Titel: | Die Gasbeleuchtung auf der Pariser Weltausstellung. |
Autor: | Fr. Liebetanz |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 109 |
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Die Gasbeleuchtung auf der Pariser
Weltausstellung.
Von Fr.
Liebetanz-Düsseldorf.
Die Gasbeleuchtung auf der Pariser Weltausstellung.
Von allen bisherigen Weltausstellungen stand keine annähernd so stark unter dem
Banne der modernen Beleuchtungstechnik, als die letzte Pariser. Das künstliche Licht
zeigte sich in allen seinen Gestalten und Variationen, von der Oellampe, der Benzin-
und Petroleumsparlampe bis zum flutenden Bogenlicht, vom Luftgas–, Spiritus- und
Petroleumglühlicht, vom Washington- und Gasolinlicht bis zum ehrwürdigen
Kohlengaslicht unter niederem und hohen Druck und der blendenden Acetylenflamme.
Dass selbst das jüngste Kindlein der Beleuchtungstechnik, das Nernst-Licht, nicht
fehlte, ist bekannt; mit magischer Gewalt zog es die Fachleute und sonstigen
Interessenten an und liess sich in seinem Tempel bewundern. Indes soll die
elektrische Beleuchtung in diesem Bericht nur vergleichsweise angeführt werden, der
Zweck desselben ist eine Beschreibung der auf der Ausstellung vorhanden gewesenen
nichtelektrischen Lichtarten.
Angesichts der Lichtfülle der nun geschlossenen Ausstellung, muss man sich in der
That wundern, wie die früheren grossen Veranstaltungen gleicher Art mit der
damaligen primitiven Beleuchtung auskommen konnten, denn abgesehen von der Pariser
Ausstellung 1878, welche die erste grössere Beleuchtung mit Jablochkoff-Kerzen
vornahm und der Ausstellung 1889 in Paris, welche das elektrische Licht in grösserem
Umfange heranzog, stand den vorhergehenden nur die offene Steinkohlengasflamme als
höchster Luxus zur Verfügung. Und deshalb kam es einem dieses Jahr in Paris so recht
zum Bewusstsein, was die Beleuchtungstechnik in den letzten 15 bis 20 Jahren für
eine geradezu gigantische Arbeit geleistet hat: die Ausgestaltung des elektrischen
Lichtes, das Auer-Licht, die praktische Einführung des Wassergases, das Pressgas,
Acetylen und Nernst-Licht, um nur die wichtigsten Etappen zu bezeichnen! In Paris
entrollte sich die Geschichte des Beleuchtungswesens der letzten Jahrzehnte in
überraschender Weise vor dem staunenden Beschauer, wenn auch manche Lücke zu
beobachten und manches zu wünschen war, wie z.B. eine viel bessere bezw. stärkere
Beteiligung der Steinkohlengasindustrie. Bedauerlich war es ferner, dass die Klasse
75 für alle Staaten, mit Ausnahme Frankreichs, nicht einmal auf dem Papier stand,
sie war in den meisten Katalogen ganz übergangen und doch umschloss sie nach der
offiziellen Festsetzung „die nichtelektrischen Beleuchtungsarten“. Aus diesem
Grunde mussten sich die Aussteller der fremden Staaten in andere Abteilungen
flüchten. Die einzigen beiden deutschen Aussteller, die noch dazu gemeinschaftlich
ausstellten, die Stettiner
Chamottefabrik-Aktiengesellschaft vorm. Didier
in Stettin und die Berlin-AnhaltischeMaschinenbau-Aktiengesellschaft in Berlin fügten sich
der Ingenieurausstellung ein, obgleich gerade diese
zwei hervorragenden Firmen vortrefflich geeignet gewesen wären, den Mittelpunkt
einer deutschen Klasse 75 zu bilden, aber leider war die so hoch entwickelte
deutsche Gasindustrie im übrigen zu Hause geblieben. Wir möchten bei dieser
Gelegenheit nicht verfehlen, auf die grosse Wichtigkeit hinzuweisen, die eine
vollständige, umfangreiche Ausstellung für das gesamte Beleuchtungswesen hätte, ein
Wettbewerb, der aus dem engbegrenzten Rahmen der Fachliteratur in die Praxis
übertragen würde und nebeneinander die Leistungen der Beleuchtungsbranche aller
Richtungen einen friedlichen, aber jedenfalls sehr nützlichen Wettkampf austragen
lassen würde. Es wurde verschiedentlich auf die grosse Düsseldorfer Ausstellung 1902
hingewiesen, aber das Merkwürdige ist auch hier, dass eine Gruppe für Lichtindustrie
überhaupt nicht vorhanden ist; man wird sich auf verschiedene Effektbeleuchtungen
beschränken – das ist alles. Auch die nächstjährige Wiener Lichtindustrieausstellung
erscheint für obigen Zweck, als verfehlt.
