Titel: | Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke. |
Autor: | Willibald Trinks |
Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 797 |
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Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke.
Von Willibald Trinks,
Philadelphia, Pa., U. S. A.
(Fortsetzung von S. 773 d. Bd.)
Die Regulierung von Dampfmaschinen für verschiedene Zwecke.
Regulierung von Dampfmaschinen für Wechselstrombetrieb.
Es ist in neuerer Zeit mehrfach hervorgehoben worden, dass der Betrieb von Wechsel- und Drehstrommaschinen fast unerfüllbare
Anforderungen an die Regulierung der Dampfmaschinen stellte. Um zu entscheiden, wie weit diese Behauptung richtig ist, sollen
im folgenden die zu stellenden Anforderungen, sowie die Mittel, denselben gerecht zu werden, untersucht werden.
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Fig. 20.
Eine Wickelungsart, welche dem Compoundieren der Gleichstrommaschinen entspricht und eine bei allen Belastungen gleichbleibende
Klemmenspannung erzeugt, wäre bei Wechselstrommaschinen sehr wünschenswert. Die Ausführung solcher Wickelungen oder die Anwendung
von Apparaten, welche den gleichen Zweck erreichen, ist aber mit bedeutenden Komplikationen verbunden und wird daher die Regulierung
der Spannung fast ausnahmslos dem Schaltbrettwärter überlassen.
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Fig. 21.
Nun macht sich sowohl bei den Einphasen- als auch ganz besonders bei den Mehrphasenmaschinen die Rückwirkung der im Anker
fliessenden Ströme auf das magnetische Feld durch eine erhebliche Schwächung und Verzerrung des Feldes geltend. Die Folge
davon ist, dass die Maschinenspannung mit wachsender Belastung (besonders bei Belastung durch Motoren) sinkt, und zwar beträgt
der Spannungsverlust infolge Ankerrückwirkung selbst bei guten Generatoren etwa 5 %. Dazu kommen etwa 3 % Spannungsverlust
in den Leitungen und Transformatoren, so dass die Summe ungefähr 8
% beträgt. Hierzu tritt aber weiter noch der Spannungsverlust infolge Abfalles der Umdrehungszahl, d.h. infolge des
Ungleichförmigkeitsgrades des Regulators. Beträgt derselbe 1 % oder 2 %, so beläuft sich der Gesamtspannungsabfall auf 9 %
bezw. 10 %. Daraus folgt: Durch Verdoppelung des Ungleichförmigkeitsgrades δ von 1 % auf 2 % wird der Gesamtspannungsabfall nur um etwa 1/10 geändert.
Ob demnach δ 0 % oder 3 % beträgt, macht kaum etwas aus; es bleibt in beiden Fällen ein bedeutender Betrag von verlorener Spannung durch
den Feldzusatzwiderstand auszugleichen. Daher ist es vollständig zwecklos, δ unter 2 % bringen zu wollen. Weiter beachte man, dass bei zu kleinem δ sowohl (wie schon erwähnt) bei plötzlichen Belastungsänderungen, als auch bei Parallelbetrieb Schwierigkeiten entstehen,
wie sich aus folgendem ergibt.
In Fig. 20 stellen n1 und n2 für verschiedene Belastungen den Verlauf der Umdrehungszahlen zweier Maschinen vor, wenn sie getrennt laufen. Wenn dieselben
parallel laufen, so zwingen sie sich gegenseitig (wie weiter unten gezeigt werden wird), dieselbe Umdrehungszahl einzuhalten.
Die Verteilung der Arbeit zwischen beidenMaschinen bei verschiedenen Belastungen ergibt sich dann durch die Schnittpunkte der n1- und n2-Kurven mit Parallelen zur Abscissenachse, beispielsweise zu A2 und A1, oder zu O und A1. Um mit Rücksicht auf Dampfverbrauch gleiche Arbeitsverteilung zu erzielen, muss der Regulator der n2-Maschine so lange belastet oder derjenige der n1-Maschine so lange entlastet werden, bis die Kurven n1 und n2 zusammenfallen. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass zur Erzielung dieses Zweckes die Einstellung der Regulatorbelastung
um so genauer und subtiler erfolgen muss, je kleiner δ ist, und dass sich ferner bei zu kleinem δ geringe Unterschiede in der Form der n1- und n2-Kurve dadurch unangenehm geltend machen, dass die Arbeiten zwar bei einer Belastung, z.B. Normallast, gleich verteilt sind,
aber bei steigender Belastung die Arbeit der einen Maschine kaum noch wächst, während die andere Maschine mit Vollfüllung
arbeitet. Das ist unausbleiblich mit Dampfverschwendung verbunden. Die Ungleichheit lässt sich zwar durch Aenderung der Regulatorbelastung
oder der Felderregung beseitigen, beansprucht aber dadurch die schon genugsam in Anspruch genommene Aufmerksamkeit des Schaltbrettwärters
noch mehr.
