Titel: | Elementare Bestimmung der grössten Momente eines Trägers, hervorgebracht von einer beweglichen und einer gleichmässig verteilten Last unter den beweglichen Lasten. |
Autor: | G. Ramisch |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 137 |
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Elementare Bestimmung der grössten Momente eines Trägers, hervorgebracht von einer beweglichen und einer gleichmässig verteilten
Last unter den beweglichen Lasten.
Von Prof. G. Ramisch in Breslau.
Elementare Bestimmung der grössten Momente eines Trägers u.s.w.
In der Figur sei ein Träger A0
B0 von der gleichmässig
verteilten Last Q und den beweglichen Einzellasten P1
P2
P3 ... P ... Pn Pn + 1 ... Pm Pm + 1
..., welch letztere jedoch ihre gegenseitigen Entfernungen
nicht verändern dürfen, beansprucht. Ist B die
Resultante der beweglichen Lasten, hat sie zur Entfernung r vom Auflager B0 und ist l die Spannweite des Trägers, so
erzeugen diese Lasten in A0 den Auflagerdruck: R\,\cdot\,\frac{r}{l}. Die gleichmässig verteilte Last erzeugt
den Auflagerdruck: \frac{Q}{2}, daher ist der von der Gesamtlast hervorgebrachte
Auflagerdruck in A0
:
A=\frac{R\,\cdot\,r}{l}+\frac{Q}{2}.
Textabbildung Bd. 317, S. 137
Sind p1
p2
p
3 ... die bezüglichen Entfernungen der Lasten P1
P2
P3 ... von der
Einzellast P, so ist das Biegungsmoment des Balkens
unter P, wenn noch x der
Abstand des Auflagerdruckes A von P ist:
M=\left(\frac{R\,r}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,x-(P_1\,p_1+P_2\,p_2+P_3\,p_3...)-\frac{1}{2}\,\frac{Q}{l}\,\cdot\,x^2.
Die Lasten mögen sich um die beliebige Strecke Δ nach
rechts verschieben; es ändern sich dann nur r und x, während p1
p2
p3... unverändert
bleiben. Das Biegungsmoment unter P hat jetzt den
Wert:
M_1=\left(\frac{R\,(r-\Delta)}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,\cdot\,(x+\Delta)-(P_1\,p_1+P_2\,p_2+P_3\,p_3...)-\frac{1}{2}\,\frac{Q}{l}\,(x+\Delta)^2.
Dasselbe geschieht, wenn sich die Lasten um Δ nach links
verschieben und das Biegungsmoment unter P hat jetzt
den Wert:
M_2=\left(\frac{R\,(r+\Delta)}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,\cdot\,(x-\Delta)-(P_1\,p_1+P_2\,p_2+P_3\,p_3)-\frac{1}{2}\,\frac{Q}{l}\,(x-\Delta)^2.
Soll nun M den grössten Wert haben, so muss:
M
1
– M < 0
und
M
2
– M < 0
sein. Es ergibt sich daher:
\left(\frac{R\,(r-\Delta)}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,\cdot\,(x+\Delta)-\left(\frac{R\,r}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,\cdot\,x-\frac{1}{2}\,\frac{Q}{l}\,[(x+\Delta)^2-x^2]\,<\,0
und
\left(\frac{R\,(r+\Delta)}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,(x-\Delta)-\left(\frac{R\,r}{l}+\frac{Q}{2}\right)\,x-\frac{1}{2}\,\frac{Q}{l}\,[(x-\Delta)^2-x^2]\,<\,0
oder auch:
\Delta\,\cdot\,\frac{R}{l}\,\cdot\,(r-x-\Delta)+\Delta\,\cdot\,\frac{Q}{2}-\Delta\,\frac{Q}{2\,l}\,(2\,x+\Delta)\,<\,0
und
\Delta\,\cdot\,\frac{R}{l}\,\cdot\,(x-r-\Delta)-\Delta\,\cdot\,\frac{Q}{2}+\Delta\,\cdot\,\frac{Q}{2\,l}\,\cdot\,(2\,x-\Delta)\,<\,0.
Wir nennen u den Abstand der Last P von der Resultante R, so
ist:
r = (l – u) – x.
Hierdurch entsteht:
\frac{R}{l}\,\cdot\,[(l-u)-2\,x-\Delta]-\frac{Q}{2}-\frac{Q}{2\,l}\,\cdot\,(2\,x+\Delta)\,<\,0
und
\frac{R}{l}\,\cdot\,[2\,x-(l-u)-\Delta]-\frac{Q}{2}+\frac{Q}{2\,l}\,(2\,x-\Delta)\,<\,0
oder auch:
\frac{R}{l}\,\cdot\,(l-u-\Delta)+\frac{Q}{2}\,\cdot\,\left(1-\frac{\Delta}{l}\right)\,<\,x\,\cdot\,\left(\frac{2\,R}{l}+\frac{Q}{l}\right)
und:
x\,\cdot\,\left(\frac{2\,R}{l}+\frac{Q}{l}\right)\,>\,\frac{R}{l}\,\cdot\,(l-u-\Delta)+\frac{Q}{2}\,\cdot\,\left(1+\frac{\Delta}{2\,l}\right).
