Titel: | Die Gasbeleuchtung der Pariser Weltausstellung in den Parkanlagen des Marsfeldes und des Trocadéro. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 64 |
Download: | XML |
Die Gasbeleuchtung der Pariser Weltausstellung in
den Parkanlagen des Marsfeldes und des Trocadéro.
Die Gasbeleuchtung der Pariser Weltausstellung in den Parkanlagen
des Marsfeldes und des Trocadéro.
Anlässlich der Ausstellung war man natürlich darauf bedacht gewesen, in all den
offenen oder geschlossenen Räumen, wo nicht die elektrischen Glüh- oder Bogenlampen
die Alleinherrschaft besassen (vgl. Bd. 315, S. 248), durch Gaslicht eine möglichst
ebenbürtige Beleuchtung einzurichten. Unter diesem Gesichtspunkte, oder vielmehr
unter dieser Bedingung hatte man den grössten Teil der Parkanlagen und Gärten des
Marsfeldes und des Trocadéro der Pariser
Gasgesellschaft überwiesen, welche durch ihren Direktor Godot den Entwurf der bezüglichen Beleuchtungsanlage
ausarbeiten liess, nachdem diese Gesellschaft schon lange vorher mit allem Eifer
ebenso zahlreiche als eingehende Studien und Versuche angestellt hatte, um die
geeignetsten Wege und Mittel zu finden, die Leistungsfähigkeit des Gaslichtes zu
erhöhen und gegenüber dem brillanten elektrischen Lichte konkurrenzfähiger zu
machen.
Noch bis zum Jahre 1877 wurde die öffentliche Beleuchtung in Paris ausnahmslos durch
Gaslaternen mit den bekannten Schmetterlingbrennern – sei es, dass dieselben nur
einzeln oder in kleineren oder grösseren Gruppen zur Verwendung kamen – besorgt,
welche in der Stunde einen Gasverbrauch von 140 l aufwiesen, und eine Leuchtkraft
von 1,1 CarcelNach Prof. Dr. Voit ist eine Carcel-Lampe = 0,481
Platineinheiten = 10,40 Hefner-Lampen = 10,02 Girond-Brenner = 7,75
französische Normalkerzen = 8,89 englische Normalkerzen = 7,88 deutsche
Normalkerzen = 8,15 Münchner Normalkerzen.Anm. d. Red. besassen, wonach sich also der
Bedarf an Gas pro Stunde und Carcel auf 127 l stellte. Als aber im genannten Jahre
Jablochkoff die Ermächtigung erhalten hatte, die
Avenue de l'Opéra mit seinen elektrischen Kerzen zu
beleuchten, bestrebte sich die Pariser Gasgesellschaft
mit diesem Fortschritte unverzüglich durch Einführung neuer grosser Brenner in
Wettbewerb zu treten, die man nach der Strasse, wo sie zuerst in Versuch genommen
wurden, mit dem Namen Quatre Septembre belegte. Diese
Brenner lieferten bei relativ geringerem Gasverbrauche bedeutendere Licht mengen als
die älteren, nämlich 13 Carcel bei 105 l. Anlässlich der Ausstellung im Jahre 1889
erhielt die Gasgesellschaft seitens der Stadt Paris die
Ermächtigung, die Gaslampen auf den Bürgersteigen der Avenue
de l'Opéra und auf den Haupt- wie Nebenwegen der Rue de la Paix gegen besonderes Entgelt mit leistungsfähigeren Brennern
einzurichten, deren stündlicher Verbrauch je nach dem Verwendungsorte mit 150 bis
1200 l bemessen war und pro Carcel zwischen 75 und 50 l schwankte. In dieser Zeit
befand sich bekanntlich das Gasglühlicht des Dr. Auer v.