Endlich hat die Grösse des Ungleichförmigkeitsgrades δ, wenn auch nur indirekt, Einfluss auf ein leichtes Parallelschalten der Wechselstrommaschinen. Da aber ausser δ noch andere Eigenschaften der Regulatoren, sowie Schwungmassen, Drehmoment, Steuerung u.s.w. das Parallellaufen beeinflussen,
so hält es Verfasser für angebracht, die Frage des Parallellaufens im Zusammenhange zu behandeln, um dadurch zur Klärung der
über diesen Abschnitt des Maschinenbaues vielfach noch etwas verworrenen Ansichten beizutragen.
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Fig. 22.
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Fig. 23.
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Fig. 24.
In Fig. 21 stellen I und
II parallel laufende Wechselstrommaschinen vor und zwar der Uebersichtlichkeit wegen Einphasenmaschinen. Die Spannungen der
beiden Maschinen fechten gegeneinander, weil jede von beiden bestrebt ist, ihre Spannung auf dem kürzesten Wege, das ist durch
die andere Maschine auszugleichen. Sind die Spannungen I und II gleich, und befinden sich die Maschinen in gleicher Phase, so zirkuliert in dem Stromkreise I II kein in sich geschlossener Strom, sondern der ganze Strom iI and iII fliesst gemeinschaftlich durch den Arbeitswiderstand. Macht man von der schematischen Darstellung Gebrauch, nach welcher
sich Spannungen und Ströme durch Vektoren darstellen und in Spannungs- bezw. Stromparallelogrammen zusammensetzen lassen,
so ist obiger Fall durch die sehr einfache Fig. 22 dargestellt. Eilt aber eine der Maschinen, z.B. I vor, so entsteht eine resultierende Spannung III (Fig. 23), welche in dem Kreise III Strom treibt. Derselbe hängt in Stärke und Phase von der Selbstinduktion s und dem Ankerwiderstande w der Maschinen ab. Er sei beispielsweise iIII in Fig. 24. Nun stellt in der Elektromechanik Spannung × Projektion des Stromes auf die Spannungsrichtung die geleistete Arbeit dar,
ähnlich wie in der allgemeinen Mechanik Kraft × Projektion des Weges auf die Kraftrichtung. Die Projektion A B ist der Spannung II entgegengesetzt; demnach wird die Arbeit der Maschine II um den Wert Spannung II × Strom A B vermindert und die Arbeit der Maschine I um (nahezu) denselben Wert erhöht. Die voreilende Maschine wird zurückgehalten, die zurückbleibende wird beschleunigt, die
Maschinen halten sich somit in gleicher Phase. Dasselbe Ergebnis erhält man durch Zusammensetzen des Stromes im mit den Strömen iI und iII, welche vor der gegenseitigen Geschwindigkeitsänderung in den Maschinen flössen, zu den Strömen
JI und JII. Die Fig. 18 zeigt, dass die Arbeit der Maschine I infolge des vergrösserten Stromes und der verkleinerten Phasenverschiebung bedeutend vergrössert ist, während die Maschine
II aus den umgekehrten Gründen entlastet wird. Die Arbeitsverteilung und damit die zusammenhaltende Kraft wird etwas beeinflusst
durch die infolge Ankerrückwirkung eintretende Spannungsänderung, jedoch ist dieser Einfluss nicht so wesentlich und würde
die genaue Erörterung desselben hier zu weit führen. Aus dem Mitgeteilten geht hervor, dass Wechsel- und Drehstrommaschinen
im Parallellaufe das Bestreben haben, sich gegenseitig zu kontrollieren und in Phase zu bleiben, ja sogar, falls sie nicht
ganz in Phase sind, sich gegenseitig in Phasengleichheit zu ziehen. Nachdem dieses erwiesen ist, kann es kaum einem Zweifel
unterliegen, dass alle Schwierigkeiten beim Parallelschalten nur von der Antriebsmaschine herrühren. Ferner zeigt die Thatsache,
dass Turbinen ein fast ideales Parallellaufen und -schalten ermöglichen, dass die sich ergebenden
Schwierigkeiten aus Schwankungen der Winkelgeschwindigkeit hervorgehen. Es kommt demnach darauf an, die Dampfmaschinen so
gleichförmig als möglich laufen zu lassen. Das beliebteste Mittel zur Erzielung grosser Gleichförmigkeit ist (wenigstens im
Bau stationärer Maschinen) Schwungmasse. Dieselbe bietet in der That einen Vorteil, denn sie bestimmt den grössten Wert des
Winkels α in den Diagrammen Fig. 23 und 24. Macht man dann den Winkel α so klein, dass der entstehende resultierende Strom JI keinen Schaden anrichten kann, so können die Maschinen ohne Gefahr zusammenlaufen. Die infolge der Dampfexpansion entstehenden
Schwungradschwingungen durchlaufen einen vollständigen Cyklus in höchstens einer halben Maschinenumdrehung, so dass der Zusatzstrom
niemals Gelegenheit findet, länger als ¼ Umdrehung zu wirken.
