Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik. |
Autor: | Karl T. Fischer |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 773 |
Download: | XML |
Neuerungen auf dem Gebiete der
Schwachstromtechnik.
Von Dr. Karl T. Fischer.
(Fortsetzung von S. 741 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik.
II. Mikrophonie und Telephonie.
1. Ausser dem Telephonographen ist auf dem Gebiete der Telephonapparate in den
letzten Jahren keine prinzipiell neue, für die Praxis direkt anwendbare Idee
verwirklicht worden; die Simon'scheSiehe auch D. p.
J. S. 485 d. Bd., sowie Wiedemanns Annalen
für Physik, 64 S. 233 1898, und Physikalische Zeitschrift, II S. 255 1901. sprechende
Bogenlampe, deren Wirkungsweise darauf beruht, dass eine mit Gleichstrom (etwa 12
Ampère) betriebene Bogenlampenflamme F ertönt (Fig. 10), wenn auf ihren Stromkreis S2 der Stromkreis S1 eines Mikrophons M durch Induktion einwirkt, ist zwar eine höchst
interessante Entdeckung gewesen und hat bereits zu einer Schallübertragung mittels
Lichtwellen geführt (siehe später unter drahtloser Telephonie und Telegraphie), aber
sie bedarf erst noch der weiteren Ausbildung, um ökonomisch in die Praxis eingeführt
zu werden.
Textabbildung Bd. 316, S. 773
Fig. 10.Sprechende Bogenlampe von Simon.
2. Die Hauptbedürfnisse der Praxis bildeten die Vervollkommnung der bestehenden
Mikrophonapparate, Verbesserung der Leitungsanlagen, so dass telephonische
Uebertragungen auf grössere Strecken möglich wurden, und bessere Ausnutzung der
bestehenden Leitungsnetze durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
Umschaltebureaus.
Textabbildung Bd. 316, S. 773
Fig. 11.Kohlenwalzenmikrophon von Mix und Genest.
Erst seit 1886 ist das Mikrophon in Anwendung und die Hauptentwickelung desselben lag
darin, dass man die Zahl der Kohlenkontakte fortwährend vermehrte; bis vor kurzem
war der allgemein namentlich bei der Reichspostverwaltung eingeführte Typus das
Kohlenwalzenmikrophonvon Mix und Genest, Berlin
(Fig. 11) mit 3 Walzen und 6 Kontaktpunkten; zur
Vermeidung der Rasselgeräusche und um die durch Sprechen auf die Tannenholzplatte
erregten Schwingungen zu dämpfen, waren die Kohlenwalzen mit Filz und mit Hilfe von
Federn in ihrer Bewegung eingeschränkt. Der Hauptnachteil der Walzenmikrophone blieb
jedoch, dass die bewegten Massen zu gross waren, und daher den feinen Impulsen,
welche beim Sprechen erfolgen, nicht genau und rasch genug folgen konnten. Die
Aufgabe, die Zahl der Kohlenkontakte möglichst gross und die bewegten Teile
möglichst klein zu machen, ist in der letzten Zeit sehr vollkommen und einfach
dadurch gelöst worden, dass man statt der grösseren kompakten Kohlenwalzen oder
Kohlenscheiben Kohlen-körner anwandte.
Textabbildung Bd. 316, S. 773
Fig. 12.Kohlenbeutelmikrophon von Siemens u. Halske.
Im Kohlenbeutelmikrophon (Fig. 12) von Siemens und Halske wird ein guter Kontakt der
Kohlenkörner bei vertikalstehender Membran dadurch hervorgebracht, dass die
Kohlenkörner – von 1 bis 2 mm Durchmesser – in einen Seidenbeutel eingeschlossen
sind, der einerseits an das mit der Aluminiummembran verbundene Kohlenstuck und
andererseits an ein mit der Rückwand verbundenes Kohlenstück festgebunden ist.
Textabbildung Bd. 316, S. 773
Fig. 13.Kohlenkörnermikrophon von Mix und Genest.
