerungen mit Rückwirkungen damit des wichtigsten Hilfsmittels beraubt, die Schwingungsdauer des Regulators zu verändern
und so Maschinenschwingungen bei konstanter Belastung zu verhindern.
Wenn genügende Schwungmassen und kleine Aufnehmer vorhanden sind, so wird die Wirkung der Oelbremse bei plötzlichen Belastungsänderungen
nebensächlich und zwar werden die in solchen Fällen auftretenden Regulatorpendelungen und Maschinenschwingungen offenbar auch
ohne Wirkung der Oelbremse dann immer kleiner, wenn die auftretende Geschwindigkeitsänderung den Regulator über die neue Gleichgewichtslage
hinaus nicht weiter von derselben wegzieht, als er vorher von derselben entfernt war. Es mag nun zwar unwissenschaftlich sein,
alle die auftretenden Schwingungsdurchdringungen und Interferenzen zu vernachlässigen, aber man kann sich hieraus die einfache
Regel bilden, dass bei allen Maschinen, welche wahrscheinlich scharfen und plötzlichen Belastungswechseln ausgesetzt sein
werden, die Geschwindigkeitssteigerung, welche auftritt bei plötzlicher Entlastung von Vollbelastung bis Leerlauf, niemals
grosser als das Doppelte derjenigen sein soll, welche auftritt, wenn die Maschine innerhalb derselben Grenzen ganz allmählich
entlastet wird. Da, wie schon früher erwähnt, für Dynamomaschinen mit Compoundwickelung δ bedeutend grösser gewählt werden kann als für reine Nebenschlussmaschinen, so folgt, dass Compounddynamos dort, wo plötzliche
und grosse Belastungsänderungen auftreten, besonders vorteilhaft sind.
Es ergeben sich demnach für die Regulierung von Dampfmaschinen, welche scharfen Belastungswechseln unterworfen sind, zwei
Wege:
1. Man begnügt sich mit kleinen Schwungmassen und lässt grosse Geschwindigkeitsänderungen zu; dann ist δ entsprechend gross zu wählen.
2. Es wird ein kleiner Ungleichförmigkeitsgrad δ verlangt; dann sind die Aufnehmer so klein als möglich und die Trägheitsmomente der Schwungmassen so gross als möglich auszuführen.
(Fortsetzung folgt.)