In Deutschland ist es meist üblich, einen Ungleichförmigkeitsgrad γ des Schwungrades vorzuschreiben, beispielsweise 1 :
300. Aus dem Werte γ kann man nicht ohne weitere Zwischenrechnungen auf die Grösse der Ströme iIII in Fig.
24 schliessen. Einige Firmen dagegen geben die grösste zulässige Winkelvoreilung s des Schwungrades gegenüber einem mit gleichbleibender Umfangsgeschwindigkeit rotierenden idealen Schwungrade an. Multipliziert
man diesen Wert s mit der Anzahl der Polpaare der Maschine, so erhält man den Voreilungswinkel, welcher in Fig. 23 und 24 mit α bezeichnet ist, unter der Voraussetzung, dass eine Maschine ideal gleichförmig rotiert. Da aber beide Maschinen ungleichförmig
laufen, so kann α ungünstigstenfalls doppelt so gross werden. Der Winkel α bestimmt nun unmittelbar die Grösse und Phase des Stromes iIII, wenn Selbstinduktion und Ankerwiderstand der Generatoren bekannt sind. Die Angabe der Winkelvoreilung ist demnach für die
Beurteilung der wirklichen Vorgänge in den Dynamomaschinen sehr bequem, aber die Berechnung der Schwungmasse aus der Winkelvoreilung
erfordert mehr als doppelt so viel Zeit als die Berechnung mit Hilfe des Ungleichförmigkeitsgrades, weil aus dem Tangentialdruckdiagramm
als Beschleunigungskurve durch stückweise Integration die Geschwindigkeitskurve und aus dieser wiederum nach demselben Verfahren
die Verschiebungs- oder Wegkurve abzuleiten ist. (Eine Abkürzung dieses lästigen Verfahrens ist nicht möglich, jedoch kann
man für überschlägliche Rechnungen folgendes benutzen:
α1° =
20 bis 22 pγ für Zweikurbelmaschinen,
α1° = 16 bis 18 pγ für Dreikurbelmaschinen,
hierin ist p die Anzahl der Pole,
γ der Ungleichförmigkeitsgrad des Schwungrades, z.B. \frac{1}{350}, α1 die relative Schwingungsweite des Schwungrades gegenüber dem ideal gleichförmig rotierenden Rade, ausgedrückt in Graden einer
Periode. [Eine Periode entspricht dem Abstand von MitteNordpol bis Mitte Nordpol, oder 360°.] Die höheren Koeffizienten sind zu benutzen bei ungleicher Verteilung der Arbeit und
Massen über die verschiedenen Cylinder, die kleineren Koeffizienten bei gleicher Arbeits- und Massenverteilung. Da das Schwungrad
gegen das ideale Schwungrad um ungefähr
\frac{{\alpha_1}^0}{2} zurückbleibt und voreilt, so wird die grösste gegenseitige Verschiebung beim Zusammenlaufen zweier Maschinen α1° betragen, so dass die Spannung III, welche die Extraströme hervorruft, sich berechnet zu
III = I tg
α1.)