Im Kohlenkörnermikrophon von Mix und Genest (Fig. 13) ist die Sprechmembran eine kaum 1 mm dicke
Kohlenplatte; an dieser liegen die Kohlenkörner direkt an; um sie am Zusammensinken
und Festklemmen zu hindern, sind auf dem hinteren Kohlenkörper Rinnen und
Vertiefungen eingedreht; der Abschluss des Kohlenkörnerraumes erfolgt durch einen
dünnen zwischen Sprechmembran und Metallgehäuse angebrachten Filzring. Ein sehr
wichtiger Vorteil der Anordnung von Mix und Genest
besteht darin, dass
die ganze die Kohlenteile enthaltende Kapsel, welche die Grosse einer Taschenuhr
hat, sehr einfach ausgewechselt werden kann (vgl. Fig.
13); es ist zu diesem Zwecke die Sprechkapsel nur in das äussere Gehäuse
einzudrücken und mittels Bajonettverschlusses festzuhalten.
Textabbildung Bd. 316, S. 774
Fig. 14.Automatischer Schalter von Mix und Genest (System West).
3. Um den Telephonanschluss zu verbilligen und eine stärkere Beanspruchung der
Leitungen zu ermöglichen, gestattet die neue Fernsprechgebührenordnung, dass an eine
Hauptleitung fünf Nebenleitungen angeschlossen werden
dürfen, so dass also z.B. die Inwohner eines Hauses eine und dieselbe
Telephonleitung benutzen können; bisher war nun, um die entsprechenden Verbindungen
herzustellen, eine eigene Person nötig, in der Regel war diese der Pförtner, welche
die innerhalb des Hauses nötigen Anschlüsse besorgte; ein von Julius H. West konstruierter und von Mix und Genest in Berlin ausgeführter automatischer
Schalter (Fig. 14 und 15) macht die Anwesenheit einer Mittelperson, die die fünf Nebenleitungen
an die Hauptleitung anschliesst, überflüssig, und gibt die Möglichkeit, dass jede
Nebenleitung sowohl direkt mit dem Hauptamt in Verbindung treten kann, als auch
direkt vom Hauptamt angerufen werden kann, ohne dass die Verbindung seitens einer
Nebenschlussstelle gestört wird oder das Gespräch von einer Nebenschlussstelle aus
mit angehört werden kann.
Die erste Aufgabe ist sehr leicht zu erfüllen: es braucht ja nur in dem Moment, wo
der Anschluss wünschende Abonnent das Telephon abhebt, ein Stromkreis geschlossen zu
werden, welcher die übrigen Teilnehmer verhindert, beim Abnehmen des Telephons
Anschluss an die Zentrale zu erhalten; in der in Fig.
15 gekennzeichneten Anordnung wird der Anschluss durch einen
Verriegelungsmagneten v unmöglich gemacht, indem die
Elektromagnete v, wenn sie erregt sind, den Anker A anziehen und dadurch den Telephonhebel verhindern,
den Kontakt a herzustellen, wenn das Telephon
abgenommen wird. Im Moment, wo ein Teilnehmer, etwa III, um zu sprechen, das Telephon abnimmt, wird die allen Teilnehmern
gemeinsame Mikrophonbatterie mittels desKontaktes b geschlossen (durch M und die Primärrolle
p des Mikrophontransformators hindurch über die
Linie 2 und l5), dadurch der Elektromagnet B erregt und der Anker desselben angezogen; dadurch
wird bei c3 Kontakt
hergestellt und die „Verriegelungsbatterie“
V geschlossen, nämlich über l6, die Kontaktschiene s1, die mit dieser
Kontaktschiene s1 in
Berührung stehenden Federn FIFII ... FVI, welche mit den
Klemmen 1 der 6 Telephone in Verbindung stehen, und die
Verriegelungselektromagnete v. Es hat dann nur
Teilnehmer III die Möglichkeit, das Telephonamt
anzurufen. Um den übrigen Nebenstellen anzuzeigen, dass in ihrem Apparat der
Verriegelungsmagnet erregt ist, ist am Anker A eine
halb schwarze, halb weisse Scheibe angebracht, die nach Art der Hoteltelegraphen
schon äusserlich erkennbar macht, wie der Anker A
steht.
