Titel: | Die internationale Ausstellung in Glasgow. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 240 |
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Die internationale Ausstellung in
Glasgow.
Die internationale Ausstellung in Glasgow.
Wie vor dreizehn Jahren, so wird auch laufenden Jahres in dem grossen
schottischen Emporium Glasgow eine internationale
Ausstellung stattfinden, von der man sich, wie der Engineering vom 1. März d. J. mitteilt, einen um so grösseren Erfolg
verspricht, als diesmal die Opfer und Bemühungen der Unternehmung nicht nur der
vorwiegend nützlichen, trockenen Seite der Ausstellung, sondern auch der heiteren,
dem Vergnügen und der Zerstreuung gewidmeten Anlagen und Einrichtungen im
reichlichsten Masse zugewendet sein werden. Man glaubt sich der Ueberzeugung
hingeben zu dürfen, dass die Bewohner Glasgows schon in
Anbetrachtihrer so praktischen Sinnesart die bequeme, reichliche Gelegenheit
sich nicht entgehen lassen werden, aussergewöhnliche künstlerische oder sportliche
Genüsse mit den nutzbringenden Studien verbinden zu können. Es soll also die
diesjährige Glasgower internationale Ausstellung nicht nur einen Wettkampfplatz und
eine Unterrichtsstätte für Handel, Gewerbe und Industrie bilden, sondern nebenbei
auch ein Erholungsort sein, im besten Sinne dieses Wortes. Zu dem Ende sind
beispielsweise für Musik allein 400000 Mk. ausgeworfen und bereits fortlaufende
Reihen von Konzerten der Sousa'schen Kapelle, des
Musikcorps
Textabbildung Bd. 316, S. 241
Hauptfront der Industriehalle auf der Glasgower internationalen Ausstellung
1901
der belgischen Garden, sowie mehrerer deutscher,
russischer, ungarischer und anderer durchwegs hervorragender Musikkapellen des
Kontinentes gesichert. Ein riesiger, besteingerichteter Sportplatz für Radfahrer,
für Hochlandsspiele, für Fussball, Scheibenwerfen, Turnen u.s.w. wird vorhanden
sein, auf dem alle hervorragenden Sportgesellschaften Schottlands eigene
Niederlassungen einrichten. Auch wird während der Ausstellung in der Clydemündung eine internationale Segeljachtregatta zur
Austragung kommen, die in jeder Richtung grossartig werden soll.
„Wie 1888, nur noch besser,“ so lautet also der Wahlspruch der jetzigen
Ausstellungsunternehmung, die in der That alle Anwartschaft besitzt, ihre
Bestrebungen erfolgreich zum Ziele zu führen, da es ihr gelungen ist, M. A. Hedley als obersten Leiter und Sekretär zu
gewinnen, welcher in gleicher Eigenschaft auch schon an der Spitze der vor dreizehn
Jahren stattgehabten Ausstellung stand, die eben ihm in erster Linie ihre
aussergewöhnlich günstigen Ergebnisse zu verdanken hatte. Damals erfolgte die
Eröffnung der vollkommen fertigen Ausstellung genau an dem ursprünglich hierfür in
Aussicht genommenen Tage und es steht zu gewärtigen, dass dieselbe Pünktlichkeit in
der Fertigstellung auch diesmal eingehalten werden wird. Ebenso sicher rechnet man
auf erträgnisreiche Einnahmen, obwohl die Zahl der Besucher bloss auf 6 Millionen
Personen veranschlagt ist, was gegenüber der Pariser Ausstellung allerdings eine
sehr bescheidene Ziffer darstellt. Im Jahre 1888 ergab sich bei dieser Besucherzahl
der gewiss ganz ansehnliche Ueberschuss von 1080000 Mk., welcher durch Beiträge der
Glasgower Bürgerschaft auf die Höhe von 2500000 Mk. gebracht und zur Errichtung
eines Kunstmuseums in Glasgow verwendet wurde, für welches derselbe Betrag bereits
zur Verfügung stand. Dieses mit dem Aufwände von 5 Millionen Mk. in spanischer
Renaissance aus rotem Sandstein erbaute, reiche Kunstschätze enthaltende Museum wird
nun gelegentlich der diesjährigen Ausstellung eröffnet und bildet zugleich den
Hauptstock der übrigen Ausstellungsbauten, die sich rings um das Kunstmuseum
anschliessen. Der Raum, den diese Bauwerke nebst den dazwischen liegenden oder sie
umgebenden Gartenanlagen und Sportplätzen einnehmen, beläuft sich zusammengenommen
auf beiläufig 175 ha und der Platz an sich hätte keine schönere Lage erhalten können
als die, welche er an den Ufern des klassischen KelvinIn der Nähe zieht
über diesen Fluss der technisch hochinteressante 82,5 m lange
Kelvin-Aquädukt des die Nordsee mit dem Atlantischen Ozean verbindenden Forth- and Clyde-Canals hinweg, in einer Höhe
von 5,17 m über der Landsohle, d. s. 25,5 m über dem Meere.Anmerkung der Redaktion., genau gegenüber der
Glasgower prächtigen Universität, einnimmt.