Ist beispielsweise α1° = 3° gegeben, und besitzt die Dynamomaschine 60 Pole, so kann man für eine Dreikurbelmaschine im günstigsten Falle mit einem
Ungleichförmigkeitsgrad \gamma=\frac{3}{16\,.\,60}=\frac{1}{320} auskommen, muss aber bei ungünstiger Massen- und Arbeitsverteilung bis zu \gamma=\frac{3}{18\,.\,60}=\frac{1}{360} ausführen.
Die General Electric Co., Schenectady, N. Y., hat den Winkel α auf 2,5 % festgesetzt; dem entspricht bei einer 20poligen Maschine eine Winkelverschiebung des Schwungrades von s=\frac{2,5}{\frac{1}{2}\,.\,20}=25^{\circ} und bei einer 50poligen Maschine s = 0,1°.
Da vielpolige Maschinen auch immer langsam laufende Maschinen sind, so folgt, dass man bei solchen sehr grosse Schwungmassen
benötigen wird, um den geforderten kleinen Wert von α einzuhalten. Wenn auch die grossen langsam laufenden Maschinen sowohl elektrisch als auch in Bezug auf die Dampfmaschine
gewisse Vorteile bieten, so kommt doch bei geringer Umdrehungszahl das aus dem Winkel α berechnete Schwungradgewicht an die Grenze der Ausführbarkeit, falls man sich nicht dazu entschliesst, ein gleichmässiges
Drehmoment durch Mehrkurbelmaschinen herbeizuführen. Dieselben sind Tandemmaschinen mit schwerem Schwungrade entschieden vorzuziehen,
denn wenn auch der Winkel α (in Fig. 24) in beiden Maschinengattungen gleich ist, so sind doch die Vorgänge in den Generatoren verschieden. Die Korrektions- oder
Extraströme iIII ziehen Maschinen mit kleinen Schwungmassen viel leichter in Phase, als solche mit grossen Schwungmassen.
Das zeigt die Kehrseite der Medaille. So vorteilhaft Schwungmassen auf der einen Seite sind, so gefährlich können sie auf
der anderen Seite werden. Die Wirkung der Extraströme iIII ist immer das Hineinziehen der Maschinen in gleiche Phase. Dazu gehört Beschleunigung und Verzögerung, welcher sich die Masse
des Schwungrades entgegensetzt. Nun bestimmt zwar im normalen Betrieb die Grösse der Schwungmassen durch Festlegung des Winkels
α die Grösse der Ströme
iIII, aber es treten Gelegenheiten ein, wo sich weit grössere Extraströme bilden. Eine solche Gelegenheit bietet das plötzliche
Aufziehen dunkler Wolken, welches, da Wechselstrommaschinen häufig vom Verbrauchsorte des Stromes weit entfernt liegen, im
Maschinenhause nur durch rapides Anwachsen der Belastung erkennbar ist. Dann muss in kürzester Zeit parallel geschaltet und
synchronisiert werden mit Maschinen, deren Umdrehungszahl sich infolge wachsender Belastung fortwährend ändert. Dann werden
die Maschinen infolge der kurzen Zeit zusammengeschaltet, ohne genau in Phase zu sein, und dann wehe der Maschine mit zu grossen
Schwungmassen. Die Extraströme beeinflussen hier nicht nur den elektrischen Teil durch übermässige Erhitzung der Anker, sondern
rufen auch gefährliche Spannungen und Stösse in den Armen der Dynamomaschine und des Schwungrades, sowie auch in dem Wellenstück
zwischen diesen beiden hervor.
Hier tritt der Vorteil der Mehrkurbelmaschinen mit geringen Schwungmassen und noch mehr der Turbinen hervor, welche sich mit
wunderbarer Leichtigkeit in Phase ziehen; diese Ueberlegung zeigt auch, warum Gasmaschinen zum Antrieb grosser Wechselstrombetriebe
wenig Hoffnung auf Erfolg haben. Die Schwierigkeit für den Dampfmaschinenbau liegt darin, Mehrkurbelmaschinen mit geringen
Schwungmassen zu bauen, welche auch bei plötzlichen Belastungsänderungen ein brauchbares Benehmen aufweisen. Von dem Standpunkte
der Regulierung aus sind demnach drei unter 120° gekuppelte Tandemmaschinen als das Ideal zu betrachten, weil sie bei allen
Belastungen ein gleichmässiges Drehmoment ergeben und schnell durchregulieren. Leider ist in Bezug auf Dampf verbrauch diese
Anordnung nur unter Anwendung überhitzten Dampfes konkurrenzfähig, was die Benutzung derselben einigermassen erschwert.
