Titel: | Feuersichere Baukonstruktionen. |
Autor: | Gustav Rauter |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 190 |
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Feuersichere Baukonstruktionen.Vgl. auch D. p. J. 1897 304 151, 178; 1898 308 100; 1899 312 102, 313 71; 1901 316 581.
Von Dr. Gustav Rauter.
Feuersichere Baukonstruktionen.
I.
Decken aus Stein, Eisen und Cement.
An feuersicheren Baukonstruktionen und Baustoffen haben wir jetzt keinen Mangel mehr,
vielmehr ist in den letzten Jahren eine ungemeine Menge davon empfohlen worden und
jeder einzelnen Neuerung wurde von ihrem Erfinder eine ganze Reihe von Vorzügen
nachgerühmt. In der That haben wir auch Anordnungen genug, die weiter gehenden
Ansprüchen genügen, und deren Widerstandsfähigkeit durch Belastungs- und Brandproben
dargethan worden ist. Man darf zwar diesen eigens veranstalteten Proben nicht immer
ein allzugrosses Gewicht beilegen, da sie doch der
Natur der Sache nach nicht wirklich unter denselben Bedingungen stattfinden und
stattfinden können, wie die Probe eines wirklichen grossen Brandes, und diese zu
bestehen bietet sich glücklicherweise nur recht selten Gelegenheit. Natürlich sind
auch die Materialien und die Arbeit, die auf ein zu Probezwecken dienendes
Versuchsbauwerk verwandt werden, immer nur von ausgesuchter Güte, da sie von
den Erfindern selbst und unter ihren Augen ausgeführt und nicht irgend einem
beliebigen Unternehmer zur Ausführung überlassen werden, der nicht das nötige
Interesse daran hätte. Auch die Verteilung der Last bei den Belastungsproben ist
nicht immer ganz einwandsfrei, da nicht immer genügend dafür Sorge getragen zu
werden scheint, eine über die ganze Fläche der Decke – denn um solche handelt es
sich meist – sich gleichmässig ausbreitende Last aufzubringen.
Textabbildung Bd. 317, S. 190
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 317, S. 190
Fig. 2.
Vielmehr geht man hier manchmal etwas unüberlegt zu Werke, so
dass die Last eigentlich nur die den Auflagern unmittelbar benachbarten Teile der
Konstruktion trifft, wo demgemäss deren Tragfähigkeit am grössten ist. In Fig. 1 haben wir eine derartige falsch angeordnete
Belastungsprobe schematisch dargestellt
und dabei den Teil der Last schraffiert, der eigentlich nur die Aussetzung
eines von dem übrigen Belastungsmaterial umschlossenen Hohlraumes darstellt. Fig. 2 zeigt dagegen eine richtig verteilte Last, die
überall gleichmässig zur Geltung kommt.
Wir können die feuersicheren Baukonstruktionen in zwei Klassen einteilen, nämlich
erstens in solche, die strengeren Anforderungen genügen und deshalb geradezu als feuerfest bezeichnet werden dürfen, wie es z.B. ein
Gewölbe aus guten Ziegeln ist, zweitens in solche, die feuersicher im weiteren Sinne sind, die also entweder zwar selbst nicht
brennen, aber doch vom Feuer langsam zerstört werden, wie z.B. Gipsguss, oder die
zwar unverbrennlich sind, aber keine selbständigen Konstruktionen bilden, sondern
nur dazu dienen, andere, weniger feuersichere Bauteile zu umhüllen, wie z.B.
Asbestmasse. Ganz scharf kann diese Klasseneinteilung allerdings der Natur der Sache
nach nicht sein; jedoch gibt sie immerhin einen gewissen Anhalt.
