Titel: | Windmotoren auf der Pariser Weltausstellung. |
Autor: | E. Lufft |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 247 |
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Windmotoren auf der Pariser
Weltausstellung.
Von E. Lufft.
Windmotoren auf der Pariser Weltausstellung.
Von den verschiedenen von der Natur dem Menschen zur Verfügung gestellten
Arbeitsquellen sind es heutzutage fast ausschliesslich nur zwei, welche zu
technischer Verwendung gelangen: die chemische Energie der Brennstoffe und die in
den Wasserkräften der Erde frei werdenden Energiemengen. Aber sowohl die eine wie
die andere dieser Energiequellen besitzt den Nachteil einer quantitativen
Beschränkung, welche gegenüber den sich durch den Fortschritt der Kultur und die
Zunahme der Bevölkerung steigernden Ansprüchen nicht stand zu halten droht. Wenn es
z.B. schon ziemlich feststeht, dass in etwa 50 Jahren in England eine Erschöpfung
der dort geförderten Kohle eingetreten sein wird, und wenn in manchem
industriereichen Lande schon jetzt eine nahezu völlige Ausnutzung der vorhandenen
Wasserkräfte stattfindet, so ist es mehr als bloss eine Frage der
Wirtschaftlichkeit, die den Menschen zwingt, sich nach anderen Kraftquellen
umzusehen.
So fangen namentlich die in den Luftströmungen unserer Erde sich äussernden
ungeheuren Energiemengen an, mehr und mehr Beachtung zu finden, und wenn auch das
Bestreben, Teile dieser Energiemengen auszulösen und in motorische Kraft umzusetzen,
bereits vor 500 Jahren eine praktische Lösung im Baue der Bockwindmühlen gefunden
hat, so blieb es doch erst der neuesten Zeit vorbehalten, einen Windmotor zu
erzeugen, der weitergehenden Ansprüchen Rechnung trägt. – Seit auf der
Weltausstellung in Philadelphia der amerikanische Windmotor auf dem Weltmarkt
erschien, haben die Bemühungen der Konstrukteure um Vervollkommnung dieser
Motorgattung nicht mehr geruht, und es dürfte von Interesse sein, an Hand der auf
der letztjährigen Weltausstellung vorgeführten Windmotoren zu konstatieren, welche
Früchte bis jetzt ein solches Bestreben gezeitigt hat.
Zunächst muss bemerkt werden, dass Paris zur Vorführung von Windmotoren im Betrieb
ein recht ungünstiger Ort ist, welcher mit einem Jahresdurchschnitt von 2,1 m
Windgeschwindigkeit ganz erheblich hinter der sonst für eine vorteilhafte Ausnutzung
der Windkraft in Betrachtkommenden Geschwindigkeit zurückbleibt. Als eine
solche darf für den europäischen Kontinent eine Geschwindigkeit von 4 m im Mittel
angenommen werden. Daher rührt es auch, dass die meisten der ausgestellten Windräder
entweder leer umliefen oder doch nur ganz geringe Arbeitsleistungen auszuführen
hatten, welche ihnen erlaubten, sich selbst beim leisesten Winde umzudrehen. So
liess ein amerikanischer Aussteller durch einen grossen, in ein Fass eintauchenden
Holzkolben Wasser aus diesem Fass in ein grösseres, das erstere umgebende Fass
ausgiessen. Da das gepumpte Wasser von unten her selbstthätig wieder zulaufen
konnte, und dadurch das Windrad in der Hebearbeit des Kolbens unterstützte, so war
dem grossen Publikum bei einem minimalen Aufwand an mechanischer Arbeit das
Schauspiel einer Förderung ganz beträchtlicher Wassermengen selbst bei leichtestem
Wind vorgespiegelt.
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Fig. 1.Befestigung der Diagonalversteifung.
Der eigentliche Ausstellungsplatz für Windmühlen war selbstverständlich in Vincennes.
