Titel: | Die nördliche Ringlinie der Pariser Metropolitanbahn. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 399 |
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Die nördliche Ringlinie der Pariser
Metropolitanbahn.
Die nördliche Ringlinie der Pariser Metropolitanbahn.
Seit unseren letzten eingehenden Berichten über die Bauausführungen und
Betriebseinrichtungen der Pariser Metropolitanbahn
(vgl. D. P. J. 1900 315 8
und 549) ist die 10,663 km lange Hauptlinie Porte
Maillot-Porte des Vincennes am 19. Juli, die 1,56 km lange Abzweigung Étoile-Trocadéro am 2. Oktober, und die 1,83 km lange
Teilstrecke Porte Dauphine-Étoile am 13. Dezember 1900
dem öffentlichen Verkehr übergeben worden. Seit Februar 1901 hat man nun auch einen
Teil des von der Metropolitangesellschaft errichteten
Elektrizitätswerkes in Bercy fertig gestellt, so dass
sich dasselbe bereits zur Hälfte an der Deckung des Strombedarfes für die
Beleuchtungsanlagen und die Zugförderung der bisher eröffneten Linien beteiligt. Die
finanziellen Erfolge der neuen Bahn und namentlich jener der Hauptlinie Porte Maillot-Porte des Vincennes waren überraschend
günstig, denn vom 19. Julibis letzten Dezember 1900 wurden daselbst über 15
Millionen Personen befördert, wofür sich die Einnahmen auf 2600000 Frs. bezifferten.
Besonders befriedigt der Umstand, dass auch seit dem Schlusse der Weltausstellung
der Verkehr sich nicht abgeschwächt, sondern vielmehr stetig gehoben hat. Die
durchschnittlichen Tageseinnahmen, welche verflossenen Jahres gegen Ende der
Weltausstellung 16000 Frs. betrugen, sind im ersten Trimester laufenden Jahres auf
22000 Frs. gestiegen. Da alle Anzeichen eines gesunden wirtschaftlichen Gedeihens
schon bald nach der Betriebseröffnung der ersten Strecke unverkennbar und
vielversprechend zu Tage traten, fand sich die Verwaltung der Metropolitanbahn
veranlasst, den Weiterbau der sogen. nördlichen Ringlinie B, d. i. die Fortsetzung des fertigen Flügels Porte Dauphin-Étoile bis zur Place de la
Nation thunlichst zu beschleunigen. In der That sind die betreffenden Arbeiten bereits am
27. Oktober 1900 aufgenommen worden, und müssen dieselben nach den bezüglichen
Verträgen längstens bis Ende Juli 1902 vollendet sein, zu welchem Zeitpunkte die
Betriebseröffnung dieser zweiten Hauptstrecke angesetzt ist.
Textabbildung Bd. 316, S. 400
Fig. 1.Situation der im Betriebe und im Bau befindlichen Linien der
Pariser Metropolitanbahn.
Die im Bau begriffene, natürlich gleichfalls doppel-geleisige Linie beginnt, wie Fig. 1 ersehen lässt, an der bereits fertigen Station
Place de l'Étoile, welche mit den beiden anderen,
um 6 m höher liegenden, jedoch ebenfalls unterirdischen Stationen gleichen Namens
der im Betrieb befindlichen Linien behufs Ermöglichung des Umsteigens durch Treppen
und Stege in zweckdienlicher Verbindung steht. In der Fig.
1 sind die bereits eröffneten Strecken durch einfache volle Striche
angezeigt, die im Bau begriffene nördliche Ringlinie B
jedoch durch parallele Doppelstriche; davon erscheinen wieder die unterirdischen
Teilstrecken durch die kettenförmigen Zwischenstriche besonders gekennzeichnet. So
wie die Endstation Porte Dauphin des fertigen Stückes
als birnförmige Schleife (en raquette) angelegt ist, so
wird auch die zweite, an der Place de la Nation
befindliche Endstation eine volle Umkehr bilden und sich an die gleichnamige
Mittelstation der bestehenden Linie Porte Maillot–Porte des Vincennes genau in derselben Anordnung
anschliessen, wie sich in der Station Place de L'Étoile
die Endstation der Zweiglinie Étoile–Trocadéro an die gleichnamige Mittelstation der soeben
genannten Hauptlinie (vgl. Fig. 12 auf S. 553 1900) angliedert. Ein Fahrgast, der
von einer der beiden Hauptlinien auf die andere gelangen will, wird also unbedingt
gezwungen sein, in einer der Stationen Place de
l'Étoile oder Place de la Nation umzusteigen.