Wir wollen nun in diesem ersten Teile unseres Aufsatzes uns lediglich mit den
Deckenkonstruktionen aus Stein, Eisen und Cement beschäftigen. Die Besprechung der
Pfeiler-, Wand-, Treppen- und Dachkonstruktionen aus den gleichen Stoffen, sowie
ferner die alle vorhin als feuersicher im weiteren Sinne bezeichneten Stoffe wollen
wir dann nach Betrachtung dieser Decken erst vornehmen. Vollständigkeit wollen wir
in dem Sinne erstreben, dass wir alles das aufführen, was in der Anwendung
verbreitet, oder was theoretisch interessant ist, wenn es auch freilich der Raum
nicht zulässt, eine jede irgendwo einmal veröffentlichte oder patentierte
Konstruktion anzuführen.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
Wenn wir nun von den selbständigen Konstruktionen sprechen, so linden wir, dass deren
Kern meistens aus Eisen besteht. Eiserne Säulen, Träger und Verankerungen bilden das
eigentliche Gerippe des Bauwerkes; dazwischen sind dann die aus irgend einem.
anderen Stoffe hergestellten Decken gespannt. Jedoch sind derartige Konstruktionen
ohne weiteres nicht einmal unter die feuersicheren zu rechnen, wenn das Eisen bei
ihnen ungeschützt der Einwirkung eines etwa entstehenden Brandes ausgesetzt ist.
Wenn wir z.B. eine Deckenkonstruktion betrachten, wie sie Fig. 3 zeigt, wobei auf eisernen ⌶-Trägern
eine Decke aus einem beliebigen feuersicheren Material ruht, so wird bei Ausbruch
eines Brandes das Eisen sich alsbald erwärmen, seine Tragfähigkeit einbüssen und
zusammensinken. Der ganze feuersichere Fussboden nutzt dann nichts weiter, er wird
mit dem Eisen zugleich einstürzen. Es wird auch heute noch vielfach
leichtsinnigerweise angenommen, dass Eisen an sich ein
feuersicherer Baustoff sei, trotzdem dies lange, sowohl durch Versuche, wie auch
durch grosse Brände widerlegt ist. Dies gilt sowohl von dem Schmiedeeisen, wie von
dem Gusseisen. Alle beide müssen derartig eingehüllt sein, dass die Glut des Feuers
sie nicht erreichen kann, und sie ihre Tragfähigkeit behalten können, welch letztere
ja bekanntlich schon bei verhältnismässig geringer Erwärmung verloren geht.
Auch eine Anordnung wie Fig. 4 nutzt nicht viel mehr.
Hierbei ist zwar der Steg des Eisens dem Angriffe des Feuers entzogen, aber der
untere Flansch, auf dem die Last der Deckenkonstruktion ruht, wird doch bald glühend
werden und nachgeben. Vielmehr ist es nötig, wie in Fig.
5 bis 9, die eisernen Träger von allen
Seiten zu schützen.
Eine solche Konstruktion wird nun allerdings ziemlich schwer und teuer ausfallen,
wenn man wie bei Fig. 5 und 6 verfährt und die massive Decke die ganze Höhe der Hauptträger einnehmen
lässt. Eine so massige Konstruktion wird indes wohl nur bei stärkster Belastung,
etwa durch schwere Maschinen, erforderlich werden. Eine Bauweise nach Fig. 7 ist schon leichter, doch auch noch für viele
Fälle zu schwer; wenn man aber wie bei Fig. 8
verfährt, über die Träger weg eine feuersichere Decke legt, sie selbst aber
ausserdem noch mit einer solchen Verkleidung umgibt, so erreicht man seinen Zweck
mit noch weniger Aufwand an Raum und Material. Legt man auf eine glatte Unteransicht
der Decke Wert, so kann man auch, wie bei Fig. 9,
noch eine besondere Decke unten anhängen, wodurch dann eine Hohldecke entsteht, die
ja für Schall- und Wärmeisolierung recht vorteilhaft ist.