Die hinter dem sehr hohen Gebäude der Agrikulturabteilung auf dem Marsfelde
aufgerichteten französischen Windräder boten nichts Bemerkenswertes und wurden an
dem sehr ungünstigen Platze wohl von den wenigsten beachtet, wogegen sich im Annex
von Vincennes die
dortigen leichten und eleganten, zum Teil recht hoch aufgebauten Windräder weithin
bemerklich machten, und in wirksamem Kontrast zu der viel besungenen alten Windmühle
von La Galette, deren nahezu 10 m lange, fragmentarische Flügelarme vom höchsten
Punkte des Montmartre herübergrüssten, von den Fortschritten der Technik auch auf
diesem Gebiete mit beredter Sprache zeugten.
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Fig. 2.Windturbine von Lebert.
Die heutzutage noch im Vordergrunde stehende Verwendung zum Betriebe von Pumpen
zeigten die zahlreichen am Lac Daumesnil aufgestellten Windmotoren. Hier fiel durch
seinen grünen Anstrich der eiserne Turm des Windmotors von Duke and Akenden, London, System Dando, auf,
mit Profillinien, wie sie vom Eiffel-Turm her bekannt sind, welche aber mit der
Bekrönung durch ein Windrad nichts weniger als ästhetisch wirken. Die Schaufelung
des Rades zeigte nicht sehr zahlreiche, flach gekrümmte Blechschaufeln.
Von ähnlicher Konstruktion war der amerikanische Windmotor „Toronto“, der auf
einem verzinkten Eisengerüst montiert war, welches aus einiger Entfernung den
Eindruck vollkommener Filigranarbeit machte. Es drängte sich sofort die Frage auf,
ob ein so schwacher Turm dem sich bei einigermassen heftigem Winde äussern-den
Drucke widerstehen könne. Die Winkeleisen der Eckpfosten besassen noch nicht 4 mm
Eisenstärke. Recht zweckmässig war die Art der Befestigung der Diagonalversteifung
an den Eckpfosten (Fig. 1). Die Diagonalen bestanden
aus 5 mm starken Drähten, deren verdickte Köpfe von den Klemmen k festgehalten wurden. Während das die Klemmen tragende
Eckstück o eines oberen Fachwerkes auf dem Eckpfosten
aufgenietet war, war das Eckstück u des nächst unten
gelegenen Faches frei auf dem Winkeleisen verschiebbar, so dass mittels der Schraube
s die Diagonalen dieses Faches beliebig
nachgespannt werden konnten.
Eine beachtenswerte Neuerung bot die Windturbine Eolienne (Fig. 2) von E. Lebert in Le Mans, ein nach
dem Prinzip der achsial beaufschlagten Wasserturbinen gebauter Motor. Der Luftstrom
wird in einer kurzen Trichterform (auf beistehender Abbildung nicht enthalten) etwas
gefasst und nach verhältnismässig geringer Ablenkung durch die Schaufeln des
Leitrades dem Laufrade zugeführt. Der Motor wird von einem ungemein starken, fast
plumpen Eisengerüst aufgenommen und überträgt seine Bewegungdurch eine von
Kegelrädern angetriebene vertikale Welle. Zur Einstellung in den Wind besitzt der
Motor eine Windrose w, wie sie von den Holländermühlen
her bekannt ist. Gegenüber der Orientierung durch eine Windfahne bietet diese
Methode den Vorteil, dass das ewige unstäte Hin-und Herschwanken des Windrades
vermieden ist. Ausserdem erfolgt die Uebertragung der Windrosenbewegung auf den mit
Stirnverzahnung versehenen Drehtisch d unter einem so
grossen Uebersetzungsverhältnis, dass die von dem konischen Getriebe herrührende
rückwirkende Kraft ohne Einfluss auf die Einstellung des Drehtisches bleibt. Die
sonst bei Windrädern beobachtete Regel, mindestens ⅓ der Radfläche für den freien
Durchzug des Windes offen zu lassen, ist bei dieser Konstruktion nicht eingehalten.
