Titel: | Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 805 |
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Das System der Telegraphie ohne Draht von
Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg.
(Schluss von S. 789 d. Bd.)
Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand
Braun in Strassburg.
Wie schon einleitend erörtert wurde, beziehen sich die Schattenseiten des
Marconi-Senders auf folgende vier Punkte: I. ist der Wirkung durch Vergrösserung des
Potentiales bezw. der Funkenstrecke eine bestimmte und bald erreichte Grenze
gesetzt; II. ist der Kapazität des Luftleiters, soll er ungeschlossen bleiben, eine
bestimmte Grenze gesetzt und lässt sich eine Steigerung der Fernwirkung nur durch
Erhöhung der Geberstange erreichen, deren Schwierigkeit bereits hervorgehoben wurde;
III. bedingt die Ladung des Gebers mit hohem Potentiale eine vorzügliche Isolation
desselben, weil sonst die Ladung sofort verschwindet und der Geber versagt; endlich
IV. werden die Schwingungen durch die Funkenstrecke stark gedämpft, wodurch keine
oder nur sehr geringe Resonanz im Empfänger hervorgerufen und ein Abstimmen zwischen
Geber und Empfänger sehr erschwert wird.
Wenn sich auch diese Nachteile, welche jeder Geberanordnung mit kleiner Kapazität und
Funkenstrecke anhaften, einigermassen dadurch umgehen lassen, dass man den Geber aus
grossen Kapazitäten speist, so lässt sich doch nur dann gründliche Abhilfe schaffen,
wenn man den Sender als funkenlose Leitung ausbildet, indem man die Schwingungen in
demselben auf elektrodynamischem Wege, d.h. durch Induktion, erregt.
Auf diesem Grundprinzipe ist nun der neue Sender von Braun aufgebaut, womit er gleichzeitig die Speisung des Senders durch
Zuführung aus grossen Kapazitäten verbindet. Er sucht aber auch die Länge der
erzeugten Wellen zu vergrössern, indem er die Entladung von Leydener Flaschen zur
Erzeugung der elektrischen Wellen ausnutzt, deren Frequenz eine viel geringere ist
als die der von einem Hertz'schen Oscillator erzeugten.
Der Vorteil längerer Wellen ist darin gelegen, dass sich dieselben leichter beugen
und daher Hindernisse zu umgehen vermögen, welche kürzere Wellen nicht mehr
bewältigen können.
Die Schwingungsdauer der Wellen, die bei der Entladung eines Kondensators bezw. einer
Flasche auftreten, berechnet sich theoretisch nach der Formel
t=2\,\pi\sqrt{lc}, wobei t die
Schwingungsdauer, l die Selbstinduktion und c die Kapazität bedeutet. Es müsste sich sohin die
Energie durch Erhöhung des Potentiales beliebig erhöhen lassen, wenn nicht bei einer
gewissen Schlagweite die oscillatorische Entladung verschwinden würde und der Funke
nach der Bezeichnung von Hertz nicht mehr aktiv
ist.
Schaltet man aber p Flaschen parallel und ladet man
dieselben auf das Potential v, so ist die Energie, wenn
c die Kapazität einer einzelnen Flasche bedeutet,
w=\frac{1}{2}\,pcv, d. i. p mal
grösser als die einer einzigen Flasche, deren Schwingungsdauer wird aber im
Verhältnis von p vergrössert.
Bei Serienschaltung dieser Flaschen bleibt sich die Schwingungsdauer zwar gleich,
aber deren Energie, welche sich durch w=\frac{1}{2}\,\frac{cv}{p}
ausdrückt, wird kleiner als dieeiner gleich hoch geladenen Einzelflasche. Es
liesse sich dies durch Vergrösserung von v allerdings
wieder einbringen, allein dasselbe lässt sich, um oscillatorische Entladungen zu
erhalten, nicht nach Belieben steigern.
Durch die dem Erfinder patentierte, in Fig. 12
dargestellte Kaskadenanordnung lässt sich nun die Energie dennoch vergrössern, ohne
dass der oscillatorische Charakter der Entladung und deren Schwingungsdauer
beeinflusst wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 805
Fig. 12.