Anscheinend hatte man anfangs der Beleuchtungsindustrie einen Sammelpunkt zugedacht,
was aus der Errichtung des beistehend abgebildeten Gaspavillons zu entnehmen ist.
Derselbe soll nach der ersten Idee etwa doppelt so gross gedacht worden sein, wie er
in Wirklichkeit ausgeführt wurde, aber schliesslich warf die Riesenarbeit des
Arrangements der ganzen Ausstellung auch dieses schöne Projekt über den Haufen und
der dann erbaute Pavillon verunglückte hinsichtlich seines Zweckes vollkommen.
Hierzu mag auch seine durchaus ungünstige Lage, abseits der grossen
Ausstellungsverkehrsadern, an einem ungepflegten, schmalen Wege im Rücken des
Gebäudes für Bergbau und Hüttenwesen, direkt an den Ausstellungszaun der Avenue de la Bourdonnais angrenzend, beigetragen haben.
Höchst stiefmütterlich plaziert, hatte man wohl auch das Bewusstsein, dass der
Besuch des Gebäudes gering sein wird und brachte in demselben, ausser einigen
Beleuchtungskörpern, Gaskochern, Motoren, Gasmessern u.s.w. von nur französischen
Firmen, nichts weiter unter.
Im ersten Stockwerk befand sich der Kongresssaal, der indes für Kongresse nicht
benutzt wurde. Die daselbst befindliche Ausstellung von Modellen, Apparaten,
Zeichnungen, Statistiken, Beschreibungen bot wohl das Interessanteste des Pavillons
und lohnte reichlich wiederholte Besuche. Diese Sammlung war ebenso sorgfältig
arrangiert, als lehrreich. Die drei Ausstellungsräume des Pavillons waren denn auch
in der Regel leer und öde, und die im Keller befindliche Gasküche, welche zum
sofortigen Verzehr verschiedenes Backwerk und Kaffee, sowie einige andere Esswaren
herstellte, machte wohl die schlechtesten Geschäfte aller ähnlichen Speisestellen
der Ausstellung.
Textabbildung Bd. 316, S. 109
Fig. 1.Offizieller Gaspavillon.
Wenn man mit diesem Gebäude den Elektrizitätspalast verglich, das halbe Dutzend
Besucher hier, mit der zahllosen Menge dort, so konnte man das Gefühl der
Enttäuschung, der gänzlichen Unzulänglichkeit des ganzen Arrangements und des
Gebotenen nicht unterdrücken. Alles strömte der elektrischen Beleuchtung entgegen,
am Haupteingang wurde man von derselben in flutender Fülle empfangen und am Ende, am
Wasserschloss, bezauberte sie die allabendlichen Tausende, die fast andächtig auf
endlosen Stuhlreihen mit immer gleicher Geduld ausharrten, mit der fabelhaften
Pracht und Verschwendung ihrer Gaben. Dazu die vielen Stellen, die durch gesonderte
Prunkbeleuchtung mittels der Elektrizität starke Effekte zu erzielen suchten, wie
z.B. am Eingange zu der Klasse für Geographie und Astronomie und das am anderen Ende
des Marsfeldes, dem Wasserschloss entgegengesetzt liegende, viel besuchte Palais
lumineux Ponsin, kurz, ein wahres Loblieb der elektrischen Beleuchtung in
natürlicher Gestalt.