Der Umstand, dass Lauf- und Leitrad, selbst wenn sie völlig aus dem Winde
herausgedreht sind, diesem doch noch eine ganz erhebliche Angriffsfläche bieten,
macht die Eolienne für sturmreiche Gegenden nicht recht geeignet. Dagegen spricht
die ökonomische Art der Ausnutzung der Windkraft für die Anwendung dieser Turbine in
Gegenden geringer mittlerer Windgeschwindigkeit. Der Preis eines solchen Motors
(ohne Turm) stellt sich auf 2500 Frs. bei 5 m Raddurchmesser und seine Leistung in
gehobenem Wasser zu 4200 l in der Stunde bei 20 m Hubhöhe, was einer Leistung von
etwa 0,3 PS entspricht. Dabei sind 6 m Windgeschwindigkeit vorausgesetzt.
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Fig. 3.Windrad von Beaume.
Wohl das grösste der ausgestellten Windräder war das aus Holzleisten gebildete Rad
von Vidal Beaume in Boulogne s. S. (Fig. 3). Die automatische Regulierung ist diejenige
des Eklipsesystems mit seitlich gestelltem kleinem Regulierflügel r. Bei wachsender Windstärke bewirkt der Druck auf
diesen Regulierflügel ein Herausdrehen des Windrades aus der Windrichtung, während
die grosse Windfahne f in derselben verbleibt. Durch
das Gewicht g wird das Windrad bei abflauendem Wind in
seine alte Stellung zurückgedreht. Diese Einrichtung, wie auch die Einzelheiten der
Konstruktion weichen jedoch in nichts von der herkömmlichen, längst bekannten Form
ab (vgl. Karmarsch und Heerens,
Technisches Wörterbuchf Bd. 10).
Weithin auffallend war die Ausstellung der Stover
Manufacturing Company aus Freeport, Illinois, durch den hohen und schlanken
vierpfostigen Stahlturm, welcher ein sogen.
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Fig. 4.Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
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Fig. 5.Getriebe zum Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
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Fig. 6.Getriebe zum Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
Idealwindrad trug. Zwischen die vier Ständer des Turmes war
ein Kiosk eingebaut, in welchem die verschiedensten Ausführungen und
Verwendungsarten dieses Motors zum Teil im Modell zu sehen waren. Wie aus
beistehender Abbildung (Fig. 4) sich ergibt, besitzt
das Rad dieser Idealwindmühle bei 9 Fuss (2,74 m) Durchmesser 15 flachgekrümmte,
verhältnismässig weit auseinander gestellte Flügel aus Stahlblech, welche mittels
Klammern mit den beiden hochkantig auf der Hadebene stehenden Radreifen vernietet
sind. Die Verbindung nach der Nabe n („Spider“)
geschieht durch Doppelarme aus Flachstahl, welche eine geringe, mit der
Schrägstellung der Flügel übereinstimmende Verschränkung aufweisen. Das Windrad wird
nach der Vernietung als Ganzes galvanisiert. Die Radachse a überträgt ihre Bewegung (Fig. 5 und 6) bei einer Uebersetzung von 2 : 1 auf die mit
innerer Verzahnung ausgestattete Kurbelscheibek,
welche durch drei Bohrungen b für den Kurbelzapfen die
Möglichkeit bietet, den Hub des Pumpengestänges von 4 auf 6 oder 8 Zoll engl. zu
verändern. Durch die Innenverzahnung wird erreicht, dass das Getriebe dem Einflüsse
der Atmosphärilien thunlichst entzogen wird. Als mustergültig darf die Lagerung der
beiden Getriebewellen bezeichnet werden, welche unter sorgfältiger Beobachtung einer
möglichst gleichmässigen Druckverteilung erfolgt ist. Die Lager selbst sind mit
Babbitt – Metall ausgebüchst. Um eine an der Rückseite des „Spider“
angebrachte Flansche f legt sich das Stahlband einer
Bremse, welche automatisch bethätigt wird, sobald sich das Windrad bei zunehmender
Windstärke aus dem Winde herauszieht. Die Regulierung der Windmühle auf konstante
Leistung geschieht im Gegensatz zu der früheren unvorteilhaften Art mit einem
Gewicht an langem Hebel hier durch eine kräftge Spiralfeder s, welche über die Drehachse der Windfahne geschoben ist. Letztere selbst
