Titel: | Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der Weltausstellung Paris. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 390 |
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Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der
Weltausstellung Paris.
(Fortsetzung von S. 229 d. Bd.)
Betrachtungen über die Gas- und Erdölmotoren der Weltausstellung
Paris.
Crossley-Motor.
Der Crossley-Motor arbeitet im Otto'schen Viertakt mit
Aussetzerregelung. Das Bemerkenswerte an diesem Motor liegt nicht in seiner
bekannten Arbeitsweise, sondern in konstruktiven Einzelheiten.
In erster Linie sind hier die gekühlten und entlasteten Auspuffventile zu nennen,
welche bei grossen Motoren in Anwendung kommen, bei denen ein Verziehen der Ventile
zu befürchten ist, oder die Kraft zum Anheben sehr gross wirdDie Maschinenbau-Aktiengesellschaft Nürnberg und die Dresdener Gasmotorenfabrik wenden schon bei
Motoren von 30 PS gekühlte Auspuffventile an, damit bei starker Belastung
des Motors das Auspuffventil nicht so heiss werden kann, dass durch dasselbe
Frühzündungen des frischen Gemischs verursacht werden. Auch Gebr. Körting kühlen das Auspuffventil schon
bei kleinen Motoren, um die Leistungsfähigkeit derselben ohne Gefahr von
Frühzündungen voll ausnutzen zu können.. Zwei Ausführungen
wagerecht liegender Ventilezeigen die Fig. 24 und 25. Die Ventilspindel
ist als Entlastungskolben c ausgebildet, indem der
Durchmesser derselben nahezu so gross gemacht ist, als der Durchmesser des
Ventilsitzes bei a. Die wirksame Druckfläche für die
Verbrennungsgase entspricht daher dem Unterschied zwischen der Sitzfläche des
Ventils und der Fläche des Entlastungskolbens. Auf die Oberfläche k des letzteren wirkt nur der atmosphärische Druck. Der
Entlastungskolben ist durch federnde Kolbenringe abgedichtet; Gase, welche durch die
Dichtungsringe entweichen, werden durch das Röhrchen p
fortgeführt. Das Kühlwasser durchfliesst das Ventil auf dem Weg seno bezw. tvny. Bei dem Ventil Fig. 25
ist die Führung
rechts weggelassen, wodurch der Ausströmquerschnitt grösser wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 391
Auspuffventile zum Crossley-Motor.
Eine vertikale Anordnung eines gekühlten und entlasteten Auspuffventils zeigt Fig. 26. Das Ventil ist wieder mit einem
Entlastungskolben G versehen; vor dem Anhub des Ventils
wird das kleine, leicht zu öffnende Hilfsventil F von
dem Auspuffhebel E aufgestossen. Die Expansionsgase
wirken auf den Entlastungskolben und vermindern die zum Oeffnen des Auspuffventils
nötige Kraft. Kurz nach Oeffnung des Hilfsventils F
wird das Auspuffventil angehoben. Die Kühlwasserzu- und -abfuhr erfolgt in der
Pfeilrichtung.
Textabbildung Bd. 316, S. 391
Fig. 26.Auspuffventil zum Crossley-Motor.
Die zuerst angeführte Konstruktion, bei welcher das Hilfsventil F fehlt, ist neueren Datums. Bei ihr ist die Entlastung
vollständiger und wirksamer, weil sie unmittelbar ohne die Vermittelung eines
Hilfsventils wirkt. Dass stets ein Ueberdruck vorhanden sein muss, der das Ventil
zur Sicherung der Abdichtung gegen seinen Sitz drückt, braucht kaum bemerkt zu
werden. Das Dichthalten scheint bei Ventil Fig. 26
leichter erreichbar, als bei dem Ventil Fig. 24 und 25, dessen
Entlastungskolben gegen die hochgespannten Gase abzudichten hat. Bezüglich der
Grösse der Kompressionsräume, welche durch die beiden Ventilkonstruktionen bedingt
werden, dürfte ein Unterschied vorhanden sein.
Für genaueste Zentrierung ist bei diesen Ventilen, welche zwei Dichtungsflächen haben
oder mehrfach geführt sind, sowohl bei der Konstruktion als bei der
WerkstättenausführungSorge zu tragen. Die Ventilfedern werden
zweckmässigerweise aus dem Bereich der hohen Temperaturen hinaus verlegt, wie dies
z.B. bei der Konstruktion Fig. 26 gemacht ist.
Die Kolbenkonstruktion Fig. 27 (Englisches Patent
einer Deutzer Konstruktion) bietet fernerhin einiges Bemerkenswerte. Die Laufflächen
bestehen aus Weissmetall, welches in ringförmige Nuten des Kolbenkörpers eingegossen
ist. Der Kolbenzapfen ist weit gegen die offene Seite des Kolbens hin verlegt.