Glücklicherweise brauchte man aber auf dem Marsfelde den Blick nur zu wenden, um sich
von dem feenhaften Bilde des Chateau d'eau in den stillen, ruhigeren Bannkreis der
Gasbeleuchtung zu retten, und, geblendet von dem Meer von Licht, das von den 5600
elektrischen Glühlampen, den 120 Scheinwerfern und den 6 die Firstfigur
beleuchtenden Bogenlampen dieses unvergesslichen Bauwerkes ausging, eine Zuflucht zu
finden unter dem traulichen Scheine des Gasglühlichtes, welches die grosse
Mittelallee zwischen dem Eiffeltürme und dem Wasserschlosse erfolgreich und angenehm
beherrschte. Und ein Umstand war es namentlich, der dem Gaslicht von vorneherein ein
günstiges Prognostikon stellte: es war am Eröffnungstage in vollzähliger Kerzenzahl
vorhanden, während man bekanntlich mit dem elektrischen Lichte die liebe Not hatte,
um wenigstens einen kleinen Teil der riesigen Flächen und Gebäude am ersten Abend
erhellen zu können. Nicht bloss am ersten, nein, fast alle Tage bis zum Schluss der
Ausstellung wurde über die Unregelmässigkeit der Lieferung elektrischen Lichtes
geklagt, und zwar sogar von den Elektrizitätsfirmen selbst. So konnte z.B. die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft die Nernst-Lampen
nicht in voller Anzahl jeden Abend mit der zur Verfügung stehenden Strommenge
speisen.
Das Gaslicht war in der Hauptsache in der oben erwähnten Mittelallee des Marsfeldes
und ferner auf dem Trocadero in Verwendung. Nach uns an Ort und Stelle gemachten
Angaben waren im ganzen 1076 Kandelaber aufgestellt, die 1618 Laternen trugen,
welche wiederum 4619 Brenner enthielten. Hiervon waren 549 Kandelabermit 923
Laternen und 2739 Brennern und Glühstrümpfen auf dem Marsfelde und 527 Kandelaber
mit 695 Laternen und 1880 Brennern und Strümpfen auf dem Trocadero plaziert. Die
Kandelaber trugen 1 bis 3 Laternen und die letzteren 1 bis 15 Brenner. Ueber 10
Brenner besassen nur 66 Laternen und zwar vorwiegend auf dem Marsfelde, alle übrigen
waren mit 1 bis 5 Brennern versehen. Das Gas wurde teils unter gewöhnlichem Druck
von 80 mm, teils unter 200 mm (Pressgas) verbrannt. Die Kompressionsanlage für den
höheren Druck war von der Compagnie Parisienne du gaz
am Quai d'Orsay bei dem Pavillon für Forstwesen errichtet, woselbst die Kompressoren
durch einen Lenoir'schen Gasmotor betrieben wurden. Die
von hier aus bewerkstelligte Pressgasbeleuchtung, die namentlich auf dem Marsfelde
ausgedehnt angewendet wurde, machte einen hervorragenden Eindruck, nicht allein was
Helligkeit anbelangt, sondern auch hinsichtlich der Farbe. An einigen Abenden fiel
dieser Vorzug der Pressgasbeleuchtung sehr ins Auge, da eine ganze Reihe
Glühstrümpfe, die auf Brennern mit niederem Druck sassen, aus irgend welchen Gründen
nur eine geringe Leuchtkraft entwickelten, während das Pressgaslicht tadellos
funktionierte. Es kamen zwei Arten von Glühlichtbrennern in Benutzung:
Bandsept-Brenner D von der Französischen Auer – Gesellschaft und Denayrouze-Brenner von der
gleichnamigen Gesellschaft in Paris. Beides sind Rivalen des eigentlichen
Auer-Brenners, dessen Prinzip ihnen zu Grunde liegt. Der Bandsept-Brenner, nach seinem Erfinder so genannt, ist in Fig. 2 abgebildet.
Textabbildung Bd. 316, S. 109
Fig. 2.Bandsept-Brenner.