Beim Parallelschalten läuft eine Maschine leer. Da es, wie vorher gezeigt, auf möglichst gleichbleibende Winkelgeschwindigkeit
ankommt, so ist darauf zu achten, dass dieselbe auch bei Leerlauf so gleichmässig als möglich ist, was sich durch entsprechende
Regulierung aller, nicht nur der Hochdruckcylinder erreichen lässt
(vgl. Fig. 25), welches ein Leerlaufsdiagramm mit Regulierung nur am Hochdruckcylinder darstellt und das entsprechende Diagramm Fig. 26 für Regulierung an beiden Cylindern. Die Fig. 25 und 26 sind zwar ideale Diagramme; jedoch stimmen dieselben in den wesentlichen Punkten der Arbeitsverteilung auf die Cylinder mit
von laufenden Maschinen abgenommenen überein.
Textabbildung Bd. 315, S. 799
Fig. 25.
Textabbildung Bd. 315, S. 799
Fig. 26.
Die bisher behandelten Thatsachen lassen sich kurz dahin zusammenfassen, dass Dampfexpansion und Kurbeltrieb ein ungleichmässiges
Drehmoment veranlassen, welches beim Parallelschalten und -laufen Synchronisierströme erzeugt, dass aber der grösste Wert
dieser Ströme (unter der Annahme, dass die Maschinen wirklich in gleicher Phase zusammengeschaltet werden) durch die Schwungmasse
bestimmt und berechnet werden kann und dass endlich diese Ströme im normalen Betrieb ziemlich harmloser Natur sind. Es möge
ferner hervorgehoben werden, dass sich die Extraströme in Maschinen gleicher Umdrehungszahl noch bedeutend dadurch vermindern
lassen, dass man die Maschinen auf gleiche oder um 180° versetzte Kurbelstellung bringt, weil dann die Schwingungen derselben
immer in gleichem Sinne erfolgen, also die Relativschwingungen fast verschwinden.
Ungleichmässigkeiten im Drehmoment können aber noch durch andere Ursachen hervorgerufen werden, nämlich durch unrichtige Regulatorschwingungen.
Die Wichtigkeit dieser ist schon bei der Besprechung des Gleichstrombetriebes betont worden, aber ihre Wirkung ist für Wechselstrombetrieb
sehr viel unangenehmer als für Gleichstrombetrieb. Wenn eine Gleichstrommaschine infolge der erwähnten Schwingungen
1½° voreilt und die andere ebensoviel zurückbleibt, so hat das auf den Betrieb keinen irgendwie bemerkenswerten Einfluss,
weil Extraströme bei parallel laufenden Gleichstrommaschinen nur durch einen Unterschied in der Spannung hervorgerufen werden
und Winkelverschiebungen der Maschinen gegeneinander praktisch ohne Aenderung der Spannung entstehen können. Bei 30poligen
Wechselstrommaschinen dagegen bedeutet die angegebene Winkelverschiebung eine Phasenverschiebung von \frac{30}{2}\,(1\,1/2+1\,1/2)=45^{\circ}. Eine derartige Phasenverschiebung im Augenblick des Parallelschaltens verursacht aber
(wovon man sich durch Anwendung des Diagramms Fig. 24 überzeugen kann) kolossale Extraströme, welche die Maschinen besonders bei Vorhandensein grosser Schwungmassen aufs äusserste
gefährden und ein recht unliebsames, wenn auch imposantes Feuerwerk hervorrufen können.
Die in Rede stehenden Maschinenschwingungen entstehen,um dieselben noch einmal zu kennzeichnen, dadurch, dass der Regulator infolge der Steuerungsrückwirkung oder
– besonders bei Steuerungen ohne Rückdruck, welche empfindliche Regulatoren erfordern – der Ungleichförmigkeit der
Winkelgeschwindigkeit und des Regulator an trieb es in Schwingungen gerät und der Maschine abwechselnd zu viel und zu wenig
Füllung gibt, was infolge Arbeitsüberschusses bezw. mangels Beschleunigung bezw. Verzögerung der Maschine zur Folge hat. Eine
Vermehrung der Schwungmassen ist gegen diese Schwingungen fast wirkungslos. Sie vermindert zwar die Ausschlags weite der Maschinenschwingung
und damit die Stärke der Extraströme, verlängert aber in demselben Verhältnisse deren Zeitdauer infolge des Widerstandes,
welchen die Massen der Beschleunigung durch die Extraströme entgegensetzen.
