Titel: | Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der Weltausstellung Paris. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 165 |
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Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der
Weltausstellung Paris.
Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der Weltausstellung
Paris.
An der Ausstellung von Gas- und Erdölmotoren in Paris haben sich 38
französische, 12 englische, 6 belgische, 5 deutsche, 2 russische, 1
nordamerikanische, 1 schwedische, 1 schweizerische und 1 ungarische Firma beteiligt.
Obwohl die Beteiligung des Auslandes eine verhältnismässig schwache war und
keineswegs immer der Entwickelung und Leistungsfähigkeit der Motorenindustrie
entsprach, was besonders auch von Deutschland gilt, so nahmen doch die Gas- und
Erdölmotoren einen breiten Raum auf der Ausstellung ein. Dass auf dem Gebiet der
Motoren in den verflossenen 10 Jahren seit der letzten Pariser Weltausstellung
gewaltige Fortschritte gemacht worden sind, und dass die Gas- und Erdölmotoren ein
immer grösseres Anwendungsgebiet erobern, kam auf der Ausstellung zum deutlichen –
wenn auch naturgemäss beschränkten – AusdruckIn
diesem Bericht soll zunächst ein Ueberblick über die in Paris ausgestellten
Gas- und Erdölmotoren gegeben werden (Quelle: La
mécanique à l'Exposition de 1900: Les moteurs à goz, à petrole et à air
comprimé par M. Jules Deschamps,
Paris). Da sich hierbei von selbst die Frage erhebt, inwiefern die
Ausstellung ein Gesamtbild der augenblicklichen Bestrebungen des
Gasrnotoren-baues darbietet, so soll im folgenden versucht werden, den
vorliegenden Bericht, soweit hier möglich, zu einem Gesamtbild zu
ergänzen.. Ursprünglich ein Motor für das Kleingewerbe, meist auf
Grossen unter 12 PS beschränkt, mit teuerem Leuchtgas arbeitend, wird der Gasmotor
heute zum Grossgasmotor ausgebaut, mit billigen Gasen, wie Kraftgas, Koksofengas,
Hochofengas, gespeist und mit vorzüglicher Wärmeausnutzung betrieben. Während er als
ortsfester Motor an vielen Orten dem Elektromotor weichen muss, hat er sich als
Lokomobil- und Automobilmotor, mit flüssigen Brennstoffen betrieben, einer
steigenden Verbreitung zu erfreuen, wofür das Verdienst in erster Linie unserem vor
kurzem verstorbenen Landsmann Daimler gebührt.
Wie auf der letzten Ausstellung, so dominiert auch diesmal der Otto'sche Viertakt unter den ausgestellten Gas- und
Erdölmotoren. Dies ist kein Zufall und verdient hervorgehoben zu werden als ein
Zeichen, wie vorzüglich sich Otto's Viertakt für den
Gasbetrieb eignet. Was den Betrieb mit flüssigen Brennstoffen betrifft, so ist dem
Otto-schen der Diesel'sche Viertakt zur Seite getreten.
Ein grosser Fortschritt ist hinsichtlich der Stärke der Motoren zu verzeichnen.
Während auf der Ausstellung im Jahr 1889 eine 100- bis 120pferdige Maschine die
grösste Leistung entwickelte, waren in diesem Jahr ein 500pferdiger Zwillingsmotor
und eine 700pferdige Eincylindermaschine zu sehen, beide für Gichtgas betrieb
eingerichtet. Seinen Ausbau für grosse Kraftleistungen verdankt ja der Gasmotor der
Verwendbarkeit der billigen heizwertarmen Gase, des Kraftgases und insbesondere des
Gichtgases. Eine entscheidende Wendung trat ein mit der Einführung des Gasmotors in
den Hüttenbetrieb. Der grosse Kraftbedarf der Hütten und der billige, im Ueberfluss
vorhandene Kraftvorrat, das Hochofengas, waren es in erster Linie, welche zum Bau
des Grossgasmotors den kräftigsten Ansporn gaben. Die Gasmotorenfabriken nahmen die
neue, ihnen gestellte Aufgabe- auf zwei verschiedene Arten in Angriff. Auf der einen
Seite hielt man an dem bewährten Otto'schen Viertakt
fest,vergrösserte die Cylinder und schuf, indem man zwei bis vier
Viertaktmotoren zusammen auf eine Kurbelwelle arbeiten liess,
Mehrcylinderviertaktmotoren für grosse Leistungen. So führte die Gasmotorenfabrik Deutz z.B. einen viercylindrigen Motor
von 1000 PS aus, dessen Cylinder je eine Leistung von 250 PS entwickeln. Diese