Die in Fig. 13 dargestellte Anordnung der
Kondensatoren, bei welchen der eine Belag des Kondensators von dem anderen möglichst
vollständig umschlossen ist, und bei welcher die Kapazität der Zuleitungsdrähte und
Funkenkugeln gegenüber der Kapazität jedes einzelnen Kondensators verschwindet, hat
sich hierbei am besten bewährt.
Textabbildung Bd. 316, S. 805
Fig. 13.
Verbindet man nun die Belegungen, wie dies Fig. 13
darstellt, abwechselnd miteinander und nimmt der erste Kondensator eine
Elektrizitätsmenge + e auf, so wird eine genau gleiche
Menge – e induziert, sich daher + e auf dem zweiten Kondensator ansammeln u.s.f., wodurch
sich alle Kondensatoren bezüglich der Ladung gleich sind und auch bei Zutreffen
aller übrigen Bedingungen die genau gleichen Potentialdifferenzen aufweisen müssen.
Beträgt sohin die Potentialdifferenz eines einzelnen Kondensators v, so müssen p Flaschen
hintereinander geschaltet eine Potentialdifferenz von pv besitzen und deren Energie w=\frac{1}{2}\,pcv
betragen, d.h. p mal grösser sein als die einer
einzelnen Flasche. Die Schwingungsdauer wird hierdurch, weil sich jede Flasche in
sich ausgleicht, keine Aenderung erfahren.
Mit Hilfe dieser Anordnung ist es daher möglich, durch beliebige Vermehrung der
Flaschen die Energie nach Bedarf vergrössern zu können, ohne dass hierdurch die
oscillatorische Wirkung der Funken nachteilig beeinflusst wird.
Die induktive Erregung des Senders wird durch die in Fig.
14 und 15 vorgeführten schematisch
dargestellten Anordnungen erreicht. Die Schwingungen des Entladestromkreises werden
hierbei durch eine Induktionsrolle bezw. durch einen Transformator auf den Sender
übertragen und wird
hierdurch erreicht, dass sowohl die Schwingungen des primären als auch des
sekundären Stromkreises nur sehr schwach gedämpft werden und sich die Schwingungen
so abgleichen lassen, dass die Schwingungsamplitude im Sender durch Resonanz
bedeutend vergrössert werden kann.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 14.
Da die Schwingungen des Senders trotz ihrer hohen Potentiale, wie sich aus den
Versuchen von Tesla erweist, physiologisch nahezu
unwirksam sind, verschwindet auch die Gefahr einer körperlichen Schädigung und
stellen sich auch an die Isolation des Senders viel geringere Anforderungen, indem
demselben elektrostatische Ladungen nicht zugeführt werden. Die Schwingungen im
Primärkreise werden aber durch mangelhafte Isolierung des Senders überhaupt nicht
beeinflusst, wodurch ein vollkommenes Versagen, wie dies beim Marconi'schen Sender vorzukommen pflegt, nahezu
ausgeschlossen ist.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 15.
Da die Vergrösserung der Resonanz eine günstigere Ausnutzung der Energie des
Primärkreises ermöglicht, kann im Vergleiche mit anderen Sendern bei
gleichbleibender Energie eine viel intensivere Wirkung erzielt werden.
Durch die geringe Dämpfung der Schwingungen sind auch die Grundbedingungen für eine
elektrische Abstimmung zwischen Sender und Empfänger gegeben und wird auch das
Gebiet der verwendbaren Schwingungszahlen wesentlich erweitert, was speziell für die
Zwecke der Abstimmung einen grösseren Spielraum gewährt.
Eine vermutete Schwierigkeit war, da die Länge der erzeugten Wellen bei diesem Sender
eine grössere sein muss, als bei dem Sender von Marconi, dass der Kohärer auf diese Wellen nicht ansprechen werde. Die
Voruntersuchungen ergaben jedoch ein äusserst günstiges Ergebnis.
