Titel: | Untersuchungen über Torfbriketts. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 225 |
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Untersuchungen über Torfbriketts.
Untersuchungen über Torfbriketts.
Seit einer Reihe von Jahren ist es bekannt, dass aus Torf sich Briketts
herstellen lassen, welche den besten Salonbriketts aus Braunkohle sowohl an Heizwert
als auch wegen des geringen Aschengehaltes wesentlich übertreffen. Es sind nun auch
schon zur Herstellung von Torf briketts Fabriken errichtet, die aber zum Teil wieder
aus Betrieb kamen, da die Entfernung der grossen Wassermengen aus dem Torf, welche
über 90% des anstehenden Torflagers betragen können, zu teuer wird. Zwar wird
gewöhnlich sowohl aus dem Stechtorf als auch aus den Maschinentorfsoden der grösste
Teil des Wassers durch das Lagern der Soden an der freien Luft im Sommer entfernt,
es waraber bisher nicht möglich, den Brikettfabriken zu jeder Jahreszeit und
unter allen Witterungsverhältnissen mit vorgetrocknetem Rohmaterial in ausreichender
Weise zuzuführen. Dann auch ist die vollständige Trocknung der an der Luft
vorgetrockneten Torfsoden mittels der aus der Braunkohlenindustrie bekannten
Trockenapparate sehr teuer und bietet durch die Fasern des Rohmaterials auch
Schwierigkeiten. Die Folge hiervon war, dass die Torf brikettfabriken im Winter
wegen Mangel an trockenem Material meist still liegen mussten, wodurch das hohe
Anlagekapital bei der geringen Produktion keine entsprechende Rente geben
konnte.
Diese Schwierigkeiten sind nun beseitigt, da es Fachleuten gelungen ist, ein
einfaches und billiges Verfahren ausfindig zu machen, nach welchem der nasse Rohtorf
bei jeder Jahreszeit zur Fabrikation von Torfbriketts dienen kann, so dass der
Betrieb der Brikettfabrik ein kontinuierlicher, ganz gleichmässiger und billiger
wird. Nach diesem Verfahren werden die Selbstkosten einschliesslich der
Amortisationsquote und der ganzen Unkosten sich auf 8,0 bis 8,5 M. ab Fabrik
stellen, und bei diesen Selbstkosten eröffnet sich der Torfbrikettindustrie eine
grosse Zukunft.
Bei einer in Oldenburg zu erbauenden Brikettfabrik, wozu die Vorarbeiten bereits im
Gange sind, soll dieses neue Verfahren in Anwendung kommen. Wenn das neue Verfahren
sich bewähren sollte, und dafür sprechen sehr wichtige Momente, so wird die
Ausnutzung der Torflager zur Herstellung von Briketts sicher nicht allein für
Oldenburg, sondern auch für viele andere Gebiete unseres deutschen Vaterlandes, in
welchem sich ebenfalls grosse Torfmoore befinden, von grosser ökonomischer Bedeutung
sein.
Um für die in Oldenburg zu erbauende Brikettfabrik die nötigen Unterlagen zu
schaffen, wurden nicht allein eingehende Untersuchungen des Torflagers nach
Quantität und Qualität ausgeführt, sondern es wurden auch Brikettierungsversuche in
grossem Stile vorgenommen und mit den erhaltenen Torfbriketts ausgedehnte
Heizversuche bei stationären Dampfkesseln wie auch auf Lokomotiven ausgeführt. Die
letzteren Versuche sind noch nicht zum Abschluss gekommen, da die Erfahrung gelehrt
hat, dass die Torfbriketts nur geringen Zug erfordern, und die Feuerung und die
Zugverhältnisse dem Brennmaterial angepasst sein müssen, dagegen haben die
Heizversuche bei einer stationären Kesselanlage sehr interessante und wichtige
Zahlen ergeben. Durch die erhaltenen Resultate ist erwiesen, dass die Torf briketts
nicht allein für den Haushaltsbedarf Verwendung finden werden, sondern dass
dieselben auch für die Industrie sehr zu beachten sind.
Die mittlere Probe aus dem anstehenden 4 bis 5 m mächtigen Torflager hat bei der
chemischtechnischen Untersuchung das folgende Resultat ergeben:
ObererTorf
MittlererTorf
UntereTorf
Wasserverlust beim Liegen, in halb mit Wasserdampf
ge- sättigter Luft
89,64%
88,44%
88,90 %
C = Kohlenstoff
50,22%
51,87%
52,08%
H = Wasserstoff
4,76%
4,34%
4,48%
N = Stickstoff
0,89%
0,88%
0,89%
O = Sauerstoff
32,22%
30,94%
31,09%
S = Schwefel
0,26%
0,24%
0,21%
A = Asche
1,41%
1,15%
1,28%
H2O = Wasser
10,24%
10,58%
9,97%
W = Heizwert
4652
4694
4749
Der mittlere Heizwert des Torfes bezw. der Torfbriketts berechnet sich hiernach zu
4700 Wärmeeinheiten bei nur 1,3% Asche, während Braunkohlenbriketts durchschnittlich
nur 4000 bis 4500 Wärmeeinheiten bei etwa 8 bis 10% Asche haben.