Maschinengattung war auf der Ausstellung durch einen 500pferdigen Zwillingsmotor der
Compagnie française des moteurs à gaz et des
constructions mécaniques vertreten. Was die Grosse der Cylinder betrifft,
so hat die Société Cockerill in Seraing mit ihrem
700pferdigen Eincylindermotor den Nachweis geführt, dass ein Viertaktcylinder von
1300 mm Bohrung trotz der hohen Temperaturunterschiede in demselben und den damit
verbundenen Temperaturspannungen in Betrieb gehalten werden kann – nebenbei ein
Beweis für die geschickte Verteilung der Gussmassen seitens des Konstrukteurs. Der
Cockerill'sche Motor ist der erste und zur Zeit
einzige Eincylinderviertaktmotor dieser Grosse. Auf der anderen Seite hat man den
Viertakt verlassen und ist zum Zweitakt übergegangen, dadurch dass man den Kolben
nicht nur alle vier, sondern alle zwei Takte Arbeit verrichten lässt, und zwar auf
einer und derselben Kolbenseite. Dieses System ist für grosse Kraftleistungen von
Oechelhäuser und Junkers in eigenartiger Weise
durchgebildet worden, unter Beibehaltung des einfachwirkenden Kolbens, wie er vom
Viertaktmotor her bekannt ist. Gehrüder Körting sind
noch einen Schritt weiter gegangen; sie haben den Zweitaktkolben doppeltwirkend
gemacht und einen Gasmotor geschaffen, der genau wie eine Dampfmaschine im Eintakt
arbeitet, also bei jeder halben Umdrehung Arbeit leistet, einmal auf der einen, dann
auf der anderen Seite des Kolbens. Der Doppelzweitaktmotor von Körting ist in dem Werk dieser Firma seit längerer Zeit
im Probebetrieb und hat bei einer Untersuchung, welche Prof. E. Meyer in der Mitte vorigen Jahres vorgenommen hat, sehr schöne
Ergebnisse geliefert. Ein zweicylindriger Doppelzweitaktmotor von 1000 PS für die
Donnersmarckhütte in O.-Schlesien befindet sich im
Bau. Diese bemerkenswerten Zwei- und Eintaktmotoren sind auf deutschem Boden
entsprossen. Sie waren in Paris nicht ausgestellt, wo nur vereinzelte kleine
Ausführungen von Zweitaktmotoren vorhanden waren, denen eine weitergehende Bedeutung
nicht zukommt.
Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Gasmotor seine heutige Stellung der
Einführung des Viertakts durch Otto verdankt. Die Wahl
des Viertakts war ein genialer Griff Otto's. Ein
einziger Cylinder genügt zur Durchführung des Arbeitsvorgangs, zur Herbeischaffung
des frischen Explosionsgemisches, zum Ausstossen der Verbrennungsprodukte und zur
eigentlichen Arbeitsleistung. In dieser Einfachheit liegt ein hochanzuschlagender
Vorzug des Viertaktmotors; er baut sich billig, ist übersichtlich und einfach zu
bedienen, die Eigenwiderstände der Maschine sind klein, weshalb derselben ein hoher
mechanischer Wirkungsgrad eigen ist. In einfachster Weise ist ferner der
Eigentümlichkeit des Gasbetriebs, den hohen Temperaturen, Rechnung getragen. Sie
würden dem Kolben gefährlich, wenn dieser nicht ausreichend gekühlt und sicher
geschmiert würde. Der einfach wirkende Viertaktkolben erfährt eine doppelte
Kühlung, indem er mit der einen Seite stets mit der frischen Luft in Berührung
steht, und indem* er ferner bei jeder Umdrehung einmal in die gekühlte Zone des
Cylinders gelangt. In der zuletzt bezeichneten Stellung erfolgt auch die Schmierung
in sicherster Weise von einer Stelle der Cylinderwand aus, die vor dem Hinzutritt
heisser Verbrennungsgase geschützt ist. In dieser Stellung hat der Kolben
Gelegenheit, sich gleichsam zu erholen und für seine neue heisse Arbeit
vorzubereiten. In der einfachen Art, in welcher die Kühlung und Schmierung trotz den
hohen Temperaturen bewerkstelligt wird, in der hierin begründeten
Betriebssicherheit, in der Einfachheit der ganzen Maschine, in ihrer Billigkeit und
einfachen Wartung liegen die Vorzüge des Viertaktmotors, welche es begreiflich
erscheinen lassen, dass zunächst kein anderes System von Gasmotoren mit ihm
wetteifern konnte. Hieraus erklärt es sich, dass die zum Teil sehr beachtenswerten
Anstrengungen, den Gasmotor als Zweitaktmaschine zu bauen, keinen Erfolg gehabt
haben, so lange es sich nur um kleinere Kräfte gehandelt hat.