Die Hauptsache ist immer, worauf nicht genug aufmerksam gemacht werden kann, dass
auch die Flanschen der eisernen Träger genügend geschützt sind. Es wird beim
Entwerfen von feuersicheren Baukonstruktionen eben sehr häufig ausser acht gelassen,
dass es nicht genügt, wenn das Haus nicht brennbar ist; da der Inhalt brennbare
Stoffe genug zu enthalten pflegt, so darf es auch nicht durch Feuer zerstörbar
sein.
Natürlich wäre es am allersichersten, das Eisen ganz fortzulassen und eine gewölbte
Decke aus gut gebrannten Backsteinen oder aus Chamottesteinen zu nehmen, aber
derartige Konstruktionen sind sehr schwerfällig und teuer und werden deshalb für
gewöhnlich nicht angewendet, bleiben vielmehr im allgemeinen auf Schmelzöfen u. dgl.
beschränkt, wo in der That die Feuerfestigkeit vollkommen sein muss.
In diesen Oefen gebraucht man meist Chamottesteine, doch sind gut gebrannte
Backsteine auch ein für gewöhnliche Ansprüche genügend feuerbeständiges Material.
Auch Kalksandsteine sollen sich, neuerdings veröffentlichten Brandproben zufolge,
gegen Feuer recht gut gehalten haben. Dagegen sind natürliche Steine im allgemeinen
wenig feuerbeständig. Namentlich der Granit bekommt sehr leicht Sprünge, ehe er
einen besonders hohen Hitzegrad erreicht hat, so dass z.B. aus ihm gefertigte
Treppen solchen aus gutem, an der Unterseite verputztem Holzwerk, durchaus
nachstehen. Was den Cement anbetrifft, der ja auch bei feuersicheren Konstruktionen
eine grosse Rolle spielt, so wird dieser durch die grosse Hitze eines Brandes an der
Oberfläche bis zu einer gewissen Tiefe wieder in frischen Cement zurückverwandelt,
verliert also so weit seine Tragfähigkeit und wird namentlich an solchen Stellen
beim Löschen von dem Strahle der Feuerspritze oft so weit ausgewaschen, dass die von
ihm umhüllte Eisenkonstruktion zu Tage tritt. Da jedoch letztere durch den Cement
geschützt, ihre Tragfähigkeit während des Feuers bewahrt, so sind
Cement-Eisenkonstruktionen durchaus unter die feuersicheren Ausführungen zu
rechnen.
Wir wollen nun mit der Betrachtung der Konstruktionen aus Stein und Eisen beginnen.
Hierbei muss man als Grundform annehmen, dass zwischen zwei Trägern die betreffenden
Deckenkonstruktionen in der Art von Fig. 5 bis 9 eingespannt werden, während die Anordnung nach Fig. 3 und 4 aus den
bereits angedeuteten Gründen zu verwerfen ist. Die Art, wie die Steine zwischen die
⌶-Eisen eingebracht werden, ist verschieden. Werden
gewöhnliche Gewölbe dazwischen eingespannt, so entsteht ein System der sogen.
Längsverlegung, d.h. die Schichtenfugen verlaufen in gleicher Richtung wie die
Träger (Fig. 10). Die meisten Konstruktionen haben
jedoch die Anordnung der Querverlegung, d.h. die Schichten verlaufen senkrecht zu
den Trägern, wie in Fig. 11. Hierbei werden dann
entweder Eiseneinlagen in den Fugen eingeordnet oder nicht.
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Fig. 10.
Textabbildung Bd. 317, S. 191
Fig. 11.
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Fig. 12.
Ferner gibt es auch noch eine Schrägverlegung (Fig.
12), wobei die Steinschichten in schräger Richtung verlaufen. Sie ist nur
wenig gebräuchlich und wird hauptsächlich für einige Arten von Platten empfohlen, da
das Verlegen von rhombisch geformten Platten zwischen die Träger wegen des
leichteren Einschwenkens bequemer von statten gehen soll alsddas Verlegen von
rechteckigen Platten. Jedoch
bieten natürlich die rhombischen Platten dort, wo sie an die Mauerfläche
stossen, wieder ihre Schwierigkeiten, so dass man nur selten von ihnen Gebrauch
macht.