Das Wesentlichste an demselben ist die Anordnung dreier
Injektoren CC1C2, von denen jeder für
sich ein gewisses Luftquantum zur Mischung des aus der Oeffnung B einströmenden Gases in die Gaskammer einführt. Da das
nötige Luftquantum nicht auf einmal, sondern nach und nach durch die verschiedenen
in dem unteren Mantel befindlichen Löcher eingesogen wird, soll die Mischung mit dem
Gase viel inniger sein, als bei den übrigen ähnlichen Brennern. Die Oekonomie des
Brenners soll mindestens 25% grösser sein, als die des üblichen Auer-Brenners; in
einzelnen Fällen soll selbst eine um 50 bis 60% höhere nachgewiesen worden sein. Der Brenner von Louis
Denayrouze (Fig. 3) besitzt am Fusse seines
in der Figur nicht gezeichneten Gewindeschaftes vier nebeneinander bezw. um das Rohr
herum angeordnete Luftsauglöcher, die wie beim Bunsen-Brenner die
Gaseinströmungsöffnung umgeben. Die Mischung findet zunächst in dem unteren Teile
des Schaftes statt, und wird in der oberen Erweiterung intensiver vorgenommen, was
ein wesentlicher Teil der Erfindung ist. Der Gasluftstrom wird sodann nicht nur in
das Innere des Strumpfes, sondern auch gleichzeitig äusserlich an demselben
emporgeführt, so dass derselbe von zwei getrennten Flammen umgeben wird. Erst
hierdurch ist es nämlich möglich, auch den oberen Teil des Strumpfes vollkommen
weissglühend zu machen. Die den Gasluftstrom trennende hohle Scheidewand G ist durch Kanäle D mit der
äusseren Luft in Verbindung gesetzt, um auf diese Weise gekühlt zu werden und die
Luft zur Erhöhung der Leuchtkraft des Strumpfes zwischen die beiden, denselben
umspülenden Flammen geleitet zu werden. Der Gasverbrauch des neuen
Denayrouze-Brenners soll für 17 bis 20 Carcel nur 266 l betragen, also pro
Stundenkerze 1,33 bis 1,57 l Gas.
Textabbildung Bd. 316, S. 110
Fig. 3.Verbesserter Denayrouze-Brenner.
Insgesamt funktionierten in 940 Kandelabern 3200 Auer-Brenner System Brandsept D und in 160 Kandelabern 1500
Denayrouze-Brenner. Die ersteren, für 10, 45 und 60 Carcel berechnet, waren einzeln
oder zu mehreren in einer Laterne angeordnet, so dass die Lichtfülle der einzelnen
Laternen zwischen 20 und 180 Carcel schwankte. Die Strümpfe des Pressgaslichtes
hielten durchschnittlich 42 Tage. Die Denayrouze-Brenner ergaben durchschnittlich
eine Leuchtkraft von 28 Carcel, somit zusammen 42000 Carcel oder 420000 Kerzen, und
die Brenner der ersteren Type zusammen 90000 Carcel gleich 900000 Kerzen. Die
Mindestlichtmenge betrug rund 100000 Carcel oder 1 Million Kerzen. Auf dem Marsfelde
allein waren hiervon 60000 Carcel gleich 600000 Kerzen vorhanden, und es dürfte
nicht uninteressant sein, hiermit die Lichtmenge des Wasserschlosses zu vergleichen.
Dieselbe erforderte zusammen 400 Kilo-Watt, die nach den gemachten Mitteilungen etwa
230000 Kerzen erzeugten. Ausser dieser Gasbeleuchtung waren noch verschiedene
andere, minder bedeutende Stellen mit derselben versehen. So erhielten die beiden
Kunstpaläste an ihren Gesimsen eine langgestreckte Kette von Gasflammen, während die
Gebäude der Invalidenesplanade dieselbe Beleuchtung reichhaltig gegliedert und der
Ornamentik der Gebäude angepasst aufwiesen. Der stündliche Gasverbrauch betrug 1383
cbm; die damit beleuchtete Fläche 195000 qm.
Die verschiedenen in Paris zur öffentlichen Gasbeleuchtung benutzten Brenner waren in
dem imposanten Hause der Stadt Paris in Verbindung mit
einem reichen Zahlenmaterial über die Fortschritte des öffentlichen
Beleuchtungswesens der Stadt überhaupt, ausgestellt. Der Brenner Saint-PaulD. p. J. 1899 313 * 31. (Fig. 4) war daselbst in verschiedenen Exemplaren vorhanden, einzeln zu
250 l, zu dreien in einer Laterne vereinigt von zusammen 900 l und zu fünfen
vereinigtvon zusammen 1200 l stündlichem Gasverbrauch. Ferner
Triple-Auer-Brenner von 900 1 und einzelne zu 100 Kerzen, alle sauber in poliertem
Messing oder vernickelt. Die Denayrouze-Brenner waren in der dreiteiligen Anordnung,
zusammen 450 l Gasverbrauch mit Cylindern mit Luftzugsöffnungen und einzeln mit 270
l Konsum ausgestellt. Die Cylinder sassen durchweg auf federnder Unterlage,
teilweise auch die Strumpfhalter.
Textabbildung Bd. 316, S. 110
Fig. 4.Saint-Paul-Brenner.