Welsbach noch auf der ersten Entwicklungsstufe und es währte noch bis zu
Ende des Jahres 1891, wo in Frankreich endlich eine gleichmässige und dauerhafte
Form Auer'scher Glühstrümpfe in den Handel gebracht
wurde, die anfänglich nachstehende zwei Typen aufwiesen:
Nr. 1
mit einem stündlichen Gasverbrauch von 80 lbei einer Lichtstärke von
4 Carcel.
Nr. 2
mit einem stündlichen Gasverbrauch von 120 lbei einer Lichtstärke von
6 Carcel.
Hier stellte sich also der Gasbedarf pro Stunde und Carcel nur auf 20 l, was an und
für sich gegenüber der früheren Gasbeleuchtung gewiss einen höchst ansehnlichen
Fortschritt bedeutete. Ueberdies machte das Auer-Licht, welches aber erst im Jahre
1894 in die Pariser Strassenbeleuchtung eingeführt wurde, einen ausserordentlich
befriedigenden Eindruck, namentlich am Concordiaplatz und in den elyseischen
Feldern, wo man eine reichere Flammenzahl aufgewendet hatte. Trotzdem setzte die Gasgesellschaft die seit 1893 im Zuge befindlichen
Versuche zur Verbesserung des Auer-Lichtesununterbrochen fort, so dass sie 1898
bis 1899, also gerade zu jener Zeit, als der Entwurf für die eingangs genannten
Beleuchtungsanlagen auszufertigen war, bereits den Auer-Brenner Nr. 3 mit Glas, der
bei einem stündlichen Verbrauch von 155 l Gas 12,5 Carcel leistete, sowie zweierlei
von Denayrouse angeordnete Glühlichtbrenner ohne Glas,
von denen die eine Form 12 Carcel Leuchtstärke besass bei 160 l stündlichem
Gasverbrauche und die zweite 18 Carcel bei 270 l als die zweckmässigsten für die
Strassenbeleuchtung erprobt hatte. Damals brachte schliesslich die Französische Glühlichtgesellschaft gleichfalls neue
Auer-Brenner ohne Glas, die sogen. Bandsept-Brenner, in
Umsatz, von denen es nachstehende drei Formen gab:
Brenner
B
mit
100 l
stündl.
Gasverbrauch
für
9,0
Carcel
Lichtstärke
„
C
„
150 l
„
„
„
12,5
„
„
„
D
„
3001
„
„
„
22,0
„
„
Von diesen jüngsten Brennergattungen wurden nun für die Parkbeleuchtung des
Ausstellungsgebietes am Marsfelde der zuletzt angeführte Auer-Brenner D, für die Anlagen des Trocadéro hingegen die
leistungsfähigste Type der Denayrouse-Brenner, d. i. jene mit 270 l stündlichem
Gasverbrauch, in Aussicht genommen; zugleich entschloss man sich auf Grund der
günstigen Ergebnisse bezüglicher Versuche, die in Rede stehenden Flammen zwar im
allgemeinen unter dem normalen Gasdruck von 70 mm Wasser, jene in den Hauptalleen
jedoch zur Erzielung der grösstmöglichen Lichtwirkung unter wesentlich höherem
Drucke brennen zu lassen.
Es war eines der Hauptziele der mehrfach erwähnten Versuche, ganz bestimmte
Anhaltspunkte über jenes Verhältnis zu gewinnen, in welchem bei den verschiedenen
Brennersorten Gas und Luft gemengt sein sollten, um die vollkommene Verbrennung des
Gases zu ermöglichen und zugleich die äussersten Lichterträgnisse zu erreichen.
Natürlich liessen sich solche Feststellungen nur mit Hilfe eines Ueberdruckes, sei
es des Gases oder der Luft, gewinnen, und nachdem für Luftüberdruck erst eine
besondere Rohrleitung erforderlich gewesen wäre, für Gasüberdruck aber nicht, so zog
man es vor, lediglich unter Anwendung des letzteren die Proben durchzuführen. In den
nachstehenden zwei Verzeichnissen sind die Ergebnisse ausgewiesen, welche sich bei
der Prüfung der oben angeführten für die Marsfeld- und Trocadérogärten empfohlenen
zwei Brennergattungen herausgestellt haben, und zwar bezieht sich die erstere der
beiden Tabellen auf Apparate, welche für den gewöhnlichen Gasdruck von 70 mm, und
die zweite Tabelle auf solche, die gemeinschaftlich für den Verbrauch von 350 l
unter einem Gasdruck von 200 mm einreguliert und bestimmt waren.