Wir wollen nun zunächst die Steindecken betrachten, die keine weitere Eiseneinlage
ausser den tragenden ⌶-Eisen erfordern. Wir haben hier
nur wenige Systeme von Längsverlegung, nämlich ausser den bereits erwähnten
gewöhnlichen Kappen von Ziegeln noch die sogen. Wingen'sche Decke (D. R. P. Nr. 70873), die in D. p.
J. 1899 313 73 schon ausführlich beschrieben
wurde. Ihre Steine bilden ein scheitrechtes Gewölbe. Dadurch, dass die einzelnen
Steine unter sich verschieden sind, ist sie an bestimmte Spannweiten gebunden, ein
Nachteil, der bei Gewölbedecken mit Längsverlegung überhaupt, dem Wesen des Systems
nach, leicht vorkommt.
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Fig. 13. Pulda's Triumphdecke (System Fuchs).
Pulda's Triumphdecke (System Fuchs) (Fig. 13) besteht aus einem
scheitrechten Gewölbe aus gerieften Hohlsteinen und besonderen massiven
Anfängersteinen und hat die Eigentümlichkeit, dass ihr Schlussstein aus Beton
eingestampft ist. Sie ist also eigentlich eine Verbindung von Ziegel- und
Betondecke. Sie ist natürlich nur auf Schalung auszuführen, die wegen des
Betonschlussstückes jedenfalls nicht zu schwach sein darf. Die einzelnen Steine, mit
Ausnahme der Anfänger, sind unter sich gleich und der Winkel, den sie mit der
Wagerechten machen, ist für alle Spannweiten derselbe.
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Fig. 14. Hohlsteindecke der Metropolitan Fireproofing Co.
Eine andere längs verlegte Decke ist die Hohlsteindecke der Metropolitan Fireproofing Co. (Fig. 14).
Dies ist ein amerikanisches System und hat sich bei in Amerika angestellten
Brandproben gut bewährt. Mn Amerika dienen derartige und ähnliche Decken, die aus
sehr dünnwandigen, scharf gebrannten Thonsteinen zwischen Stahlträgern ausgeführt
werden, durchgängig zur Herstellung der Decken in den grossen Stahlrahmengebäuden,
den sogen. Himmelsstürmern.
Ich entnehme die Einzelheiten über diese Decke, ebenso wie die über eine Reihe
anderer amerikanischer, hier genannter Systeme, einer Veröffentlichung von W. Linse in Aachen, die dieser in der Zeitschrift Stahl und Eisen. Jahrgang 1898 S. 696 bis 700, 756 bis
761, 793 bis 800, 846 bis 853, 901 bis 908, gemacht hat. Dieser, durch seine genauen
Angaben und zahlreichen Abbildungen ausgezeichnete Aufsatz ist jedenfalls sehr
lesenswert und kann auch heute noch zum Studium bestens empfohlen werden.
Bei der hier genannten Decke ist besonders auch der sorgfältige Schutz des
Trägerunterflansches durch die um ihn herumgreifenden Steine zu bemerken. Gerade
hierauf legt man drüben mit Recht ein ganz besonderes Gewicht.
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Fig. 15. Eggert's Wölbesteine.Fig. 16. Formsteine nach Lautenbach.Fig. 17 und 18. Thiemicke's Excelsiordecke.
Einen Uebergang von der Längs- zu der Querverlegung bilden Eggert's Wölbesteine (D. R. G. M. Nr. 86605) (Fig. 15), die dadurch
ausgezeichnet sind, dass sie auf je zwei Seitenflächen vertieft, auf zwei anderen
erhaben geformt sind. Sie sind so geschnitten, dass immer eine Hohlseite in eine
ausspringende Seite hineinpasst, wodurch jeder einzelne Gewölbestein von den
sechs ihn umschliessenden Steinen gehalten wird. Man kann mit ihnen g!radliegende
Kappen herstellen, in denen die Lagerfugen rechtwinklig, parallel oder schräg gegen
die Stossfugen gerichtet sind. Sie können ohne eigentliche Schalung nur mit Hilfe
eines beweglichen Gewölbebrettes verlegt werden.