Hierdurch wird erreicht, dass der senkrecht zur Kolbenbahn stehende Druck auf den
Kolbenzapfen die Lauffläche da belastet, wo der Kolben am kühlsten ist. Die
Lauffläche wird dadurch geschont, die Schmierung sicherer, und endlich wird wegen
des reibungsvermindern den Weissmetalls die Kolbenreibung verringert. Der
Kolbenkörper hat einen etwas kleineren Durchmesser als der Cylinder und kann sich
infolgedessen am Kolbenboden, wo er am heissesten wird, frei ausdehnen. An den
Laufflächen, welche in der kühlen Zone des Kolbens liegen, genügt ein minimaler
Spielraum zwischen Kolben und Cylinder. Schliesslich ein Wort über die
Anlassvorrichtung. In ein besonderes Gefäss, welches durch ein Absperrventil mit dem
Cylinder in Verbindung gesetzt werden kann, wird ein explosives Gemisch
hineingepumpt. Nachdem der Motor in Anlassstellung gebracht ist, wird das Gemisch
entzündet, die Explosionswirkung ist hierbei weniger heftig, als wenn das Gemisch
unmittelbar im Cylinder bereitet und entzündet würde.
Ravel-Motor.
Textabbildung Bd. 316, S. 391
Fig. 27.Kolben zum Crossley-Motor.
Die Leistungsfähigkeit eines Gasmotors ist bekanntlich dadurch begrenzt, dass im
Cylinder nur eine bestimmte Gemischmenge angesogen werden kann, deren Grösse abhängt
von der Tourenzahl, den Einström- und Auspuffwiderständen, der Wandungstemperatur,
der Temperatur und Menge der Verbrennungsrückstände, welche am Ende des Auspuffs im
Cylinder zurückbleiben, und dem Druck, unter dem die frische Ladung vor dem
Einströmventil steht. Wählt man nun die Zusammensetzung des Gemisches derart, dass
Gas und Luft vollständig verbrennen, ohne dass die Verbrennungsprodukte
überschüssige Luft oder unverbranntes Gas enthalten, so wird offenbar die grösste
mögliche Leistung im Cylinder entwickelt – falls im übrigen der Druck der frischen
Ladung vor dem Einströmventil nicht geändert wird. Verlangt man von dem Motor mehr,
so bleibt er stehen. In fast allen Gasmotoren wird die frische Ladung bei
atmosphärischer Spannung angesogen; stünde die frische Ladung beim Ansaugen unter
höherem Druck, so würde offenbar eine grössere Gemischmenge in den Cylinder geschafft und
die Leistungsfähigkeit des Motors gesteigert. Dieser Gedanke liegt dem Ravel-Motor
zu Grund. Zwei Viertaktmotoren sind in einem luftdicht abgeschlossenen Gehäuse
untergebracht (Fig. 28). Dieses Gehäuse dient als
Vorkompressionsraum für die frische Ladung. Gehen die beiden Kolben in die Höhe, so
wird durch das seitlich am Gehäuse sitzende Luftventil g und das Gasventil l frisches Gemisch
angesogen. Beim Abwärtsgang wird die Ladung verdichtet und durch das Gemischventil
h und die Gemischleitung L nach dem Ventilkasten der Einströmventile KK1 geschoben, von denen das eine geöffnet
ist. Der eine Cylinder erhält die von den beiden abwärts gehenden Kolben verdrängte
Ladung; die Grösse des Ladungsgewichtes hängt offenbar ab von dem volumetrischen
Wirkungsgrad der Ladepumpe, als welche die in dem Gehäuse auf und ab gehenden Kolben
angesehen werden können, also von den Widerständen beim Ansaugen der frischen Ladung
durch das Luft- und Gasventil und beim Hinausschieben des vorkomprimierten Gemenges
durch das Gemischventil, von der Tourenzahl des Motors, sowie endlich von der Grösse
des schädlichen Raumes im Motorgehäuse. Wie aus der Fig.
27 ersichtlich, hat man sich bemüht, den schädlichen Raum durch grosse
Massen an den Kurbeln nach Möglichkeit zu verringern. In Wirklichkeit soll der Druck
der frischen Ladung auf etwa 1,5 at gebracht werden. Auffallenderweise wird die
Ladung im Ravel-Motor nur schwach verdichtet, nach Angabe des Erbauers nur auf 2,5
at, wobei eine Explosionsspannung von 12 at erreicht wird. Man könnte vermuten, dass
die niedere Verdichtung gewählt worden ist, um keine so hohen Explosionsdrucke zu
erhalten; das ist aber dem eben Gesagten zufolge nicht der Fall. Es erscheint durch
nichts geboten, bei der hier angewandten Vorkompression die Verdichtung in den
Arbeitscylindern so nieder zu halten, als im Ravel-Motor geschehen, wenn man auch
wegen der zu erwartenden hohen Explosionsspannungen nicht so hoch gehen darf, wie in
einzelnen Leuchtgasmotoren, in denen auf 10 at absolut verdichtet wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 392
Fig. 28.Ravel-Motor.
Abgesehen von der niederen Kompression im Ravel-Motor, deren Wahl lediglich aus dem
subjektiven Ermessen des Erbauers hervorgegangen, durch das System der
Vorkompression dagegen nicht bedingt zu sein scheint, ist der diesem Motor zu Grunde
liegende Gedanke, die Leistungsfähigkeit des Gasmotors zu erhöhen, recht
beachtenswert.
Die Frage, ob es eine Gefahr in sich birgt, dass sich im Motorgehäuse stets ein
explosives Gemenge befindet, muss hier unentschieden bleiben.