Der Saint-Paul-Brenner beruht auf
dem Prinzip des Bunsen-Brenners, jedoch mit nach unten sich stark verengender
Mischkammer und Vorwärmung des Glases. Letzteres geschieht in der Kammer ff, durch Anzünden des durch die Oeffnungen
entströmenden Gases, dessen Verbrennungsprodukte durch die Glocken gh abgeführt werden, während durch Zuführung von Luft
durch die Löcher i und von unten durch die Löcher c die Verbrennung wunschgemäss beeinflusst wird. Die
Anzündung der Heizflämmchen geschieht durch die Oeffnung o auf der rechten Seite der Heizkammer. Die Mischluft wird durch die am
Boden der Kammer a angebrachten Oeffnungen eingesogen,
worauf die Mischung mit dem Gase in der Kammer a vor
sich geht. Das oben ausströmende Gemisch wird sofort durch die Kletterflamme (rechts
an dem Brenner) entzündet. Nach der uns gemachten Erklärung, die wir bei einigen
Strassenlaternen bestätigt sahen, wird der Ventilschlüssel zuerst nach rechts
gedreht und mittels der Anzündestange die Flammen 1, 2,
3 rechts unten entzündet; zu gleicher Zeit ist das Gas auch in die Krone
dd getreten, woselbst das den in derselben
angebrachten feinen Oeffnungen entströmende Gas durch die Flammen 4, 5, 6, 7 angezündet wird. Dasselbe geschah
gleichzeitig mittels der Flamme v oben an dem aus der
Mischkammer heraustretenden Gase. Der Ventilschlüssel wird hierauf in vertikale
Richtung gedreht, infolgedessen die Zündflammen verlöschen.
In Funktion befindliche Gasmesser während der Jahre 1890 bis
1899.
Kapäzitat der Messerin Flammen
1890
1891
1892
1893
1894
1895
1896
1897
1898
1899
3
77
49
54
25
34
34
47
34
–
–
5
31202
31212
32981
35122
46190
46572
42140
48825
54098
60923
10
4855
5132
4840
5402
5128
6505
5940
6512
5855
7245
20
1383
1757
1545
1812
1479
1855
1553
1520
1529
1589
30
443
503
422
463
351
558
416
454
491
457
40
323
330
302
332
260
437
341
323
363
328
50
4
4
3
2
6
2
3
2
–
–
60
193
225
191
208
174
253
212
206
199
232
70
96
97
66
112
74
77
80
69
76
79
80
130
150
87
164
104
124
113
117
87
114
100
40
51
45
32
34
65
41
40
55
71
150
31
36
38
30
25
26
26
26
22
18
300
23
21
23
17
12
17
7
12
18
16
400
2
–
5
1
3
5
2
1
3
6
500
3
8
9
–
2
4
2
2
3
5
600
–
2
1
–
–
–
–
2
4
–
800
–
–
–
–
–
1
–
–
–
–
1000
–
–
1
1
–
2
–
–
1
–
1500
–
–
–
–
–
1
–
–
–
–
Ueber die Entwickelung der Pariser Gasbeleuchtung in den letzten Jahren gaben
die ausliegenden Betriebsjournale eingehende, umfangreiche tabellarische Auskunft.
Danach nahmen beispielsweise die Gasmesser in der Stadt zu, wie vorstehende Tabelle
erkennen lässt.
Hieraus geht hervor, dass die Zahl der Gasmesserflammen von 306 211 im Jahre 1890 auf
483 645 im Jahre 1899 gestiegen ist und die Zahl der Gasmesser von 38805 in 1890 auf
71083 in 1899; während sich also die Anzahl der Gasmesser fast verdoppelte (Zunahme
32278), stieg die Flammenzahl nur um 177,434 Stück, also um nicht ganz ⅗. Als
Vergleich sei vermerkt, dass die Zahl der Gasmesser in Berlin bereits Ende 1894
89600 betrug, worunter 62400 städtische und 27200 der Imperial Continental Gasassociation gehörige, die sich allerdings zu einem
kleinen Teil auch in den Vororten befanden. Die Zahl der gesamten
Beleuchtungsflammen betrug im gleichen Jahre 1113000. Wenn deshalb die lebhaften
Klagen über die mangelhafte Beleuchtung der Strassen von Paris immer lauter wurden,
so findet man in vorstehenden Zahlen wenigstens eine teilweise Bestätigung.