Aehnlich sind die Formsteine nach Lautenbach (D. R. P.
Nr. 81562) (Fig.
16), bei denen die Seitenflächen keilförmig aus- 5nd einspringen. Sie
heissen auch Triumphformsteine oder Griesemann's Deckensteine.
Steine mit Querverlegung finden wir eine ganze Menge, die sich im allgemeinen nicht
sehr wesentlich voneinander unterscheiden. Hierher gehören Thiemicke's Excelsiordecke (Fig. 17 und 18), die in
drei verschiedenen Ausführungsformen hergestellt wird. Sie ist geschützt durch das
D. R. G. M. Nr. 58476.
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Fig. 19. Omega-Steine von Heyer.Fig. 20. Dressel'sche Massivdecke.Fig. 21. Körting'sche Massivdecke.Fig. 22. Förster'sche Decke.
Ferner gehören hierher die Omega-Steine von Louis Heyer (D. R. G. M. Nr. 98902) (Fig. 19). Bei ihr werden
die Steine abwechselnd mit der breiteren und der runderen Seite nach oben verlegt.
Dasselbe gilt von den Deckensteinen nach Julius Donath
(Fig.
49), die bei geringeren Beanspruchungen auch ohne Eisenzwischenlagen verlegt
werden; im übrigen vgl. letztere unter Decken mit Eiseneinlagen.
Ferner die Dressel'sche Massivdecke (D. R. G. M. Nr.
105052) (Fig.
20), die Körting'sche Massivdecke (D. R. G.
M. Nr. 113531) (Fig. 21), die Lyrasteine, die die Decke nach
Ernst bilden, die Förster'sche Decke (Fig. 22). In letzterer
Figur ist ein Anfängerstein dargestellt, der an der Stelle, wo er auf den
Trägerflansch aufliegt, ausgeklinkt ist, um eine ebene Unterfläche der Decke zu
erzielen. Auch die Mueller'sche Decke (Fig. 47) schliesst sich
in ihrer einfachsten Ausführungsform, ohne Eiseneinlage, hier an. Das gleiche gilt
von der ebenfalls später noch zu besprechenden Ankerdübeldecke (Fig. 44 bis 46).
Textabbildung Bd. 317, S. 192
Fig. 23. Decke nach der Central Fireproofing Co.
Von amerikanischen Decken sind hier zu erwähnen die der Central Fireproofing Co. (Fig. 23), sowie
das End-Section-Arch-System (Fig. 24). Letzteres ist
besonders wegen der eigentümlich geformten Ziegel bemerkenswert, die die Gestalt von
⌶-Trägern besitzen, und die zu zwei immer je einen
gemeinschaftlichen, sechsseitigen Hohlraum bilden, durch den die Verankerungen der
einzelnen ⌶-Träger gegeneinander gut durchgeführt werden
können. Diese Konstruktion ist in Amerika besonders weit verbreitet und hat sich
auch bei dort angestellten Proben sehr gut gehalten. Die hierzu gehörigen
Anfängersteine sind als Widerlager besonders ausgebildet; sie halten ferner nach
Fig. 20
unter die Trägerflanschen untergeschobene Ziegelplatten in ihrer Lage.
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Fig. 24. End-Section-Arch.Fig. 25. Hourdis.Fig. 26. Massivdecke Germania, System Poetsch.