In der neuen Linie werden die schärfsten Bogen auch wieder, wie in den älteren
Strecken den Halbmesser von 50 m besitzen, und ist für das Befahren dieser Kurven
eine sehr verminderte Zuggeschwindigkeit behördlich vorgeschrieben. Etwa ein Fünftel
der Baustrecke wird oberirdisch, ja im wesentlichen als Hochbahn, verlaufen, während
die übrigen vier Fünftel als Untergrund- oder Unterpflasterbahnen ausgeführt sein
werden. Der oberirdische Teil liegt zwischen den Kilometersteinen 4,1 und 6,1 und
hat fast genau 2000 m Länge, wogegen die Gesamtlänge der im Bau stehenden Linie
10539 m beträgt. Die Einschaltung eines oberirdischen Stückes war notwendig
geworden, um über die Geleise derNordbahn und der Ostbahn hinweg zu gelangen,
da bei einer Unterfahrung dieser beiden Bahnen durch die Metropolitanbahn letztere
in zu grosse Tiefen gelangt wäre, was hinsichtlich der Wasserableitung, der Lüftung
und der bequemen Anlage der Stationszugänge mit vielen Schwierigkeiten und
Unzukömmlichkeiten verbunden gewesen wäre. Zudem ist die Lage des Geländes für den
Anschluss der oberirdischen und unterirdischen Anlage sehr günstig, so dass die
Länge der Uebergangsrampe vom Nullpunkte der Untergrundstrecke zum Viaduktniveau bei
Benutzung von Steigungen zu 40% auf der einen Seite, zunächst des Boulevard Barbes (Fig. 2) nur 118
m, und auf der anderen Seite am Boulevard Villette 170
m beträgt. Man hat natürlich danach getrachtet, die Höhe des Hauptviadukts möglichst
gering auszumitteln, doch war die geringste Durchlasshöhe hinsichtlich aller
Strassen und Plätze, welche mit Fuhrwerken befahren werden, ebenso für alle
Ueberbrückungen von Eisenbahnlinien von vorhinein mit 5,20 m behördlich
vorgeschrieben. Als Hauptträger für die Viaduktfelder werden N-förmige
Stahlblechträger mit parabolischer Obergurt und wagerechter Untergurt zur Anwendung
kommen. Die 60 Viaduktöffnungen erhalten, da sie den jeweiligen örtlichen
Bedürfnissen genau angepasst werden müssen, sehr ungleiche Spannweiten, und die
letzten schwanken in der Regel zwischen 19,48 m und 27,60 m. Ausserdem sind aber
noch an drei Stellen ganz abweichend weite Felder erforderlich, nämlich an der
Uebersetzung am Boulevard Barbes ein solches mit 35,89
m, an der Rue d'Aubervilliers eines mit 43,47 m und
endlich behufs Ueberbrückung der Nordbahngeleise ein Feld mit 75,25 m
Spannweite.
Textabbildung Bd. 316, S. 400
Fig. 2.Uebergangsrampe von der Unterpflasterstrecke zur Hochbahnstrecke
am Boulevard Barbes; Boulevard de Rochechouart; Boulevard de la
Chappelle.