Die Regulierung ist überaus einfach; der Regulator wirkt auf die Drosselklappe P und passt die Menge der frischen Ladung dem
augenblicklichen Arbeitsbedarf in stetiger Weise an. Von dieser Regulierungsweise
ist bei Besprechung der Motoren mit verlängerter Expansion ausführlich die Rede
gewesen, so dass hier darauf zurückverwiesen werden kannEine ähnliche Anordnung wie der Ravel-Motor
zeigt ein Automobilmotor von Henriod (vgl. Güldner, Fahrzeugmotoren für flüssige
Brennstoffe, S. 24). Da dieser Motor 1000 Umdrehungen in der Minute
macht, auch der schädliche Raum im Motorgehäuse recht gross erscheint, so
dürfte von einer Steigerung der Leistungsfähigkeit hier kaum die Rede sein
(vgl. auch die Bemerkungen von Güldner in
dieser Hinsicht a. a. O.)..
B. Motoren für flüssige Brennstoffe.
Zahl und System der in Paris ausgestellten Motoren für flüssige Brennstoffe war so
gross und mannigfaltig,dass es angezeigt erscheint, zur Gewinnung eines
Ueberblicks der Besprechung einzelner Konstruktionen eine allgemeine Einleitung
vorauszuschicken.
Die Frage, ob man einen Gas- oder einen Oelmotor aufstellen soll und welcher flüssige
Brennstoff im letzteren Fall der geeignetste ist, lässt sich bekanntlich allgemein
nicht beantworten. Sie muss von Fall zu Fall entschieden werden. Dabei spielen nicht
bloss technische, sondern in hervorragendem Mass auch wirtschaftliche Erwägungen
eine Rolle. In Deutschland ist die Produktion von flüssigen Brennstoffen eine
verhältnismässig geringe, Erdölquellen finden sich nur an wenigen vereinzelten Orten
und Solaröl und Benzol werden ebenfalls nur in beschränkter Menge gewonnen; auch
wenn man hierzu noch den Spiritus nimmt, den man neuerdings in den Motorenbetrieb
einzuführen sucht, so ist die Menge der in Deutschland produzierten flüssigen
Brennstoffe so klein, dass sie zur Deckung eines Kraftbedarfs, wie er für grössere
Betriebe erforderlich ist, nicht ausreicht. Was zur Zeit in Deutschland an flüssigen
Brennstoffen verbraucht wird, wird zum weitaus grössten Teil aus dem Ausland
importiert, wo sich ergiebige Petroleumquellen finden, also in erster Linie aus
Amerika, Russland, Rumänien und Galizien. Infolgedessen ist der Preis der flüssigen
Brennstoffe in Deutschland ein hoher und die Verwendung derselben auf Sonderfälle,
auf kleine Kraftleistungen und unterbrochene Betriebe beschränkt, wie z.B. auf den
Betrieb von Fahrzeugmotoren und Lokomobilen, wo die leichte Transportfähigkeit der
flüssigen Brennstoffe, die Einfachheit, die Anspruchslosigkeit, der geringe
Raumbedarf, die Leichtigkeit und Billigkeit des Motors ausschlaggebend sind, und der
hohe Brennstoffpreis dagegen nicht in die Wagschale fällt. Neuerdings ist eine
starke Bewegung im Gang, dem einheimischen Produkt, dem Spiritus, mehr Eingang auf
dem zuletzt erwähnten Gebiet zu verschaffen. Allem Anschein nach wird die Technik
den ihr zufallenden Teil der Aufgabe in befriedigendster Weise lösen; sind doch
schon heute günstigere Verbrauchszahlen beim Spiritusmotor erreicht, als bei den
gewöhnlichen Benzin- und Petroleummotoren. Das Gelingen der diesbezüglichen
Bestrebungen hängt aber hauptsächlich davon ab, wie billig die Spiritusproduzenten
den Spiritus zu liefern im stande sind, ob sie der starken Konkurrenz des Auslands
in flüssigen Brennstoffen erfolgreich entgegentreten können. Zum mindesten darf sich
der Preis der Pferdekraftstunde des Spiritusmotors nicht wesentlich höher stellen,
als beim Benzin- und Petroleummotor, dass die Vorzüge des Spiritus- vor dem Benzin-
und Petroleumbetrieb: der reinere Auspuff, die verminderte Feuersgefahr, die weniger
starke Verschmutzung einen kleinen Mehrpreis des Brennstoffaufwands aufzuwiegen
vermögen. Zur weiteren Orientierung in dieser Hinsicht möge bemerkt werden, dass die
Spiritusinteressenten in Berlin eine Zentrale für Spiritusverwertung gegründet haben
und den Spiritus für gewerbliche Zwecke um 18 Pfg. für 1 l liefern, welcher Preis
acht Jahre lang festgehalten werden soll, und ferner, dass nach Angabe von Professor
Dr. Behrend-Hohenheim zu einem 300tägigen und täglich
10stündigen Betrieb eines 10 PS Spiritusmotors der Anbau von 5 bis 6 ha
Kartoffelfeld erforderlich ist.
In den Petroleumgebieten dagegen treten die Brennstoffkosten zurück und die
technische Seite der Sache in den Vordergrund, die Frage, wie man das billige und im
Ueberfluss vorhandene Oel für grössere Kraftleistungen und Dauerbetrieb nutzbar
macht. Hier handelt es sich nicht mehr allein um Kleinmotoren und unterbrochene
Betriebe, sondern um Grossmotoren und Dauerbetrieb.