Uebrigens erhoffen die Pariser, dass der Glanz der Ausstellungsbeleuchtung den
Gemeinderat veranlassen wird, endlich für eine Besserung in dieser Beziehung zu
sorgen. Andere Tabellen gaben die Zunahme der Gasglühlichtbrenner und Abnahme der
Argand–, Intensiv- und Schnittbrenner mit graphischen Erläuterungen, wobei im
ersteren Falle wiederum die Zahlen für die Auer-Brenner die Konkurrenzfabrikate (Bruleurs à incandescence intensifs) getrennt
aufgeführt wurden. General- und Detailpläne, Photographien und Modelle aus den
Pariser Gasanstalten vervollkommneten die durchaus sehenswerte und übersichtliche
Zusammenstellung.
Textabbildung Bd. 316, S. 111
Fig. 5.Modellanlage der Stettiner Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
Didier in Stettin und der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft in
Berlin. Ladefussboden.
Wie schon erwähnt wurde, war die deutsche Gasindustrie in einer eigenen Gruppe nicht
vertreten, wie sie überhaupt nur durch die beiden gemeinschaftlich in der deutschen
Abteilung für Ingenieurwesen erschienenen Firmen Stettiner
Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
Didier in Stettin und die Berlin-Anhaltische Maschinenbau-Aktiengesellschaft in Berlin repräsentiert
wurde. Dieselben führten ein Modell einer Retortenofenanlage mit schrägliegenden
Betörten (nach Coze) zur Steinkohlengasbereitung mit
automatischer Kohlenmagazinierung und automatischen Kohlen-
undKokstransportvorrichtungen vor. Das Modell (Fig.
5 und 6) war fast regelmässig in Thätigkeit
und zeigte ein Retortenhaus für einen Ofenblock zu fünf Ofenhülsen, jede Hülse
belegt mit neun schrägliegenden Retorten, mit dazu gehörigem Schornstein, sowie
Kohlenmagazin, Einrichtung für die Kohlenzuführung, Kohlenaufbereitungsanlage,
Retortenbeschickung und Einrichtung für den Kokstransport. Mittels eines Elevators
und mit Hilfe mehrerer Transportbänder wird die vergasende Kohle nach dem
Retortenhaus direkt, oder nach dem Kohlenschuppen, oder aber aus dem Kohlenschuppen
nach dem Retortenhause befördert. Durch einen zweiten Elevator wird die ausgegaste
Kohle, der Koks von den Oefen nach der Kokssortieranlage in den Koksbehälter und den
Koksschuppen, oder von diesen nach der Verladestelle transportiert. Die Kohle wird
aus dem Eisenbahnwagen in einen Trichter abgeschüttet, unter dem sich ein
Aufgabetisch bewegt, durch den die Kohle in gleichmässiger Menge in den Brecher und
durch diesen in den Elevatortrog fällt. Der Elevator hebt die Kohle und schüttet sie
entweder auf das Transportband, das zum Retortenhause, oder aber auf dasjenige, das
zum Kohlenmagazin führt. Durch eine verschiebbare Vorrichtung, bestehend aus einem
Rollenwagen, kann die Kohle im Magazin an jeder Stelle von dem Transportband
abgeworfen und im Kohlenmagazin gleichmässig verteilt werden. Unter den
Kohlenspeichern befindet sich ein begehbarer Gang, von welchem aus die für das
Ofenhaus benötigte Kohle aus den einzelnen Fächern des Kohlenspeichers entnommen
werden kann. Im Ofenhause befindet sich ein Kohlenhochbehälter, in welchen die Kohle
mittels des Transportbandes geschüttet wird.
Von dem Kohlenhochbehälter zu den Retortenöfen führt eine Hängebahn, auf der drei
Retortenbeschickungswagen laufen, die durch die am Kohlenbehälter befindlichen
Ausläufe gefüllt werden und vor die zu ladende Retorte geschoben werden, wozu ein
Arbeiter genügt. Ein Arbeiter kann 45 Retorten eines Ofenblockes bedienen.