Die Sachlage verändert sich aber etwas mehr zu Gunsten des Zweitakts, wenn grosse
Motoren in Frage stehen. Fürs erste macht sich angesichts der grossen
Viertaktcylinder und des schweren Gestänges das Bedürfnis nach besserer Ausnutzung
der Cylinderräume und des Gestänges viel dringender geltend, als es bei kleinen
Motoren der Fall ist. Fürs zweite büsst der Viertaktmotor von einer gewissen Grosse
ab etwas von seiner ursprünglichen Einfachheit ein; man hat es bei dem 700pferdigen
Eincylinderviertaktmotor zur Sicherung gegen Betriebsstörungen, die hier naturgemäss
viel schwerere Folgen mit sich bringen können, als bei kleinen Motoren, für
angezeigt erachtet, den Kolben und das Auspuffventil zu kühlen. Während bei kleinen
Motoren die Einfachheit und billige Herstellbarkeit des Viertaktmotors zu dessen
Gunsten den Ausschlag geben, und da weniger gute Ausnutzung des Cylinderraumes und
Gestänges hiergegen nicht in die Wagschale kommt, muss beim grossen Viertaktmotor
etwas von der Einfachheit desselben preisgegeben werden, und Cylinder und Gestänge
fallen ungemein gross und schwer aus; damit kommt der an sich weniger einfache
Zweitaktmotor dem Viertaktmotor näher. Von welcher Grosse der Zweitakt neben den
Viertakt hin oder mit ihm in Wettbewerb treten kann, ist allein durch die Erfahrung
zu entscheiden. Die Frage des Viertakts und Zweitakts hängt davon ab, von welcher
Grosse an sich der Zweitakt ebenso billig oder billiger baut als der Viertakt, und
ferner, wie er sich im Dauerbetrieb bewährt. Was die gesamte Wärmeausnutzung
betrifft, so hat der Versuch von Prof. E. Meyer an dem
Körting'schen Doppelzweitaktmotor gezeigt, dass sie
bei Kraftgasbetrieb etwa 24% beträgt, also sehr günstig ist. Was auf dem einen Weg,
durch den Ausbau des Viertakts erreicht worden ist, zeigt der Cockerill'sche Eincylindermotor von 700 PS und der
500pferdige Zwillingsmotor auf der Ausstellung, ausserdem der 1000pferdige
Viercylindermotor von Deutz, der nicht ausgestellt war.
Was auf der anderen Seite, durch Einführung des Zwei- und Eintakts, erreicht ist,
davon legen Zeugnis ab der 600pferdige Zweitaktmotor von Oechelhäuser-Junkers in Hörde, von dem zwei Nachbestellungen, die eine im
letzten Halbjahr, in Horde zur Aufstellung gelangt sind, und der Doppelzweitaktmotor
von Körting. Auf beiden Seiten wird weiter gearbeitet;
es sind zur Zeit noch grössere Viertaktmotoren im Bau, als der in Paris
ausgestellte, und auch vom Oechelhäuser-Motor ist eine Ausführung von 1000 PS
geplant. Für die nächste Zeit steht zu erwarten, dass je nach der Eigenart beider
Systeme und den gerade vorliegenden Verhältnissen bald das eine, bald das andere zur
Verwendung gelangt.
Sehr deutlich kamen auf der Ausstellung die Bestrebungen zum Ausdruck, welche in den
letzten 10 Jahren auf die Erhöhung der Wärmeausnutzung in den Motoren gerichtet
worden sind. Erhöhung der Kompression und Vervollkommnung der Mischung haben dazu
geführt, dass der Verbrauch an Leuchtgas auf 450 l von 5000 Kal./cbm und
weniger ermässigt wurde. Die Verbesserung der Wärmeausnutzung ist allgemein, so dass
ohne weiteres von den Fabriken eine Umsetzung von 20 bis 30% der im Gas enthaltenen
Wärme in Nutzarbeit gewährleistet wird. Imeinzelnen ist unter den ausgestellten
Motoren ein für uns Deutsche weniger bekanntes System zu erwähnen, in welchem eine
höhere Wärmeausnutzung durch Verlängerung der Expansion über das Anfangsvolumen der
Verdichtung hinaus erstrebt wird. Es sind dies der Charon-,
Letombe-, Champion- und Duplex-Motor, die
später ausführlicher besprochen werden.
Endlich ragen unter den Erdölmotoren der Diesel-Motor und der Banki-Motor hervor, ersterer durch seine vorzügliche
Verarbeitung fast sämtlicher flüssiger Brennstoffe, vom leichtflüchtigen Benzin bis
zum dickflüssigen Masut, letzterer, ein Benzinmotor Otto'schen Systems, durch seinen geringen Benzinverbrauch. Während in den
Erdölmotoren Otto'scher Bauart, in denen Erdöl und Luft
gleichzeitig angesogen und verdichtet werden, wegen der Gefahr der Vorzündungen nur
niedere Verdichtungsspannungen zulässig sind, hat Banki
diese Gefahr dadurch beseitigt, dass mit Luft und Benzin zugleich feinzerstäubtes
Wasser angesogen wird, das während der Verdichtung von der Verdichtungswärme
verdampft wird und so, indem es dem Gemisch die zur Verdampfung des Wassers nötige
Wärme entzieht, die Temperatur des Gemisches unter der Selbstentzündungstemperatur
hält. Durch Anwendung der inneren Gemischkühlung konnte Banki die Verdichtung in seinem Benzinmotor auf 16 at erhöhen. Auf ganz
andere Weise hat Diesel die Selbstzündungen während der
Verdichtung vermieden und hohe Verdichtungsspannungen ermöglicht, indem er nämlich
Luft und flüssigen Brennstoff getrennt verdichtet, Luft im Arbeitscylinder und
Brennstoff in einer besonderen Brennstoffpumpe, und erst nach Erreichung der
höchsten etwa 35 at betragenden Verdichtung den flüssigen Brennstoff mit Pressluft
allmählich in die hocherhitzte Verbrennungsluft einführt, wo er sich selbst
entzündet und allmählich verbrennt. Der Diesel-Motor ist der einzige Motor mit
allmählicher Verbrennung, der auf der Ausstellung zu sehen war. Die Vorläufer dieses
Systems, die Brayton-, Gardie- u.s.f. Motoren sind von der Bildfläche verschwunden,
da sie wegen der niederen in ihnen angewandten Verdichtungsspannungen höheren
Brennstoffverbrauch aufwiesen als die Otto'schen
Viertaktmotoren. Durch die Anwendung der hohen Kompression hat Diesel dem Motor mit allmählicher Verbrennung seine
heutige Stellung verliehen.