Der Einteilung der Motoren, welche einen Ueberblick über die grosse Zahl der
einzelnen Systeme ermöglichen soll, muss von den vielen hier in Betracht kommenden
Gesichtspunkten ein ganz bestimmter zu Grund gelegt werden, durch den sich auf
einfache und ungezwungene Weise Ordnung in die Vielheit des Stoffs bringen lässt.
Als. solcher empfiehlt sich ein technischer, da die nachfolgenden Ausführungen
vorwiegend technischer Natur sein werden. Wir teilen die Motoren für flüssige
Brennstoffe ein: I. in Motoren mit niederer Verdichtung (bis etwa 5 at abs.), und
II. in Motoren mit hoher Verdichtung. Es wird also, da durch die Höhe der
Verdichtung in erster
Linie der Brennstoffverbrauch bestimmt ist, die Betrachtung hauptsächlich unter
dem Gesichtspunkt der Güte der Wärmeausnutzung geführt werden; übrigens wird sich
zeigen, dass dabei die anderen wichtigen Gesichtspunkte: Betriebssicherheit,
überhaupt das Verhalten im Betrieb, Fähigkeit mit bestimmten Oelsorten zu arbeiten,
noch genügend zu ihrem Recht gelangen werden.
Die eben angedeutete Einteilung möge durch die folgenden Bemerkungen gerechtfertigt
und die Eigenart des Oelbetriebs im Vergleich zum Gasbetrieb erörtert werden.
Der Otto'sche Viertaktexplosionsmotor ist dadurch
gekennzeichnet, dass in ihm ein Gemisch von Brennstoff
und Luft angesogen. verdichtet und zur Explosion gebracht wird. Das gemeinsame
Ansaugen von Luft und Brennstoff erfordert einen Brennstoff, der sich ohne weiteres
mit Luft mischt. Das ist Gas. Denn Luft und Gas befinden sich, wenn die Mischung im
Motor beginnt, in demselben Aggregatzustand, sie besitzen ungefähr denselben Druck
und dieselbe Temperatur und lassen sich aus diesen Gründen beliebig miteinander
mischen. Anders die flüssigen Brennstoffe. Diese müssen, um mit Luft mischbar zu
werden, zuerst in den gasförmigen Zustand übergeführt werden. Hierzu bieten sich
zwei Wege: der flüssige Brennstoff – im folgenden kurz „Oel“ genannt – wird
entweder verdampft oder zerstäubt. Die diesem Zweck dienenden Vorrichtungen, die
Verdampfer und Zerstäuber, sind es, welche den Oelmotor vom Gasmotor unterscheiden.
Im Oelmotor befindet sich an Stelle des Gases Oeldampf oder Oelstaub, sonst bleibt
der Arbeitsvorgang im Oelmotor ganz derselbe wie im Gasmotor. Trotzdem ist die
Wärmeausnutzung in den meisten Oelmotoren schlechter als im Gasmotor. Es bestehen
eben, selbst wenn es gelungen ist, das Oel durch Zerstäuben oder Verdampfen ganz in
gasähnliche Form zu verwandeln, doch grundsätzliche Unterschiede zwischen Oeldampf
oder -staub einerseits und Gas andererseits, welche das Zurückbleiben der
Wärmeausnutzung im Oelmotor erklären. Dieser Unterschied erscheint, wie sich zeigen
wird, grösser zwischen Oeldampf und Gas als zwischen
Oelstaub und Gas.
Für das Oel ist bei atmosphärischer Temperatur und Spannung der flüssige
Aggregatzustand der natürliche. Hat man das Oel durch künstliche Mittel, wie
Verdampfen oder Zerstäuben, gasähnlich gemacht, so hat es doch-stets das Bestreben,
in seinen natürlichen flüssigen Zustand zurückzukehren. Der Oeldampf hat die Neigung zu kondensieren und thut dies auch wirklich, wenn
er mit kalten Wandungen und kalter Luft in Berührung kommt. Aus dem Oelstaub andererseits scheiden sich die schwereren
Staubteilchen ab, wenn derselbe auf seinem Weg nach dem Cylinder einen
Richtungswechsel erfährt. Infolge der Zentrifugalkraft werden die schwereren
Staubteile gegen die ablenkende Wand geschleudert und bleiben dort an den Stellen
der schärfsten Krümmung in Tropfenform hängen. Das verdampfte oder zerstäubte Oel
hat also die Neigung sich in Tropfenform abzuscheiden, um so mehr, je näher die
Temperatur des Oeldampfs dem Kondensationspunkt liegt bezw. je unvollkommener die
Zerstäubung vorgenommen worden ist. Die Abscheidung von Oeltropfen ist aber, wenn
sie im Cylinder erfolgt, für die Verbrennung sehr schädlich. Die Oeltröpfchen,
welche sich an den Cylinderwänden abgesetzt haben, werden zwar, wenn die Zündung
stattgefunden hat, bei der hohen Temperatur zum Teil wieder verdampfen, ein Vorgang,
der sich hauptsächlich in der heissen Zone des Cylinders abspielen dürfte, da der
Kolben die an der Cylinderwand haftenden Oeltröpfchen abstreift und gegen den
heissen Verdichtungsraum hinschiebt. Die nach verdampf enden Oelbestandteile linden
jedoch in ihrer Nähe nicht genügend viel Sauerstoff, um vollständig zu verbrennen.