Der unterirdische Teil der neuen Linie wird durchweg als ausgemauerter Tunnel
durchgeführt, genau nach den Normalprofilen der älteren Linie (vgl. Fig. 2 und 3 auf
S. 550 und Fig. 6 auf S. 552 1900), ausgenommen natürlich zunächst den beiden
Nullpunkten der unterirdischen Strecken, wo auf der einen Seite am Boulevard Barbes oder vielmehr de
Rochechouard ein 122 m langer Einschnitt liegt, von dem 55 m gedeckt und
die anderen 67 m offen sind, während auf der anderen Seite, d. i. am Boulevard Villette der Einschnitt eine Länge von 168 m erhält,
wovon 96 m offen und 72 m gedeckt sein werden. Diese Einschnitte haben durchweg ein
konkaves Sohlengewölbe zwischen zwei senkrechten Futtermauern und eine lichte Breite
von 6,70 m. Die Stärke der beiden Seitenmauern beträgt vom Fusse bis zur Höhe von 4
m, d. i. bis 2,50 m über Schienenhöhe, in der Regel 1,50 m und weiter hinauf 1,00 m,
doch ergeben sich hierin nach Massgabe der Gesamthöhe der Mauern und ihrer
Inanspruchnahme durch den Deckenrost oder durch Brücken mannigfache kleine
Abweichungen. Je nachdem der gedeckte Einschnitt unter einer Lastenstrasse oder
unter einer Geh- und Reitallee hinläuft, sind die Deckenkonstruktionen, deren
Querschnitt aus Fig. 3
und Fig. 4 erhellt,
stärker oder leichter gehalten. Ersteren-falls beträgt die Minimalhöhe von der
Schienenoberkante der Fahrgeleise bis zur Untergurt der Hauptdeckenträger 3,555 m,
anderenfalls 3,805 m. In beiden Fällen wird die Decke von I-förmigen, 7,20 m langen Querträgern getragen, die bei der stärkeren
Anordnung in Abständen von 3 m aufeinander folgen und aus einem Wandblech von
700.12, vier Winkelblechen von 120.120.12 und zwei oder auch mehreren Gurtungen von
300. 9 mm bestehen, während die Querträger der schwächeren Decken 5 m weit
auseinander liegen und aus einem Wandblech von 700. 10, vier Winkelblechen von
100.100.10, und zwei oder mehreren Gurtungen von 250.10 mm gebildet sind. Als
Auflager für diese Träger dienen in die Futterwände eingemauerte Granitquadern von
30 cm Höhe, 60 cm Breite und 120 cm Länge. Zwischen den Querträgern werden in
Abständen von je 1,18 m I-förmige Blechträger eingenietet, welche aus einem
Wandblech von 500.10, vier Winkelblechen von 80.80.9 und zwei oder mehreren
Gurtungen von 200. 8 mm bestehen. Die von den Längsträgern und Querträgern
gebildeten rechteckigen Rostmaschen werden mit 25 cm langen und 22 cm breiten
Pressziegeln in Portlandcementmörtel ausgewölbt. Bis zur äusseren Scheitelhöhe
dieser Gewölbe wird dann auf dieselben Beton gebracht und das Ganze schliesslich
noch mit einer 12 cm dicken Cementgussschichte abgedeckt. Erst auf diese letzte
Schale kommt dann der gewöhnliche Strassengrund mit seiner Abpflasterung. Das
Bodengewölbe der Einschnitte bildet an der Innenfläche einen Kreisbogen von 20,57 m
Halbmesser, ruht auf einer wagerechten, 9,7 m breiten Basis und ist an dem genau in
der Mittelachse des Einschnittes liegenden Scheitel 50 cm dick. Gleich wie in den
Seitenwänden der laufenden Tunnels sind auch in jenen der Einschnitte von 25 zu 25 m
Rettungsnischen eingebaut, welche zum Aufenthalte und Schütze der auf den Strecken
beschäftigten Bediensteten, sowie zur Unterbringung verschiedener Apparate,
Materialien und Werkzeuge dienen.
Textabbildung Bd. 316, S. 401
Querschnitt der gedeckten Einschnitte. unter Lastenstrassen; unter Geh- und
Reitalleen.
Die zur Ueberbrückung der Viaduktfelder benutzten Halbparabelträger haben an den
Oeffnungen mit Spannweiten unter 30 m einfache, an den mit grösseren Spannweiten
hingegen Doppelfachwerke. Ersterenfalls liegen die Fahrgeleise zur Herabminderung
des Geräusches und der Stösse in gewöhnlicher Weise auf kreosotgetränkten
Querschwellen in einem Kiesbette, das auf Querträgern errichtet ist; letzterenfalls
wird man jedoch, um die Belastungzu verringern, die Schienenstränge unmittelbar
auf eichenen Längsschwellen anbringen. Die Konstruktionen der Ueberbrückungen in den
schmäleren Viaduktfeldern werden im wesentlichen ganz ähnlich wie die
Einschnittdecken ausgeführt, d.h. die als Seitenträger angeordneten Hauptträger sind