Als Bauleiter und zur Verfassung der Gebäudeentwürfe ist Architekt James Miller berufen worden, der einen erprobten Ruf
besitzt und vor kurzem auch den Bau des königlichen Krankenhauses in Glasgow
zugewiesen erhielt; für die Einzeldurchführungen und namentlich für die
Konstruktionsberechnungen hat man demselben noch den Ingenieur Bonn, aus der Glasgower Firma Babtie und Bonn, beigegeben.
Die drei wichtigsten und ausgedehntesten Ausstellungsgebäude bedecken zusammen eine
überbaute Fläche von 45500 qm; es gehören hierzu die Industriehalle mit 21600 qm
Bodenfläche, dann eine breite Wandelbahn mit 6900 qm und endlich die Maschinenhalle
nebst Kesselraum und Dynamohaus mit 17000 qm überbauter Bodenfläche. Von diesen
Bauwerken bildet die Industriehalle gleichsam den Vordertrakt, die Maschinenhalle
den Hintertrakt und die überdeckte Strasse oder Wandelbahn den Seitentrakt, durch
welchen die beiden ersteren untereinander und mit einer zu den Bahnhöfen führenden
Brücke verbunden werden. Darunter ist die in nebenstehender Figur dargestellte
Industriehalle das grösste und auch äusserlich am sorgfältigsten durchgeführte
Gebäude; dasselbe liegt mit seiner linken Stirnseite dem mehrfach genannten
Kunstmuseum und mit der vorderen Längsfront dem Kelvingrovepark, bezw. der Glasgower
Universität gegenüber; ihre letztgedachte Hauptfront (s. Figur) besitzt 210 m Länge
und die Tiefe des Gebäudes beträgt 108 m. In der Längsmitte der in Uebereinstimmung
mit dem Kunstmuseum gleichfalls in spanischer Renaissance gehaltenen Industriehalle
erhebt sich eine 40,5 m hohe, von einer schlanken Laterne abgekrönte Kuppel, welche
zu oberst eine „das Licht“ darstellende Figur
trägt, deren Scheitel fast genau 60 m über dem Fussboden liegt. Die Kuppel ist
zwischen vier viereckigen, samt ihren Campanilen 54 m hohen Flankentürmen eingebaut,
zwischen denen am Anlaufe der Kalotte, d. i. 30 m über dem Fussboden, nach allen
vier Seiten des von den Türmen gebildeten Quadrates sich eine im Mittel 7,5 m breite
Galerie erstreckt, die nach aussen breite, offene Loggien bildet und interessante
Fernsichten gewährt. Ein 10,5 m breiter, dreithoriger Haupfeingang, mit einem in
Giebelform ausgeführten, 19,5 m hohen, reichgezierten Portikus überbaut, liegt genau
in der mit der Mittelachse der Gebäudefront zusammenfallenden Achse der Kuppel. Die
rechts und links an den Stirnseiten der Industriehalle befindlichen Eingangsthore
sind minder reich geziert, aber in der Hauptanlage dem vorgedachten Prachtthor
nachgebildet. Der die drei Thore des Einganges gemeinsam überspannende,
halbkreisförmige Bogen hat 6 m über dem Fussboden seinen Anlauf und besitzt einen
Halbmesser von 7,5 m. Der Bogen wird flankiert von zwei Pylonen oder vielmehr
schlanken Türmen, deren architektonische Verhältnisse als ganz besonders gelungen
gelten dürfen. Von diesen Pylonen läuft rechts wie links ein gedeckter Loggiengang
bis zu den Ecken des Gebäudes, die gleichfalls von viereckigen, aber breiteren,
gedrungenen Türmen gebildet sind, welche statt Campanilen halbkugelförmige
Abdeckungen tragen. Im Innern besteht die Industriehalle aus drei Längsschiffen,
welche der ganzen 210 m betragenden Hauptausdehnung der Halle entlang gleichmässig
ausgeführt sind, mit Ausnahme des Mittelschiffes, das im Längsmittel des Gebäudes
durch die Tragpfeiler der weiter oben erwähnten Kuppel und durch die vier
eingebauten Türme eine Unterbrechung erfährt. Die von 12 zu 12 m angebrachten, auf
gussstählernen Untergestellen in Gelenken ruhenden Hauptgesperre des Mittelschiffes
der Industriehalle sind aus Stahlblechträgern und haben einen Untergurtbogen von 31
m. Spannweite und 15 m Bogenpfeilhöhe; das von ihnen mittels Pfetten aus
gitterförmigen, stählernen Blechträgern und ebensolchen Sparren getragene
Satteldach, dessen First 18 m über dem Fussboden liegt, ist zu vier Sechstel mit
