Titel: | Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 57 |
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Die Dampfmaschinen der Pariser
Weltausstellung.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 37 d. Bd.)
Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Wie schon im Eingange dieses Berichtes erwähnt, haben die Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg und
Maschinenbaugesellschaft Nürnberg, A.-G., eine stehende
Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PSe, eine
stehende Verbundmaschine von 1500 PSe, eine stehende
Dreifach-Expansionsmaschine von 500 PSe und eine
liegende Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PSe
ausgestellt, die sämtlich zum Betreiben zwischen bezw. ausserhalb derCylinder
gelagerter Dynamos dienen. Die Maschinen, von denen die stehenden von dem Werk
Nürnberg, die liegende von dem Werk Augsburg der genannten Firma geliefert wurden,
haben in ihrer vollendeten Form und Ausführung als hervorragende Erzeugnisse des
deutschen Dampfmaschinenbaues allgemeine Anerkennung gefunden.
Textabbildung Bd. 316, S. 57
Fig. 27.Stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PS von der
Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg
A.-G.
Fig. 27 und 28 zeigen
die 2000pferdige stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 775 bezw. 1240 bezw. 1800 mm
Cylinderdurchmesser und 1100 mm gemeinsamen Kolbenhub. Sie ist auf der einen Seite
mit einer 900 Kilo-Watt-Gleichstromdynamo von 500 Volt Spannung der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Schuckert und
Co. in Nürnberg, auf der anderen Seite mit einer 850
Kilo-Watt-Drehstromdynamo von 5000 Volt Spannung derselben Firma direkt gekuppelt.
Bei 83 minutlichen Umdrehungen und 10 at Ueberdruck werden an jede Dynamo normal
1000 PS abgegeben. Die Maschine ist jedoch für 100 minutliche Umdrehungen gebaut und
leistet dabei 2500 PS.
Textabbildung Bd. 316, S. 58
Fig. 28.Stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 2000 PS von der
Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg
A.-G.
Fig. 29 zeigt ein Bild der Maschine. Sie ist auf einer
dreiteiligen Fundamentplatte aufgebaut, deren sechs Lager zur Führung der etwa 14000
kg schweren Kurbelwelle von 380 mm Durchmesser dienen. Das Gewicht der ganzen
Maschine beträgt etwa 240000 kg, wovon 40000 kg auf die beiden Schwungräder kommen.
Die Kurbelwelle ist zweiteilig ausgeführt und an jeder Seite mit einem
Flanschzur direkten Kuppelung der in je zwei Lagern ruhenden Dynamowellen
versehen. Die Gesamtlänge der im ganzen also zehnmal gelagerten Welle beträgt
einschliesslich der beiden Dynamowellen etwa 17 m.
Auf der Fundamentplatte sind zum Tragen der Cylinder je ein gusseiserner gegabelter
Ständer, der die Gleitbahn des Kreuzkopfes trägt, und mit konachsialer entsprechend
grosser Krone versehen ist, sowie zwei Strebesäulen durch kräftige Schrauben
befestigt. Die Kronen der Ständer sind durch gusseiserne Zwischenstücke miteinander
verbunden. Auf diesen Kronen sind die Dampfcylinder zentriert aufgeschraubt, ohne
miteinander selbst in Verbindung zu stehen, wodurch den verschiedenen
Ausdehnungsverhältnissen durch die Wärme Rechnung getragen ist.
Mit Rücksicht auf bequeme Zugänglichkeit der Steuerung ist der Hochdruckcylinder in
der Mitte, der Mittel- [und Niederdruckcylinder dagegen zu beiden Seiten des
Hochdruckcylinders angeordnet.
Hoch- und Mitteldruckcylinder haben eingesetzte Laufbüchsen und einen Dampfmantel,
welcher mit Frischdampf geheizt wird. Bei dem Niederdruckcylinder sind nur die
Deckel geheizt.
Die Dampf Verteilung des Hochdruckcylinders wird durch Doppelsitzventile geregelt.
Als Einlasssteuerung dient eine durch Exzenter bethätigte Auslösesteuerung (D. R. P.
Nr. 96389), welche direkt durch einen Federregulator beeinflusst wird; die
Auslasssteuerung erfolgt durch Wälzungshebel, die von Exzenter zwangläufig
angetrieben werden. Auf der horizontal hinter den Cylindern angeordneten, durch zwei
Schraubenräderpaare angetriebenen Steuerwelle ist zur Erzielung eines ruhigen Ganges
der letzteren, im Hinblicke auf die wechselnd auftretenden Kräfte der
Ventilsteuerung, ein Schwungrad befestigt.