Die Verdampfungsversuche mit Oldenburger Torfbriketts sind bei einem Cornwall-Kessel
von 90,66 qm Heizfläche und 2,04 qm Rostfläche auf der Schachtanlage der
Gewerkschaft Friedrich-Franz zu Lübtheen in Mecklenburg vorgenommen. Der Kessel ist
mit einem Hering'schen Ueberhitzer von 30 qm Heizfläche
und ausserdem mit einem im Rauchkanal liegenden Röhrenvorwärmer von 48 qm Heizfläche
versehen. Zur Zeit der Versuche war der Kessel schon etwa 2 Monate bei
Steinkohlenfeuerung ununterbrochen in Betrieb. Der Kessel hat innere
Planrostfeuerung mit Roststäben von 12 mm Stärke und 6 mm Fugenweite. Während der
Versuche diente der Kessel wie gewöhnlich zum Betriebe verschiedener in der
Kraftabgäbestark schwankenden Maschinen, wobei sich die folgenden Resultate
ergaben:
Zeit derVersuche
12. 12. 1900v. 6,20 h bis 6,20 h
21. 12.v. 11,45 h bis 11,45
Verbrannt an Torf briketts
6456 Stück = 2725,3 kg
10356 Stück = 3790 kg
Asche, Schlack. u. Unverbr.
81,2 kg = 2,98%
95,0 kg = 2,5 %
Verdampftes Speisewasser
15810,27 l
21448,50 l
Temperatur des Speise- wassers im Reservoir
13,1° C.
13,0° C.
im Vorwärmer
76,1° C.
58,6° C.
Durch Abdampf gestei- gerte Wasserwärme.
63,0° C
45,6° C.
Temperatur der äusse- ren Luft
7,6° C.
9,0° C.
Temperatur im Rauch- kanal
189,9° C.
129,0° C.
Mittlerer abs. Dampf- druck
6,71 kg
7,18 kg
Temperatur des gesät- tigten Dampfes
162,8° C.
165,6° C.
Temperatur des über- hitzten Dampfes
262,6° C.
273,8° C.
Zugstärke im letzten
Kesselzug
5,1 mm Wasser- säule
5,6 mm Wasser- säule
Rauchschieber- öffnung 61,6 mm = 0,062
qm
89,1 mm
= 0,089 qm
Rauchgasanalysen CO2 =
13,7%
15,7%
O =
5,6%
2,6%
N =
80,7%
81,7%
Mit 1 kg Briketts an Heizdampf ausvorgewärmtem Wasser
produziert.
5,80 kg
5,66 kg
Mit 1 kg Briketts aus Wasser von 6° C.an gesättigtem
Dampf erzeugt
5,72 kg
5,76 kg
Mit 1 kg Briketts aus Wasser von 0° C. an gesättigtem
Dampf von 100° C. erzeugt
5,83 kg
5,89 kg
Wärmemenge des gesättigten Dampfes
655,15 W
656,01 W
Ueberhitzungswärme
47,95 W
51,99 W
Wärmemenge von 1 kg Heissdampf
703,10 W
708,0 W
Im Speisewasser zugeführte Wärme
63,0 W
45,6 W
Für 1 kg Heissdampf aus den Briketts entnommene
Wärmemenge
640,10 W
662,4 W
Heizwert der Torf briketts
4700,0 W
4700,0 W
Nutzbar gemachte Wärme aus 1 kg Torf briketts
W = 3712,58 = 79,0%
W = 3749,18 = 79,76 %
Luftüberschuss im Feuer aus
\frac{21}{21-79\,\frac{O}{N}}=35,3%
15,7 %
Kaminverluste
W = 462,50 = 9,84%
W = 265,60 = 5,65 %
Verluste durch Asche, Schlacken und
Unverbranntes
W = 110,45 = 2,35 %
W = 235,00 = 5,0 %
Leitungs- und Strahlungsverluste
W = 414,47 = 8,81%
W = 450,22 = 9,59%
Wasser verdampft pro Stunde und 1 qm
Heizfläche
14,51 kg
19,71 kg
Briketts verbrannt pro Stunde und 1 qm
Rostfläche
111,32 kg
154,82 kg
Gegenwärt. Kosten der Lokomotivkohle in Oldenburg
einschl. Fracht pro 1 t
17,84 M.
17,84 M.
Eisenbahnseitiger Wert der Torf- briketts pro 1
t
12,36 M.
12,46 M.
Kosten pro 1000 kg Dampf nach dem bahnseitigen
Brennwert
2,16 M.
2,16 M.
Zu den Ergebnissen ist zu bemerken, dass zeitweise die Anstrengung des Kessels auf
etwa 25 kg Dampf pro Stunde und 1 qm Heizfläche stieg, was ohne Anstand mit den
Torfbriketts bewältigt werden konnte. Dass unter diesen günstigen Ergebnissen der
Torf brikettindustrie eine grosse Zukunft bevorsteht, wenn das neue
Brikettfabrikationsverfahren den begründeten Erwartungen entspricht, ist
zweifellos.