Aehnlich wie diese amerikanischen Decken sind die sogen. Hourdis (Fig. 25), die in Süd-Deutschland, der Schweiz und auch in Frankreich
gebräuchlich sind. Sie werden hier zu Lande insbesondere von Heinrich Breuning in Stuttgart hergestellt, und zwar ausser in der
gezeichneten
Form auch noch in mehreren anderen Ausführungsformen. Mit den amerikanischen
Systemen haben sie den Schutz der Trägerunterflanschen gemein, unterscheiden sich
jedoch von diesen dadurch, dass sie nicht Baustein-, sondern Röhrenform
besitzen.
Auch ist hier noch zu nennen die gradlinige Massivdecke Germania, System Poetsch (Fig. 26). Diese Decke
hat die Eigentümlichkeit, dass sie nicht auf ⌶-Träger
berechnet ist, sondern mit Hilfe besonders geformter Träger aus Schwarzblech verlegt
wird (D. R. P. Nr. 113422). Diese werden mit Cement ausgegossen und können
erforderlichenfallsdim Inneren eine Verankerung aufnehmen. Sie liegen etwa in ½ m
Achsenentfernung und tragen zwischen sich beliebige trapezförmige Hohlsteine, etwa
nach Art der vorher genannten Hourdis. Unten wird das Ganze sorgfältig mit Cement
verputzt, den man zweckmässig mit Hilfe eines Drahtnetzes davor bewahrt, im
Brandfalle abzublättern und die eisernen Träger frei zu geben.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Decke, System Fawcett.
Schliesslich gehört hierher noch das System Fawcett
(Fig. 27
und 28), ein
System mit Schrägverlegung, bei dem man sich ganz sonderbar geformter
Terrakottastücke bedient. Während man hier zu Lande für gewöhnlich unter Terrakotta
Ziersteine versteht, so bezeichnet man dort drüben mit diesem Namen insbesondere
auch die zur Ausfüllung von Stahlrahmengebäude dienenden, scharf gebrannten
Hohlsteine. Das letztgenannte System scheint, nach den angestellten Brandproben zu
schliessen, den damit in Vergleich gestellten bereits erwähnten amerikanischen
Hohlsteinen nicht ganz gleichwertig gewesen zu sein.
Wenn wir nunmehr zu den Steindecken mit Eiseneinlage übergehen, so stimmen diese
meistens darin überein, dass bei ihnen zwischen je zwei Steinschichten immer eine
Einlage aus Band- oder Profileisen kommt, wodurch das Ganze gehalten wird. Manchmal
reiten auch die Steine auf den Eiseneinlagen, so dass das Eisen an einer Stelle nur
immer mit einem Steine zugleich in Berührung ist.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Fig. 29 bis 32. Kleine'sche Decke.Fig. 33. Ausführungsweise System Rapp.
Hier ist zunächst zu nennen die sogen. Kleine'sche Decke
(D. R. P. Nr. 71102) (Fig. 29 bis 31). Sie
dürfte wohl die älteste derartiger Deckenkonstruktionen in Deutschland sein und hat
insbesondere die Eigentümlichkeit, dass sie mit jedem beliebigen Mauersteinmaterial
hergestellt werden kann, und sowohl mit Vollziegeln, Hohlziegeln, porösen Steinen,
Lochsteinen oder Schwemmsteinen ausführbar ist. Sie wird mit reinem
oderdverlängerten Cementmörtel hergestellt, der aber so gewählt werden muss, dass er
das Rosten der eingelegten Bandeisen nicht verursachen kann, also genügend Cement
enthält. Die Ausführungsform in Fig. 30, bei der die
Träger ganz eingehüllt sind, ist jedenfalls vor der nach Fig. 29 vorzuziehen, bei
der dies nicht der Fall ist, besonders wenn die Eisenbänder an ihren Enden gekröpft
sind und demnach in den Steinfugen nicht zu hoch hinaufrücken. Natürlich wird man,
wo es angängig ist, stets ein möglichst leichtes Material verwenden; denn der
Unterschied im Gewicht ist ganz bedeutend. Es wiegt eine solche Decke, 12 cm
stark,
aus Vollziegeln
190 kg/qm
aus porösen Lochsteinen
110 kg/qm
aus Schwemmsteinen
100 kg/qm
Eine besondere Form der Kleine'schen Decke besteht
darin, dass auf den Bandeisen noch besondere Faconeisen ruhen, die erst die
Zugbeanspruchung der Steine und des Bindemittels aufzunehmen bestimmt sind (D. R. P.