durch Querträger rostartig verbunden, und die auf diese Weise entstehenden Kassetten
mit Formenziegel in Cementmörtel eingewölbt, dann mit Beton überstampft und
schliesslich mit einer 2 cm starken Cementgussschichte abgedeckt. Für die
Unterbringung des Schotterbettes sind auf den ebenerwähnten Einwölbungen parallel
zur Brückenachse schmale FuttermauerchenDiese
Ausführungsform ist eigentümlich; um so interessanter wird es sein,
seinerzeit zu erfahren, wie sich die durch die Zwischenmauerungen doch ganz
aussergewöhnlich versteiften Brückenbahnen zu den unvermeidlichen Stössen
und Schwingungen verhalten werden, welche die Zugsfahrten an und für sich
oder auch plötzliche bedeutende Temperaturänderungen mit sich bringen.Anm. d. Red. aufgebaut, welche eine
wasserdichte, im Durchschnitte 50 cm hohe Rinne von 5,00 m lichter Weite bilden, in
der an den tiefen Stellen Abflussröhren für das Regenwasser eingesetzt sind, die
gemeinsam mit Röhren kommunizieren, welche sich im Inneren der Brückenpfeiler
befinden und die Niederschläge nach abwärts in die Strassenkanäle führen. Sämtliche
Viaduktbrücken erhalten auf beiden Längsseiten neben den Hauptträgern 70 cm breite,
aus geriffelten Blechplatten hergestellte und mit Geländer versehene Gangsteige, die
auf Konsolträgern ruhen, welche an die Hauptkonstruktion genietet sind. Bei den ganz
langen Brücken werden die eichenen Längsschwellen, auf welchen die Schienenstränge
ruhen, von Querträgern getragen, die ihrerseits auf den Hauptträgern ruhen. Zwischen
den Geleisen und den Hauptträgern wird die Brückenbahn entweder aus Längsbohlen
hergestellt, welche auf den eisernen Querträgern aufgesattelt werden, oder aus
geriffelten Eisenplatten wie die seitlichen Gangsteige. Mauerwerk gibt es auf den
langen Brücken keines. Die Viaduktpfeiler werden je nach der Oert-lichkeit entweder
aus Quadermauerwerk oder aus Eisensäulen hergestellt und der Architektur der
Umgebung künstlerisch angepasst.
Im ganzen sind auf der 10,539 km langen Baustrecke 19 unterirdische und 4 längs des
Viaduktes oberirdisch angelegte Stationen in Aussicht genommen, die im Durchschnitte
500 m voneinander entfernt liegen. Diese Stationsdistanz ist also um etwa 125 m
kleiner als jene in der zuerst fertig gestellten Linie Porte
des Vincennes-Porte Maillot. Eingedenk der
Erfahrungen, welche auf den Betriebsstrecken bereits gemacht wurden, und die dahin
gehen, dass Stationen mit Blechrostdecken möglichst zu vermeiden seien, hat man auf
der neuen Strecke nur die einzige Haltestelle Rue de
Borne mit Eisendecke durchgeführt, weil die daselbst zur Verfügung stehende
Profilhöhe eben nur zu einer solchen flachen Eindeckung hinreichte; alle übrigen
unterirdischen Stationen werden eingewölbt und nach demselben Normale (vgl. Fig. 5
S. 551 und Fig. 6 S. 552; 1900) ausgeführt, wie auf den fertigen Linien, nur mit dem
Unterschiede, dass die Höhe vom Sohlenscheitel bis zum Firstscheitel des
Tunnelquerschnittes um 20 cm grösser gewählt ist, als in den gleichartigen Stationen
der Betriebsstrecken. Auch werden die Gewölbe und sonstigen Wände der neuen
Stationen ebenfalls mit weissglasierten Ziegeln ausgeführt werden, was sich
hinsichtlich des Lichtes und der Reinlichkeit vorzüglich bewährt hat, so dass die
Beeinträchtigung lebhaft bedauert werden muss, welche die treffliche Wirkung dieser
Anordnung vielfach durch eine Menge von Ankündigungstafeln, Wandkarten u. dgl.
erfährt. Die Länge der Stationen bezw. der Bahnsteige beträgt überall 72 m und die
Breite der letzteren, deren Niveau nur 15 cm unter dem der Ein- und Austrittssohle
an den Wagen liegt, 4,10 m. Auch die Station Rue de
Borne gleicht im wesentlichen dem alten Normale (vgl. Fig. 7 und 9 auf S.
551 und Fig. 8 auf S. 552; 1900) und weist nur in einigen geringfügigen Einzelheiten
der Deckenkonstruktion kleine Abweichungen auf. Das Querprofil dieser Station ist
vom vorgenannten Normale nur durch eine um 18 cm grössere Höhe und eine um
ebensoviel geringere Breite unterschieden.
Die Stationen auf dem Viadukte bestehen, wie auch Fig.