Wie gross in dem vorliegenden Falle der Winkel α in Fig. 23 und 24 wird, entzieht sich jeder Rechnung, was sofort einzusehen ist aus der grossen Zahl von Umständen, welche die Regulatorbewegung
beeinflussen (vgl. S. 776). Die unrichtigen und unregelmässigen Regulatorschwingungen bilden den Hauptgrund für die Thatsache,
dass bei einzelnen Maschinen das Parallelschalten manchmal anstandslos und glatt von statten geht, während es zu anderen Zeiten
trotz gleicher Aufmerksamkeit der Maschinisten und Schaltbrett Wärter durchaus nicht gehen will.
Die unregelmässigen Regulatorschwingungen lassen sich beseitigen durch Anpassung des Regulators an die Steuerung der Maschine;
dazu gehört: richtige Wahl der Regulatormasse und Reibung, des Ungleichförmigkeitsgrades und der Regulatorbremsung.
Es gelten demnach auch hier die für Gleichstrombetrieb unter Punkt 3 und 4 aufgestellten Regeln. Was die Wahl von δ betrifft, so ist es schon mit Rücksicht auf die Sicherheit der Arbeitsverteilung auf die verschiedenen Maschinen nicht angebracht,
unter 2 bis 2½ % zu gehen. Ausserdem ist Vorrichtung zur Einstellung von δ sehr wünschenswert.
Die Wichtigkeit richtiger Regulatorschwingungen (das sind solche, bei welchen der Regulator immer wieder nahezu in dieselbe
Stellung zurückschwingt) ist auch auf dem Versuchswege von der General Electric Co. in Schenectady, N. Y., erkannt worden und hat W. Emmet, ein Ingenieur dieser Gesellschaft, ein Rundschreiben für den Gebrauch von Montageingenieuren verfasst, in dem folgender Passus
enthalten ist: „Die Hauptschwierigkeit, welcher man beim Parallelbetrieb begegnet, besteht in Schwingungen der gegenseitigen Bewegung beider
Maschinen, welche begleitet sind von periodischen Extraströmen (cross currents) und periodischen Aenderungen der Füllung in
beiden Dampfmaschinen. Neuere Versuche haben uns bewiesen, dass diesen Schwierigkeiten in den meisten Fällen abgeholfen werden
kann durch die einfache Anwendung von Oelbremsen, welche die Wirkung des Regulators genügend dämpfen. Diese Versuche haben
auch gezeigt, dass diese Dämpfung unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht so gross zu sein braucht, dass sie die Geschwindigkeitsregulierung
ernstlich beeinträchtigt. Die Dauer dieser störenden Schwingungen scheint von Umständen abzuhängen, wie Schwungradwirkung,
periodische Ungleichmässigkeiten der Dampfmaschinenkräfte (the period of engine impulses) und Synchronisierkraft der Dynamomaschinen
(die auf S. 777 aufgeführten Regulatoreigenschaften nicht zu vergessen. Der Verf.). Die Grösse der für guten Parallelbetrieb
notwendigen Dämpfung der Regulatoren muss von der Kombination dieser Wirkungen abhängen und ist infolgedessen schwierig vorher
zu bestimmen. Bei Neuausführungen ist es daher im allgemeinen wünschenswert, die Regulatoren durch Versuch einzustellen und sie sollten daher mit Oelbremsen von
reichlicher Grösse ausgestattet werden, welche ohne weiteres auf jeden gewünschten Dämpfungsgrad eingestellt werden können.“
Ungleichmässigkeiten im Drehmoment können ausser durch die Dampfexpansion in Verbindung mit den Eigentümlichkeiten des Kurbeltriebes
und durch Regulatorschwingungen noch hervorgerufen werden durch die Steuerung selbst. Da beim Parallelschalten eine Maschine
leerläuft, so muss auch die Steuerung so ausgebildet sein, dass sie das Einhalten einer festen Umdrehungszahl ohne Schwankungen
bei Leerlauf ermöglicht. Dass die Forderung unveränderlicher Winkelgeschwindigkeit bei allen Maschinen für Leerlauf schwieriger
zu erfüllen ist als für Belastung, geht aus folgendem hervor: Eine und dieselbe kleine Füllungsänderung ruft in der belasteten
Maschine eine kleinere Aenderung der indizierten Arbeit hervor als in der leerlaufenden, wovon man sich durch Aufzeichnen
von Diagrammen leicht überzeugen kann. Ferner verzehrt die belastete Maschine mehr Arbeit als die unbelastete (mit Ausnahme
sehr schnelllaufender Maschinen), so dass eine Aenderung der Arbeit in der leerlaufenden Maschine grössere Geschwindigkeitsänderungen
hervorruft als dieselbe Arbeitsänderung in der belasteten Maschine.