Daher ist endlich:
\frac{\frac{R}{l}\,(l-u-\Delta)+\frac{Q}{2}\,\cdot\,\left(1-\frac{\Delta}{l}\right)}{\frac{1}{l}\,\cdot\,(2\,R+Q)}\,>\,x\,>\,\frac{\frac{R}{l}\,(l-u-\Delta)+\frac{Q}{2}\,\cdot\,\left(1+\frac{\Delta}{2\,l}\right)}{\frac{1}{l}\,\cdot\,(2\,R+Q)}
Soll M den grössten Wert haben, so muss es auch dann
geschehen, wenn Δ unendlich klein ist, dann kann man
aber, wie man aus der letzten Ungleichung sieht, setzen:
x=\frac{2\,R\,(l-u)+Q\,l}{2\,(2\,R+Q)}
d.h.
x=\frac{l}{2}-\frac{u}{2+\frac{Q}{R}} . . . . . 1)
Dieser Wert von x lässt sich auch mittels der von Prof.
Dr. Jakob J. Weyrauch in dem Buche: Beispiele und Aufgaben zur Berechnung der statisch
bestimmten Träger für Brüchen und Dächer auf der Seite 26 unten (3)
mitgeteilten Formel:
x=\frac{l}{2}+\frac{(P_1\,d_1+...+P_{m-1}\,d_{m-1})-(P_{m+1}\,\cdot\,d_{m+1}+...+P_n\,\cdot\,d_n)}{2\,\sum_0^l\,P+g\,l}
ableiten. Der Zähler des Bruches ist nämlich nichts anderes
als – R . u, ferner bedeuteten \sum_0^l\,P und gl bezw. R und Q.
Wir nennen v den Abstand der Trägermitte M von der Einzellast P. Es
ergibt sich dann aus der Gleichung 1) sofort:
v=\frac{u}{2+\frac{Q}{R}} . . . . . 2)
Wenn also die Last P von der Trägermitte die eben
gefundene Entfernung v hat, so findet unter der Last
ein grösstes Biegungsmoment statt. Zu bemerken ist hierbei, dass R und P zu verschiedenen Seiten von der Mitte liegen müssen,
wodurch die Lage von P eindeutig bestimmt ist.
Ist Q = 0, d.h. ist keine gleichmässig verteilte Last
vorhanden, so ist: u=\frac{v}{2}, dann ist die Resultante genau so weit von der Mitte
entfernt, als die Last P. Im allgemeinen ist v\,<\,\frac{u}{2}
und zwar desto mehr, je grösser Q im Verhältnis zu B ist. Ist R = 0, so ist
auch v = 0, d.h. das grösste Biegungsmoment fällt dann
in die Trägermitte. Mittels der Gleichung 2) lässt sich ausserordentlich einfach die
Stelle des grössten Biegungsmomentes unter der Einzellast P angeben, was namentlich dann von Vorteil ist, wenn die Ermittelung des
grössten Biegungsmomentes praktisch geschehen soll.
Man kann, wenn man P1
p1 + P2
p2 + P3
p
3... = Pp setzt, auch
folgendermassen schreiben:
M=x\,\left(\frac{R\,\cdot\,r}{l}+\frac{Q}{2}-\frac{Q}{2\,l}\,\cdot\,x\right)-\Sigma\,P\,p
oder auch, da:
r = l – u – x
ist:
M=x\,\cdot\,\left[\frac{R}{l}\,(l-u)+\frac{Q}{2}-x\,\left(\frac{R}{l}+\frac{Q}{2\,l}\right)\right]-\Sigma\,P\,p.
Mit Rücksicht auf die Gleichung 1) entsteht hieraus:
M=x\,\cdot\,\left\{\frac{R}{l}\,\left[l+\left(2+\frac{Q}{R}\right)\,\left(x-\frac{l}{2}\right)\right]+\frac{Q}{2}-\frac{x}{l}\,\left(R+\frac{Q}{2}\right)\right\}-\Sigma\,P\,p,
d.h.
M=\frac{x^2}{l}\,\cdot\,\left(R+\frac{Q}{2}\right)-\Sigma\,P\,\cdot\,p . . . 3)
worin der Wert von x aus
Gleichung 1) einzusetzen ist.
Diese Formel dient zur Berechnung des Maximalmomentes unter der Last P und stimmt mit der Formel (4) von Prof. Weyrauch auf Seite 27 vollkommen überein.
Man könnte mutmassen, dass das allergrösste Moment dann
erreicht wird, wenn die Resultante R so nahe wie nur
möglich an der Trägermitte sich befindet, indem die betreffende Last, unter der es
stattfindet, auch sehr nahe an der Trägermitte liegt. Allein es wäre dies ein
Trugschluss; denn mit x nimmt auch ∑Pp zu. Um es zu ermitteln, wird man unter jeder Last
das grösste Moment bestimmen müssen und das grösste von den letzteren ist dann
entweder das verlangte oder in der Nähe, innerhalb der gleichmässigen Belastung.