Das Modell zeigte Vollgeneratorofen mit vorliegendem Generator und automatischer
Wasserverdampfung nach dem System Hasse-Didier. Die
Lage der Retorten in genau berechneter Neigung gestattet das automatische Laden mit
Kohle und das automatische Entleeren der Retorten von der ausgegasten Kohle, des
Koks. Die automatische Wasserverdampfung ermöglicht die vollständigste Ausnutzung
des Heizmaterials und verhindert die Bildung harter Schlacke. Für den Transport des
Koks befindet sich vor den Oefen eine de Brouwer'sche
Transportrinne. Soll eine Retorte entleert werden, so öffnet man deren unteres und
oberes Mundstück und lässt den Koks gegen eine vor den Oefen stehende fahrbare
Schirmwand in die mit Wasser gefüllte Kokstransportrinne fallen. Die Kette der
Transportrinne befördert den innerhalb der Rinne vorgelöschten Koks zu einer zweiten
Rinne, welche ihn zu dem Koksbrecher bringt. Der gebrochene Koks fällt durch den
Brecher in den Elevator, der ihn auf die Schüttelrinne der Sortieranlage befördert,
welche den Koks sodann an die Verkaufsbehälter abgibt. Anderenfalls wird der Koks
durch den Elevator auf das Transportband geschüttet, durch das er in den Schuppen
befördert wird. Auch in diesem Schuppen ist eine Einrichtung vorgesehen, welche den
Koks an jeder Stelle dieses Gebäudes gleichmässig abwerfen und verteilen lässt. Die
Entnahme des Koks aus den einzelnen Fächern des Schuppens geschieht genau so wie im
Kohlenmagazin bei der Kohle. Der Koks fällt von dem verschiebbaren Materialsprender
auf das Transportband, das ihn zum Elevator führt und der weiter das zu verladende
Material zur Sortieranlage schafft.
Textabbildung Bd. 316, S. 112
Fig. 6.Modellanlage der Stettiner Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
Didier in Stettin und der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft in
Berlin. Entladefussboden.
Zum Antrieb der Transportanlage des Modelles diente ein Elektromotor.
Während des internationalen Kongresses war im Gaspavillon auch eine Vorführung des
Salzenberg'schen Kugellichtes vorgesehen. Da
dasselbe bekanntlich gleichfalls zur Kategorie der Pressgasbeleuchtung gehört und
gerade diese der Gasbeleuchtung auf der Ausstellung einen entschiedenen und
glänzenden Erfolg einbrachte, so war es besonders interessant, neben der durch die
Pariser Gesellschaft installierten Pressgasbeleuchtung auch diese ausgezeichnete
deutsche Erfindung zu demonstrieren.
Unmittelbar bei dem Modell der beiden deutschen Gesellschaften, jedoch auf der
Galerie der französischen Abteilung befand sich ein zweites Ofenhausmodell von André Coze in Reims welches gleichfalls verschiedene
Neuerungen bot. Die hauptsächlichste war die Anordnung zur raschen und einfachen
Abführung und Ablöschung des Koks, welche Arbeiten infolge der dabei in das Ofenhaus
dringenden Dämpfe die Arbeiter belästigen. Das Ablöschen des glühenden Koks wird
deshalb nicht innerhalb, sondern ausserhalb des Ofenhauses vorgenommen. Unter dem
Boden des Ofenhauses sind stark geneigte Behälter angeordnet, welche in die
ausserhalb des Ofenhauses befindliche de Brouwer'sche
Rinne führen. Werden nun die Retorten geöffnet, so fällt der Koks in die Behälter
und rutscht infolge deren Neigung rasch und selbstthätig in die Rinne, woselbst die
Ablöschung erfolgt. Eine Belästigung der Arbeiter soll hierdurch vollkommen
vermieden sein. Ferner waren Vorrichtungen vorhanden, die eine genaue Abmessung des
für jede Retorte bestimmten Kohlenquantums ermöglichen. Durch die erstere
Einrichtung hofft man die nötigen Arbeitskräfte dauernder erhalten zu können, da die
Beschaffung derselben immer schwieriger wird.
Die vorgeführte Ladevorrichtung besteht aus einem an der vorderen Ofenwand entlang
beweglichen Gerüst, in dem Förderkörbe so angebracht sind, dass sie sowohl bis zur
obersten Retorte gehoben, als auch bis in einen Kanal gesenkt werden können, der
zwischen dem Ofen und einem längst desselben sich erstreckenden Kohlenlager zu dem
Zwecke angeordnet ist, die Förderkörbe durch das Eigengewicht der Kohle zu füllen.
Hierbei können zwei Förderkörbe an den beiden Enden eines über angetriebene Rollen
geführten Seiles aufgehängt sein, dessen wirksame Länge durch eine Spannvorrichtung
derart geändert werden kann, dass beim tiefsten Stande des einen Förderkorbes der
zweite vor einer beliebigen Retorte steht.
(Schluss folgt.)