Titel: | Vergleichende Untersuchungen über die hydraulischen Eigenschaften der Ueberdruckturbinen. |
Autor: | Enno Heidebroek |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 22 |
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Vergleichende Untersuchungen über die hydraulischen Eigenschaften der Ueberdruckturbinen.
Von Enno Heidebroek, Assistent an der Königl. Technischen Hochschule Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 1 d. Bd.)
Vergleichende Untersuchungen über die hydraulischen Eigenschaften der Ueberdruckturbinen.
Während die bisherigen Untersuchungen sich auf die radial beaufschlagten
Ueberdruckturbinen bezogen, sollen nunmehr zum Vergleich dieselben Ermittelungen für
eine Achsialturbine, System Jonval, durchgeführt
werden, welche für ebenfalls Q = 2,58 cbm/Sek. und H = 3,24 m berechnet ist. Bei dieser ergeben sich als
vorteilhafte Abmessungen (vgl. Fig. 10):
Textabbildung Bd. 317, S. 21
Fig. 10.
D = 1800 mm mittlerer Durchmesser, Umlaufszahl normal =
55, Laufradbreite b = 285 mm, Radhöhe HL = 230 mm, Zahl der
Leitradschaufeln 32; Dicke 6 mm, Zahl der Laufradschaufeln 30
∢ α = 20° 20'
ce = 5,45 m/Sek. = 3,02 √H
∢ β = 90°
ve = 5,21 m/Sek. = 2,9 √H = va
∢ γ = 18° 50'
we =
we' = ce sinα = 1,89 m/Sek. = 1,05 √H
\frac{{c_a}^2}{2\,g}=0,045\,H
w_a=
\frac{c'_a}{sin\,\gamma}=\frac{c_a}{sin\,\gamma}=5,39m/Sek.= 3,0 √H
ca' = ca = 1,74 = 0,965 √H
als normale Geschwindigkeiten bei stosslosem Eintritt und
senkrecht zu va
gerichtetem ca
Ferner wird hier
\frac{w_e}{w_a}=\frac{f_{a_r}}{f_{e_r}}=a=0,348.
Die Koeffizienten φ1 + φ2 sowie
φ3 werden etwas
höher angenommen als bei der Radialturbine, und zwar
φ1 + φ2 = 0,15
φ3 = 0,12.
Dann ergibt sich nach der zu Anfang abgeleiteten Gleichung 5)
\frac{{c_e}^2}{2\,g}=\frac{H}{\frac{sin^2\,\alpha}{a^2}\,(1+\varphi_3-a^2)+(1+\varphi_1+\varphi_2)}=\frac{H}{b}=\mbox{Konst.},
wie auch die Umlaufszahl verändert wird; es bleibt also sowohl
cc konstant, wie
die durchfliessende Wassermenge. Bezeichnet v0 die normale Geschwindigkeit, v die beliebig veränderte, so ergibt sich der durch
diese Veränderung am Eintritt in das Laufrad entstehende Stossverlust einfach zu
9) \frac{{c_n}^2}{2\,g}=\frac{(v-v_0)^2}{2\,g} (Fig. 11);
ebenso bedingt die von der senkrechten abweichende Richtung
von ca einen Verlust am
Austritt
\frac{(v-v_0)^2}{2\,g},
so dass der gesamte, allein durch die Aenderung der
Umlaufszahl herbeigeführte Verlust sich beläuft auf
\frac{2\,(v-v_0)^2}{2\,g}
Textabbildung Bd. 317, S. 21
Fig. 11.
we' = ce sin α sowie wa bleiben konstant,
ebenso ca', also auch die noch übrigen Verluste:
\frac{{c_a}'^2}{2\,g}
= 0,146
(\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g}
= 0,227
\frac{\varphi_3\,{w_a}^2}{2\,g}
= 0,181
––––––
V_1
= 0,554 = 17,1 % von H.
Um nun das Verhalten der Turbine bei veränderter
Umlaufszahl zu untersuchen, denke ich mir wieder ve verändert von 0√H bis 6√H in bestimmten Abstufungen; dann
ergeben sich leicht die betreffenden Zahlenwerte.
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Fig. 12. Achsialturbine. Veränderl. v; H konst.