Besonders mag hier noch erwähnt werden ein Verbundmotor von Boser-Mazurier mit zwei im Viertakt arbeitenden Hochdruckcylindern und
einem im Zweitakt arbeitenden Niederdruckcylinder, und als weitere Merkwürdigkeit
ein umsteuerbarer Diesel-Motor.
Die Gleichförmigkeit des Ganges der Gasmotoren, wie er für den Antrieb elektrischer
Generatoren verlangt wird, ist gegen früher erhöht worden nicht allein durch den Bau
von Mehrcylindermotoren mit versetzten Kurbeln, durch Einführung des
doppeltwirkenden Kolbens und des Zweitakts, sondern insbesondere auch durch
Vervollkommnung der Regulierung, welche in ähnlicher Weise wie bei der Dampfmaschine
vollzogen wird. Die Aussetzerregelung wird meist verlassen, wenn es auf grosse
Gleichförmigkeit des Ganges ankommt, und durch Einführung stetiger Regelung ersetzt.
Der Gasmotor kann zur Erzeugung ruhigen elektrischen Lichts und zur
Parallelschaltung von Drehstromgeneratoren verwendet werden, falls man das
Schwungrad für einen Ungleichförmigkeitsgrad von 1/70 im ersteren und von höchstens 1/150 im letzteren
Fall konstruiert. Vor der mehreylindrigen Dampfmaschine hat der Mehrcylindergasmotor
den Vorzug, dass er bei einer Belastungsschwankung dem Regulator rascher folgt, da
jeder Cylinder mit einem Regulator ausgerüstet ist, während bei einer Dampfmaschine
nur die Füllung im Hochdruckcylinder vom Regulator beeinflusst wird.
Als Primärmaschine zur Erzeugung elektrischer Energie nimmt der Gasmotor schon heute
eine bedeutungsvolle Stelle ein; der Wert des Gasmotors in dieser Hinsicht springt
besonders deutlich ins Auge, wenn man an die neu erschlossene Kraftquelle, die
Hochöfen denkt. In den Gichtgasen besitzt ein Hüttenwerk einen Kraftvorrat, dessen
wirtschaftliche Bedeutung nach der Einführung des Gasmotors mit der einer
Wasserkraft vergleichbar ist.
Dass auch an der Vervollkommnung der Kraftgasgeneratoren, an der Erzeugung eines
billigen Gases weiter gearbeitet wird, zeigen sieben solche Apparate, welche
ausgestellt waren: die Generatoren von Taylor, Letombe,
Pierson, Riché, Guénot, Gardie und Lencauchez,
von denen der letztere unter den französischen Erbauern von Generatoren einen
hervorragenden Namen besitzt.
In konstruktiver Beziehung ist zu bemerken, dass der Cylinder meist als
Einsatzcylinder ausgebildet ist, damit er leicht ausgewechselt werden und der
Wärmeausdehnung frei folgen kann. Der Wassermantel wird mit dem Rahmen zusammen aus
einem Stück gegossen, wodurch eine sehr solide Verbindung zwischen Cylinder und
Rahmen entsteht. Die Steuerung erfolgt durch Ventile; das Auspuffventil wird bei
grossen Motoren gekühlt. Beachtenswert ist die eigenartige Steuerung des Oechelhäuser'schen Zweitaktmotors, welche ohne
Zuhilfenahme von Ventilen lediglich durch Schlitze erfolgt, die kranzförmig in der
Cylinderwand angebracht sind und vom Kolben freigelegt und geschlossen werden. Die
Hauptlager bestehen meist aus Weissmetall und haben Ringschmierung. Der Kolben des
700pferdigen Motors und des Körting-schen
Doppelzweitaktmotors ist gekühlt; die Lösung der Aufgabe ist besonders bei dem
ersteren Motor mit grossem Geschick durchgeführt. Auch die Stopfbüchse, welche gegen
hochgespannte und hocherhitzte Gase abzudichten hat, ist ein betriebsfähiges
Maschinenelement des Gasmotors geworden. Der Kolben wird entweder durch Tropföler
oder durch Presspumpen, was jedenfalls bei grösseren Motoren angezeigt ist,
geschmiert. Cylindermantel und Cylinderkopf werden häufig getrennt gekühlt, da der
Cylinderkopf, in welchem die Ventile sitzen, sich sonst leicht verzieht oder wegen
seiner zusammengesetzten Form infolge von Guss- und Temperaturspannungen Risse
bekommt. Die Schwungräder werden, abgesehen von kleinen Ausführungen, nicht mehr
fliegend angeordnet, sondern zwischen zwei Lager gesetzt.
Wir gehen nunmehr zur Beschreibung der einzelnen Motoren über.
A. Gasmotoren.
I. Viertaktmotor.
500 PS-Zwillingsmotor der Compagnie française des moteurs
à gas et des constructiones mécaniques für
Hochofengasbetrieb.Dieser Motor ist neben fünf kleineren 1 bis 40
PS-Motoren derselben Firma ausgestellt, die hier nicht beschrieben werden.