Textabbildung Bd. 316, S. 774
Fig. 15.Schema zum automatischen Schalter von Mix und Genest (System
West).
Komplizierter ist die Einrichtung, welche es ermöglicht, dass von dem Telephonamt aus
ein Teilnehmer, etwa III, angerufen wird, ohne dass die übrigen Nebenstellen in
Mitleidenschaft gezogen werden oder das Gespräch mit anhören können, das mit III beabsichtigt ist. Es sind hierfür ein kleiner
Elektromotor D und vier Scheiben rS1S2 und R1 nötig, welche auf
einer und derselben Achse a1 sitzen und in der Figur nebeneinander gezeichnet sind, sowie das auf
gemeinsamer zweiter Achse a2 sitzende Zahnradsegment S und Bügel B. Mit der Achse a1 fest verbunden ist das Schneckenrad r mit dem Hebel h1, welcher eine Sperrklinke h trägt; h greift in das Steigrad Z ein, welches mit S1 und S2 starr verbunden ist und lose auf der Achse a1 sitzt; ferner sitzt
das Steigrad R1 und das
mit ihm fest verbundene Zahnradstück r1 lose auf der Achse. Die Spiralfeder F sucht das Steigrad R1 im Sinne des Uhrenzeigers herumzudrehen.
Die gezeichnete Stellung ist die Ruhelage und gilt, wenn keine Verbindung mit dem
Telephonamt besteht; will dieses den Teilnehmer III anrufen, so schickt es in die
Hauptleitung L1L2 drei kleine
Stromstösse. Diese drei Stromstösse lassen den Elektromagneten E, der etwa 10000 Ohm besitzt und grosse
Selbstinduktion hat – so dass sehr rasch wechselnde Ströme ihn nur schwer passieren
können – dreimal seinen Anker anziehen, und das Steigrad R1 rückt um drei Zähne im Sinne des
Uhrenzeigers weiter. Dadurch ist auch der den Hammer H
tragende Hebel mit fortgerückt worden, um gegenüber der Feder FIII zur Ruhe zu
kommen, da die Finne des Hammers in dem Einschnitt z
der Scheibe S2 liegt,
so dass bei der Drehung von R1 auch S2 und
das mit ihm fest verbundene S1 mitgenommen wird. Durch die Drehung von S1 ist der Hebel H1 nach links gedreht worden und hat
dadurch die Kontaktfeder f1f2
niedergedrückt. Durch Kontakt c1, der dadurch geschlossen wird, wird der
Elektromotor D in Gang gesetzt, c2 schliesst den Stromkreis der
Verriegelungsbatterie V, so dass Strom von V aus über c2
l6, Kontaktschiene s2, durch die mit s2 in Berührung
stehenden Federn FI ...
FVI nach den
Klemmen 1 der Verriegelungsmagnete v strömen und über l5 zur Batterie zurückkehren kann. Es wären zunächst
also alle Telephonhaken verriegelt; der Motor D
entriegelt den Magneten v in der Nebenstelle III; denn indem er das Schneckenrad r in Drehung versetzt, treibt die Klinke k das Zahnrad Z und damit
auch S2 vorwärts; der
Hammer H, der FIII gegenübersteht, wird aus der Finne z herausgehoben und drückt gegen den Ebonitknopf der
Feder FIII, so dass
diese von der Kontaktschiene s1 abgehoben und Telephonanschluss III entriegelt wird. Diese Entriegelung dauert so lange
an, bis die Scheibe S2
mittels des Motors nahezu einmal umgedreht wurde, so dass Hammer H in die Finne zurückfallen kann, das ist bei der
gegenwärtigen Ausführung etwa 1½ Minuten, während dieser 1½ Minuten ist also I II IV V VI verriegelt; III ist mit der Leitung L1L2 nach dem Telephonamte verbunden und dieses kann
über L1
s2
III und lIII, den Wecker w, den
Anker A, Punkt 4 und L2 den Wecker w in Thätigkeit setzen. Kommt der Teilnehmer III innerhalb der 1½ Minuten an sein Telephon und nimmt
er daselbst den Hörer vom Haken, so wird mittels Kontaktes c3 wie früher die Mikrophonbatterie und
die Verriegelungsbatterie für die übrigen Sprechstellen eingeschaltet und er kann
ungestört sein Gespräch führen; der Wecker w ist dabei
ausgeschaltet worden, indem eine am Telephonträger h
angebrachte schräge Feder (in der Figur nicht gezeichnet) den Anker A ein klein wenig vom Kontakt c abhebt. Ist der Teilnehmer III auf den
Anruf nicht an seinen Apparat gekommen, ehe der Hammer H in seine Finne z zurückgefallen ist, so
wird durch den Daumen g auf S2, der in der Bahn der Nase o des Bügels S eingreift,
das Zahnradstück S, welches bei der Einstellung von r1 etwas nach links
gedreht worden ist, nach rechts geschoben und dadurch die Feder von r1 wieder aufgezogen.