Die Fig. 12 zeigt wieder die einzelnen Werte von Nh, Md und ηh als Ordinaten zu den Umlaufszahlen
aufgetragen. Dabei ergibt sich für den Verlauf von Nh wie ηh wieder je eine parabolische Kurve, deren
Scheitel diesmal beide genau übereinander liegen, und zwar zeigt sich das Maximum
von ηh bei einem Wert
von ve, der genau halb
so gross ist als der des Leerlaufes. Die Drehmomentskurve verläuft ebenfalls ganz
ähnlich derjenigen bei den Radialturbinen.
Textabbildung Bd. 317, S. 22
Fig. 13. Radialturbine. Veränderl. H; v konst.
Ein wesentlicher Unterschied indessen besteht, um das noch einmal ausdrücklich
hervorzuheben, zwischen der Radial- und der Achsialturbine darin, dass bei jener bei gleichbleibendem Gefälle einer jeden Umlaufszahl eine
ganz bestimmte, von der Turbine geschluckte Wassermenge entspricht, dagegen bei
der Achsialturbine die durch die Turbine laufende Wassermenge dieselbe bleibt,
wie auch die Umlaufszahl sich ändern möge. Die oben an diesen Umstand
geknüpften Folgerungen für Wassermessungen bei Turbinenbremsungen unter veränderten
Umlaufszahlen entfallen daher hier; der Zusammenhang zwischen Umlaufszahl, Leistung
und Drehmoment bleibt ein ähnlicher wie oben. Der Grund für jene Verschiedenheit
in den Wassermengen liegt bei den Radialturbinen, wie aus den Gleichungen
leicht ersichtlich, in der Einwirkung der Zentrifugalkraft, die in der Gleichung für
\frac{{c_e}^2}{2\,g} in dem Ausdruck \frac{{v_e}^2-{v_a}^2}{2\,g} auftritt, welcher bei der Achsialturbine in
Fortfall kommt.
Diese Erscheinung ist übrigens durch Bremsversuche bereits mehrfach bestätigt; so sei
besonders auf die Veröffentlichungen von Prof. Pfarr
(Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1892 S. 797) hingewiesen; die Kurve der Wassermengen, bezogen auf die Umlaufszahlen,
zeigt daselbst deutlich die hier oben bei der Radialturbine theoretisch
festgestellte Form.
Betreffs der Einwirkung selbstthätiger Regulierungen liesse sich ähnliches ausführen
wie bei den Radialturbinen.
––––––––––
Indem wir jetzt dazu übergehen, den Einfluss einer Veränderung des Gefälles auf den
Lauf der Turbine zu untersuchen, soll zunächst angenommen werden, dass die
Umlaufszahl konstant und gleich der normalen bleibt, wie es für die meisten Betriebe
erforderlich ist.
Textabbildung Bd. 317, S. 22
Fig. 14. Radialturbine. Veränderl. H; v konst.
Es galt oben für die Radialturbine: Gleichung 5)
\frac{{c_e}^2}{2\,g}=\frac{H-\frac{{v_e}^2-{v_a}^2}{2\,g}}{\frac{sin^2\,\alpha}{a^2}\,(1+\varphi_3-a^2)+(1+\varphi_1+\varphi_2)}=\frac{H-\frac{{v_e}^2-{v_a}^2}{2\,g}}{b};
hier wird
\frac{{v_e}^2-{v_a}^2}{2\,g}=a_2=\mbox{Konst.},
also
\frac{{c_e}^2}{2\,g}=\frac{H-a_2}{b}.
Darin wird für ve = 2,9
√H
a2 = 0,738, b = 1,525
wie oben.
Hiernach ist ce
bestimmt, ebenso Q; ferner w_a=\frac{c_e\,sin\,\alpha}{a}
1 a) we' = ce
sinα 1) \frakfamily{h}_s=H-(1+\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g}
ca' = wa sin γ.
Die Grösse von we
und ca wird wieder wie
oben auf graphischem Wege durch Zusammensetzung von ve, ce und
α bezw. va, wa und
γ ermittelt und danach die Verluste wie bisher
einzeln berechnet. Die sich ergebenden Zahlenwerte von Nh, Q und ηh sind wieder in Kurven aufgetragen, welche
Fig. 13 zeigt.