2 erkennen lässt, aus je fünf Brückenöffnungen, von denen die zwei
Endfelder je 15,07 m und die drei mittleren Felder jedes 15,09 m Spannweite
aufweisen. Jeder der fünf Brückenroste der Station besitzt fünf untereinander durch
Querträger, Bänder und Windschliessen verbundene Hauptträger, von denen die drei
inneren die ausgemauerten Rostmaschen tragen, auf welchen das Kiesbett mit den
beiden Fahrgeleisen ruht. Von diesen drei Längsträgern tragen die beiden seitlichen
auch noch gemeinsam mit zwei weiteren rechts und links um 3,925 m nach aussen
liegenden Trägern die Dachstuhlsäulen und Untergerüste oder Untermauerungen der
beiden Bahnsteige und der Glaswände, mit welchen die Längsseiten und die Stirnseiten
der Bahnsteige bis zum Rande des Wellblechdaches abgeschlossen sind. Unter der
Fahrbahn und unter den Bahnsteigen sind die Trägerroste in ähnlicher Weise gewölbt
ausgemauert und übermauert, wie es weiter oben hinsichtlich der Viaduktbrücken
bereits besprochen wurde. Die mit der Bahnachse parallel laufenden fünf Hauptträger
der Stationen sind, wie an den übrigen Brücken des Viaduktes, halbparabolische
Fachwerksträger, jedoch relativ stärker und auch dadurch unterschieden, dass an
ihnen die Obergurt wagerecht, die Untergurt parabolisch ist. Die zu den Bahnsteigen
führenden zwei Treppen sind seitlich untermauert und werden aus armiertem Cementguss
ausgeführt. Uebertrittsstege sind natürlich keine vorhanden. Während die
abschliessenden Pfeiler in den beiden Endfeldern der Viaduktstationen stets der
vollen Breite nach aus Quadermauerwerk hergestellt werden, bestehen die inneren
Tragpfeiler in der Regel aus je fünf gusseisernen, auf massiv ausgemauerten
Fundamenten stehenden Doppelsäulen, welche untereinander durch Sprengbögen versteift
und in einheitliche Verbindung gebracht sind.
Es ist nicht uninteressant, schliesslich auch den Ziffern der Kostenvoranschäge für
die Bauausführung der neuen Linie und den betreffenden Abschlüssen mit den
Bauunternehmungen etwas näher zu treten. Wie bei den früheren Ausführungen der
Metropolitanlinien sind es, was die unterirdischen Strecken anbelangt, auch diesmal
wieder die vielen Verlegungen von Wasserleitungen und Stadtkanälen, welche,
nennenswerte Schwierigkeiten darbietend, die Herstellungsfristen verlängern und die
Kosten vermehren. Vier verschiedene Nutz- und Trinkwasserleitungen werden an ebenso
vielen Punkten von der neuen Metropolitanlinie getroffen und die hieraus
erwachsenden Kosten sind mit 2875000 Frs. veranschlagt, wovon 245000 Frs. für
gleichzeitig durchzuführende Verbesserungen an den Wasserleitungsanlagen dem
Wasserversorgungsfonds der Stadt Paris zur Last fallen. Auch anlässlich der
erwähnten notwendig werdenden Aenderungen an dem städtischen Kanalisierungsnetze
sind gleichzeitig verschiedene örtliche Verbesserungen dieser Anlagen beschlossen
und es entfallen aus diesem Grunde von dem für Kanalumlegungen veranschlagten
Hauptbetrage von 3981800 Frs. auf die Bahngesellschaft 3144500 Frs. und auf die
Stadt Paris 837300 Frs. Für die Instandsetzung der beim Baue geschädigten
öffentlichen Strassen, Gas-, Telegraphen-, Telephonleitungen oder sonstige
Wiederherstellungen hat man 450300 Frs. vorgesehen.
Die gesamten Herstellungsarbeiten, ausgenommen die Fahrgeleise, die elektrischen und
alle übrigen Betriebseinrichtungen, sind in neun Unternehmerlose – wovon auf den
oberirdischen und die beiden unterirdischen Teile der Baustrecke je drei entfallen –
geteilt und gegen Minderantrag vergeben worden. Die Gestehungspreise stellen sich
für alle neun Lose zusammen auf 18586938 Frs., was pro laufenden Meter
durchschnittlich 1758,07 Frs. ausmacht. Das billigste Angebot liegt für das erste,
gleich an die Place de Étoile grenzende Los der
unterirdischen Strecken vor mit 1227,80 Frs. pro laufenden Meter, und das teuerste
für das mittlere Los der Viaduktstrecke mit3549,19 Frs. pro laufenden Meter.