Textabbildung Bd. 316, S. 167
500 PS-Zwillingsmotor der Compagnie française des moteurs à gaz et des
constructions mécaniques.
Von dem 500 PS-Motor sind Aufriss, Grundriss und Seitenschnitt durch Cylinder und
Lager aus Fig. 1 bis
4 ersichtlich.
Fig. 5 gibt das Schaubild eines grösseren
Zwillingsmotors. Der Kühlwassermantel besteht mit dem Maschinenrahmen aus einem
Stück. Der Arbeitscylinder ist von der Seite des Cylinderkopfs her eingesetzt
und kann sich gegen die Kurbelseite hin, wo er durch eine Stopfbüchse
abgedichtet ist, frei ausdehnen.
Im Cylinderkopf sitzen die Einström- und Auspuffventile, je ein Paar, eine
Anordnung, die getroffen ist, damit die Kraft zum Anheben der Ventile kleiner
wird, und damit dieselben länger dicht halten als ein grosses Ventil, das sich
leichter verzieht. Die beiden Auspuffventile sind gekühlt (Zeichnung gekühlter
Auspuffventile vgl. später unter Crossley-Motor). Das eine Auspuffventil wird etwas früher
angehoben, als das andere, um die Kraft zum Anhub des zweiten zu vermindern. Die
Ventile sind nach oben ausziehbar und leicht zugänglich. Die Kolben sind zur
Verminderung der Reibung des Kolbenkörpers mit Weissmetall umkleidet, welches in
schwalbenschwanzförmige Ringnuten eingegossen ist (vgl. später unter Crossley-Motor). Die Kolbenschmierung erfolgt durch
regelbare Schmierpumpen; die Hauptlager besitzen Ringschmierung; die
Kurbelzapfen werden von aussen geschmiert, indem amKurbelarm ein mit diesem
rotierender Schmierring angebracht ist, in den das Oel hineintropft und durch
die Zentrifugalkraft in das Kurbellager gefördert wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 168
500 PS-Zivilingmotor der Compagnie française des moteurs à gaz et des
constructions mécaniques.
Das Anlassen des Motors geschieht mit Druckluft von 6 bis 8 at, die von einem
durch einen kleinen Grasmotor angetriebenen Kompressor erzeugt wird. Die
Maschinenkurbel wird beim Anlassen etwas über die Totlage hinausgestellt, in der
sonst die Zündung erfolgt. Das Anlassventil, welches gesteuert ist, ist in
dieser Lage angehoben. Jetzt lässt man die Pressluft durch Oeffnen eines
Absperrhahns hinter den Kolben treten. Während eines Teils des Anlasshubes hält
der Nocken des Anlassventils das letztere offen; auf dem Rest des Hubs arbeitet
die Druckluft durch Expansion. Auspuff und Ansaugen finden wie gewöhnlich beim
Viertaktspiel statt. Die Verdichtung ist reduziert, was in bekannter Weise
dadurch erreicht wird, dass während des Anlassens das Auspuffventil von einem
Hilfsnocken angetrieben und auf einem Teil des Verdichtungshubes offen gehalten
wird. Während des Anlassens läuft somit der Motor wie eine im Viertakt
arbeitende Druckluftmaschine. Nach einigen Umdrehungen öffnet man den Gashahn.
Ist die erste Zündung erfolgt, so wird die Druckluft abgesperrt, die
Anlasssteuerung und der Hilfsnocken zur Kompressionsverminderung ausgerückt,
worauf sich die normale Kompression und überhaupt der normale Gang des Motors
einstellt.
Reguliert wird der Motor durch Aenderung des Mischungsverhältnisses, indem der
Grosse der Belastung entsprechend die Gasfüllung vergrössert oder verkleinert
wird. Der Regulator verschiebt auf der Steuerwelle eine Hülse, auf welcher ein
schräger Nocken sitzt. Von diesem schrägen Nocken aus empfängt das Gasventil
seine Bewegung und wird je nach der Stellung des Nockens mehr oder weniger lang
und hoch angehoben. Die zutretende Luft steht nicht unter dem Einfluss des
Regulators. Bei Vollbelastung wird somit ein kräftiges gasreiches Gemisch
angesogen, mit Abnahme der Belastung wird das Gemisch immer dünner, die Wirkung
dieser Regulierungsart geht aus der folgenden Versuchsreihe hervor, welche von
Prof. K. Meyer an einem 50 PS-Leuchtgasmotor dieses
Systems, gebaut von der Gasmotorenfabrik Deutz,
ausgeführt wurde (Cylinderdurchmesser 381,2 mm, Hub 0,581 m).
Textabbildung Bd. 316, S. 168
Umdrehung in der Minute; Brems
PS Ne; Indezierte PS; Gasverbrauch für 1 PS-Stunde bezogen auf 0° C und 760
mm
Der untere Heizwert betrug rund 5000 Kal/cbm bei 0° und 760 mm.
Textabbildung Bd. 316, S. 169
Fig. 5.Zwilingsmotor der Compagnie française des moteurs à gaz et des
constructions mécaniques.