Um bei dieser Gebermethode eine rationelle Ausnutzung der angewendeten Energie zu
erreichen, ist es notwendig, dass möglichst alle magnetischen Kraftlinien des
primären Kreises die sekundären Wickelungen umgreifen, was durch passende
Dimensionierung der Spulen erreicht wird. Da jedoch das freie Geberende mitsamt der
Spule, in welcher die Schwingungen erregt werden, sowie deren Umgebung, d. i. den
Primärdrähten und den Kondensatoren, ein einziges schwingendes System bildet, wird
dessen Amplitude für eine bestimmte Schwingungszahl des primären Kreises ihr Maximum
erreichen, und ist auch, da die Dämpfung des Primärkreises bei den zur Verwendung
gelangenden grossen Kapazitäten eine verhältnismässig kleine ist, die
Resonanzbeziehung eine stark ausgesprochene. Um nun diese Resonanzwirkung voll
auszunutzen, müssen die elektrischen Dimensionen für die verschiedenen Geberhöhen
und Formen im vornhinein ermittelt werden, da erst bei Zusammenstimmung aller Teile
die volle Fernwirkung und eine günstige Energieausnutzung zu erzielen ist.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 16.
Die soeben besprochene einfachste Anordnung des Gebers kann in der verschiedensten
Weise abgeändert werden. So lassen sich dem Sender Schwingungen
bedeutendgrösserer Amplitude zuführen, wenn man, wie dies in Fig. 16 schematisch dargestellt ist, dieselbe
Primärschwingung auf mehrere parallel geschaltete Erregerspulen induzierend
einwirken lässt. Sind beispielsweise x gleiche
Induktionsspulen parallel geschaltet, so verringert sich die ganze Selbstinduktion
auf den xten Teil. Um daher an der Schwingungszahl
nichts zu ändern, braucht man nur die Kapazität auf das xfache zu erhöhen, wodurch die primäre und zugleich die sekundäre Energie,
d. i. die des Senders, in nützlicher Weise auf das xfache erhöht wird.
Dieses Prinzip der induktiven Erregung findet dort, wo es sich um Erzeugung von
Schwingungen in einem Hertz'schen Plattenoscillator
handelt, Anwendung. Auch hier ist, da Funken und Dämpfung, wie solche durch die
elektrostatische Erregung bedingt sind, hinwegfallen, die Möglichkeit einer
elektrischen Abstimmung gegeben. Die diesbezügliche Anordnung lässt sich aus Fig. 16 entnehmen.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 17.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 18.
Textabbildung Bd. 316, S. 806
Fig. 19.
Es sind aber auch Anordnungen des Senders möglich, bei welchen derselbe direkt, also
nicht mehr induktiv erregt wird, und bei welchen trotzdem den gestellten
Anforderungen Rechnung getragen ist. Die Hauptformen, wie solche von Braun bereits im Jahre 1898 angegeben wurden,
erscheinen in den Fig. 17 bis 19 wiedergegeben. Es handelt sich hierbei
hauptsächlich darum, einen Schwingungskreis aus Kapazitäten von solcher Grösse
herzustellen, als es sonst die gegebenen Bedingungen, in erster Reihe aber die durch
den Sender bestimmte oder sonst gewünschte Schwingungszahl gestatten. Diese
Schwingungen entladen sich in einen Schliessungsbogen, an welchen der Sender
angelegt ist, wobei auch ein Punkt des Bogens an die Erde angelegt werden kann.
Die Wirkungsweise dieser Anordnungen erklärt sich nun folgendermassen: Bei der
Entladung schwankt die elektrische Spannung auf allen Punkten des Schliessungsbogens
periodisch hin und her, wobei die Amplitudendifferenz zwischen zwei Punkten, deren
Verbindungsstück kapazitätslos ist, von dem Werte der zwischen ihnen gelegenen
Selbstinduktion abhängt. Werden nun Wellen in den Sender entsendet, so werden
dieselben am Ende desselben reflektiert und versetzen denselben in stehende
Schwingungen, wenn deren Periode mit der Eigenschwingung des Senders übereinstimmt.
Die hierbei ausgestrahlte Energie wird aus dem Schwingungskreise, wie aus einem
Reservoir, nachgeliefert. Da die Schwingungen aus einem solchen mit grossen
Kapazitäten ausgerüsteten Kreise erfahrungsgemäss schwach gedämpft sind, ist auch
hier der Anforderung schwach gedämpfter Senderschwingungen Rechnung getragen.