ist durch vier Stahlschienen mit dem Motorengestell solid verbunden. Die Drehung des
Motors um seine Vertikalachse geschieht um eine eiserne Röhre r, welche sich in einer Kugelpfanne bei p nach unten abstützt. – Ebenso wie sämtliche
Mühlenteile sind auch die Gerüste für die Motoren galvanisiert. Die Türme werden
vier- oder dreipfostig ausgeführt. Dreipfostige Türme bieten bekanntlich gegenüber
vierpfostigen neben geringerem Kostenaufwand den Vorteil, dass eine besondere
Horizontalversteifung nicht angebracht zu werden braucht, sowie dass die vertikalen
Auflagerwiderstände statisch bestimmt sind. Diese Vorteile wiegen den etwaigen
Einwand minder schönen Aussehens hinreichend auf. Die Diagonalverstrebung der
Idealstahltürme (Fig. 7) wird durch Litzendraht
bewirkt, welcher um kurze Bolzen geschlungen ist, welche in den Knotenpunkten der
Eckpfosten befestigt sind (Fig. 8). Da diese Bolzen
b an der Umschlingungsstelle kleine
Exzenterscheibchen e tragen, so kann durch deren
Verdrehung ein Nachspannen der Diagonalen um den Betrag der Exzentrizität
herbeigeführt werden. Durch Anziehen der Mutter m wird
die Stellung der Exzenterscheibe fixiert.
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Fig. 7.Idealstahlturm.
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Fig. 8.Knotenpunkt zur Diagonalverstrebung.
Was die Kraftleistung der Idealwindmühlen anlangt, so gibt der Prospekt die Anzahl
der Pferdestärken unter der Voraussetzung einer Windgeschwindigkeit von 15 engl.
Meilen stündlich (= 6,7 m in der Sekunde) an, beispielsweise für ein Windrad von 9
Fuss Durchmesser (= 2,74 m) zu ⅔ PS. Der alte Fehler in diesen Angaben, eine über
die normale weit hinausgehende Windgeschwindigkeit vorauszusetzen, welcher die
Windmotoren schon oft genug in Misskredit gebracht hat, ist hierbei also wieder
gemacht. Die mittlere Jahresgeschwindigkeit in den Vereinigten Staaten beträgt etwa
8 Meilen stündlich (3,5 m/Sek.), in Deutschland etwa 4 m/Sek. Da die
Leistung der Windmühlen proportional der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ist,
so müssen die
Angaben obigen Prospektes auf ⅕ reduziert werden, wenn sie mit den thatsächlich zu
erwartenden Verhältnissen im Einklang stehen sollen.
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Fig. 9.Freeport-Windmülile von der Stover Manufacturing Company.
Textabbildung Bd. 316, S. 249
Fig. 10.Junior-Kraftwindmühle von der Stover Manufacturing
Company.
Die Freeport-Windmühle (Fig. 9), welche von derselben
Firma gebaut wird, zeigt eine Konstruktion, welche in Anbetracht des für die Wartung
von Windmühlen im allgemeinen zur Verfügung stehenden ungeschulten Personals etwas
zu kompliziert erscheinen will. Die Triebwellen aus kalt gewalztem Stahl sind in
zweiteiligen Babbitt-Metallbüchsen, von denen die längste 180 mm lang ist, gelagert,
und können leicht ausgehoben werden. Das Getriebe besitzt äussere Stirnverzahnung
mit 45 mm Zahnbreite (immer ein Rad von 9 Fuss Durchmesser vorausgesetzt). Der auf
der Radwelle befindliche Triebling t zeigt die
Eigentümlichkeit, dass er nicht wie sonst an dem dem Windrade entgegengesetzten
Wellenende sitzt, sondern, mit der Radnabe u ein Stück
bildend, auf der Windseite hydraulisch aufgezogen wird. An Stelle der Geradführung
des Pumpengestänges mittels Querhaupt q (Fig. 5), wie dies bei der Idealwindmühle der Fall ist,
findet bei vorliegender Konstruktion die Uebertragung der Kurbelstangenbewegung auf
das Gestänge durch eine etwa 200 mm ausladende Schwinge y statt. Die am Spider befindliche Bandbremse bleibt bei der automatischen
Regulierung offen und wird nur bei Ausserbetriebsetzung der Maschine durch
denWärter bethätigt. Aus der Abbildung unmittelbar ersichtlich ist die
Anordnung der Regulatorfeder f und deren Verbindung mit
der Windfahne, ebenso die Anbringung eines Stossbuffers s unter dem Ausleger der Windfahne zur Abschwächung der Stösse zwischen
dieser und dem Mühlenhaupt.