Welche Folgen die in Frage stehende Regulierung für den Gasverbrauch hat, geht
aus derjenigen Spalte der Tabelle hervor, welche den Grasverbrauch für die
positive indizierte Pferdekraft enthält. Der Gasverbrauch steigt, wenn das
Gemisch gasärmer wird. Die Zunahme des Gasverbrauchs ist, so lange ein gewisser
Gasgehalt des Gemisches nicht unterschritten wird, verhältnismässig langsam, wie
die Zahlen zwischen Vollbelastung 78,2 PSi und
57,4 PSi zeigen. Bei stärkerer Verdünnung des
Gemisches wird dann der Gasverbrauch in viel rascherem Mass schlechter als
vorher. Diese Verhältnisse überblickt man mit einemmal in der Fig. 6, in welcher der mittlere indizierte Druck
pi+ als
wagerechte Abscissen, der Gasverbrauch für eine positive indizierte Pferdekraft
und Stunde als senkrechte Ordinaten abgetragen sind. Die Ergebnisse, welche mit
der Regulierung durch Aenderung des Mischungsverhältnisses erhalten werden, sind
unter anderem auch deshalb von Interesse, weil man neuerdings dieser
Regulierungsart bei Hochofengasmotoren wieder Aufmerksamkeit zuwendet.
Die Mischung von Gas und Luft erfolgt im Gehäuse des Einströmventils. Das Gemisch
wird durch einen elektrischen Funken gezündet.
Eine Vorrichtung am Regulator sorgt dafür, dass das Gasventil beim Stillstand der
Maschine sicher geschlossen wird. ein Ausströmen des Gases in die Saugleitung
und den Maschinenraum also unmöglich ist.
600 PS-Eincylinderviertaktmotor, System
Delamare-Deboutteville und Cockerill, für Hochofengas, zum unmittelbaren
Antrieb eines Gebläses.
Abmessungen und Gewichte: Motor: Cylinderdurchmesser 1300 mm, Hub 1,4 m,
Durchmesser der Kolbenstange 244 mm, Durchmesser der Treibstange 300 mm.
Durchmesser der Kurbelwelle 460 mm, Gewicht derselben 20 t,
Schwungraddurchmesser 5 m, gewicht 33 t, Gesamtgewicht des Motors 127 t.
Gebläse: Cylinderdurchmesser 1,7 m, Hub 1,4 m, Durchmesser der Kolbenstange 244
mm. Ventile: Lang-Hörbiger auf der einen, Corliss auf der anderen Seite des
Gebläsecylinders.
Dieser Motor bildete zweifellos die grösste Merkwürdigkeit der
Gasmotorenausstellung sowohl wegen seiner Grosse, als wegen der eigenartigen
Konstruktion. Er ist der erste Viertaktmotor mit einem Cylinder von 1300 mm
Durchmesser, und der erste Gasmotor für den unmittelbaren Antrieb eines
Gebläses, das in Tandemstellung hinter dem Motorcylinder liegt, wie dies Fig. 7 zeigt.
Textabbildung Bd. 316, S. 169
Fig. 6.Massstab. Absc. 10 mm = 1 kg/qcm. Ordin. ½ mm = 1 l
Textabbildung Bd. 316, S. 169
Fig. 7.600 PS-Eincylinderviertaktmaschine, System
Delamare-Deboutteville und Cockerill
Das Aeussere des Motors macht einen sehr ruhigen Eindruck. Beim ersten Anblick
fällt sofort die aussergewöhnliche Verbindung von Cylinder und Hauptlager auf.
Beides sind getrennte Gussstücke, die durch vier mächtige Schraubenspindeln
zusammengehalten werden. Diese Trennung erfordert sorgfältige Montage und solide
Fundamente; sie vereinfacht die Giessereiarbeit und den Transport erheblich.
Eine weitere Eigentümlichkeit bildet die Kolbenkühlung, die konstruktiv in sehr
schöner Weise gelöst ist. Das Kühlwasser wird unten am Kolben zu- und abgeführt.
Von der festen Wasserleitung wird dasselbe durch zwei gelenkig verbundene
Rohrstücke zu
dem hin und her gehenden Kolben geleitet. Die Gelenke werden durch
Drehstopfbüchsen gebildet. Eine kleine Pumpe drückt das Kühlwasser durch den
Kolben. Zur Vermeidung von Wasserstössen sind in die feste Zu- und Ableitung
kleine Windkessel eingebaut. Die Kolbenschmierung wird durch Presspumpen
besorgt. Der Kolben ist daher, wie aus dem eben Gesagten hervorgeht, vom
Konstrukteur mit aller Sorgfalt behandelt, um Betriebsstörungen von demselben
nach Möglichkeit fernzuhalten.
Der Cylinderkopf, dessen Form auf dem Bild des Motors deutlich zu sehen ist, ist
ein sehr einfacher Körper, was dadurch erreicht ist, dass die Ventile nach unten
verlegt sind, wo sie das Auge weniger bemerkt. Diese Bauart hat den Vorteil,
dass das Gussstück einfach ausfällt, und dass Temperatur- und Gussspannungen
leichter ertragen werden, andererseits den Nachteil, dass die Ventile schwer
zugänglich sind. Die deutschen Konstrukteure legen auf leichte Zugänglichkeit
der Ventile ein besonderes Gewicht, was an den Motoren von Deutz (vgl. auch den
zuletzt beschriebenen Motor, der nach Deutzer Bauart konstruiert ist), Körting u.a. deutlich erkennbar ist. Das
Auspuffventil ist durch einen Wasserstrom gekühlt.