Nr. 75238) (Fig.
32). Jedoch scheint diese Form in der Praxis nicht angewendet zu
werden.
Letzterer Ausführungsweise ähnlich ist das in Amerika mitunter übliche System Rapp (Fig. 33), wobei indessen
nur die Faconeisen allein vorhanden sind, die Bandeisen dagegen wegfallen.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Fig. 34. Bruno'sche Decke
Die Bruno'sche Decke (D. R. P. Nr. 81123) (Fig. 34) ist gleichfalls eine Abänderung des der Kleine'schen Decke zu Grunde liegenden Gedankens. Statt
der Bandeisen verwendet man verzinkte Streifen von Drahtnetz, die immer aus einer
Schichtenfuge in die nächste umgebogen werden. Es scheint diese Decke indessen
ebensowenig ausgeführt zu werden wie die nach D. R. P. Nr. 75238.
Auch die sogen. Gewölbeträgerdecke, früher nach ihrem
Erfinder Schürmann'sche Decke genannt, geschützt durch
D. R. P. Nr. 80653 (Fig. 35 bis 37), steht in
gewisser Beziehung zur Kleine'schen Decke, insofern sie
auch Bandeisen in die Steinfugen einlegt, aber ein Eisen ganz besonderer Form und
auch von ganz besonderer Bestimmung. Fig. 35 zeigt diese
Decke im Längsschnitt, Fig. 36 im Querschnitt,
und Fig. 37
zeigt noch einen vergrösserten Schnitt durch ein Einlageblech und die Fuge, in der
es liegt.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Schürmann'sche Decke.
Diese gleichfalls viel ausgeführte Decke hat nicht in jeder einzelnen Fuge ein
Einlageblech, sondern nur ein solches in jeder dritten (oder auch fünften). Diese
Blechstreifen sind mit abwechselnd nach rechts und links ausspringenden Buckeln
versehen, wodurch sie zugleich eine Art Gewölbewiderlager bilden, somit so zwischen
sich kleine, zu der Richtung der Hauptträger senkrecht gestellte Gewölbe entstehen
lassen. Es handelt sich also, streng genommen, nicht mehr um eine ebene, sondern um
eine gewölbte Decke, ein Umstand, der die Schürmann'sche Decke von der Kleine'schen ganz
wesentlich unterscheidet.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Fig. 38. Mueller'sche Victoriadecke.
Textabbildung Bd. 317, S. 193
Decke in Moniermauerung von Wayss und Freitag.
Auf einem ähnlichen Grundsatze wie die ursprüngliche Kleine'sche Decke beruht auch die sogen. Mueller'sche Victoriadecke (früher Weyhe'sche Decke genannt) (D. R. P. Nr. 81135 und
82941) (Fig. 38), mit abwechselnd nach oben und unten
gebogenen Eisenzwiwchenlagen. Die eingelegten Spanneisen werden nicht auf Zug,
sondern auf Druck beansprucht, weil sie annähernd in der Stützlinie der
scheitrechten Gewölbe liegen. Da die Decke ihrer Konstruktion nach wie
ein Gewölbe wirkt, so müssen die Endfelder nötigenfalls gut verankert
werden.
Gleichfalls der Kleine'schen Decke sehr ähnlich ist die
Decke in Moniermauerung der Firma Wayss und Freitag (Fig. 39 bis 43). Es
werden in ihr ausgeführt Decken mit Rundeisen- oder umgekehrten ⊤-Eiseneinlagen, einen halben Stein oder auch nur eine
Flachschicht dick.