Mittel- und Niederdruckcylinder haben zwangläufig bewegte Corliss-Schieber, die
zufolge der getroffenen Aufstellung beider Cylinder von Exzentern der Kurbelwelle
direkt bethätigt werden.
Zum Antreiben der Maschine dient ein Gleichstrommotor, der mit 600 minutlichen
Umdrehungen etwa 10 PS leistet.
Derselbe bethätigt ein Schaltwerk, dessen Getriebe in den Zahnkranz eines der beiden
Schwungräder eingreift. Zufolge der angeordneten Uebersetzung ist der Motor im
stande, die Maschine in 5 Minuten einmal herumzudrehen.
Zur Erzielung der erforderlichen Luftleere sind hinter der Maschine zwei
doppeltsaugende und einfachdrückende Luftpumpen aufgestellt, die von den Kreuzköpfen
des Mittel- und Niederdruckcylinders durch Schwinghebel angetrieben werden. Hinter
dem Hochdruckcylinder ist der gemeinschaftliche Einspritzkondensator angeordnet.
Zur bequemen Bedienung der Maschine ist die Fundamentplatte mit einer genügenden Anzahl
Stufen und mit Geländern ausgerüstet. Ausserdem sind in der Mitte der Gleitbahnen
und der Mitte der Dampfcylinder zwei rings herum laufende Galerien angebracht und
ist ferner derHochdruckcylinder durch eine Leiter mit Schutzgeländer von oben
zugänglich gemacht.
Textabbildung Bd. 316, S. 59
Fig. 29.Stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 2500 PS von der
Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg
A.-G., gekuppelt mit einer Gleichstrom- und einer Drehstromdynamo der
Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Schuckert & Co.
Die zum Anlassen und Abstellen der Maschine erforderlichen Handräder und Hebel
befinden sich, wie auch die Schmierpressen, Kondenswasserableiter, Manometer,
Tachometer u.s.w., auf der unteren Galerie. Um die Maschine bei jeder Kurbelstellung
anlassen zu können, sind besondere Absperrventile vorgesehen, die durch
Rohrleitungen mit dem Mittel- und Niederdruckcylinder in Verbindung stehen.
Textabbildung Bd. 316, S. 60
Fig. 30.Stehende Verbunddampfmaschine von 1500 PSe, der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und
Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G.
Besondere Aufmerksamkeit ist der Schmierung der Maschine zugewendet. Die Ventile
des Hochdruckcylinders, die Spindeln der Corliss-Hähne, sowie die drei Kolbenstangen
werden durch Schmierpressen mit Oel versehen. Die Schmierung der Triebwerks- und
Steuerungsteile erfolgt durch eine mittels Exzenters betriebene Oelpumpe, die das Schmiermaterial aus
einem im Keller befindlichen Behälter ansaugt und den oberen Ventilbügeln zuführt.
Das hier nicht verwendete Oel tritt mittels Ueberlaufleitung in einen auf der oberen
Galerie untergebrachten zweiten Behälter, der zur Schmierung der hauptsächlichsten
Triebwerksteile, wie Kreuzköpfe, Gleitbahnen u.s.w. dient. Das hier noch
übertretende Oel fliesst in einen dritten Behälter, welcher zur Schmierung der
Hauptwellenlager auf der unteren Galerie vorgesehen ist. Diesen letzten Behälter
verbindet ein Ueberlaufrohr direkt mit dem Saugbehälter. Das ganze zur Schmierung
benutzte Oel wird in den Mulden der Fundamentplatte aufgefangen und in einen
Reinigungsbehälter geleitet, aus dem es in den Saugbehälter zurückfliesst.
Die oben genannte Gleichstromdynamo der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Schuckert und Co. ist eine
Aussenpolmaschine, deren Ankerwickelung als Trommelwickelung ausgeführt ist. Das
Magnetgestell aus weichem Flusseisen ist aus zwei zusammengepassten Hälften
hergestellt.
Zur Stromabnahme dient ein besonderer Stromabgeber, auf welchem Kohlenbürsten
schleifen.
Die ebenfalls zur Maschine gehörige Drehstromdynamo der vorgenannten Firma hat
festliegende Hochspannungswickelung, während das induzierende Magnetsystem, welches
niedrig gespannten Gleichstrom mittels zweier Schleifringezugeführt erhält, den
rotierenden Teil bildet. Das Gehäuse der Maschine ist, um jegliche Verbiegung zu
vermeiden, mit einem System radialer Spannstangen ausgestattet und hat einen inneren
Durchmesser von 5500 mm.