Von den von der Stover Company ausserdem für grössere
Kraftleistun gen gebauten stärkeren Motoren verdient noch die Jünior-Kraftwindmühle
(Fig. 10) besondere Beachtung. Die Einstellung in
den Wind wird hierbei weder durch eine Windfahne, noch durch eine Windrose, sondern
dadurch bewirkt, dass das Windrad hinter dem
unterstützenden Gerüste rotiert, und so sich dem Winde selbstthätig darbietet. Die
Ausbalanzierung des Radgewichtes erfolgt durch ein dem Winde entgegengehaltenes
kugelförmiges Gegengewicht. Das bei den vorigen Konstruktionen beobachtete
Regulierverfahren nach dem Eklipsesystem mit exzentrischer Anordnung, welche eine
Konstanthaltüng der vom Motor zu leistenden Arbeit bezweckt, ist hier durch eine
Regulierung mit Zentrifugalkraft zur Erhaltung konstanter Geschwindigkeit ersetzt.
Dieses Regulierverfahren, bei welchem geringere Massen bewegt werden, arbeitet
pünktlicher und weniger stossweise.
Textabbildung Bd. 316, S. 249
Fig. 11.
Textabbildung Bd. 316, S. 249
Fig. 12.Verbindung der Blechschaufeln mit dem äusseren Radreifen zum
Windmotor von der Aermotor Company.
Ein näheres Eingehen verdient ferner der von der Aermotor
Company, Chicago (in Deutschland vertreten durch Gebr. Koch in Halle a. S.), ausgeführte Windmotor. Die Flügel des
Windrades bestehen wieder aus flachgekrümmten Stahlblechen, die je zu zweien samt
ihren Nietlöchern aus der vollen Blechtafel ausgestanzt werden. Ueberhaupt lässt
sich erkennen, dass die Verwendung ganz metallener Windräder mehr und mehr in
Aufnahme kommt. Bei solider Verzinkung sind solche Räder mindestens ebenso
witterungsbeständig wie hölzerne, wobei ihre dünnen Flügellamellen nicht in dem
Masse wie die hölzernen Brettchen bei deren verhältnismässigen Dicke gewisse
Oberflächenteile besitzen, auf welche der Winddruck eine der Raddrehung
entgegengesetzte Kraftkomponente absetzt (Fig. 11).
In solider Weise findet die Verbindung der Blechschaufeln mit dem äusseren Radreifen
durch die Blechklemmen k (Fig.
12) stattWelche vermöge ihrer
Form einem Verbiegen der Schaufeln entgegenwirken.. Das Prinzip
der automatischen Regulierung ist wieder das des Eklipsesystems, wobei ein
zunehmender Wind druck das exzentrisch zur Turmachse gelagerte Rad mehr oder weniger
aus dem Winde herausdreht und dabei die Spannkraft der Spiralfeder f (Fig. 13) überwindet.
Das Hauptlager des Windrades befindet sich in einer Oelkammer o
(Fig. 14), in der sich
auch die den horizontalen Winddruck aufnehmenden bronzenen und stählernen
Spurscheibchen s befinden. Neu ist die Ausbildung des
Lagers zum Rollenlager. Eine die Welle umschliessende käfigartige Hülse h dient zur Aufnahme der Rollen, welche in ihr absolut
parallel zur Welle geführt sein müssen. Am Ende dieser Welle sitzt ein kleines
Stirnrad s (Fig. 13 und
15), das bei dem recht bedeutenden
Uebersetzungsverhältnis von 3½ : 1 mit einem zur Kurbelscheibe ausgebildeten Zahnrad
z im Eingriff steht.