Alles zusammen belaufen sich nach Obigem lediglich die reinen Baukosten, zu welchen
auch noch der Betrag von 3735000 Frs. für die Personal-, Aufsichts- und
Steuerkontis, sowie für aussergewöhnliche Auslagen zuzurechnen kommen, auf 29629200
Frs., wonach sich der Einheitspreis pro laufenden Meter auf 2811,38 Frs. stellt. Die
bisher eröffneten nahezu 14 km langen Strecken haben zusammen lediglich für die
reine Bauausführung 36 941 000 Frs. gekostet, d. i. pro laufenden Meter 2646,22
Frs., und also um 165,16 Frs. oder beiläufig 6,3% weniger als die neue Strecke kosten wird. Dieses Ergebnis steht im
direkten Widerspruch mit dem, was man nach allem hätte voraussetzen müssen, erklärt
sich aber leicht aus dem Umstände, dass die Viaduktstrecken fast zwei- bis dreimal
teurer werden, als die unterirdischen. Bei der Bauvergebung der alten Strecken waren
seitens der Bauunternehmer gegenüber den Voranschlägen nur Angebote von höchstens
5,2% Nachlass vorgelegen, während für die neue Linie die Nachlassangebote für
Viaduktstrecken auf 22,20 bis 24,48 und für unterirdische Strecken auf 15 bis 23,90%
gestiegen sind. Diese gleichfalls überraschende Erscheinung ist auf zwei Ursachen
zurückzuführen, in erster Linie jedoch auf den lebhaften Wettbewerb, in welchen
gerade zur massgebenden Zeit die nach der Ausstellung, dann nach Vollendung der
neuen Paris-Orleansbahnstrecken, der Courcell-Linie und einer Reihe anderweitiger
grosser Arbeiten frei gewordener Bauunternehmungsfirmen sich einzulassen Gelegenheit
und wirtschaftliche Gründe hatten. Zum Teile erklären sich die nennenswerten
Nachlassangebote auch durch den Rückgang der Eisen- und Stahlpreise in Frankreich,
der voraussichtlich längere Zeit anhalten dürfte. Eben dieser Umstand bringt es auch
mit sich, dass die Nachlässe für die neuen Untergrundstrecken wesentlich geringer
ausgefallen sind als für die Viaduktstrecken; ein zweiter Grund hierfür ist der,
dass das aus den unterirdischen Streckenteilen zu beseitigende Erdreich in den
meisten Losen auf weite Entfernungen weggeschafft werden muss und fast durchweg nur
mittels Karren abgeführt werden kann.
Die Ersteher von Baulosen mussten sich hinsichtlich der Arbeitsorganisation
verpflichten, ihrem gesamten Arbeiterstand in der Woche mindestens einen Tag zur
Erholung vollkommen frei zu geben, und an keinem Werksorte mehr fremde Arbeiter
einzustellen als höchstens zehn. Die Minimallöhne sind nach dem von der Stadt Paris
aufgestellten Satze vom 1. November 1882 zu bemessen und die Arbeitsstunden
innerhalb eines Tages dürfen zehn nicht überschreiten. Von diesen Einschränkungen
darf nur in dringenden Notfällen und nach eingeholter ausdrücklicher Zustimmung der
Metropolitanbahn abgegangen werden. Den
Unternehmern waren nach der erfolgten Begebung 3 Monate Frist gewährt, um die
Ausführungsarbeiten vorzubereiten, die – je nach den Losen – in 16 bis 20 Monaten
vollendet sein müssen. Im Falle der Ueberschreitungen des vereinbarten
Ausführungstermin es werden die betreffenden Unternehmer für jedes Los mit 500 Frs.
täglicher Geldstrafe belegt, wogegen sie denselben Betrag als Prämie für jeden Tag
gutgeschrieben erhalten, um welchen sie die Bauausführung vor Ablauf des Terminos
fertig übergeben. Für die sechs unterirdischen Baulosstrecken sind zuvörderst in
grösseren oder geringeren Entfernungen voneinander Schächte angelegt worden, welche
zum Wegschaffen des Schuttes und zum Einbringen des Baumaterials dienen; Zahl und
Ort dieser Schächte wird von der Bahnverwaltung bestimmt, die dafür verantwortlich
ist, dass störende Behinderungen des Strassenverkehrs hintangehalten bleiben.
Zur Zeit sind nun die in Rede stehenden Arbeiten bereits im regsten Gange und so weit
eingeleitet oder gediehen, dass die rechtzeitige Vollendung zum festgesetzten
Termin, d. i. bis Ende November des Jahres 1902, ganz zuverlässig gewärtigt werden
darf.