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Fig. 15. Radialturbine. Veränderl. H; v konst.
Die sämtlichen Kurven gehen nicht durch den Nullpunkt, sondern bleiben von ihm um
eine bestimmte Grösse von H entfernt; in den Tabellen
zeigt sich, dass die ersten Werte von \frac{{c_e}^2}{2\,g} noch negativ werden, also das
Ueberdruckgefälle
h=H-(1+\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g}\,>\,H
wird. Das bedeutet, dass bei der vorhandenen
Umlaufsgeschwindigkeit das betreffende Gefälle H noch
nicht stark genug ist, um Wasser durch die Turbine zu treiben und Nutzarbeit zu
leisten, sondern infolge der Zentrifugalkraft unwirksam gemacht wird. Erst von einem
bestimmten Wert von H ab tritt der normale Zustand
ein.
Textabbildung Bd. 317, S. 23
Fig. 16. Radialturbine. Veränderl. H; v konst.
Im übrigen ergibt sich aus der Kurve, dass die hindurchfliessende Wassermenge
für geringe Gefälle ziemlich schnell abnimmt, dagegen für grössere nahezu
proportional dem Gefälle zunimmt. Die Zunahme der Leistungen und Drehmomente ist
ebenfalls von jenem bestimmten Punkte an dem Gefälle verhältnisgleich; die
Wirkungsgrade ηh nehmen
bei kleiner werdendem H mit einemmal plötzlich ab,
während sie von dem normalen Werte von H ab nach der
anderen Seite nur ganz allmählich kleiner werden, entsprechend dem asymptotischen
Verlauf der
\frac{{c_e}^2}{2\,g}- und \frac{{c_a}^2}{2\,g}-Kurven (Fig. 14).
Textabbildung Bd. 317, S. 23
Fig. 17. Achsialturbine. Veränderl. H; v konst.
Schon aus diesem Verlauf der Kurven zeigt sich, dass eine Regulierung durch
Verringerung des Gefälles äusserst energisch wirken muss, und bei stärkerer
Drosselung sehr bald eine gänzliche Vernichtung der Leistung zur Folge hat, weil mit
dem Gefälle zugleich auch die zufliessende Wassermenge verringert wird.
Auf Fig. 14 findet sich zur Erläuterung das
Ueberdruckgefälle aufgetragen, das, wie aus der Form der Gleichung für \frac{{c_e}^2}{2\,g}
bereits hervorgeht, als Kurve eine Gerade zeigt, ferner die \frac{{c_e}^2}{2\,g}- und
\frac{{c_a}^2}{2\,g}-Kurven, die den Verlauf dieser massgebenden Verlustgrössen
kennzeichnen.
Auf Fig. 15 endlich ist wieder die Zusammensetzung der
verschiedenen ce-Werte
mit ve und we, sowie der wa-Werte mit va und ca durchgeführt.
Zum Vergleiche mit der Radialturbine
sind dieselben Ermittelungen auch für eine Achsialturbine durchgeführt und
dabei ebenso H von O bis
auf 6 m veränderlich angenommen. Die Resultate – Fig.
16 und 17 – zeigen keine wesentliche
Verschiedenheit von jenen. Die Kurve für Nh ergibt wieder die Proportionalität
zwischen Leistung und Gefälle; die Wassermengenkurve geht diesmal vom Nullpunkt aus;
d.h. im Gegensatz zu der Radialturbine, wo die Zentrifugalkraft eine Erhöhung des
hydraulischen Druckes im Spalt über den anfangs vorhandenen Wert von H bewirkte, läuft hier bereits von Anfang an eine
Wassermenge im richtigen Sinne durch die Turbine.
Textabbildung Bd. 317, S. 24
Fig. 18.
Bislang war den Berechnungen für ein verändertes H die
Annahme zu Grunde gelegt, dass die Umlaufszahl bezw. ve dieselbe Grösse beibehält. Diese
Bedingung ist zwar für den Betrieb in den meisten Fällen massgebend, bewirkt aber
auch, wie aus dem Vorigen hervorgeht, verhältnismässig bedeutende Stossverluste, je
weiter sich das H von seinem normalen Werte entfernt.