Gas-druckin mm
Stündlicher Ver-brauch in l
Lichtstärke inCarcel
Gasverbrauchpro Carcel in l
Auer
Denayrouse
Auer
Denayrouse
Auer
Denayrouse
50
260,87
220,85
18,94
9,56
18,71
23,10
70
300,00
250,00
20,00
12,10
15,00
20,66
75
318,58
266,66
22,59
13,22
14,10
20,17
100
375,00
288,00
34,60
18,52
10,84
15,55
125
413,19
321,42
42,17
23,21
9,80
13,42
Zu diesen Ziffern ist noch zu bemerken, dass die gewöhnlichen Auer'schen D-Brenner bei einem Gasdruck über
125 mm bereits sehr lebhaft das bekannte Summen hören lassen, welches sich im
allgemeinen bei zu grossem Gasverbrauch einstellt. Auch büssen die Strümpfe sehr an
Haltbarkeit ein, sobald der stündliche Gasverbrauch über 400 l hinausgeht.
Gas-druckin mm
StündlicherVerbrauchin l
Lichtstärke in Carcel
Gasverbrauch pro Carcelin l
Auer
Denayrouse
Auer
Denayrouse
50
188,48
9,00
7,21
20,94
26,14
100
248,27
15,50
15,00
16,01
16,55
150
288,00
27,50
27,70
10,47
10,40
175
321,42
33,87
33,80
9,48
9,51
200
349,51
37,24
37,20
9,38
9,39
225
367,35
39,62
39,07
9,28
9,40
Bei dieser zweiten Versuchsreihe, deren Ergebnisse ersichtlichermassen sehr
gleichmässig und günstig sind, hat sich das Bedürfnis ergeben, den Luftzutritt an
den Brennern in ähnlicher Weise mit Hilfe von Kupferscheibchen ein zuregulieren, wie
dies bei den Auer'schen Brennern Nr. 1, 2 und 3
geschieht. Da hinsichtlich der in Betracht kommenden Beleuchtungsanlagen, wie
bereits früher hervorgehoben wurde, das Bestreben dahin gerichtet war,
aussergewöhnliche Lichtwirkungen zu erzielen, so hatte man von vorhinein Lampen mit
nur einem Brenner nicht in Dienst gestellt, sondern ausschliesslich solche mit 2, 3,
5, 10 und 15 Flammen; hierbei gelangten zur thatsächlichen Verwendung Denayrouse-Brenner von 300 l Bedarf unter gewöhnlichem
und von 350 l Bedarf unter 200 mm Gasdruck, sowie Auer'sche
Bandsept-Brenner von 300 l Verbrauch unter gewöhnlichem und 350 l Verbrauch
unter 200 mm Gasdruck. Um zwischen der äusseren Ausstattung der neu aufzustellenden
Laternen und jener der öffentlichen Strassenbeleuchtung eine gewisse äussere
Uebereinstimmung einzuhalten, und auch aus wirtschaftlichen Gründen beschloss man,
bereits benutzte Lampenformen zu verwenden. Behufs diesfälliger Prüfung und Auswahl
sind der Ausstellungsleitung seitens der Stadt Paris alle bestehenden Muster zur
Verfügung gestellt worden. In Uebereinstimmung der Stadt, der Ausstellungsdirektion
und der Pariser Gasgesellschaft fiel die Wahl auf fünf
Typen, deren Abmessungen und Gasverbrauch in nachstehender Tabelle ausgewiesen
erscheinen:
Halbmesserin cm
Höhe in cm
Gasverbrauchin l
des Unter-teiles
der Ober-teiles
des Glas-körpers
derLaterne
vor derUmge-staltung
nach derUmge-staltung
Nr. 1. Kleine Aus- hilfslaterne
21
32
33
65
140
300
Nr. 2. Gewöhnliche Strassentype
27
39
36
70
140
750
Nr. 3. Strassentype mit geschütztem
Glaskörper
27
39
86
78
750
750
Nr. 4. Type „Quatre Septembre“
35
45
38
80
850
1250
Nr. 5. Grosses Re- fuge-Modell
38
49
46
90
1400
1750
Die aus den Ziffern der letzten Rubrik erhellende, verhältnismässige
Verbrauchsvermehrung war das Ergebnis mehr oder minder einschneidender Abänderungen,
denen man nach mancherlei Studien und Versuchen die verschiedenen Lampenformen
unterzogen hatte. So erstreckte sich beispielsweise diese Aenderung bezw.