Der Hammer H fällt in seine Finne zurück, H1 fällt in die
Vertiefung auf S1 und
durch Oeffnung der Kontakte c1c2c3 wird die Ruhelage
wieder hergestellt.
Es erfüllt somit der West'sche automatische Umschalter
für die Nebenschlussstellen die Bedingung, dass durch seine Vermittelung jede
Nebenschlussstelle unabhängig von den anderen sowohl das Telephonamt direkt anrufen
als auch vom Telephonamt direkt angerufen werden kann, ohne dass das betreffende
Gespräch von den anderen Nebenschlussstellen aus mit angehört werden kann. J sind die Anrufinduktoren; sie sind so geschaltet,
dass der Rufstrom erst passieren kann, wenn die Hörer abgenommen sind, so dass
Kontakt a geschlossen ist.
Eine kleine weitere Zugabe zu den beschriebenen Details ermöglicht es den
Nebenschlussstellen, Gespräche auch unter sich zu führen.
Die Einführung des West'schen automatischen
Umschalters verbilligt das Telephonabonnement erheblich; wird, wie es in Berlin
zutrifft, für den Hauptanschluss ein Abonnementspreis von 180 M. und für jeden
Nebenanschluss von 15 M. zu Grunde gelegt, sowie 4 %ige Verzinsung des
Anlagekapitals und 7 bis 10 % für Abschreibung, Unterhaltung der Apparate und
Akkumulatorenbatterie angenommen, so stellen sich die durchschnittlichen
JahreskostenNach E. Ruhmer, Physikal. Zeitschrift, II S. 160
1900. der Teilnehmer bei:
1 Hauptanschluss:
1
2
3
4
5
Nebenstellen
auf 180
118
88
73
64
58
Mark
und reduzieren sich somit auf einen so niedrigen Betrag, dass
schliesslich jeder Hausbesitzer seinen Mietern ohne allzu grosse Ausgabe die
Bequemlichkeit des telephonischen Anschlusses bieten kann.
4. Erweitert man die Aufgabe des West'schen
automatischen Schalters für Nebenschlussstellen, so kommt man zu der Forderung,
einen automatischen Schalter zu konstruieren, welcher es ermöglicht, von einer
Stelle aus nicht bloss fünf Teilnehmer mit Hilfe einer Leitung anzurufen, sondern
etwa die Teilnehmer einer ganzen Zentrale, und damit zu einem „selbstthätigen Fernsprechvermittelungsamt“,
d.h. zu einem Amt, das keinerlei Beamte mehr benötigt, um einzelne Verbindungen
herzustellen, sondern es jedem Teilnehmer des Telephonnetzes erlaubt, sich selbst
mit einem anderen Teilnehmer automatisch zu verbinden.