Wenn auch die Herstellung einer Erdverbindung nicht ausgeschlossen ist, ergibt sich
zu Gunsten der erdlosen Schaltung, wie sie in Fig. 16
vorgeführt wurde, der Vorteil, dass dieselbe auf benachbarte Telephonstationen nicht
störend einwirkt.
Dass sich eine weitere Reihe von Kombinationen und Variationen dieser Sender
ausgestalten lassen, ist selbstredend, wie denn auch Braun eine stattliche Anzahl derselben zur Veröffentlichung brachte. Auf
deren Reproduktion wird jedoch, als mit dem eigentlichen Prinzipe nur in losem
Zusammenhange stehend, verzichtet.
Um eine konstante Wirkung zu erzielen, ist es notwendig, dem Erregerstromkreise bezw.
den in denselben eingeschalteten Kondensatoren oder Flaschen stets neue Energie zuzuführen
oder dieselben zu laden, was durch eine beliebige Elektrizitätsquelle, zumeist durch
einen Induktor oder einen Wechselstromtransformator erfolgt. Die Anordnung, welcher
sich dermalen bei den Versuchen in Cuxhaven bedient wird, ist in den Fig. 20 und 21
vorgeführt, wobei Fig. 20 die Sender- und Fig. 21 die Empfängeranordnung darstellt. In denselben
ist die Stromquelle mit s, die Funkenstrecke mit f, die Flaschenbatterien mit b, die Primärwickelung des Transformators für die Wellenströme mit p1, die
Sekundärwickelung mit p, die Senderstange mit g und die Auffangstange des Empfängers mit a, der Kohärer mit k, das
Empfangsrelais mit r und die in den Lokalstromkreis
geschaltete Batterie mit x bezeichnet. Wie sich aus den
Darstellungen ergibt, ist sowohl der Sender als der Empfänger nicht geerdet, sondern
vielmehr in der Form eines Hertz'schen
Plattenoscillators ausgebildet, wobei die Sender- bezw. Auffangstange den einen
Flügel und eine Blechtafel q von etwa 2 qm und einer
Kapazität von 0,0004 Mf. den zweiten Flügel bildet. Die Uebertragung der
einlangenden Wellen auf den eigentlichen Empfänger oder Kohärer erfolgt, ähnlich wie
dies bereits Lodge vorher in Vorschlag gebracht hat,
gleichfalls durch induktive Uebertragung und stellt der Kohärerstromkreis
gleichfalls einen vollkommenen Plattenoscillator, jedoch ohne Funkenstrecke dar. Die
Blechflügel q q1q2 dieser Oscillatoren
sind vollkommen isoliert aufgehängt. Auffang- und Senderstange sind je 40 m hoch,
und entspricht dies genau 1/4 der entsendeten Wellenlängen. Hierdurch wird eine gute
Resonanz zwischen Sender und Empfänger erzielt und die Wirkung dementsprechend
vergrössert.
Textabbildung Bd. 316, S. 807
Fig. 20.
Als Neuerung ist anzusehen, dass auch im Empfangsstromkreis Flaschenbatterien
eingestellt sind. Für den Sender kommen etwa 64 Flaschen zur Verwendung. Der zur
Verwendung gelangende Kohärer weicht in seiner Anordnung etwas von den sonst im
Gebrauche stehenden ab. Derselbe ist in Fig. 22 zur
Anschauung gebracht.
Textabbildung Bd. 316, S. 807
Fig. 21.
Auf die Hartgummihülse h sind zwei Metallfassungen
aufgesetzt, in welche ein Muttergewinde zur Aufnahme der beiden Stahlschrauben s1 und s2 eingeschnitten ist.