Infolge der unvollständigen Verbrennung wird Russ gebildet, der Cylinder verschmutzt
und muss entsprechend oft gereinigt werden, die auspuffenden Gase enthalten
unverbranntes Oel, sie verbreiten, insbesondere bei Petroleumbetrieb, einen
durchdringenden, überaus lästigen Geruch und der Motor verbraucht viel Oel.
Das an der Cylinderwand kondensierte Oel kann, je nach der Beschaffenheit des
flüssigen Brennstoffs, eine verschiedene Wirkung auf die Cylinderwand ausüben.
DasKondensat der schwereren Petroleumsorten dient als Schmiermittel für den
Kolben; das Petroleum ist mit dem Mineralschmieröl nahe verwandt, es wird ja aus dem
Rohpetroleum Schmieröl bereitet. Es ist bekannt und beweist die Thatsache der
Kondensation aufs deutlichste, dass man die Kolben der Petroleumexplosionsmotoren
zum Teil überhaupt nicht schmiert; zuweilen wird diese Selbstschmierung durch
kondensiertes Petroleum als ein Vorzug des Petroleummotors angepriesen; ohne Zweifel
liegt hierin eine Bequemlichkeit für den Maschinisten, aber es ist mehr eine Not als
eine Tugend des Petroleummotors, auf die man gern verzichten würde, weil man dann
gleichzeitig von der Kondensation befreit wäre. Kondensierter Spiritusdampf dagegen
wird eine andere Wirkung auf die Cylinderwand ausüben. Eine Schmierung ist hier
ausgeschlossen, da der Spiritus nicht fett ist, wie die schweren Petroleumsorten.
Der Niederschlag von tropfenförmigem Spiritus kann lediglich schädlich wirken und
die Schmierung beeinträchtigen. Eine Verhütung des Niederschlagens von Spiritus an
den Cylinderwänden ist also mit Rücksicht auf sichere Kolbenschmierung besonders
wichtig. Was man zur Verhütung der Abscheidung tropfenförmigen Oels zu thun hat,
geht aus dem vorhin Gesagten hervor: man muss den Oeldampf möglichst hoch über den Kondensationspunkt erhitzen und ihn vor
der Berührung mit kalter Luft oder kalten Wandungen bewahren; und andererseits, wenn
man mit Oel-staub arbeitet, muss man die Zerstäubung in
möglichst vollkommener Weise vornehmen, also grosse Sorgfalt auf die Ausbildung des
Zerstäubers verwenden. Wozu man auf diesen beiden Wegen geführt wird, ist aus dem
unmittelbar Folgenden ersichtlich.
Nicht allein zwischen Gas einerseits und Oeldampf oder Oelstaub andererseits, sondern
auch zwischen Oeldampf und Oelstaub selber besteht ein prinzipieller Unterschied; es ist die sehr
einfache Thatsache, dass der Oeldampf eine hohe, der
Oelstaub eine niedere Temperatur besitzt, und dass
der Oeldampf einen grösseren Wärmeinhalt hat, als der Oelstaub, da dem ersteren die
ganze zur Verdampfung nötige Wärme schon zugeführt ist. Dieser Umstand ist für den
Oelmotor in doppelter Hinsicht wichtig.
Fürs erste bestimmt er die zulässige Höhe der Verdichtung. Ein Gemisch aus Oeldampf
und Luft besitzt immer eine höhere Temperatur; schon um die Kondensation des
Oeldampfs zu beschränken, wird man bestrebt sein, diese Temperatur hoch zu halten
und wärmt aus diesem Grund häufig die Verbrennungsluft vor. Ein heisses Gemisch von
Oeldampf und Luft verträgt aber nur eine mässige Verdichtung, es genügt schon eine
schwache Verdichtung, um es auf die Selbstentzündungstemperatur zu bringen, worauf
es mit heftigem Explosionsstoss noch vor Beendigung des Verdichtungshubs verbrennt.
Aber auch die regelmässigen Zündungen werden bei heissem Gemisch von harten
Explosionsstössen begleitet, welche im normalen Betrieb nicht zugelassen werden
können. Diese harten Zündungen sind vom Petroleumexplosionsmotor her wohl bekannt.
Im Spiritusmotor sind unter sonst gleichen Umständen die Verbrennungen nicht so
heftig, weil der Wassergehalt des Spiritus die Verbrennung verzögert und den
Explosionsstoss mildert. Das Arbeiten mit Oeldämpfen,
mit heissem Gemisch, zwingt also, insbesondere bei Petroleumbetrieb, wegen der
Gefahr von Vorzündungen und Explosionsstössen zur Anwendung niederer Verdichtung.
Gleichzeitig sieht man, dass die Forderung, die Kondensation des Oels zu verhindern,
indem mit möglichst heissem Gemisch gearbeitet wird, mit der Forderung hohe
Kompression in Anwendung zu bringen, bei den Oelmotoren mit Verdampfern nicht
zugleich erfüllt werden kann; was man auf der einen Seite gewinnt, muss man auf der
anderen preisgeben. Unter diesen Umständen muss man auf den Nutzen hoher
Verdichtung, der für die Höhe des Brennstoffverbrauchs von ausschlaggebender
Bedeutung ist, von vornherein verzichten. Hierin liegt es begründet, dass die mit
Oeldämpfen arbeitenden Motoren die Wärme schlechter ausnutzen als die Gasmotoren,
bei denen man mit der Höhe der Verdichtung nicht so sehr beengt ist, da das Gas
atmosphärische Temperatur hat und – im allgemeinen – weniger leicht entzündliche
Bestandteile enthält.