Verbesserung an der gewöhnlichen Strassentype (Fig.
1) auf folgende Einzelheiten: Zuvörderst wurde, um den Zutritt der Luft zu
erleichtern, die den untersten Abschluss der Laterne bildende Glasplatte V beseitigt, dagegen erhielt der Oberteil durch den
kegelförmigen Reflektor C einen neuen Abschluss. Ein
zweiter Blechkranz B wurde rings unter den
Abzugsspalten bb1 zur
Verhinderung des Eindringens von Fremdkörpern, namentlich von Staub und Regen,
angebracht; zugleich beseitigte man das flache Abschlussblech ff1, um der Hitze und
den Verbrennungsprodukten auch in der durch ein Kupferblech A abgedeckten Schornsteinkappe den Ausgang finden zu lassen.
Für jene Teile der Beleuchtungsanlage, wo mittels erhöhten Gasdruckes
ausserordentlich reiche Lichtwirkungenaufgeboten werden sollten, waren übrigens
die oben angeführten Laternenmuster noch immer unzureichend, weshalb die Pariser Gasgesellschaft hierfür noch eine besondere, in
Fig. 2 ersichtlich gemachte, sogen. Opéra-Type schuf, welche 0,80 m Durchmesser und 1,40 m
Gesamthöhe besitzt, und bis zu 15 Glühlampen von je 350 l stündlichem Gasbedarf in
sich aufzunehmen vermag. Der Laternenkörper hat sechs bogenförmige Rippen, welche
den aus Rotkupferblech gestanzten Kegel p tragen, der
mit einem aus Messing gegossenen Schornsteinhals n und
der zugehörigen, aus gleichem Material hergestellten Krönung m abschliesst. Die von den sechs Rippen w und
dem Kranze k begrenzten, gleich grossen Felder sind
durch gewölbte Glastafeln abgeschlossen und bilden zusammen eine nach abwärts
gekehrte, am Scheitel um 20 mm abgeplattete Kalotte von 495 mm Halbmesser und 360 mm
Höhe.
Textabbildung Bd. 316, S. 65
Fig. 1.Aeltere verbesserte Pariser Gaslaterne.
Textabbildung Bd. 316, S. 65
Fig. 2.Neue Ausstellungslaterne „Opéra-Type“.
Um das Auswechseln der Strümpfe zu gestatten und die innere
Reinigung der Laterne zu ermöglichen, haben zwei gegenüberliegende Felder die
Einrichtung von Thüren, indem die betreffenden Rahmenstücke t auf der einen Rippe in Scharnieren hängen und auf der anderen hingegen
durch einen Hakenverschluss h festgehalten werden,
welcher in Fig. 2 nebenan besonders dargestellt ist.
Alle sechs Gläser s sind an ihrer Aussenseite von einem
weitmaschigen, aus dünnem, aber sehr zähem Alpakadraht hergestellten Schutzgitter
umgeben, um die Möglichkeit hintanzuhalten, dass im Falle des Bruches einer Scheibe
Personen durch das Niederfallen der Scherben gefährdet werden können. Diese Opéra-Type hat sich nicht nur als Beleuchtungsapparat
im engeren Sinne trefflich bewährt, sondern darf auch vom künstlerischen Standpunkte
aus als sehr gelungen bezeichnet werden; ihr nennenswertester Vorzug ist es aber,
dass sie hinsichtlich der Erleuchtung des Bodens weit günstiger wirkt, als alle
älteren kantigen Formen. Hinsichtlich der weiter oben erläuterten
Konstruktionsverbesserungen an den bis 1899 in Verwendung gestandenen Pariser
Stadtlaternen bleibt noch der interessante und wichtige Umstand anzuführen, dass
unter ganz gleichen Verhältnissen durch die brennenden Gasglühlichter die Temperatur
in den nicht abgeänderten Mustern sich auf 180 bis 230° erhöht, wogegen sie in den
verbesserten Laternen nur auf 70 bis 110° ansteigt. In der Opéra-Type hat sich dieselbe Erhöhung der Temperatur bei den 10flammigen
Laternen zwischen 90 und 110° und bei den 15flammigen zwischen 120 und 160° ergeben,
obwohl letzterenfalls der Gasverbrauch 5 cbm in der Stunde erreicht oder selbst
übersteigt. Während die Opéra-Type lediglich in dem
Netze mit 200 mm Gasdruck zur Benutzung kam, wurden die verbesserten kantigen
Laternen der oben tabellarisch ausgewiesenen fünf älteren Muster in dem Netze mit
niedrigem Gasdrücke verwendet, welcher übrigens im Bereiche der Ausstellungsanlage
gleichfalls gegen den gewöhnlichen Normaldruck in den Pariser Strassenanlagen um 10
mm höher, also mit 80 mm Wasser bemessen wurde. Durch Fig.