Für den Eintritt des Gemenges sind drei Ventile vorhanden; vor dem eigentlichen,
im Verdichtungsraum liegenden Einströmventil befinden sich ein Gas- und ein
Luftventil, die beide von ein und demselben Nocken aus gesteuert werden. Die
Einströmquerschnitte für Luft und Gas stehen infolgedessen stets im gleichen
Verhältnis zu einander, die Zusammensetzung des frisch eintretenden Gemisches
bleibt während der ganzen Dauer der Einströmung nahezu unverändert. Gas- und
Luftventil werden durch das davor gelagerte Einströmventil geschützt und bleiben
länger betriebsfähig.
Der Motor wird durch Aussetzer geregelt, indem die Gaszufuhr bei zu raschem Gang
unterbleibt und bloss Luft angesogen wird. Der Regulator kann von Hand verstellt
und damit die Geschwindigkeit geändert werden.
Bei der Konstruktion der elektrischen Zündvorrichtung, welche von der üblichen
Anordnung abweicht, war man auf möglichst sichere Wirkung bedacht. Die
Funkenstrecke liegt in einer Höhlung des Verdichtungsraumes, die von einem
Schieber nach Bedarf geöffnet und geschlossen wird. Die Funken springen
fortwährend über und bewirken, wenn der Schieber die Verbindung mit dem
Verdichtungsraum frei gibt, die Zündung. Die Bewegung des Schiebers, und damit
der Zündungsbeginn, wird während des Betriebs verstellt.
Zum Zwecke des Anlassens wird das innen verzahnte Schwungrad mit dem Trieb einer
Anlasswinde in Eingriff gebracht und von Hand gedreht. Während des Ansaugehubs
wird Benzindampf angesogen und durch weiteres Drehen des Schwungrades
verdichtet. Vor Beendigung des Verdichtungshubes rückt man die Anlasswinde aus
und setzt die Zündung in Thätigkeit. Einmalige Explosion des Benzingemisches
genügt zum Anlaufen.
Der Motor wurde von der Société Cockerill in
bereitwilligster Weise zur Vornahme von Versuchen zur Verfügung gestellt.
Dieselben wurden von Prof. Hubert aus Lüttich in
Gegenwart einer grösseren Anzahl von Ingenieuren und Gelehrten im Cockerill'schen Werk in Seraing ausgeführt. Die
Ergebnisse eines Bremsversuchs mit abgekuppeltem Gebläse sind nachstehend
angeführt:
Umdrehungin derMinute
Zahl derGasansaug.in
derMinute
p
i
N
i
N
e
η
m
Gasverbrauchfür 1 PS u. Std.
Heizwertvon 1
cbmHochofen-gas
indiz.
effekt.
kg/qcm
PS
PS
%
cbm
cbm
94,37
41,90
4,710
786,16
575,00
73,14
2,556
3,495
950
93,20
46,22
4,485
825,81
670,02
81,12
2,560
3,156
950
Von der Gaswärme wurden daher beim ersten Versuch 26,1% in indizierte Arbeit, 19%
in Bremsarbeit verwandelt; beim zweiten Versuch 26% bezw. 21%.
Die Ergebnisse eines Versuchs mit dem Gebläse sind:
kg/qcm
PS
PS
%
cbm
cbm
83,92
36,306
5,163
746,21
562,65
75,41
2,337
3,115
965
93,02
46,51
4,785
886,48
725,19
81,81
2,334
2,854
965
Unter Ne ist im
letzteren Fall die indizierte Gebläsearbeit verstanden. Die Verdichtung im
Motorcylinder betrug 10,4 at abs.
Die Ergebnisse sind sowohl was die Leistung der Maschine (mittlerer effektiver
Druck auf 1 qcm Kolbenfläche p = 3,9 kg/qcm), als
den Gasverbrauch (2,85 cbm Hochofengas für 1 Wind-PS), als den mechanischen
Wirkungsgrad betrifft (81,8% bei Vollbelastung), als sehr günstige zu
bezeichnen.
Eine interessante Beobachtung wurde hinsichtlich der Regulierung gemacht. Wie die
obenstehenden Versuchsergebnisse zeigen, wurde bei dem Vollbelastungsversuch mit
der Gebläsemaschine eine höhere indizierte Arbeit erzielt, als bei dem
Bremsversuch, und zwar dadurch, dass der Gashahn weiter geöffnet, also ein
gasreicheres Gemenge in den Cylinder gesogen wurde. Tourenzahl und mechanischer
Wirkungsgrad waren in beiden Fällen nahezu gleich. Die indizierte Leistung stieg
von 825,81 auf 886,48 PS, der Gasverbrauch für die indizierte Pferdekraft
ermässigte sich von 2,56 auf 2,334 cbm. Beim ersten Versuch mit der
Gebläsemaschine stand der Gashahn noch weiter offen, die Leistung hierbei war
kleiner, der Gasverbrauch wenig geändert. Aus alledem folgt, dass man die
Leistung des Hochofengasmotors durch Aenderung des Mischungsverhältnisses
innerhalb gewisser Grenzen ändern kann, ohne dadurch den Gasverbrauch für die
indizierte Pferdekraft wesentlich zu beeinflussen (vgl. hiermit das auf S. 169
r. Sp. über den Leuchtgasmotor in dieser Hinsicht Gesagte).