Glas und zu zwei Sechstel mit geriffeltem Eisenblech eingedeckt. Die beiden
Seitenschiffe der Halle mit kaum geringerer Spannweite, aber mit wesentlich
geringerer Höhe und leichterem Dache haben Hauptgesperre, welche lediglich aus
Holzbalken in der Form amerikanischer Gitterträger ausgeführt sind, die einerseits
auf den stählernen Bogenpfeilern des Mittelschiffes, andererseits auf der Vorder-
bezw. Rückwand der Halle ruhen. Auch die übrigen Konstruktionsteile und namentlich
die Pfetten und Sparren der Nebenschiffdächer sind nur von Holz in Verbindung mit
Gusseisenschuhen, Schliessen und Sprengwerken von Schmiedeisen. Zur entsprechenden
Lüftung sind in allen drei Schiffen entlang den Dachfirsten und an den Anläufen der
Wiegen, bezw. an den Dachsäumen reihenweise Klappfenster angebracht.
Die das Zentrum des Gebäudes bildende Kuppel sollte nach dem ursprünglichen Plane
gleich dem Mittelschiffe der Halle ganz aus Stahlblech ausgeführt werden, da es aber
wegen Arbeitsüberhäufung der Stahlwerke, welche für den Bezug des Rohmaterials in
Betracht gezogen werden konnten, fraglich erschien, ob wohl die gebotenen
Lieferungsfristen sich einhalten liessen, hatte man sich im letzten Augenblicke noch
entschlossen, das gesamte Gerippe und alle Zwischenkonstruktionen aus Holz mit
Schliessen aus Rundeisen und Streben aus Stahlblech herzustellen, wodurch wieder
eine ganz eigentümliche Bauweise illustriert erscheint. Für die eine Höhe von 18 m
besitzenden acht Stützpfeiler der Kuppel sind Hölzer von 300/300 mm Querschnitt
benutzt, die am Fusse in Gussstahlschuhen auf besonderem Grundmauerwerk stehen und
untereinander durch wagerechte, untersprengte Bohlen versteift werden; sie sind
ferner durch eine zweite zurückstehende Reihe Tragpfeiler aus Stahlblech verstärkt,
welche sowohl mit der Konstruktion des anstossenden Mittelschiffes, als mit dem
Mauerwerke und dem Gerippe der vier Flankentürme der Kuppel innig verbunden, eine
gemeinsame Plattform tragen, von der erst die eigentlichen Kuppeigesperre, 16 an der
Zahl, ausgehen. Letztere sind aus Holzbohlen hergestellt und oben durch einen
stählernen Kranz abgeschlossen, auf dem die Eingangs erwähnte, gleichfalls aus Holz
konstruierte Laterne sich erhebt. Zur Verbindung der Kuppeigesperre dienen
Windspreizen und Pfetten aus Bohlen, die innen wie aussen durch zwei übers Kreuz
geschichtete Lagen von 2 cm starken Brettern verschalt und dann aussen noch mit
Blech und innen mit Leinwand und Gips überkleidet sind.
Die Maschinenhalle liegt über 300 m weiter zurück, vor einem ausgedehnten Genuss- und
Sportplatz, mit einer Stirnfront der nach Dumbarton
führenden Landstrasse zugekehrt; sie besitzt eine Länge von 150 m und eine Breite
von 96 m mit einem 34,15 m breiten Mittelschiff, an das sich rechts und links, vom
Hauptschiffe durch einen 2,5 m breiten Gang getrennt, je zwei 14,2 m breite
Nebenschiffe anschliessen. Das Dach des Mittelschiffes wird durch elliptische
Stahlblechgesperre getragen, die sich in Abständen von 12 m folgen und auf
doppelten, 2,5 mvoneinander stehenden, ebenfalls aus Stahlblech gitterförmig
hergestellten Stützpfeilern ruhen, die in der Breiten- wie Längsrichtung
untereinander durch elliptische Gitterblechträger verbunden sind und in der Höhe von
3,6 m oberhalb des Fussbodens eine, nach der ganzen Länge der Halle verlaufende, 4,8
m breite Galerie tragen. Beide auf diese Weise unter den Dachwiegen des
Mittelschiffes und des nächstanstossenden Nebenschiffes gewonnenen langgestreckten
Räume, die an mehreren Stellen mit dem Erdgeschoss durch Treppen in Verbindung
stehen, werden gleichfalls zur Unterbringung ausgestellter Maschinen Verwendung
finden. Die Decken der Nebenschiffe werden von pyramidenförmig sich abschwächenden
Stahlblechsäulen gestützt, die gegenseitig durch Kastenträger verbunden sind, an und
in welchen die gesamten Kraft- und Beleuchtungskabel, sowie Dampfleitungen u.s.w.