Die für dreierlei Hubgrössen angebrachten Bohrungen dieser Scheibe sind mit
Babbitt-Metall ausgebüchst. Die Uebertragung der Kurbelbewegung auf das
Pumpengestänge p erfolgt auch hier mittels einer
Schwinge y, jedoch so, dass die Entfernung des
Lagermittels in der Kurbelscheibe vom Gestängemittel nur 50 mm beträgt. Die
Regulatorfeder f ist in ersichtlicher Weise an der
Windfahne einerseits, an dem Hebel b andererseits
befestigt, wobei letzterer mit einem Drahtzug in Verbindung steht, welcher dem
Mühlenwärter erlaubt, das Windrad jederzeit aus dem Winde zu ziehen. Durch Anziehen
einer Schraube kann die Feder mehr oder weniger gespannt werden, wodurch sich die
als normal angenommene Tourenzahl von 40 minutlichen Umdrehungen beliebig ändern
lässt. Die Windfahne aus Stahlblech besitzt eine gefällige Form und ist in wirksamer
Weise gegen den Motor abgestützt. Der Preis eines solchen Aermotors von 16 Fuss
engl. Baddurchmesser (4,88 m) stellt sich auf 1100 Mk. bei ca. 900 kg Gewicht,
derjenige eines zugehörigen Turmes von 15 m Höhe auf 1150 Mk.
Textabbildung Bd. 316, S. 250
Fig. 13.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
Textabbildung Bd. 316, S. 250
Fig. 14.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
Textabbildung Bd. 316, S. 250
Fig. 15.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
Für den Betrieb von Maschinen mit rotierender Welle liefert die Aermotor Company eine Kraftwindmühle nebenstehend
abgebildeter Bauart. Die Umdrehungszahl des Windrades wird durch ein
Zahnradvorgelege, das für den Fall einer Reparatur sich leicht abheben lässt, auf
das Sechsfache übersetzt. Die damit erreichte ganz bedeutende Umdrehungszahl (bis
600 Touren in der Minute) der durch die Höhe des ganzen Turmes laufenden
Vertikalwelle bezweckt einmal, dass dieser Wellenstrang sehr leicht – und damit
billig – gehalten werden kann, so dass wenig Reibungsarbeit verzehrt wird, und zum
anderen, dass der Tendenz dieser rotierenden Welle, das Windrad aus dem Wind zu
drehen, mit Leichtigkeit durch die Windfahne entgegengewirkt werden kann. Wieder
sind bei allen Wellen, so auch der vertikalen Welle, Rollenlager verwendet. Ob
diese, in der Herstellung gewiss recht kostspieligen Lager in der Praxis des
Windmotorenbetriebs den in sie gesetzten Erwartungen entsprochen haben, ist dem
Verfasser nicht bekannt. Fig. 16 zeigt bei f die Friktionsbremse, welche den Zweck hat, das
Windrad im ausgerückten Zustand festzustellen. Das Anpressen der Friktionsscheibe
gegen die Rückseite der Radnabe tritt selbstthätig ein, sobald bei der Regulierung
dieRadfläche einen Winkel von beiläufig einem halben Rechten zur Windrichtung
erreicht hat. Bemerkenswert ist die Anbringung der Leiter zur Besteigung des
Aermotorturmes an einem der vier Eckpfosten. Die Stufen (Fig. 17) besitzen abgerundete, in der Handhabung sich als sehr bequem
erweisende Formen. Dagegen kann nicht gerade behauptet werden, dass bei dieser Art
der Anbringung der Leiter das Sicherheitsgefühl des sie Besteigenden sich erhöhe,
zumal die Eckpfosten, wenigstens bei den leichteren Türmen, die Neigung zeigen, sich
unter der Last des sie Besteigenden zu verdrehen.
Textabbildung Bd. 316, S. 250
Fig. 16.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
Textabbildung Bd. 316, S. 250
Fig. 17.Leiter zur Besteigung des Aeromotorturmes.