Eine dritte seitliche Stahlschraube s dient zum
Festklemmen der Schraube s1 nach erfolgter Einstellung derselben. Als frittendes Pulver wird
zertrümmerter Stahl, welcher sich nach den vorhergehenden Versuchen als das
geeignetste Material für die in Rede stehenden Zwecke erwiesen haben soll,
verwendet. Diese Anordnung ermöglicht eineäusserst genaue Einstellung des
Kohärers auf jede gewünschte Empfindlichkeit. Die von dem Kohärer abgehenden Drähte
stehen hierbei nicht direkt mit den beiden Kontaktschrauben in Verbindung, sondern
werden indirekt, wie sich dies aus Fig. 23 ergibt,
durch auf die Fassungen aufsitzende Klemmen mit denselben leitend verbunden. Dieser
Kohärer bedarf ebenso wie alle Kohärer mit Metallpulver zur Entfrittung einer
leichten Erschütterung, weshalb in den Morse-Stromkreis ein Klopfer in der
bekannten, aus Fig. 22 ersichtlichen Weise
eingeschaltet wird. Der Morse-Apparat ist in Fig. 22
mit Mo und der Klopfer mit Kl und die Lokalbatterie mit y
bezeichnet.
Textabbildung Bd. 316, S. 807
Fig. 22.
Textabbildung Bd. 316, S. 807
Fig. 23.
Es erübrigt, nachdem das Prinzip der neuen Anordnung im wesentlichen klargelegt
erscheint, nur mehr noch, auch einige Daten über die praktische Seite dieser
Neuerungen zu bringen. Trotzdem die Versuche noch nicht als abgeschlossen betrachtet
werden können, lassen die bisherigen Ergebnisse der Erprobung dieser Art von
drahtloser Telegraphie Vielversprechendes für die Zukunft erhoffen.
Die Vorteile der induktiven Erregung und die hierdurch erzielte Verbesserung in der
Ausnutzung der primären Energie lassen sich aus dem in nachstehender Tabelle
durchgeführten Vergleiche mit dem Marconi-Sender am besten ersehen.
Strom im Induktor
Relative elektromagnetische Energie
Marconi-Schaltung
Induktive Erregung
2 Ampère
8
26
2½ „
10
40
4 „
10
55
6 „
10
62
Nach diesen Angaben zeigt sich, dass bereits die anfängliche Energie bei der
induktiven Erregung bedeutend grösser ist als bei der direkten Erregung, und dass
dieselbe fortwährend ansteigt, während die dem Marconi-Sender zugeführte
Schwingungsenergie bald ihre Grenze erreicht, und eine Vergrösserung der primären
Energie über eine gewisse Grenze auf die Wirkung ohne Einfluss bleibt. In der
zweiten Tabelle sind die Ergebnisse der Parallelversuche gegen die Marconi-Schaltung
verzeichnet. Die Masthöhen waren hierbei 29 und 31 m. Alle mit der beschriebenen
induktiven Erregung versendeten Zeichen kamen bei gut dimensionierten Apparaten an,
während bei der Marconi-Schaltung von etwa 450 Zeichen kein einziges von der
Beobachtungsstation beobachtet werden konnte, trotzdem die Energiezufuhr bis zur
äusserst erreichbaren Grenze getrieben wurde und die übrigen Bedingungen strenge
gleich gehalten wurden.
ErreichteEntfernung(e)
Masthöhen
Produkt (p)derMasthöhen
RelativeTragweite\frac{e}{p}\,10^3
km
m
m
Methodeder
induk-tivenLadung
Silvana-Kugel- bakeElbe
I-Kugel- bakeHelgoland-Ku- gelbake
32,032,063,0
15,030,031,0
292929
435870900
743769
Marconi-Geber
Borkum-Borkum- FeuerschiffNordamerikan. Kriegsmarine
32,013,5
40,013,5
3839
1520526
2125
Zu diesen Angaben sei nur noch erläuternd bemerkt, dass das Produkt der Masthöhen
annähernd der erreichbaren Entfernung proportional sein soll.
Die diesem Vergleiche zu Grunde gelegte Regel für die Berechnung der
Tragweite kann jedoch nur als eine annähernde bezeichnet werden. Es ist jedoch aus
den angeführten Zahlen zweifellos zu ersehen, dass die Tragweite des Braun'schen Senders trotz eines unempfindlichen
Empfängers diejenige des Senders von Marconi, für
welchen ein empfindlicherer Empfänger zur Anwendung gelangte, um etwa das 2½fache
übertrifft, was mit Rücksicht darauf, dass die Einrichtung sicher noch nicht auf dem
Höhepunkte der Entwickelung angelangt ist, sicher einen bedeutenden Schritt nach
vorwärts bedeutet.