Im Prinzip wird bei einem selbstthätigen FernsprechvermittelungsamtElektrotechnische
Zeitschrift, S. 674 1898, S. 277 u. 641 1901. die
Herstellung von Verbindungen ähnlich wie bei West
dadurch erreicht, dass eine bestimmte Anzahl von Stromstössen einen bestimmten
Kontakt – wie in der Fig. 15 – die Kontakte FI ... FVI einstellt. In einem
Amt für 100 Teilnehmer hat jeder Teilnehmer einen Schaltapparat, zu dem die
sämtlichen Leitungen der übrigen Teilnehmer geführt sind. Die Anschlusskontakte sind
auf einem Cylinder angeordnet und zwar so, dass je zehn vertikal übereinander und je
zehn horizontal auf demselben Kreis gleichmässig verteilt, angeordnet sind, im
ganzen also sich zehnmal zehn Kontaktstellen auf einem Cylinder befinden. Horizontal
sind die Einer angeordnet, die zweite nächsthöhere Reihe enthält die Anschlüsse für
zehn bis zwanzig u.s.w. Um eine Verbindung mit einer bestimmten Nummer herzustellen,
dienen zwei Elektromagnete, die Echappements in Bewegung setzen, von denen das eine
einen horizontalen zehnfach gerieften Cylinder zahnweise in die Höhe schiebt, um die
Zehnerreihe einzustellen und deren anderer die entsprechende Horizontaldrehung im
Anschlusscylinder hervorbringt. Die vom Teilnehmer aus in das Amt führende Leitung
endigt in zwei feststehenden Kupfer federn, die nach erfolgter Hebung und Drehung
des Anschlusscylinders mit der gewünschten Sprechstelle in Verbindung kommen. Um die
beiden Elektromagnete zu bethätigen, führen von jedem Teilnehmer drei Leitungen in
das Vermittelungsamt, wovon eine als Rückleitung dient und durch die Erde ersetzt
werden kann; von den übrigen zweien führt die eine zum Zehner – die andere zum
Einerelektromagneten. Aeusserlich geschieht die Einstellung dadurch, dass nach
Abheben des Telephons eine unterhalb des Mikrophons angebrachte Metallscheibe mit
zehn Ziffern von einer bestimmten Ziffer an bis zu einem Anschlag gedreht wird, also
wenn z.B. Nr. 35 gerufen werden soll, dadurch dass die Metallscheibe erst von der
Stelle 5 an bis zum Anschlag gedreht wird, dann in die
Anfangslage zurückgeht und darauf von der Zahl 3 ab
nochmals bis zum Anschlag weiter gedreht wird. Durch die beiden Drehungen ist die
Verbindung mit dem Teilnehmer Nr. 35 hergestellt. Darauf wird der Teilnehmer wie
gewöhnlich angerufen und durch Ertönen des Weckers das Freisein der Leitung
angezeigt. Bleibt der Wecker nach Herstellung der Verbindung stumm, so ist die
Leitung des Angerufenen belegt. Die Aufhebung der Verbindung geschieht automatisch,
wenn das Telephon wieder eingehängt wird. Während des Gespräches ist die Verbindung
zwischen den Teilnehmern ohne Benützung der Erde durch zwei metallische Leitungen
besorgt; wie der Electrical World and Engineer im
Februar dieses Jahres berichtete,
ist die Verständigung durch das automatische
Fernsprechamt so gut möglich, wie bei den Systemen mit eigenem Bedienungspersonal.
Das Telephongeheimnis bleibt gewahrt und eine Störung des Gespräches durch einen
Dritten ist ebenfalls ausgeschlossen.
In Aemtern mit mehr als 100 Teilnehmern sind die Anschlüsse in Gruppen von je 100
eingeteilt und der Anrufende muss ähnlich wie hier die Verbindungen mit den
Teilnehmern selbst erst mit den Gruppen und dann mit der betreffenden Nummer in der
Gruppe Verbindung herstellen, wozu nur drei bezw. vier Drehungen der Einstellscheibe
nötig sind, wenn die Nummer des Teilnehmers drei- bezw. vierstellig ist.
Einzelheiten über das System zu erfahren, ist wegen des Patentschutzes
schwierig.
In Amerika ist das jüngste automatische Fernsprechvermittelungsamt vor einem halben
Jahre in New Bedford, Mass., eingerichtet worden und zwar ist das Amt auf 10000
Teilnehmer berechnet, zunächt für 900 Teilnehmer eingerichtet und gleich anfangs mit
500 Teilnehmern besetzt worden; während vorher in New Bredford das Abonnement für
eine unbegrenzte Anzahl von Gesprächen 200 bis 400 M. kostete, erhebt die Automatic Telefone Company jährlich für einen
Wohnungsanschluss 100 M. und für einen Geschäftsanschluss 150 M. Bei uns in
Deutschland ist in allerjüngster Zeit in Berlin ein kleines selbstthätiges
Fernsprechvermittelungsamt eingerichtet worden und bereits mit 500 Anschlüssen
belegt.