Sieht man aber von einer Verdampfung des flüssigen Brennstoffs ganz ab und
beschränkt sich darauf, denselben möglichst fein zu zerstäuben, so kann man mit der
Verdichtung höher gehen, da das Gemisch zu Beginn der Verdichtung eine niederere
Temperatur besitzt. Das kältere Gemisch lässt sich eben entsprechend höher
verdichten, ehe die Selbstzündungsgrenze erreicht wird. Neben der niederen
Anfangstemperatur ist aber ein weiterer wichtiger Umstand vorhanden, der zur Folge
hat, dass man ein Gemisch aus Luft und Oelstaub höher
komprimieren kann, als ein solches aus Oeldampf und
Luft. Es ist die Verdampfungswärme des flüssigen Brennstoffs. Das zerstäubte Oel ist
zu Anfang der Verdichtung noch keineswegs verdampft, es befindet sich immer noch im
flüssigen Aggregatzustand. Erst im Lauf der Verdichtung wird der Oelstaub verdampft,
indem die zur Verdampfung erforderliche Wärme dem Kompressionsgemisch entzogen wird.
Man hat es also hier mit einer Verdichtung unter gleichzeitiger Wärmeentziehung zu
thun, genau wie bei einem Luftkompressor, in den man während der Kompression Wasser
einspritzt, um den Cylinder zu kühlen. Die innere Kühlung des Kompressionsgemisches
wird nun um so wirksamer sein, je mehr Wärme der Oelstaub zu seiner Verdampfung
erfordert, je höher die Verdampfungswärme des Oels ist. Es ist schon in der
Einleitung dieses Aufsatzes darauf hingewiesen worden, dass Priestmann (England) und Banki (Ungarn) mit
dem Oel gleichzeitig Wasser, ebenfalls fein zerstäubt, in den Cylinder einspritzen
und so wegen der hohen Verdampfungswärme des Wassers eine ganz energische Kühlung
während der Verdichtung erzielen. Damit ist die hohe Verdichtung, die Vorbedingung
für einen günstigen Oelverbrauch, erreicht. Der Spiritus besitzt in dieser Beziehung
einen wesentlichen Vorzug für den Betrieb des Explosionsmotors; da der Spiritus
immer einen gewissen Prozentsatz Wasser enthält, der nötigenfalls durch weiteren
Zusatz beliebig erhöht werden kann, so fällt im Spiritusmotor die Notwendigkeit
einer besonderen Wassereinspritzung weg. Dazu kommt, dass der Alkohol selbst eine
ziemlich hohe Verdampfungswärme besitzt, welche etwa ein Drittel von derjenigen des
Wassers beträgt. Endlich ist die Spiritusmenge, welche man zur Entwickelung einer
bestimmten Leistung in den Cylinder einführen muss, grösser als die entsprechende
Petroleummenge, da der Heizwert des Spiritus nur rund 6000, derjenige des Petroleums
10000 Kal. pro Kilogramm beträgt. Darum ist die äquivalente Spiritusmenge etwa im
Verhältnis \frac{10000}{6000}=1,7\mbox{mal} grösser, ebenfalls ein Umstand, der in dem hier betrachteten
Zusammenhang von Wichtigkeit ist. Wenn man daher den Spiritus vor dem Eintritt in
den Cylinder fein zerstäubt, so kann man im Explosionsmotor ohne alle Kunstgriffe
eine hohe Verdichtung in Anwendung bringen. Um dieser Möglichkeit willen ist hier
der Spiritusmotor zu den Oelmotoren mit hoher Kompression gezählt worden.
Von dem Diesel-Motor, in welchem zur Zeit die höchsten Kompressionsspannungen
angewandt werden, wird weiter unten die Rede sein.
In zweiter Linie ist der erwähnte Unterschied zwischen den Temperaturen des
Oeldampfes und des Oelstaubes von Einfluss auf die Motorleistung. Denn arbeitet man
mit heissem Gemisch (Oeldampf), so fasst der Motorcylinder am Ende des Ansaugens ein
kleineres Gewicht frischer Ladung, als beim Arbeiten mit kaltem Gemisch (Oelstaub),
weil das kalte Gemisch dichter ist als das heisse. Ein grösseres Ladungsgewicht hat
aber – gleiches Mischungsverhältnis vorausgesetzt – auch eine grössere Motorleistung
im Gefolge. Denkt man sich, dass in demselben Cylinder einmal heisses, das andere
Mal kaltes Gemisch verarbeitet wird, etwa derart, dass die Temperatur am Ende des
Ansaugens das eine Mal um 150°, das andere Mal nur um 50° über der atmosphärischen
liegt, so verhalten sich die Gewichte der frischen Ladungen umgekehrt wie die
absoluten Temperaturen, also wie \frac{300+50}{300+150}=0,78. Das Gewicht der heissen Ladung beträgt
somit unter den angeführten Verhältnissen nur 0;78 vom Gewicht der kalten
Ladungund in demselben Mass ist auch die Leistung im ersteren Fall kleiner. Wie
gross dieser Unterschied in Wirklichkeit ist, sieht man aus dem Vergleich der
grössten indizierten Leistung, welche ein gewöhnlicher, mit einem Verdampfer
ausgerüsteter Petroleummotor aufweist, mit derjenigen Leistung, welche im
Banki-Motor bei Zerstäubung und Wassereinspritzung erzielt wird. Dort erreicht man
einen mittleren indizierten Druck von etwa 5, hier von etwa 7 kg/qcm,
entsprechend einer Erhöhung der indizierten Leistung um \frac{7-5}{5}=40% infolge des
Arbeitens mit kaltem Gemisch.