3 und 4 werden die Leuchtstärkenkurven der
beiden Hauptlaternengattungen ersichtlich gemacht, und zwar in Fig. 3 jene einer unter 80 mm Druck stehenden,
verbesserten, kantigen Glühlichtlaterne, und in Fig.
4 jene einer unter 200 mm Gasdruck brennenden Opéra-Type. Die in den beiden Abbildungen an den Kurvenenden angesetzten
römischen Ziffern bezeichnen die Anzahl der jeweilig in der Laterne aufgewendeten
Flammen; P in Fig. 3
bezieht sich auf eine Lampe mit nur einem gewöhnlichen Auer-Brenner Nr. 2.
Textabbildung Bd. 316, S. 66
Fig. 3.Lichtstärkenkurven für kantige Glühlichtlaternen unter 80 mm
Gasdruck.
Textabbildung Bd. 316, S. 66
Fig. 4.Lichtstärkenkurven für die Opéra-Type unter 200 mm
Gasdruck.
Zur Erzeugung des für die Brillantbeleuchtung erforderlichen Gasüberdruckes waren
zwei von der Firma Farcots fils gelieferte Flügelrad
Ventilatoren benutzt, welche von je einer besonderen Gasmaschine angetrieben wurden,
und in einem eigenen Pavillon aufgestellt waren, den die Pariser Gasgesellschaft am Quai d'Qrsay,
stromabwärts der Jenabrücke, an der Grenze des Marsfeldes erbaut hatte. Diese
Maschinenanlage, welche Fig.
6 in der Ansicht, Fig. 7 in der Draufsicht und Fig. 8 im
Querschnitte darstellt, bestand also aus zwei nach der Normaltype der Pariser Gaskraftgesellschaft ausgeführten liegenden
Gaskraftmaschinen mit den Gassäcken g, den
Zuströmungsbehältern z und den Behältern m für die Echappements. Jede der beiden Maschinen
besitzt 8 PS und für gewöhnlich eine Geschwindigkeit von 160 Umdrehungen in der
Minute. Das Schwungradr ist zugleich Riemenscheibe
und überträgt als solche die Bewegung direkt auf die Flügelradachse des zugehörigen
Ventilators v (Fig. 6 und 7) derart, dass die
letztere in der Minute 800 Umdrehungen macht.
Textabbildung Bd. 316, S. 66
Gaskompressorenanlage. Querschnitt. Ansicht. Draufsicht.
An der weiteren Einrichtung der überaus einfachen Ventilatoren
ist nichts besonders Erwähnenswertes; sie empfangen bezw. saugen das unter 80 mm
Druck befindliche Gas aas der allgemeinen Zuleitung l1 durch Vermittlung des Zuströmungsrohres
i1 und treiben
dasselbe durch das Abzugsrohr i2 in die Ueberdrucksleitung l2. Dabei war von vorhinein jeder der
beiden Ventilatoren so gewählt und ausgeprüft, dass er allein den für die ganze
Ueberdruckanlage nötigen Gasbedarf, das sind ungefähr 1200 cbm in der Stunde, zu
liefern vermochte. Durch Absperren der in den Röhren i1 und i2 eingesetzten Hähne konnte man in Bedarfsfällen
ohne Verzug den einen oder anderen Ventilator ausser Betrieb stellen und ein
selbstthätiges Wechselventil, welches in ein Verbindungsrohr zwischen l1 und l2 eingelegt war, hatte
die Aufgabe, für den ausserordentlichen Fall, dass beide Ventilatoren oder beide
Gasmaschinen plötzlich untauglich würden, eine unmittelbare Verbindung von l1 zu l2 herzustellen, so
dass die Ueberdruckanlage zwar nur Gas von 80 mm Druck bekäme, aber doch nicht ohne
Leuchtstoff bliebe. An den Ventilatoren sonstige, besondere Regulier Vorrichtungen
anzubringen, hat sich nicht als geboten herausgestellt, da dieselben sozusagen
völlig unabhängig von der Anzahl der brennenden Lampen und mit überraschender
Anpassung an den jeweiligen wirklichen Bedarf gearbeitet haben. Die
Aufstellungsweise und allgemeine Anordnung der Gasmotoren und Ventilatoren ist aus
den drei Abbildungen, wo ja auch alle Hauptabmessungen angemerkt sind, genugsam
deutlich zu ersehen. Dass für die Beobachtung des herrschenden Gasdruckes sowohl in
den Zuströmungsrohren i1 (Fig. 6 und
7) als in den
Abströmungsrohren i2
Manometer eingeschaltet waren, sowie dass behufs der Kontrolle des Verbrauches eine
gemeinsame Gasuhr u1
für beide Gasmaschinen und eine zweite Gasuhr u2 für die Innenbeleuchtung des Maschinengebäudes
vorhanden war, bedarf wohl kaum der besonderen Erwähnung.