5. Solange eine automatische Selbstverbindung seitens der Teilnehmer nicht
stattfinden kann, muss in der Zentrale dafür gesorgt werden, dass eine gewünschte
Verbindung möglichst rasch hergestellt werden kann. Man hat zu diesem Zwecke an
allen grösseren Zentralen das Vielfachumschaltersystem eingeführt, in dem von einer
und derselben Person bis zu mehreren tausend Anschlüssen hergestellt werden können,
während früher hierzu mehrere Beamte nötig waren.
Im Vielfachumschaltersystem ist einem Beamten eine Anzahl von 100 bis 150 Abonnenten
zugewiesen, die er auf Anruf mit jedem Teilnehmer desselben Amtes dadurch verbinden
kann, dass an seinem Arbeitsplatz in einem Schrank Kontakte angebracht sind, welche
zu den Leitungen der übrigen Abonnenten führen; es müssen also an jedem Platz die
Leitungen nach sämtlichen Stellen, die zum selben Amte gehören, vorbeigeführt
werden, und also von diesen so oft abgezweigt werden, als die Zahl der Beamten
beträgt, die eine Gruppe bedienen können; bei 4000 Teilnehmern desselben Amtes also,
wenn je 100 von einem Beamten bedient werden, 40mal. Früher hat man nicht sämtliche
Leitungen an allen Arbeitsplätzen vorbeigeführt, und deswegen mussten mehrere Beamte
zusammenwirken, um einen Anschluss zu ermöglichen.
Um den Anruf im Telephonamt zu melden, wird durch ein Relais eine kleine
viervoltige Glühlampe mit mattem Glas zum Leuchten gebracht, die dann so lange
brennt, bis der Anschluss erfolgt ist; da die Glühlampe unmittelbar neben der
Anschlussstelle des Rufenden aufleuchtet, so ist, ohne dass die Nummer des
Anrufenden von dem Beamten beachtet wird, die Verbindung mit der gewünschten Nummer
vermittelst einer Schnurverbindung herstellbar. Das optische Signal der Glühlampe
ist besser als die früheren Klappensignale und hat den Vorzug, dass es geräuschlos
arbeitet. Soll ein Teilnehmer eines Amtes mit einem Teilnehmer eines anderen Amtes
verbunden werden, so ist eine von den ersteren zum letzteren führende besondere
Hilfsleitung bezw. mehrere nötig. Die Einrichtungen funktionieren aber so rasch,
dass man kaum unterscheiden kann, ob man mit einem Teilnehmer desselben Amtes oder
eines anderen Amtes verbunden wird. Natürlich ist reichlich Vorsorge getroffen, dass
die Herstellung von Verbindungen und das Belegtsein von Leitungen automatisch
kontrolliert wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 776
Fig. 16.Zentralstelle mit Vielfachumschalterbetrieb in Spandau.
Der für die einzelnen Zentralen nötige Kraftbedarf ist so sehr gestiegen, dass nicht
mehr Primärbatterien den Strom liefern, sondern eigene Dynamomaschinen, und
Akkumulatoren denselben abgeben. In der Münchener Zentrale z.B. sind Maschinen und
Akkumulatoren mit einer Leistung von mehreren Pferdekräften in Verwendung.
In Amerika ist man so weit gegangen, auch die Mikrophonbatterien, die bei unserem
System noch bei jedem Abonnenten stehen, abzuschaffen, und auch für die Mikrophone
den Strom von der Zentrale aus zu liefern, so dass die Wartung der für die
Mikrophone nötigen Primärbatterien in der Zentralstelle geschehen kann.
Fig. 16 gibt das Bild einer Zentralstelle mit
Vielfachumschalterbetrieb, wie sie von Mix und Genest
in Spandau ausgeführt wurde, die bis 2000 Anschlüsse aufnehmen kann.
(Fortsetzung folgt.)