Es wird gut sein, um den Unterschied zwischen diesen und den Kleine'schen Decken klar zu legen, die genaue Fassung des Patentanspruchs
anzuführen, wie er in dem Kleine'schen D. R. P. Nr.
71102 aufgestellt ist. Diese lautet in ihrer jetzigen Form: Verfahren zur
Herstellung von feuersicheren Eisenbalkendecken, bestehend in der Ausfüllung der
Balkenfache mit aus natürlichen oder künstlichen Steinen gebildeten Platten, welche
in der Weise hergestellt sind, dass in den Fugen zwischen den einzelnen
Steinschichten oder in das dieselbe ausfüllende Bindemittel innerhalb der Zugzone
des Querschnittes hochkantig gestellte gerade Flacheisenstäbe eingebettet
werden.
Textabbildung Bd. 317, S. 194
Ankerdübeldecke von Höfchen u. Peschke.
Die Ankerdübeldecke von Höfchen
und Peschke wurde bereits als Deckenform ohne Eiseneinlage erwähnt. Mit
solcher (Fig.
44 bis 46) erinnert sie in gewisser Beziehung an die Schürmann'sche Decke, jedoch wird sie nicht von beliebigen, sondern von
eigens dazu geformten Steinen hergestellt, die nach Gewölbefugen geschnitten sind.
In jeder dritten Fuge sind Rinnen angebracht, die Rundeisen aufzunehmen bestimmt
sind. Diese liegen nicht auf dem Trägerflanwch auf; sie sind an den Enden nach Fig. 45
umgebogen. Für stärker belastete Decken werden den Trägern entlang Rundeisen gelegt
und in diese die querlaufenden Rundeisen eingehakt. Auch kommen dann Vollsteine zur
Verwendung. Für schwächere Belastungen dagegen fallen die Rundeisen ganz fort.
Die Mueller'sche Decke (Fig. 47) wird für
kleinere Spannweiten aus Hohlsteinen ohne Einlage ausgeführt, für grössere
Spannweiten mit einer solchen in jeder zweiten Fuge, für grosse Spannweiten aber und
schwere Belastungen aus Vollsteinen mit Eiseneinlagen in jeder Fuge. Bei den hier
gebräuchlichen Steinen befinden sich die profilierten Flächen der Ziegel an den
Schmalseiten der Ziegel, während sonst die Steine gleichlaufend mit ihrer
Längsrichtung profiliert zu sein pflegen.
Auch die Förster'sche Decke (Fig. 22), sowie die Körting'sche Decke (Fig. 48), letztere mit
Steinen von etwas abgeänderter Form (D. R. G. M. Nr. 130997), werden mit
Eiseneinlagen hergestellt.
Textabbildung Bd. 317, S. 194
Fig. 47. Mueller'sche Decke.Fig. 48. Körting'sche Decke.Fig. 49. Decke nach Donath.
Die Decke nach Julius Donath (Fig. 49) wird mit
Einlagen aus S-Eisen, wie in der Zeichnung, oder aus
Band- oder Rundeisen hergestellt; die Enden der Eiseneinlagen werden nach Fig. 45
umgebogen. Die Ausführung der nämlichen Deckenkonstruktion ohne Eisen wurde bereits
erwähnt.
Bei der Donath'schen Hohlsteindecke (ältere Form) (Fig. 50) und
bei der nach Czarnikow (System Mossner) (Fig. 51) liegen die
Steine auf umgekehrten ⊤-Eisen.
Textabbildung Bd. 317, S. 194
Donath'sche Hohlsteindecke nach Czarnikow.
Ein Teil der zuletzt genannten, ebenso wie die nun zunächst folgenden Decken, können
ohne Schalung hergestellt werden, da in ihnen die Eiseneinlage die lange Last des
Mauerwerkes während der Aufstellung der Decke trägt.
(Fortsetzung folgt.)