Textabbildung Bd. 316, S. 67
Fig. 8.Lageplan.
Nachdem die gesamten in Rede stehenden Beleuchtungsanlagen bereits am 3. April 1900
anstandslos dem Betriebe übergeben worden waren, erfolgten die kommissionellen
Beleuchtungsproben am 5., 10., 12. und 13. April, jedesmal mit befriedigendem
Erfolge. Am 17. April wurde übrigens das Ueberdrucknetz noch besonders geprüft und
hierbei auch die Wirksamkeit des weiter oben erwähnten, selbstthätigen
Kurzschlussventiles durch mehrmaliges, plötzliches Anhalten oder Ingangsetzen der
beiden Ventilatoren bezw. Gasmotoren einer strengen praktischen Erprobung
unterzogen, wobei sich keinerlei Unzuträglichkeiten oder abnormale Erscheinungen
ergeben haben. Bei weiteren, am 1. Mai vorgenommenen Versuchen und Messungen,
während denen sämtliche Flammen des ganzen Ueberdrucknetzes brannten, haben die
höchsten Leckverluste an den beiden äussersten Enden der Leitung, nämlich beim
Wasserschloss im Marsfelde und unmittelbar am Palais Trocadéro, niemals 18 mm überschritten; auf Grund dieser Feststellung
wurde im Maschinenraume der Anfangsdruck ein für allemal mit 220 mm bemessen, um für
alle Fälle und an allen Stellen des Rohrnetzes den gewünschten Minimaldruck von 200
mm zu sichern.
In dem Beleuchtungsnetze mit 80 mm Gasdruck standen im ganzen 893 Kandelaber mit 1243
Laternen und 2967 Flammen in Diensten, welche zusammen 49130 Carcel horizontale
Lichtstärke entwickelten. Von den Kandelabern hatten175 je drei Laternen und
alle übrigen bloss je eine mit 1, 3 oder 5 Brennern. Im Beleuchtungsnetze mit 200 mm
Druck befanden sich 183 Kandelaber mit 375 Laternen und 1652 Flammen, die 41869
Carcel horizontale Lichtstärke leisteten; 121 Kandelaber hatten je eine, 4 je zwei,
22 je drei und 36 je fünf Laternen mit 2, 3, 5, 10, 12 oder 15 Brennern. Der
stündliche Gasverbrauch pro Kandelaber belief sich im erstangeführten Netze auf
mindestens 300 l und höchstens 2250 l, hingegen im Netze mit 200 mm Druck auf
mindestens 1750 l und höchstens 10500 l. Für beide Beleuchtungsanlagen
zusammengenommen ergab sich ein stündlicher Gasverbrauch von 1383200 l, der eine
Lichtmenge von 91000 Carcel lieferte, so dass also für je ein Carcel und Stunde ein
Gasverbrauch von 15,2 l entfällt. Bei den photometrischen Messungen, welche an allen
Beleuchtungsplätzen vorgenommen worden sind, hat sich die hellste Bodenbeleuchtung
mit 28 und die schwächste mit 10 Meterkerzen herausgestellt. Die sämtlichen zur
Verwendung gelangten Kandelaber waren den vorhandenen Vorräten der Stadt Paris
entnommen, lediglich mit Ausnahme der um den Unterbau des Eiffel-Turmes
aufgestellten, welche seitens der Gasgesellschaft neu
angeliefert worden sind. Die örtliche Verteilung der Kandelaber lässt der Lageplan
Fig. 8 des Näheren ersehen.