In dem Prospekte der Aermotor Company, wie auch in
denjenigen mancher anderen Firmen ist viel die Rede von der Zukunft, die den
Windmotoren erwachsen werde, sofern sie zum Betriebe elektrischer Anlagen benützt
werden. Die bei der Verwendung der Windkraft sofort sich erhebende Frage, wie die
etwa die Hälfte des Jahres ausmachende Zeit der windstillen Tage zu überwinden wäre,
hat bis jetzt eine befriedigende Lösung noch nicht gefunden. Dass hierbei vor allem
an die sich als Arbeitsakkumulator und zugleich für Zwecke der Aermotor-Kraftüb
ertragung sehr passend erweisende turmes. elektrische Batterie gedacht wurde, liegt
nahe. Jedoch scheinen die auf eine Umwandlung der Windkraft in elektrische Energie
abzielenden Versuche, wenigstens zur Zeit der Ausstellung noch zu keinem
befriedigenden Erfolge geführt zu haben. Die von Fränkel in der Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure 1899, Nr. 31 vorgeschlagene Methode der Kraftspeicherung durch
Anlage eines hochgelegenen Teiches, welcher das Wasser für eine mit einer
Dynamomaschine gekuppelten Turbine oder Peltonrad liefert, dürfte sich, weil
kostspielig und kompliziert und mit vielem Effektverlust verbunden, nicht überall
empfehlen. Beispielsweise wäre zur Ueberwindung einer Windstille von 14 Tagen, wenn
eine Betriebskraft von 30 PS resultieren soll, ein Wasserbecken von 10500 qm
Grundfläche und 6 bis 12 m Nutzhöhe erforderlich. Zur Anlage eines solchen Teiches
werden sich die Lokalitäten wohl nur in seltenen Fällen als geeignet erweisen, ganz
abgesehen davon, dass der Nutzeffekt der ganzen Anlage, welche einen Windmotor, eine
Pumpe, eine oder zwei Rohrleitungen, einen Wassermotor, eine Dynamomaschine, eine
oder mehrere Elektromotoren und verschiedene Leitungen in sich schliesst, bedeutend
herabgestimmt wird.
In der neuesten Zeit jedoch scheint es dem Ingenieur Gustav
Conz in Hamburg gelungen zu sein, Elektrizität direkt aus Windkraft zu
erzeugen. Wie der Elektrotechnischen Zeitschrift 1900,
Heft 41 zu entnehmen ist, war die Voraussetzung für das Gelingen der Versuche die
Beschaffung einer Windturbine von bedeutenden Abmessungen sowohl betreffs der
wirksamen Winddruckfläche als auch der unentbehrlichen grossen Schwungmassen. Von
der Windturbinenfabrik in Wittkiel bei Kappein wurde hierzu ein Windrad von 12 m
Durchmesser und 100 qm wirksamer Fläche hergestellt, welches mit 11 minutlichen
Umdrehungen bei etwa 9 m Windgeschwindigkeit 30 PS zu leisten im stande ist. Diese
Arbeit wird durch eine Transmission auf eine 25pferdige Conz'sche Nebenschluss-Stahldynamo von 160 Volt, 120 Ampère bei 700
Umdrehungen pro Minute übertragen, welche ihren Strom an eine Batterie oder an
mehrere angeschlossene Elektromotoren abgibt. Bei zeitweilig nachlassendem Winde
wurde der Strom, um die Windturbine in vollem Gange zu erhalten, dem Akkumulator
entnommen, so dass ein automatisches Ein- undAusschalten des Dynamoankers nicht
nötig wurde. Die Anlage in Wittkiel dient zu dem Betrieb und der Beleuchtung der Neumann'schen Windmotorenfabrik und soll seit September
letzten Jahres ohne jede Störung im Betrieb sein. Falls sich die hierbei gemachten
Erfahrungen in vollem Umfange bewähren, so werden sich, das ist keine Frage, den
Windmotoren eine Reihe von maschinellen Betrieben eröffnen, deren Gebiet bislang für
eine Verwendung der Windkraft wegen der damit verknüpften prinzipiellen Mängel
verschlossen war.