Es möge nunmehr auch die Geschwindigkeit ve mit H
zusammen verändert werden, und zwar so, dass keine Stossverluste auftreten. Dafür
ist Bedingung, dass
ve = ce cos α (vgl. Fig. 18)
bleibt, also we' = we = ce sin
α.
Es war aber oben für die Radialturbine Gleichung 5):
\frac{{c_e}^2}{2\,g}=\frac{H-\frac{{v_e}^2-{v_a}^2}{2\,g}}{b}=\frac{H-\frac{{v_e}^2\,(1-{b_1}^2)}{2\,g}}{b}
Setze ich hierin
ve = ce cos α,
so wird
b\,\left(\frac{{c_e}^2}{2\,g}\right)=H-{c_e}^2\,cos^2\,\alpha\,\frac{1-{b_1}^2}{2\,g}
oder
\frac{{c_e}^2}{2\,g}\,[b+cos^2\,\alpha\,(1-{b_1}^2)]=H
16) \frac{{c_e}^2}{2\,g}=\frac{H}{[b+cos^2\,\alpha\,(1-{b_1}^2)]}=\frac{H}{b_2}=\frac{H}{\mbox{Konst.}}
17) c_e=\sqrt{\frac{2\,g}{b_2}}\,\sqrt{H},
d.h. es ändert sich ce proportional √H; damit auch we und ve
nach unserer obigen Annahme; we fällt immer mit we' zusammen. Da w_a=\frac{w_e}{a}, so ändert sich
auch wa proportional
√H; ebenso va; d.h. es bleibt die Richtung von ca immer dieselbe (und
ca proportional
√H). Der Verlust \frac{{c_n}^2}{2\,g} ist = Null. Die
Verluste \frac{{c_a}^2}{2\,g}, (\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g}
und \varphi_3\,\frac{{w_a}^2}{2\,g} ändern sich somit alle proportional H, d.h. der Wirkungsgrad ηh bleibt unter der zu Grunde gelegten
Annahme konstant.
Die verbrauchte Wassermenge Q liefert die Beziehung
Q=c_e\,f_e=f_e\,\sqrt{\frac{2\,g}{b_2}}\,\sqrt{II}
18) oder Qψ √H.
Textabbildung Bd. 317, S. 24
Fig. 19. Radialturbine. Veränderl. H; ηh konst.
Jetzt ist H wieder als veränderlich angenommen von 0 bis
6 m, und dafür sind die Verluste, Wassermengen u.s.w. berechnet. Ihre Aufzeichnung
auf Fig. 19 zeigt die gegenseitige Abhängigkeit der
einzelnen Grössen. Kommt diese auch als Grundlage für eine Regulierung irgend
welcher Art kaum in Frage, so ist sie andererseits doch insoweit interessant, als
sie zeigt, in welchen Grenzen ein und dasselbe Turbinenmodell mit demselben guten
Wirkungsgrad benutzt werden kann, und welche Leistungen, Wassermengen und
Umlaufszahlen dabei einander entsprechen. Solange zwischen der vorhandenen
Wassermenge und dem Gefälle ein Verhältnis \frac{Q}{\sqrt{H}}=\psi besteht, kann ohne weiteres
dasselbe Laufradmodell verwendet werden (kleine Abweichungen davon werden, wie die
vorhergehenden Untersuchungen gezeigt haben, nur geringe Verschlechterungen im
Nutzeffekt hervorrufen). Allerdings ist dabei immer die Umlaufszahl, die zu dem
betreffenden H aus dem Diagramm zu entnehmen ist, als
Normale für das Laufrad einzuführen und der Uebergang auf die gewünschte Umlaufszahl
der angetriebenen Welle durch entsprechende Transmission zu erreichen. Gegenüber den
nicht unerheblichen Kosten eines neuen Modelles wäre indessen in vielen Fällen
dieser Umstand kaum von Bedeutung; durch Ausführung der oben durchgeführten
Berechnung für verschiedene Annahmen von H und Q und graphische Aufstellung der ermittelten Werte
liesse sich deshalb wohl leicht eine gute Uebersicht über die vorteilhafte
Verwendung bestimmter „Normal“-Modelle gewinnen.
(Schluss folgt.)