Bei jenen Brennern, welche 4,70 m oder noch höher über dem Fussboden lagen, wurde das
Anzünden mittels Dauerlichtchen bewerkstelligt, für die im Kandelabersockel eine
eigene Zweigleitung vorgesehen war, welche mit der Brennerleitung in bekannter Weise
durch Doppelhähne in Verbindung stand; diese hinter einem besonderen Verschlusse auf
Manneshöhe angebrachten Hähne konnten nur zwangläufig benutzt werden, d.h. die
Leitung der Dauerlichtchen konnte nur geschlossen werden, nachdem vorher die
Brennerleitung geöffnet worden war, und umgekehrt konnte die Brennerleitung erst
dann geschlossen werden, nachdem man die Leitung der Dauerlichtchen geöffnet hatte.
Ersteres entsprach dem Vorgange beim Anzünden, letzteres jenem beim Ablöschen, und
für beide Fälle war also gesorgt, dass kein störender Irrtum unterlaufen könne. Bei
den übrigen Laternen, deren Brenner niedriger als 4,70 m über dem Erdboden
angebracht waren, geschah das Anzünden mit der Stange,
wofür eigens aus Anlass der Ausstellung eine neue, höchst sinnreich angeordnete
Vorrichtung in Verwendung kam, welche von dem Betriebsleiter Constantin der Pariser Gasgesellschaft
konstruiert und in den Bureaux dieser Anstalt sorgsamst ausgeprobt worden war. Diese
Anzündestange, deren Einzelheiten in Fig. 9 bis 14 dargestellt sind,
besitzt ihren Haupt Vorzug in der beiläufig 20 cm hohen Zündflamme, welche es
gestattet, das obere Stangenende nicht erst in die unmittelbare Nähe der Brenner zu
bringen, so dass also die sonst durch unvorsichtige, falsche Stangenbewegungen
leicht und häufig vorkommenden Zerstörungen von Strümpfen erspart bleiben. Um der
Stange r (Fig. 9 bis 12) ein möglichst
geringes Gewicht zu sichern, ist sie ein Bambusrohr, das am unteren Ende in einem
eisernen Griff bezw. Schuh r1 steckt und eine Gesamtlänge von 2,25 m besitzt. Das obere Stangenende trägt den aus
verzinktem Eisenblech hergestellten Cylinder h1, der in seinem tieferen Teil ein Behältnis m umfasst, in welchem sich Spiritus befindet. Oberhalb
m hat eine kleine Oellampe l von derselben Art, wie sie bereits bei den älteren Anzündevorrichtungen
benutzt wurde, ihren Platz.
Textabbildung Bd. 316, S. 68
Neue Anzündstangen für Gasglühlampen.
Ueber diese Lampe, welche während der Dienstverwendung
natürlich dauernd brennt, wird der als Schornstein und Schutzwand dienende, mit
Zuglöchern versehene Blechcylinder h2 aufgesteckt und mittels Bajonettverschluss i (Fig. 11) befestigt; an
h2 sitzt auch der
zum Oeffnen der Gashähne dienende Haken p. In das
Spiritusgefäss m ist ein Injektorröhrchen t eingesetzt, dessen seitlich angesetztes Mundstück n (Fig. 12)- dem
Oelflämmchen genau gegenüber steht. Ein zweiter Teil der Vorrichtung besteht aus
einer Kautschukbirne k (Fig. 9 und 14), welche mittels
eines 1 m langen, 8 mm starken Gummischlauches g mit
einem Kupferröhrchen j in Verbindung steht, das,
entsprechend befestigt, teils auf der Aussenseite, zumeist jedoch im Inneren der
Stange r, entlang derselben nach aufwärts lauft, oben
das Gefäss m durchdringt, um schliesslich bogenförmig
zurückzukehren (vgl. Fig.