ihren Platz erhalten sollen. Die Dachgesperre sind im wesentlichen aus Holz,
verstärkt durch Stahlblechverspreizungen und Sprengwerke aus Rundeisen. In allen
fünf Schiffen der Maschinenhalle gleicht die Eindeckung aus Glas und gerilltem
Eisenblech ganz der in der Industriehalle angewendeten. Durch eine beiläufig 35 m
lange, in gleichbleibender Ausführung hergestellte Fortsetzung der beiden
Nebenschiffe an der südöstlichen Ecke der Maschinenhalle wird der Dynamosaal
gewonnen, während das 61,2 m lange und 21,0 m breite Kesselhaus an der Westseite
frei angebaut ist, und mit den mechanischen Kohlenrampen 1328 qm Raum einnimmt.
Gegenüber der Maschinenhalle befinden sich – jenseits der nach Dumbarton führenden
Landstrasse – die Anhaltestationen mehrerer der in Glasgow mündenden Eisenbahnen,
weshalb hier über die Strasse für die Ausstellungsbesucher eine besondere, 12 m
breite, dreifelderige Uebergangsbrücke hergestellt wurde, deren Mittelfeld die freie
Spannweite von 19,5 m besitzt. Der Rost dieses Brückenfeldes ruht auf drei
parallelen Cantilever-Trägern, die auf gusseisernen, mit Fusskreuzen in den Boden
eingelassenen Säulen getragen werden. Zur Verbindung dieser Brücke mit der
Maschinenhalle einerseits und der Industriehalle andererseits dient die mehrfach
bereits erwähnte Wandelbahn, die eben auch nichts
weiter ist, als eine einschiffige, 22,5 m breite, 300 m lange, teils mit Glas, teils
mit geripptem Eisenblech gedeckte, aus Holz ausgeführte Halle. Die das Dach
tragenden, 4,5 m voneinander befindlichen Hauptgesperre sind halbkreisförmige
Bohlenbögen; der First des darauf ruhenden Satteldaches liegt 12 m über dem
Fussboden.
Unter den zahlreichen anderweitigen, weniger ausgedehnten Bauwerken, welche von der
Ausstellungsuntemehmung ausgeführt werden, verdient noch eine Konzerthalle besondere
Erwähnung, insofern dieselbe in der Form einer geschlossenen Rotunde von 43 m
Durchmesser sowohl architektonisch als konstruktiv sehr interessant ausgeführt ist.
Das Gerippe dieses Baues besteht lediglich aus einem Stahlträgergerüste, das durch
ein engmaschiges Netz von Spreizen und Schliessen zu einem Ganzen verbunden ist,
dessen innere wie äussere Wandflächen durch Holzfüllungen und Gipsüberzüge voll und
glatt gemacht sind. Im Inneren wird die Konzerthalle mittels reicher Ornamente aus
Stuck und durch Malereien im venetianischen Stil prachtvoll ausgeschmückt sein,
während das Aeussere einen lebhaften Farbenschmuck und eine reiche Vergoldung der
Kuppel erhalten soll.
Von den 14 Staaten und Ländern, welche die Glasgower Ausstellung zu beschicken
beabsichtigen, hat Russland, abgesehen von Grossbritannien, die bedeutendste Beteiligung in
Aussicht genommen und wurden von der russischen Regierung für diesen Zweck 600000
Mk. bewilligt; es sind denn auch soeben 160 Arbeiter daran thätig, für die
Unterbringung der russischen Erzeugnisse des Ackerbaues, der Forstwirtschaft und des
Bergbaues vier besondere Pavillons zu errichten. Nächst Russland nimmt Frankreich die grösste Bodenfläche in Anspruch und
sollen in dieser Abteilung mehr denn 400 Ausstellungsgegenstände wieder vorgeführt
werden, die bereits in Paris hervorragendes Aufsehen erregt haben. Canada wird für seine Erzeugnisse gleichfalls einen
eigenen Pavillon erbauen und ganz besonders interessant werden sich die
Ausstellungsabteilungen von Rhodesia und der australischen Kolonien erweisen. Für die Maschinenhalle
aber dürfen die meisten Neuigkeiten aus Nordamerika gewärtigt werden.