Die Ausgangspunkte für die Weiterentwickelung und Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
Methode sind bereits gegeben, indem man die ausgestrahlte Energie dadurch steigern
kann, dass man mehrere Primär- und ebenso die Sekundärspulen parallel schaltet und
gleichzeitig die Kapazität der Kondensatoren erhöht. Auch lassen sich richtig
dimensionierte Apparate in Reihe schalten und hierdurch die Spannungen ebenfalls
erhöhen.
Durch die hierbei stattfindende Entladung von Kondensatoren in Induktionsspulen, die
den Sender entweder direkt speisen oder ihre Energie auf den funkenlosen Sender
induktiv übertragen, werden nicht nur sehr reine, schwach gedämpfte Schwingungen
erzeugt, sondern es gelangen hierbei unzweifelhaft auch lange elektrische Wellen zur
Ausstrahlung in den Raum. Hierdurch sind aber auch wieder alle Anhaltspunkte für
eine abgestimmte Telegraphie gegeben. Da die Wellen den Empfänger längere Zeit
hindurch anregen, wie schnell verlaufende Schwingungen, entstehen, wie sich
experimentell nachweisen lässt, sehr scharf ausgesprochene Resonanzen. So leuchtet
eine Geissler-Röhre in einem auf grössere Entfernung durch Maschenentladung erregten
Kreise hell auf, sobald derselbe abgestimmt war. Es lässt sich nun darauf, wenn man
die Masche durch einen Kohärer ersetzt, eine abgestimmte Telegraphie aufbauen,
allein da sich eine derartige Einrichtung äusserst empfindlich gegen äussere
Einflüsse erweist und auch der Resonanzbezirk noch nicht mit der nötigen Schärfe
abgrenzen lässt, wurde die Lösung derAufgabe in anderer Weise durchzuführen
gesucht. Die hierbei zur Anwendung gelangenden Mittel bestehen darin, abzustimmen
und gleichzeitig die Empfänger Wirkung zu erhöhen. Sieht man davon ab, die Energie,
die ein Empfänger aufnimmt, so gross als möglich zu machen, und wird die vom
Empfänger angesammelte Energie als gegeben betrachtet, so muss das Bestreben dahin
gehen, die einlangende Energie auf den empfangenden Apparat so zu konzentrieren,
dass sie demselben möglichst ganz zu gute kommt. Dies lässt sich nun in ähnlicher
Weise wie bei den Lichtwellen, deren Energie beispielsweise in den Sammellinsen
konzentriert werden kann, erreichen. Durch diesbezügliche eingehende Versuche wurde
nun nachgewiesen, dass die elektrische Energie, die den Empfänger passiert, auf den
zwanzig- und mehrfachen Wert konzentriert werden kann. Die Empfangsapparate lassen
sich nun auf eine gegebene Schwingung ausserordentlich scharf abstimmen und vermögen
schon sehr geringe Aenderungen der Abstimmung die in den Empfangsapparaten
konzentrierte Energie wesentlich herabzusetzen, so dass der Empfänger nicht mehr auf
dieselbe anzusprechen vermag. Damit ist auch das Problem der Multiplextelegraphie
gelöst und können mehrere Depeschen, die von verschiedenen Wellenlängen herrühren,
durch denselben Empfängerdraht den entsprechend abgestimmten Empfängern zugeführt
und sohin auch gleichzeitig aufgenommen werden.
Wenn nun auch durch diese das eingehendste Studium und gründliche Kenntnis der
Gesetze der Wellenbewegung bezeugenden Versuche noch nicht das Endziel erreicht ist,
und mit Rücksicht auf die kurze Dauer der Versuche und die trotz allen
Entgegenkommens der massgebenden Kreise sich entgegenstemmenden Hindernisse auch
nicht erreicht werden konnte, so sind dieselben als eine bedeutende Etappe zur
endlichen Erreichung des anzustrebenden Zieles einer allen billigen Anforderungen
Rechnung tragenden drahtlosen Telegraphie zu bezeichnen, indem die Wege gebahnt
sind, auf welchen sich die weiteren Forschungen zu bewegen haben werden.