12) und im Deckel von m zu münden. In der
elastischen Birne k (Fig. 14) steckt am
offenen Ende ein sorgsam geprüftes, verlässliches Saugventil v, das wohl Luft in die Birne eintreten, aber nicht austreten lässt. Ein
plötzliches Zusammendrücken der Birne durch die Hand des Lampenanzünders presst die
Luft über g und j nach m und der hierdurchauf der Spiritusoberfläche
entstehende Druck treibt diese Flüssigkeit durch das Röhrchen t nach aufwärts, so dass ein Strahl zerstäubten
Alkohols in die Flamme des Oellämpchens gespritzt und die oben erwähnte Zündflamme
hervorgebracht wird. Mit dieser Vorrichtung lässt sich das Anzünden ebenso leicht
als rasch bewerkstelligen und können mit einer einmaligen Spiritusfüllung 140 bis
160 Laternen bedient werden. Zum Nachfüllen des Spiritus, die in den Dienstzimmern
mittels einer eigenen langhalsigen Kanne zu geschehen hat, ist im Deckel des
Gefässes m die durch eine Schraube verschlossene
Oeffnung q (Fig. 13) vorhanden.
Diese neue Anzündevorrichtung hat sich in jeder Beziehung vortrefflich bewährt.
Es ist nun sicherlich von Interesse, die diesjährige Ausstellungsbeleuchtung in den
Parks- und Wegeanlagen des Marsfeldes und des Trocadéro mit jener der nächst
früheren Pariser Weltausstellung des Jahres 1889 in Vergleich zu ziehen. Nach den
Feststellungen Hipolyte Fontaine's beliefen sich die
damals beleuchteten Grundflächen auf 178000 qm und die Lichtmenge auf 19000 Carcel,
was somit für den Quadratmeter 0,1067 Carcel ergibt. Dieses Mass darf für offene
Räume bereits als ganz nennenswert gelten, wenn man in Betracht zieht, dass von den
Pariser Strassen lediglich die Rue Royale 0,16 und die
Rue de la Paix 1,15 Carcel pro Quadratmeter, also
ein Plus aufweisen, während sich die Lichtmenge pro Quadratmeter des Opernplatzes
nur mit 0,072, der Avenue de l'Opéra und der Rue de Quatre Septembre mit 0,043 und in allen übrigen
Strassen und Plätzen noch geringer beziffert. Bei der diesjährigen Ausstellung
betrug die beleuchtete Grundfläche am Marsfeld 100000 qm und die diesfällige
Lichtmenge 34000 Carcel, wonach auf 1 qm 0,54 Carcel entfielen; in den
Trocadérogärten von 95000 qm belief sich die Lichtmenge auf 37000 Carcel, sonach pro
Quadratmeter auf 0,39. Diese Ziffern sind durchschnittlich 4,7mal so gross als jene
der Ausstellung vom Jahre 1889.
Schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es behufs Einrichtung der oben
geschilderten Beleuchtungsanlagen, sowie für die Bedürfnisse verschiedener
Ausstellungsgebäude und namentlich auch zahlreicher Gasküchen notwendig geworden
war, das bestandene unterirdische Rohrnetz der Gasleitungen innerhalb des in
Betracht kommenden Teiles von Paris (Marsfeld und Trocadéro) vielfach umzulegen, und
um reichlich 20 km zu vermehren. Hierfür wurden ausschliesslich 0,051 bis 0,70 m
starke Bleiröhren in Verwendung gebracht, die innen wie aussen mit einem
Asphaltanstrich überzogen sind. Diese Röhren eignen sich für derartige
vielverzweigte, zumeist provisorische Netze wesentlich besser als gusseiserne, da
sich bei den ersteren namentlich die Rohrverbindungen weitaus einfacher und rascher
herstellen lassen. Nichtsdestoweniger bildet die Promptheit, mit welcher die
besprochenen Anlagen, für welche erst im Februar 1900 mit der Röhrenlegung begonnen
werden konnte, mitten unter Hindernissen und Schwierigkeiten aller Art, bis zum 14.
April fertig gestellt worden war, eine glänzend bestandene Kraftprobe seitens des
unter der Leitung des Oberingenieurs de Montserrat
stehenden äusseren Dienstes der Pariser
GasgesellschaftVgl. J. Laverchère in Le
Génie civil, 1900 Bd. XXXVIII S. 24..