Textabbildung Bd. 316, S. 61
Fig. 31.Stehende Verbunddampfmaschine von 1500 PSe von der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg
und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G.
Die Bauart der in Fig. 30 bis 32 ersichtlichen stehenden Verbunddampfmaschine von 1500 PSe entspricht im wesentlichen derjenigen der
vorbeschriebenen Dreifach-Expansionsmaschine. Sie ist, wie das Schaubild, Fig. 33, erkennen lässt, auf der einen Seite mit einer
1000 Kilo-Watt-Drehstromdynamo von 5000 Volt Spannung der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M.
und auf der anderen Seite mit einer 350 Kilo-Watt-Gleichstromdynamo von 500 Volt
Spannung derselben Firma direkt gekuppelt. Die Drehstromdynamo ist eine
Innenpolmaschine, deren Magnetrad aus vier einzelnen Teilen zusammengesetzt ist, die
Gleichstromdynamo ist eine Aussenpolmaschine.
Textabbildung Bd. 316, S. 62
Fig. 32.Stehende Verbunddampfmaschine von 1500 PSe von der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg
und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G.
Die Hauptabmessungen der Dampfmaschine sind folgende:
Durchmesser des Hochdruckcylinders
865
mm
„ „ Niederdruckcylinders
1330
„
Gemeinsamer Kolbenhub
1100
„
Minutliche Umdrehungszahl
94
„
Die beiden mittels Schwinghebel vom Kreuzkopfe angetriebenen Luftpumpen haben einen
Durchmesser von je 670 mm bei 250 mm Hub.
Das Gewicht der ganzen Maschine beträgt etwa 120000 kg ohne Schwungrad.
Zum Ingangbringen derselben ist ein kleines Schaltrad vorgesehen, in das ein
Schaltwerk der vorbesprochenen Bauart eingreift.
Die Kurbelwelle ruht in vier Lagern der Fundamentplatte und ist an jedem Ende mit
einem Flansch zur direkten Kuppelung mit den Dynamomaschinen versehen.
Die ganze erforderliche Schwungmasse ist in der Drehstrommaschine untergebracht,
deren rotierender Anker ein Gewicht von 54000 kg bei einem Schwungmoment von GD2 = 1000000 kg/qm hat. Im Gegensatz zu der Lagerung der
Dynamomaschinen der Dreifach-Expansionsmaschine istein besonderes Lager
zwischen Dynamo und Dampfmaschine hier nicht vorhanden.
Die 500pferdige stehende Dreifach-Expansionsmaschine (Fig.
34) ist mit einer einphasigen 350 Kilo-Watt-Wechselstrommaschine von 2000
Volt Spannung der Société anonyme „Electricité et
Hydraulique“ in Charleroi direkt gekuppelt.
Die Hauptabmessungen der Maschine sind folgende:
Durchmesser der Dampfcylinder 450, 715
bezw.
1060
mm
Gemeinsamer Kol- benhub.
550
„
Minutliche Um- drehungszahl
142
„
Die ebenfalls mittels Schwinghebel vom Kreuzkopfe aus angetriebene Luftpumpe hat 600
mm Durchmesser bei 200 mm Hub.
Textabbildung Bd. 316, S. 62
Fig. 34.Stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 500 SP von der
Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg
A.-G., gekuppelt mit einer einphasigen 350 Kilo-Watt-Wechselstrommaschine der
Société anonyme „Electricité et Hydraulique“.
Das Gewicht der vollständigen Maschine beträgt 43000 kg. Das rotierende Gewicht des
Ankers beträgt 7000 kg bei einem Schwungmoment von GD2 = 75000 kg/qm. Zur Dampfverteilung des
Hochdruckcylinders dient eine vollkommen entlastete Rider-Kolbenschiebersteuerung,
während der Mittel- und der Niederdruckcylinder mit Flachschiebern ausgerüstet sind. Das
Gesamtgewicht der Wechselstrommaschine beträgt etwa 26000 kg. Das Schwungradvon
3100 mm Durchmesser und 300 mm Breite trägt 36 aus Stahl gefertigte Magnetpole.
Textabbildung Bd. 316, S. 63
Fig. 33.Stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 1500 PSe von der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg
und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G., gekuppelt mit einer Drehstrom- und
einer Gleichstromdynamo der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer
& Co.
(Fortsetzung folgt.)