Die Steuerung muss demnach im stände sein, der Dampfmaschine auch beim Leerlauf die für jeden Hub notwendige und genügende
kleine Dampfmenge mit grösster Regelmässigkeit zuzuteilen. Nun hat sich bei den meisten Ausklinksteuerungen herausgestellt,
dass erstens die Wirkung der Ventilbuffer bei den für Leerlauf erforderlichen kleinen Ventilhüben (bezw. Schieberwegen) unsicher
und unregelmässig wird und dass zweitens, namentlich nach Abnutzung der sich abrundenden arbeitenden Kanten, entweder Füllungen
von 0 % erfolgen oder solche, welche für Leerlauf zu gross sind. Diese Steuerungseigenschaften äussern ihre Wirkung wiederum
im Auftreten von Maschinenschwingungen, deren Gefährlichkeit für Parallelbetrieb schon genügend hervorgehoben worden ist.
(Diese Thatsachen sind nach Mitteilungen der Görlitzer Maschinenbau-Aktiengesellschaft der Grund, weshalb diese FirmaDampfmaschinen für Wechselstrombetriebe nicht mit der einfacheren neuen Collmann-Ausklinksteuerung, sondern immer mit der
alten zwangläufigen Collmann-Steuerung ausrüstet.) Ueber Vermehrung der Schwungmasse als Mittel gegen dieselben gilt das unter
Regulatorschwingungen Erwähnte. Der sicherste Weg zur Abhilfe bleibt in solchen Fällen, die Steuerung so arbeiten zu lassen,
wie sie bei Normalbelastung arbeitet. Zu dem Zweck ist das Absperrventil nur wenig zu öffnen, so dass starke Dampfdrosselung
eintritt. Nach erfolgtem Parallelschalten erfolgt die Uebernahme von Arbeit von Seiten der zugeschalteten Maschine nicht wie
sonst durch Belasten des Regulators, sondern durch Oeffnen des Drosselventils. Obwohl dieser Weg sicher ist, führt er doch
eine neue Komplikation ein, und ist es daher vorzuziehen, die Steuerung so auszubilden, dass sie auch an der leerlaufenden
Maschine bei einem Hub genau so arbeitet wie beim vorhergehenden. Ein näheres Eingehen auf diesen Gegenstand würde den Rahmen
der vorliegenden Abhandlung überschreiten.
Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass eine gute, allen Betriebsbedingungen genügende Regulierung nicht nur vom Regulator,
sondern noch von vielen anderen Umständen abhängt. Wer sich daher aus den Preislisten einen
„gleichförmigsten“ oder einen „empfindlichsten“ oder einen
„reibungsfreien“ Regulator oder einen Regulator von „grösster Verstellungskraft“ oder von „höchster Regulierfähigkeit“ oder von
„unübertroffener Konstruktion“ aussucht und dann glaubt, dass er denselben nur auf seine Maschine zu setzen brauche, um ohne weiteres eine vorzügliche Regulierung
zu haben, der befindet sich im Irrtum. Vielmehr müssen Steuerung, Schwungmasse und Aufnehmerinhalte richtig ausgebildet sein
und ausserdem muss der Regulator der Steuerung entsprechend ausgewählt, derselben angepasst und während des Betriebes sorgfältig
eingestellt werden.
Während somit die Federregulatoren in vielen Fällen die zweckmässigste Regulierung liefern werden, so wird doch in anderen
Fällen ein einfacher, aber richtig eingestellter Watt-Regulator einem nicht so gut eingestellten, wenn auch noch so modernen
Federregulator vorzuziehen sein.
(Schluss folgt.)