Das Verhalten des Gebläsemotors, wenn der normale Winddruck überschritten wird,
ist für den Hochofenbetrieb von grosser Wichtigkeit, da mit einer solchen
Möglichkeit gerechnet werden muss, falls sich z.B. die Windformen am Hochofen
teilweise verstopfen. Man steigerte deshalb bei den Versuchen die normale
Windpressung absichtlich von 450 mm auf 600 mm Quecksilbersäule. Obwohl dabei
der Motor keine Aussetzer mehr machte, blieb er doch nicht stehen, sondern lief
nur langsamer, indem die Umdrehungszahl in der Minute von 94 auf 62 fiel,
während andererseits der mittlere indizierte Druck von 4,79 auf 5,67 kg/qcm stieg.
Auch die Verdichtung wuchs von 10,4 auf 12,5 at abs. Als wichtige Eigenschaft
dieses Motors wurde somit festgestellt, dass derselbe bei Ueberlastung nicht
stehen bleibt, sondern nur langsamer läuft, und dass das Drehmoment an der
Kurbel grösser wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 170
Fig. 8.Zwillingstandemmotor der Firma Cockerill
Durch das kühne Vorgehen der belgischen Konstrukteure ist in erster Linie der
Nachweis erbracht worden, dass Viertaktcylinder von 1300 mm Bohrung dauernd
betriebsfähig sind. Durch Hintereinanderlegen zweier solcher Cylinder entsteht
ein 1200pferdiger Tandemmotor, der vor dem Eincylindermotor grössere
Gleichförmigkeit des Ganges voraus hat, da auf jede Umdrehung der Welle ein
Arbeitsantrieb erfolgt. Drei Motoren dieser Bauart für direkten Antrieb eines
Gebläses Fig. 8. sollen in den Röchlingschen Eisen- und Stahlwerken bei
Diedenhofen aufgestellt werden. Indem zwei 1200pferdige Tandemmotoren mit um
180° versetzten Kurbeln auf eine Welle zusammenarbeiten, entsteht ein
2400pferdiger Zwillingstandemmotor, dessen Welle bei jeder halben Umdrehung
einen Arbeitsantrieb erhält. Diese Bauart ermöglicht ohne Anwendung allzu
grosser Schwungmassen eine Gleichförmigkeit des Ganges, welche eine unmittelbare
Kuppelung der Motorwelle mit einer Dynamomaschine gestattet. Eine derartige
Anordnung, bei der die Dynamomaschine zwischen den beiden Maschinenseiten liegt
und als Schwungrad wirkt, ist von der Firma Cockerill geplant. Eine Skizze gibt Fig.
8.
Für einen Betrieb, der hohe Anforderungen an die Gleichförmigkeit des Ganges
stellt, dürfte sich der grosse Eincylindermotor nicht eignen, da die
Schwungmassen für einen Ungleichförmigkeitsgrad von 1/60 bis 1/70, wie er zur Erzeugung eines
ruhigen elektrischen Lichts erforderlich ist, zu schwer ausfallen. Wiegt doch
das Schwungrad des Gebläsemotors schon 33 t und bewirkt trotz dieses
ungewöhnlichen Gewichts nur eine mässige Gleichförmigkeit. Wenn nun für hohe
Gleichförmigkeit des Ganges ein Mehrcylinderviertaktmotor oder ein Zweitaktmotor
einem grossen Eincylindermotor vorzuziehen ist, wie dies Direktor Münzel von der Gasmotorenfabrik Deutz auf der Hauptversammlung des Vereins deutscher
Eisenhüttenleute im Jahre 1899 (vgl. Stahl und
Eisen) zahlenmässig nachgewiesen hat, so besitzt doch der grosse
Eincylindermotor als Tandemgebläsemaschine unbestreitbare Vorzüge. Durch die
Tandemanordnung wird die Maschine einfach und billig. Diesem Umstand ist es ohne
Zweifel zu verdanken, dass sechsEincylindermotoren der genannten Bauart von
der Société anonyme de Hauts-Fourneaux, Forges et
Carbonnages in Differdingen (Luxemburg) bei Cockerill bestellt worden sind. Zwar ist es nicht zu leugnen, dass
eine Betriebsstörung an dem einen grossen Cylinder den Ausfall von vollen 600 PS
bedeutet, und dass zur Aufrechterhaltung des Hochofenbetriebs ein Ersatzmotor
von 600 PS bereit stehen muss, was nicht der Fall ist, wenn die Gebläsearbeit
auf mehrere kleine Maschineneinheiten verteilt wird. Wie sich der Motor in
dieser Hinsicht bewährt, kann nur längere Betriebserfahrung lehren. Dass die
belgischen Konstrukteure auf Betriebssicherheit ihrer Konstruktion mit grosser
Sorgfalt bedacht gewesen sind, dürfte aus der oben gegebenen Beschreibung,
besonders des Kolbens und der Zündvorrichtung, deutlich hervorgehen. Das Urteil
der Fachleute, welche den Motor bei den Versuchen gesehen haben, ist ein sehr
günstiges.
(Fortsetzung folgt.)