Wir sehen aus den bisherigen Darlegungen, dass sich die Oelmotoren, wenn man von der
Eigenart der flüssigen Brennstoffe ausgeht, zwanglos in zwei Gruppen zusammenfassen
lassen : 1. in Motoren mit niederer Verdichtung, in welchen das Oel verdampft wird,
2. in Motoren mit hoher Verdichtung, in welchen das Oel nur zerstäubt oder unter
gleichzeitiger Wassereinspritzung zugeführt wird; hierzu ist aus den angeführten
Gründen auch der Spiritusmotor gezählt worden.
Zu dieser zweiten Gruppe gehört endlich auch der Diesel-Motor, der wegen seines
besonderen Arbeitsverfahrens auch eine besondere Stellung einnimmt.
In ganz eigenartiger Weise hat Diesel das Problem
gelöst, im Oelmotor hohe Kompression zur Anwendung zu bringen. Diesel hat das Otto'sche
Prinzip der Gemischkompression des gemeinsamen Ansaugens von Luft und Brennstoff
vollständig verlassen und ist zu einem anderen Arbeitsverfahren übergegangen. In der
gemeinsamen Verdichtung von Luft und Brennstoff, wie sie im Otto'schen Motor stattfindet, ist es in erster Linie begründet, dass man
im Explosionsmotor mit Vorzündungen und Explosionsstössen zu rechnen hat. Auch die
Kondensation von Oel hängt mit dem gemeinsamen Ansaugen von Luft und Brennstoff
zusammen, da während des Ansaugens der Oeldampf Gelegenheit findet, mit kalten
Wandungen und kalter Luft in Berührung zu treten und zu kondensieren. In glänzender
Weise hat Diesel die Hauptschwierigkeiten, welche sich
dem Oelbetrieb im Explosionsmotor entgegenstellen, die Abscheidung tropfenförmigen
Oeles, die Gefahr von Vorzündungen und Explosionsstössen, überwunden, dadurch, dass
im Diesel-Motor Luft und Brennstoff nicht mehr gemeinsam, sondern getrennt angesogen
und verdichtet werden, Luft im Arbeitscylinder, Oel in einer besonderen Oelpumpe;
erst nach Beendigung der Kompression wird das Oel, durch Pressluft fein zerstäubt,
allmählich in den Arbeitscylinder eingeblasen, entzündet sich an der heissen
Kompressionsluft und verbrennt allmählich, ohne jeden Explosionsstoss, nach Massgabe
der in den Cylinder eingetretenen Brennstoffmenge. Damit hatte Diesel ein Dreifaches erreicht: höchste Kompression,
vollkommen sanfte Verbrennung und Verhütung der Kondensation. Nachdem die Gefahr von
Vorzündungen und Explosionsstössen im Prinzip überwunden war, konnte die Kompression
so hoch getrieben werden, als es die Höhe des Druckes mit Rücksicht auf die
Abmessungen des Motors, die Reibungsarbeiten, das Dichthalten u.a. zulässig
erscheinen liess.
Mit kühnem Entschluss steigerte Diesel die Kompression
in seinem Motor auf etwa 35 at, ein Druck, den vor ihm niemand in einem Wärmemotor
anzuwenden gewagt hatte, und so glücklich war diese Wahl sowohl mit Rücksicht auf
den Verbrennungsvorgang und die Wärmeausnutzung, als mit Rücksicht auf das
mechanische Verhalten des Motors, dass diese Kompressionshöhe seither unverändert
beibehalten worden ist. Am Ende der hohen Verdichtung hat die Luft im
Arbeitscylinder eine Temperatur von etwa 500°, so dass man versteht, wie Diesel von dem hocherhitzten Cylinderinhalt die
Bezeichnung glühende Atmosphäre gebrauchen konnte. Diese glühende Atmosphäre spielt
die Rolle des Verdampfers und der Zündvorrichtung, und bildet den trefflichsten
Schutz gegen die Kondensation von Oel. Der Inhalt des Verdichtungsraums und die
Wände desselben sind so heiss, dass von einer Kondensation des Oeles keine Rede sein
kann, und ferner ist die in der glühenden Atmosphäre aufgespeicherte Wärme im
stande, auch hochsiedende Erdöle vollständig zu verdampfen, so dass der Diesel-Motor
in seiner Fähigkeit, die Erdölsorten vom leichtflüchtigen Benzin bis zu dem
schwerflüchtigen RohpetroleumDasselbe enthält
sämtliche leicht- und schwerflüchtigen Bestandteile. zu
verdampfen, einzig unter seinesgleichen dasteht.
Wir wenden uns jetzt der I. Klasse der Oelmotoren zu, den Motoren mit niederer
Kompression, welche durch das Vorhandensein eines Verdampfers gekennzeichnet sind.
Die weitere Einteilung dieser Motoren erfolgt nach einem Vorschlag von Professor E. Meyer in folgender Weise:
a) Oelmotoren mit mässig geheiztem Verdampfer; Mischung vor oder während der Verdampfung;
α)
Verdampfer
vor dem
Einströmventil,
β)
„
hinter dem
„
b) Oelmotoren mit heissgehendem (rotglühendem) Verdampfer; Mischung nach der Verdampfung;
α)
Verdampfung
vor dem
Einströmventil,
β)
„
hinter dem
„
Diese Einteilung ist ganz in der Natur der Sache begründet, denn es besteht offenbar
ein Zusammenhang zwischen der Temperatur des Verdampfers und der Art und Weise, wie
die Mischung vollzogen wird. Werden z.B. Luft und Oel schon vor der Verdampfung
gemischt, nachdem das Oel durch Zerstäuben mischbar gemacht ist, so hat man ein
zündfähiges Gemisch, das man in keinen heissgehenden Verdampfer leiten darf, da es
sich dort entzünden würde. Dieser Fall liegt bei den Motoren der Klasse Ia vor; die
Verdampfer dieser Klasse dürfen nur so stark geheizt werden, dass ihre Temperatur
unter der Entzündungstemperatur des Gemisches bleibt. Die Vorzüge und Nachteile
dieses Verfahrens liegen auf der Hand; man kann die Mischung von Luft und Oel in
sehr vollkommener Weise vornehmen, aber man kann diejenigen Oelbestandteile nicht
verdampfen, deren Siedepunkt höher ist als die Verdampfertemperatur. Dies kommt
hauptsächlich bei den schwereren Petroleumsorten in Betracht; schon das
amerikanische Lampenpetroleum enthält nach Mitteilung von Professor Schröter-München (Z. d. V. d.
I. 1897, S. 849) mehr als 25% von Bestandteilen, deren Siedepunkt über 300°
C. liegt. Wenn diese hochsiedenden Bestandteile, welche in den mässig geheizten
Verdampfern nicht verdampft werden können, nicht fein zerstäubt worden sind, bevor
sie in den Cylinder kommen, so scheiden sie sich dort in Tropfenform ab, verbrennen
unvollkommen und verschmutzen den Motor. In den Motoren der I. Klasse mit mässig
geheiztem Verdampfer lässt sich demnach einesehr innige Mischung, aber keine
vollkommene Verdampfung erzielen; zur vollständigen Ueberführung des Oeles – in
erster Linie des Petroleums – genügt die mässige Erhitzung in den Verdampfern dieser
Klasse nicht, es muss ausser der Verdampfung noch die Zerstäubung zu Hilfe genommen
werden. Das Gesagte gilt, wie im letzten Satz angedeutet, zunächst nur vom
Petroleum, welches hochsiedende Bestandteile enthält, nicht aber vom Spiritus,
dessen Siedepunkt, je nach dem Wassergehalt, zwischen 78° (reiner Alkohol) und 100°
C. (Wasser) liegt. Spiritus kann schon in mässig geheizten Verdampfern vollständig
verdampft werden. Die Höhe der Verdichtung in den Motoren dieser Klasse hängt von
der Temperatur im Verdampfer ab, je höher dieselbe ist, desto niederer muss man die
Verdichtung halten.
Im Unterschied zu den mässig geheizten Verdampfern können in den heissgehenden
Verdampfern auch hochsiedende Oele verdampft werden. In den mit rotglühenden
Verdampfern ausgerüsteten Motoren lassen sich auch schwere Petroleumsorten
verarbeiten. Hierin liegt ohne Zweifel ein Vorzug, wie fernerhin auch darin, dass
der hocherhitzte Oeldampf, welcher in diesen Verdampfern entsteht, in geringerem
Mass der Kondensation ausgesetzt ist, als bei den vorhin besprochenen Verdampfern
der Fall ist. In die rotglühenden Verdampfer darf während der Verdichtung keine Luft
hineinkommen, wenigstens nicht soviel, als zur Bildung eines Zündgemisches
erforderlich ist, weil dies Frühzündungen zur Folge hätte. Die Mischung kann aus
diesem Grund erst nach der Verdampfung vorgenommen werden; sie ist aber darum nicht
unter allen Umständen schlechter, als in den Motoren mit mässig geheiztem
Verdampfer. Freilich, wenn der rotglühende Verdampfer einen Teil des
Verdichtungsraums bildet (Klasse Ibβ), wie das bei der
Mehrzahl derselben zutrifft, und die Mischung hinter
dem Einströmventil, im Cylinder selbst, vollzogen werden muss, dann ist die Mischung
nicht so günstig, als bei mässig geheiztem Verdampfer. Es steht aber nichts im Wege,
den rotglühenden Verdampfer vor das Einströmventil zu verlegen und auch die Mischung
schon vor dem Einströmventil einzuleiten; dann wird auch bei rotglühendem Vergaser
eine günstige Mischung erzielt. Nur gelangt dann das Zündgemisch mit ziemlich hoher
Temperatur in den Cylinder, so dass nur eine schwache Verdichtung zur Anwendung
gebracht werden kann.
Die weiteren Eigenschaften der beiden Klassen werden bei der Besprechung der
einzelnen Konstruktionen erörtert werden, in welche nunmehr eingetreten wird.
(Fortsetzung folgt.)